Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 3)

ôd)îeswîg-Bolfteînifd)e Ccmdesjeitung 
123. Jahrgang. 
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Dîe vermißte Manöver-Einladung 
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Das Reichskabinett führte am Mittwoch 
die Erörterungen der Reichssinanzreform- 
pläne und der Haushaltsgestaltung für das 
nächste Haushaltsjahr in Form von Ressort 
besprechungen weiter. Die Besprechungen 
wurden am Abend abgebrochen und sollen 
nach Möglichkeit im Laufe des Donnerstags 
zum Abschluß gebracht werden. Auf Grund 
des Ergebnisses der Beratungen werden dann 
erst die Gesetzesvorlagen für die Umänderung 
des Steuersystems usw. im Reichsfinanzmini- 
sterium ausgearbeitet werden. 
Die Senkung der öffentlichen Ausgaben 
im kommenden Etatsjahr hat sich, laut D. A. Z., 
als der schwierigste Teil, der Kabinettsberatungen 
erwiesen. Hier spielt offenbar die Frage eine 
Rolle, inwieweit auf eine Reform bei den soge 
nannten zwangsläufigen Ausgaben hingearbeitet 
werden müsse. 
Die Versammlungshäuser waren eins der 
wichtigsten Glieder der dänischen Grenzarbeit in 
Nordschleswig. Cie waren gewissermaßen Burgen, 
in denen alle Zweige des dänischen Lebens den 
festen Ort ihrer Pflege fanden. Nicht weniger als 
49 Persammlungshäuser gab es bei Kriegsaus 
bruch in Nordschleswig, die über das ganze Land 
verstreut waren, am dichtesten im Westteil des 
Kreises Hadersleben, auf Alfen und nördlich von 
Mögeltondern, während es in den heutigen Erenz- 
ämtern Tendern und Apenrade damals nur ganz 
wenige Versammlungshäuser gab. 
Vis 1905 war die Errichtung von Versamm 
lungshäusern nur langsam vor sich gegangen. In 
den beiden Jahrfünften 1895 bis 1900 und 1900 
bis 1905 entstanden zu drei bereits vorhandenen 
je 6 neue. Aber in den fünf Jahren von 1905 
bis 1910 wurden nicht weniger als 27 Versamm 
lungshäuser gebaut. Vis zum Ausbruch des Welt 
krieges entstanden noch weitere 7, so daß es also 
1914 insgesamt 49 dänische Versammlungshäuser 
in Nordschleswig gab. Dann trat die große Pause 
des Weltkrieges ein.' Nur drei bereits begonnene 
bezw. geplante Häuser wurden noch fertiggestellt. 
Es kam die Abstimmungszeit und die Abtre 
tung Nordschleswigs an Dänemark. In jenen 
Jahren war das dänische Nordschleswig mit so viel 
andern Dingen beschäftigt, daß es an die Errich 
tung von Versammlungshäusern nicht dachte. In 
weiten Kreisen wurde diese private Erenzarbeit 
auch nicht mehr als notwendig betrachtet. Vor 
Das dem französischen Generalstab nahe 
stehende „Echo de Paris" beschäftigt sich mit der 
Tatsache, daß zu den Herbstmanövern der Reichs 
wehr zwar eine Reihe von ausländischen Militär 
attachees eingeladen sind, nicht aber die Militär 
attachees von Polen, Frankreich und Belgien. Das 
Blatt erklärt das Uebergehen der Militärattachees 
dieser drei Staaten damit, daß Deutschland damit 
gegen die Regelung der Ostgrenzen (Polen), gegen 
die Fortnähme von Eupen-Malmedy (Belgien) 
und gegen die noch nicht durchgeführte Lösung der 
Saarfrage (Frankreich) protestieren wolle. Die 
dem englischen Militara^chce- zugegangene Ein 
ladung wird in Paris levyaft kommentiert. Man 
:will darin einen Beweis für die „sehr sympathi 
schen Gefühle des Reichspräsidenten von Hinden- 
burg gegen England" erblicken. 
