6d)leswîg-Bolfteinîfd)e CanÔesjeîtung
123. Jahrgang
123, Jahrgang,
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Riiîmoch, den 3. SeMmber
Amerika würde Frankreich jetzt Tribute be
zahlen müssen, statt solche zu erhalten."
Die SerssaLiorr einer Answeisnng
Aus Villains
Denkwürdigkeit«?.
Aus dem Ende September ds. Js. erscheinen
den ersten Band der. „Denkwürdigkeiten" des
Fürsten Bülow mit dem Untertitel „Vom Staats
sekretariat bis zur Marokkokrise" beginnt die
„Vossische Zeitung" jetzt schon interessante Aus
züge zu veröffentlichen: Szenen aus der Umge
bung des Kaisers, in die Bülow im Juni 1897 als
Staatssekretär des Aeußern eintrat, Schlaglichter
auf politische Persönlichkeiten, Anekdotisches usw.
Bülow kam aus Rom, wo er Botschafter gewesen,
nach Berlin. Im Auswärtigen Amt galt sein
erster Besuch dem einflußreichen Eeheimrat von
Holstein. Dann besuchte er den Reichskanzler Für
sten Hohenlohe, einen gealterten Mann. In Kiel
wurde er vom Kaiser empfangen.
Seinen Aufzeichnungen über die Kieler Tage
und einen Besuch beim Fürsten Bismarck in
Friedrichsruh ein Jahr darauf entnehmen wir
der „Rassischen" mit dem zur Pflicht gemachten
Vermerk „Copyright 1930 by Ullstein A. E. Ber
lin, Nachdruck verboten" das Folgende:
Leopold II., der Spötter, in Kiel.
Von Berlin fuhr Vlllow am 26. Juni 1897
zum Kaiser nach Kiel. Dort war East Wilhelms II.
bei der Regatta Leopold, König der Belgier, der
große Kongo-Spekulant. Bon ihm gibt Bülow die
folgende Charakterzeichnung:
Bei der Mittagstafel, zu der ich befohlen
wurde, waren König Leopold II. von Belgien
sowie Prinz Albrecht von Preußen und die Offi
ziere anwesend, mit denen der Prinz als Ver
treter des Kaisers in London der Jubiläumsfeier
der sechzigjährigen Regie^una der Königin Vik
toria beigewohnt hatte. König Leopcch begrüßte
mich als alten Bekannten aus Ostende. In deut
scher Umgebung trat das Sarkastische sei
nes Wesens noch deutlicher zutage, er suchte
etwas darin, jede Wiedergabe von Gesprächen mit
unserem Kaiser etwa folgendermaßen einzu
leiten: „Seine Majestät der Kaiser und König
haben die hohe Gnade gehabt, mir über Aller
höchstseine Stellungnabme zu der in R<>ds stehen
den Frage huldvollst Nachstehendes zu sagen, was
aus Allerhöchstdero Munde zu bören den Wert der
Eröffnung und das Glück, in Allerhörbüdero Nähe
zu weilen, für mich noch erhöht.
Die Pariser Geheimbiplomatie rächt sich an Hearst wegen der Aufdeckung
des geheimen französisch-englischen Aoitenvertrages- — Noch einige
. andere Gründe des Mißfallens.
Paris liefert Amerika eine Sensation,
über der die Rotationsrvalzen der amerika
nischen Zeitungen nicht so rasch zur Ruhe
kommen werden. Ter amerikanische Zei-
tungsköiig William Randolph Hearst, der sich
zur Zeit in Frankreich aufhält, ist vom Pari
ser Polizeipräfekten aufgefordert worden,
Frankreich sobald als möglich zn verlassen.