Diesen Kombinationen gegenüber ist festzu 
stellen: In Deutschland hat man sich auf den 
Standpunkt gestellt, daß vor der Zulassung von 
Militärattaches der Staaten, die gegen Deutsch 
land Krieg geführt haben, eine Einladung an die 
deutsche Wehrmacht zur Teilnahme an Manövern 
abzuwarten sei. Die Vereinigten Staaten von 
Amerika, England und Italien haben deutsche 
Offiziere zu ihren Uebungen zugezogen. Darauf 
ist auch ihren Militärattachees die Teilnahme an 
Uebungen freigestellt worden. Frankreich, Bel 
gien und Polen haben eine entsprechende Haltung 
bisher noch nicht eingenommen. Da dis Manöver 
dieser Staaten zum Teil unmittelbar bevorstehen, 
ahne daß eine Einladung an Deutschland noch nicht 
erfolgt ist, so sind in diesem Jahre auch die Offi 
ziere der genannten Mächte zu deutschen Manö 
vern nicht eingeladen worden. 
Da die Tschechoslowakei in diesen Tagen deut 
sche Offiziere zu den tschechischen Uebungen ein- 
tzeladen hat, wird nunmehr auch ein Vertreter der 
tschechischen Armee an den deutschen Uebungen 
teilnehmen. 
Pariser KeichZWchr-yhMchM. 
Gestützt auf gewisse Berliner Presseerörte- 
chungen oder aus anderen Quellen schöpfend, er 
ließt sich „Paris Midi" in unsinnigen Phantasien 
über den bevorstehenden Wechsel in der Reichs 
wehrleitung. Das Blatt schreibt u. a., daß sich die 
Nachrichten inbegug auf Vorbereitung eines 
deutsch-russischen Militärbündnisses bestätigen. 
„Unter der geistigen Führung des Generals von 
Schleicher und Konsorten" bereite die deutsche 
Heeresleitung immer offenkundiger einen Eingriff 
in dis innere und äußere Politik vor. Durch das 
Zusammengehen mit der Sowjetregierung solle in 
allen politischen Fragen ein starker Druck auf 
Frankreich ausgeübt werden. Generaloberst Heye 
habe es verstanden, die Politik von der Reichswehr 
fernzuhalten, doch werde die Politik jetzt in ihr 
eine aktive Rolle spielen. 
Ueberhaupt interessiert man sich seit Wochen 
in der Pariser Presse ungemein für die deutsche 
Reichswehr. Zunächst waren es die rein technischen 
Fragen ihres Aufbaues, ihrer Schlagfertigkeit und 
ihres militärischen Wertes, für die sich die fran 
zösische Oeffentlichkeit zu interessieren begann, 
seitdem die durch die Veröffentlichungen des Ge 
neralobersten von Seeckt und des ehemaligen 
französischen Eeneralstabschefs Debeney auf 
gerollte Auseinandersetzung die 
Fragestellung „Berufsheer oder Volksheer" 
êu einem Zentralproblem der Organisation der 
Landesverteidigung hat werden lassen. Es mutet 
last wie ein Treppenwitz der Weltgeschichte an, 
wenn heute in Frankreich zahlreiche Fachleute, 
Militärs sowohl wie Varlamentarier, in der Söld- 
ssertruppe, die das Diktat der Sieger Deutschland 
sin Versailler Vertrag aufgezwungen hat, das 
'deale Instrument für die moderne Krieasfüh- 
!°ung zu sehen glauben und mit besorgter Miene 
schärfste Kritik an der „notorischen Unzulänolich- 
ķeit und Inferiorität" der vor kaum einem Jahr 
vurckasführten. auf der -'pjäb'-iaen DienstnMcht 
Aufgebauten französischen Heeresorganisation 
Dienstpflicht hervorgehenden Kontingente nicht 
ausreichten, sich unverzüglich das System der Be 
rufsarmes zu eigen machen müsse, das allein in 
der Lage sei, überraschenden feindlichen Angriffen 
die Stirn zu bieten. Natürlich ist das nicht so 
gemeint, daß Frankreich deshalb die allgemeine 
Dienstpflicht aufheben sollte, sondern Verufsarmee 
und Volksheer sollen nebeneinander bestehen und 
Frankreichs Überlegenheit über alle anderen 
europäischen Mächte noch verdoppeln. Die Tat 
sache, daß Frankreich schon jetzt eine Armee von 
100 000 Berufssoldaten unterhält, von denen al 
lerdings die Hälfte in den Kolonien steht, wird 
dabei geflissentlich verschwiegen. Anzeichen deuten 
darauf hin, daß die Diskussion als Auftakt für 
neue Rüstungsforderungen in Gang gebracht wor 
den ist, auf die die öffentliche Meinung schonend 
vorbereitet werden soll und die Frankreichs Par 
lament vielleicht schon in der Mitte November be 
ginnenden Session als Ferienüberraschung vor 
finden wird. 
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Zu Tumultszenen kam es in einer Wahlver 
sammlung der Deutschen Dolkspartei in Rostock, in 
der der Spitzenkandidat Reichsminister a. D. Pro 
fessor Dr. Moldenhauer sprach. Nationalsozialisten 
ließen dem Redner vor seinen Ausführungen einen 
Strauß roter Papierrosen mit einer Inschrift über 
reichen, die dem früheren Minister aus seinem Pen 
sionsgesuch einen schweren Borwurf macht, und stör 
ten im Verlaufe der Versammlung die Ausführun 
gen des Redners durch ständige Zwischenrufe. Es 
bildete sich ein Sprechchor, der den genannten Vor 
wurf dauernd wiederholte. Moldenhauer sah sich 
durch den anhaltenden Lärm schließlich veranlaßt, 
seine Rede vorzeitig abzubrechen. Nachdem ein 
Nationalsozialist und zwei Kommunisten zur Dis 
kussion gesprochen hatten, wollte Moldenhauer die 
Schlußrede holten, woran ihn seine politischen Geg 
ner durch Absingen politischer Lieder hinderten. Die 
Versammlung mußte aufgelöst werden. Molden 
hauer verließ unter dem Schutze der Polizei das 
Versammlungslokal. Zu Tätlichkeiten ist es nicht 
gekommen. 
Der Reichsreformentwurf. 
Ute ràûìî ab. 
Der Reichsreformentwurf, von dem in 
gestrige« Berliner Nachrichten die Rede war 
und der mit seinem doppelten Gesicht („diffe 
renzierte Endlöfung" sagt ein Berliner Blatt) 
nicht wenig Aufsehen machte, wird von zu 
ständiger Stelle als die p r i v a t e Arbeit ei 
nes Mitgliedes der Länderkonserenz bezeich 
net. Die Arbeit sei lediglich den verschiedenen 
Mitgliedern der Länderkonferenz, nicht aber 
dem Reichskabmett, das nicht die Absicht 
habe, sich mit der Sache zu befassen, zugegan 
gen. Es sei zunächst Aufgabe der Länderkvn- 
ferenz selbst, zu dieser Arbeit Stellung zu 
nehmen. 
Wir finden, daß man damit von dem Ent 
wurf ziemlich abrückt. 
Die Mischen BsidjsfagsnraPflen 
die im Landkreis Flensburg, im Kreise Schleswig 
und in Nordsriesland (Kreise Südländern und 
Husum) aufgestellt sind, nennen sich „Schleswig 
scher Verein" und „Friesland". Diese Listen mö 
gen von weniger unterrichteten Wählern nicht 
verkannt werden. 
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:ben. 
Dritter Bombenanschlag in Kalkutta. 
Versammlungen, nicht mehr vor. Rur vereinzelt 
entstanden daher neue Häuser, insgesamt 5 in den 
drei Jahren von 1918 bis 1920, darunter die Ver- 
sammlungshäujer in Holebüll (Amt Apenrade) 
und in Tondern. 
Schon hier taucht der Grund auf, der zur Er 
richtung neuer Versammlungshäuser führte: das 
Deutschtum in Nordschleswig, das sich wider alle 
Erwartung als so stark und zähe und allen Auf 
saugungsparolen trotzend erwiesen hatte, daß man 
aus dänischer Seite wieder eine neue, auf lange 
Sicht angelegte Grenzarbeit für notwendig hielt. 
Vor allem in den eigentlichen Grenzgebieten, wo 
dis Dänen vor dem Kriege in vielen Kirchspielen 
fast keinen einzigen Vertrauensmann bekommen 
konnten und wo sich auch in der Abstimmung deut 
sche Mehrheiten oder ganz starke deutsche Minder 
heiten zeigten, setzte die dänische Arbeit ein. 