Der Ausweisungsbefehl wurde ihm in einem
großen Hotel am Are de Triomphe in Paris,
wo er Wohnung genommen hatte, übermit
telt. Die Blätter Hearsts hatten vor etwa
einem Jahre ein französisches Dokumenr,
ein angeblich geheimes englisch-französisches
Flottcnabkommcn, veröffentlicht, durch das
die französische Außenpolitik schwer belastet
wurde und das der Pariser Vertreter der
Hearst-Presse auf angeblich nicht einwand
freie Weise von einem hohen französischen
Beamten erworben hatte. Damals ist der
Vertreter der Hearst-Presse, Mister Horan,
ausgewiesen worden.
Gegen einen in die Angelegenheit angeb
lich verwickelten Beamten der Pariser Presse
stelle des Quai d' Orsay. v. Noblet, und einen
Pariser Journalisten, die Horan bei der Be
schaffung des geheimen Dokumentes behilf
lich gewesen sein sollen, wurde ein Strafver
fahren eingeleitet, das jedoch aus Mangel an
Beweisen nach mehreren Monaten wieder ein
gestellt werden mutzte.
Schon vor längerer Zeit tauchte nun in
der Briand feindlichen extremen nationalisti
schen Presse, namentlich in der royalistischen
„Action Francaise", das Gerücht auf, daß die
Veröffentlichung des französisch-englischen
Geheimpaktes nicht auf den Zeitungskorre
spondenten Horan, sondern ans Hearst selbst
zurückgehe, dem das Dokument vor zwei Jah
ren anläßlich eines Besuches von niemand
anderem als Briand und seinem persönlichen
Mitarbeiter, Kabinettsches Leger, übergeben
worden sei. Briand. so behauptete die „Action
Francaise", habe den Abschluß des englisch
französischen Geheimpaktes, der ohne seine
Zustimmung von der britischen und französi
schen Admiralität vereinbart worden sei. als
schwere Beeinträchtigung und Gefährdung
seiner auf die Verständigung mit Deutschland
aufgebauten Politik empfunden und den ge
heimen Vertrag durch seine vorzeitige Ver
öffentlichung in der amerikanischen Presse
inwirksam machen wollen. Ein junger Be
tonter der Pressestelle des Quai d' Orsay. v.
Noblet, habe von seinem Vorgesetzten die
Weisung erhalten, den wahren Sachverhalt
durch das Geständnis der eigenen Verfehlung
zu vertuschen. Noblet scheint sich aber in der
Rolle des Sündenbocks nicht gefunden zu Ha
nen. Er hat vor einigen Wochen gegen den
Kabinettschef Briands. Leger, eine Klage we
ssen Verleumdung überreicht. Das Verfahren
ist noch nicht abgeschlossen.
Eine amtliche Mitteilung
es französischen Ministerpräsidiums nennt eben
falls als Ursache der Ausweisung die Beröffent-
Üchung des geheimen Flottendokuments in der
Presse Hearsts.
ŞMMcke Hearsts.
Der inzwischen in London eingetroffcne
Hearst bestätigte, daß er von der französischen
Negierung aufgefordert sei, Frankreich zn ver
lassen, und gab darüber die folgende Erklä
rung ab: '
„Ich habe mich nicht zn bektaaen. Die amt
lichen Stellen waren äußerst höflich. Sie er
klärten, daß ich ein Feind Frankreichs sei und
eine Gefahr in ihrer Mitte. Ich kam mir da
bei ganz wichtig vor. Sie erklärten, ich könne
noch ein wenig bleiben, wenn ich wollte. Sie
würden sich mit dem Risiko einer eventuellen
Katastrophe der Republik abfinden. Aber ich
sagte ihnen, daß ich nicht die Verantwortung 1
Richt ohne Schadenfreude befaßt sich die eng
lische Presse in aller Umständlichkeit auf den
Frontseiten mit dem Falle Hearst, in dem Frank
reich sich nachtragend und schließlich ein wenig
kleinlich gezeigt hat. Ihre politische Klugheit er
weist sich darin, daß sie Hearst nicht ein böses
Wort widmet, obwohl er während der Flotten
konferenz die englische Delegation in schärfster
Weise bekämpfte und in einem vielbeachteten
Offenen Brief an Premierminister Macdonald
zum Ausdruck brachte, Amerika habe den Glau
ben an seine Freundschaft, an seine Aufrichtig
keit und Ehrlichkeit verloren.