Es ist bezeichnend, daß die Errichtung neuer 
Versammlungshäuser wieder begann, nachdem H. 
P. Hanssen 1921 die Leitung des Sprachvereins 
übernommen hatte. In einer Versammlung von 
Vertrauensmännern des Sprachvereins in der 
Schluxhards im Februar 1922 wurde die Frage 
der Errichtung neuer Versammlungshäuser erör 
tert, und schon im Juni 1922 gelang es, den Bau 
zweier neuer Häuser, in Hoyer und im Kirchspiel 
Horst (Amt Tondern), sicherzustellen. Von da an 
wurden bis heute (Herbst 1930) 20 neue Ber- 
sammlungshäufcr im Grenzgebiet errichtet. Von 
1920 bis 1922 ruhte die Neugründung ganz. 1923 
wurden 3 Versammlungshäuser im Grenzgebiet 
gebaut (und drei im übrigen Nordschleswig), 1924 
waren es vier. 1925 sank die Zahl auf zwei. 1926, 
das Jahr der Bewegungen, sah überhaupt kein 
neues Versammlungshaus entstehen. 1927 wurde 
ein neues Haus errichtet, immer noch eine Folge 
der schlechten wirtschaftlichen Lage Nordschleswigs. 
Aber von 1928 an macht sich der politische Auf 
schwung, gegründet auf eine gute Ernte, auch in 
der Errichtung neuer Versammlungshäuser be- 
führen'de indische Persönlichkeiten und Mitglieder 
des dortigen Arbeitsausschusses des Nationalkon 
gresses verhaftet. Unter den Verhafteten befinden 
sich der frühere Präsident der indischen National 
versammlung, Patel, und Pandit Malaviya. Der 
Grund für die Verhaftungen ist darin zu sehen, daß 
de« Rat für Mittwoch eine Sitzung anberaumt hatte, 
obwohl die Regierung den Kongreß vor einigen Ta 
gen als ungesetzlich erklärt hatte. 
Die Verhaftungen in Simla und Delhi bedeu 
ten die Einleitung eines schärferen Kurses der briti 
schen Verwaltung in Indien. Vorläufig ist nicht 
ganz klar, ob man auf englischer Seite bereits von 
dem Zusammenbruch der Ausgleichsverhandlungen 
mit Gandhi überzeugt ist und dementsprechend schär 
fere Mittel gegen die Mitglieder des Nationalkon 
gresses anwenden will, oder ob unbeschadet dieser 
Ausgleichsverhandlungen überhaupt eine feste Po 
litik durchgeführt werden soll. D-e drei Bomben 
anschläge in Kalkutta innerhalb der drei letzten Tage, 
die Zuspitzung der Lage in Bombay und die Ereig 
nisse an der Nordwcstgrcnze haben die neue Entwick- 
lung wahrscheinlich beeinflußt. Verstärkter Einfluß 
kommt auch den englischen Organisationen in Bom 
bay und Kalkutta zu, die neuerdings von der Re 
gierung entschiedene Wahrung der britischen Inter 
essen verlangen. Extreme Kreise in London sind zu 
sammen mit einer kleineren englischen Gruppe in 
Indien so weit gegangen, der Regierung den Ver 
zicht aus die bevorstehende englisch-indische Konfe 
renz zu empfehlen, da diese Konferenz ohne die 
Führer des Nationalkongresses zwecklos wäre. Die 
Londoner Regierung wird ober von dem einmal be- 
schrittenen Wege nicht mehr abimichen können. Daß 
das Fundament der englischen Herrschaft in Indien 
nach wie vor in der britischen Machtstellung liege, 
ist die Ueberzeugung der Mehrheit der englischen 
Politiker. 
tigt, den indischen Nationalkongreß und den Poll- 
zugsrat des Kongresses für ungesetzlich zu erklären. 
In Simla sind im Zusammenhang mit der verschärf 
ten Haltung gegen den Kongreß bereits 15 Kongreß- 
tihrer wegen Veranstaltung eines Umzuges anläß 
lich des indischen Nationalflaggentoges verhaftet 
worden. Alle 15 wurden zu je vier Monaten Ge- 
nngnis verurteilt. Die Menge, die die verhafteten
	        
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