Die Beschädigung des deulschen
konsulaksgebäudes in Lodz.
Es hat sich herausgestellt, daß das deut
sche Konsulatsgebäude in Lodz bei den deutsch
feindlichen Kundgebungen schwerer beschädigt
worden ist, als in der polnischen Presse zuge
geben wurde. Das an dem Gebäude ange
brachte deutsche Hoheitszeichen hat durch
Steinwürfe stark gelitten.
Wie von zuständiger Seite mitgeteilt
wird, hat der Stadtstarost im Konsulat vor
gesprochen und gleichzeitig auch im Namen
der Wojwodschaft sein Bedauern über die
Vorkommnisse ausgesprochen. Er hat außer
dem zugesagt- daß die Schäden ersetzt werden
würden- . •. .
Die SiidslüMn bauen Festungen.
Wien, 2. Sept. Wie Wiener Blätter aus
Laibach melden, erichteten die Südslawen in
Kroatien eine Reihe Sperrforts. Die Maßnahme
fei gegen Ungarn zu deuten, das durch die Königs-
agitatiou für Habsburg mehrfach südslawische
Staatsmänner zu Drohreden veranlaßt habe.
Der König
sprach sehr gut Deutsch, wenn auch mit leisem
französischen Akzent.
Unsere Kaiserin war über seinen Besuch
nicht erfreut. Die hohe Frau hatte über seinen
Lebenswandel allerlei Ungünstiges gehört, und so
gütig ihr Herz war, so verstand sie in moralischen
Fragen, in Fragen der Sittlübkeit k 'neu Spaß.
Auch gefiel ihr nicht, daß der König von Belgien
sichşbemüht hatte, den Kaiser zur Beteiligung an
einigen größeren wirtschaftlichen Entreprisen, na
mentlich in Ostasien, aber auch in Afrika,
zu bewegen. „Der Kaiser sollte sich gar nicht mit
dem abscheulichen Menschen einlassen", meinte die
Kaiserin in ihrer rührenden Fürsorge für ihren
Gemahl, die etwas Mütterliches hatte. „Wer weiß,
ob der ihn nicht hereinlegt. Gott gebe nur, daß der
nicht auch auf anderen Gebieten dem Kaiser böse
Ratschläge- gibt."
Dei Bismarck in Fricdrichsruh.
Am 28. Juni 1897 meldete das Wolffsche
Telegraphenbüro aus Kiel, nachdem der Gesund
heitszustand Marschalls seine Ersetzung als
Staatssekretär des Auswärtigen Amtes notwen
dig gemacht habe, sei der kaiserliche Botschafter in
Rom, von Bülow, vom Kaiser zunächst vevtre-
2er ewige Krieg in Marokko.
Starke französische Verluste.
TU. Paris, 3. Sept. (Erg. Funkmeldg.) Rach
einer Meldung aus Casablanca kam es am 31.
August in der südlichen Zone Marokkos unweit
von Tarda zu einem blutigen Kampf zwischen
Angehörigen eines nicht unterworfenen Einge
borenenstammes und einer Abteilung französischer
Truppen. Dabei wurden aus französischer Seite
4 Offiziere und 42 Mann getötet unp 3 Offiziere
und 22 Mann zum Teil schwer verwundet. Die
Verluste der Aufständischen, die ebenfalls groß sein
sollen, konnten nicht festgestellt werden, da sie ihre
Toten und Verwundeten auf dem Rückzug mit-
scklepvten.
Französische
für Immmz.
Die radikale Pariser Zeitung „Volonte" be
schäftigt sich mit dem Artikelduell Poincare-Tre-
viranus, Das Blatt schreibt, das Dokument Tre
viranus' fei ausgezeichnet und sebr vernllnitia,