Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 3)

123. Jahrgang. 
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123. Jahrgang. 
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Ht. 197 
SgnnghM. den 23. August 
ļ 1930 
Samen smb Ernte: 
Ein Brief an einen Städter. 
Gedanken zur Leitge schichte. 
4-D Während in vielen deutschen Bauern 
häusern der Blick trübe geworden ist, weil der 
reiche Erntesegen des Vorsommers in den 
vielen Tagen und Nächten der Dunkelheit 
und des Regens dem Verderben anheimfiel, 
sitzen in den großen Zentralen des Welt 
getreidehandels die wenigen Leute, welche 
weder gesät noch geerntet haben, um der Welt 
kundzugeben, daß nur eine Mißernte 
sie, die eigentlichen Herren der Welt, vor 
einem Spekulationsruin retten könne. Als 
ob es darauf ankäme? Offen gesagt, ein sol 
cher Ruin könnte für die arbeitende Welt 
sogar recht segensreich wirken. Ihre Speicher 
sind dank der spekulativen Zurückhaltung 
„auf Baisse" so weit gefüllt, daß man schon 
eine Jahres-Weltversorgnng beisammen hat, 
ehe Schnitter und Drescher ihre letzte Arbeit 
getan haben. Ist es ein Wunder, daß sich die 
Welt der Arbeit in Sötzöt und Land .immer 
leidenschaftlicher auflehnt, wenn die spekulie 
renden Köpfe das Recht in Anspruch nehmen, 
die harten Arbeitserträge von Millionen 
Menschen nach dem durchaus unsittlichen 
Prinzip ihrer Milliardeuspekulationsabsichten 
oder -Möglichkeiten zu werten und einzu 
setzen? Ist es ein Wunder, wenn man die 
wahre» Zusammenhänge des wirtschaftlichen 
Elends sucht und sich nicht mehr die Köpfe 
zusammenschlagen lassen will zugunsten sol 
cher, welche die Zwietracht der Stände und 
Völker als Spekulation oder Geschäft werten 
und dementsprechend in „Baisse" und 
„Hausse" schüren? Ist es nicht verständlich, 
wenn sich immer weitere Vcvölkernngsschich- 
ten auflehnen gegen Welt- und Staatssystcme, 
die weder die moralische noch die physische 
Kraft haben, die Gesetzgebung gegen das 
unsittliche Spekulationskapital einzusetzen in 
einer Zeit, wo unter dem Druck der Aus 
wirkungen dieses Weltkapitals in der 
Finanzpolitik der Staaten das wcrtcschaffende 
Kapital und die arbeitenden Menschen zu 
grunde gehen? Wenn eine Frage in den 
Wahlperioden in seder Versammlung und an 
jeden einzelnen Bewerber um ein Mandat 
berechtigt wäre, wäre es die: Wie stehst du 
Zu den arbeitslosen Spekulationsgewinnen, 
und bist du bereit, deinen ganzen Einfluß 
einzusetzen, diese Art kapitalistischer Aus 
wüchse rücksichtslos bekämpfen zu Helsen? 
Diese Frage ist vor allem berechtigt gegen 
über jedem Vertreter, der da behauptet, ein 
Vertreter des arbeitende» Volkes zu sein. 
In dem nachfolgenden Briefe eines Land- 
mannes an einen Städter klingt das vor 
stehend angeschnittene Thema in den Schluß 
sätzen au. Sie deuten die innere seelische 
Zerrissenheit an geaenübcr einem Welt- und 
Ctaatssystem, das Vielen Arbeit in Mühe 
und Sorge zuweist, wenigen anderen aber die 
Spekulation mit dem Arbeitsertrag mit ent 
sprechenden fabelhaften Gewinnen treiben 
laßt. Tie volkswirtschaftlichen Folgen solcher 
Duldung sind ertraglose Arbeit in Stadt und 
Zand, Konkurse oder Stempeln. 
Man hat aber in der arbeitenden Welt 
Und zwar der Welt des produktiven Kapitals 
Und der arbeitenden Menschen in Stadt und 
Zand, zu denken begonnen. Und wohl uns, 
wenn selbstlose und starke Führer daraus 
öie richtigen Folgerungen ziehen und wieder 
die Arbeit als das sittliche Fundament von 
Staat und Volk durch die Gesetzgebung Schutz 
Und Anerkennung gewähren und die Arbeit 
wieder zu Ehren bringen würden. Tann würde 
uuch an einer Iahresernte nicht mehr der 
n s e g e n stehen, der viel schlimmer ist wie 
der Verlust einer Teilernte eines Jahres, 
Uämlich das in dem Brief ausgedrückte Znae- 
ständnis. daß der Urprodnktionsstand den 
Sinn seiner Arbeit nicht mebx seelii-k, werten 
Und deshalb dem Scböpfer für den Seaen des 
Wahres aufrecht danken kann. Der Bauer gebt 
daunt den W"g, den der industrielle lkrnrodn- 
'ent, das Proletariat, bereits gegangen ist. 
Mit dieser Einleitung geben wir den 
Brief wieder, der in der Zeit der verheeren 
den Regcuperiode geschrieben ist und in dem 
es u. a. heißt: 
Lieber Freund! 
Auch Sie haben gewiß noch nicht ver 
gessen, wie mir vor einem Monat zusammen 
aus dem Teiche standen,' als es Abend werden 
wollte. Wir sahen dieses weite Land in dem 
wunderbaren Segen seiner Fruchtbarkeit 
hingebreitet, und die Sonne des sich neigen 
den Tages gab dem Frieden der Felder und 
Weiden eine seltsame Klarheit. Der Abend- 
wind schickte den Weizenfeldern seine Küh 
lung, daß sie über die grünen Halme und 
goldbraunen Aehren in langen Wellen dahin 
lief, bis sie weit hinten die kalkweißen 
Wände der Arbeiterhäuser erreichte, über 
deren strohgraues Dach die Eschen ihre dunk 
len Schirme ausspannten. Der Haferschlag 
schimmerte in einem blassen, metallischen 
Grün, und an den Rispen tanzten zierlich und 
locker die milchweichen Körnchen. Tie Gerste 
wiegte sich in einem Glanz von meergrüner 
Seide. Und über diesen Segen spannte sich 
jener kühle, klare Himmel, der immer etwas 
Stahlgranes in seine Bläue mischt und in der 
weiten Freiheit seines Horizonts gerne 
frische, weiße Wolkenstreifen ziehen läßt. Auf 
diesen Steckern schien der alte Fluch: Dornen 
und Disteln soll er dir tragen, nicht mehr zu 
ruhen, sondern nur noch der Segen ewigen 
Bundes zwischen Gott und der Erde: „So 
lange die Erde steht, soll nicht aufhören Sa 
men und Ernte". 
Nun aber sitzen die Bauern in der düste 
ren Stube hinter den Fensterscheiben, gegen 
die der Wind Tag für Tag den Regen wirft, 
der die Ernte ertränken will. Sie kennen jenes 
liebliche Land nicht mehr. Zwischen Himmal 
und Erde friert es in grauer Nässe dahin. Es 
ist eine Qual, zu sehen, wie hier die Hände 
von der Sense und Maschine genommen und 
den Fleißigen in den Schoß gezwungen wer 
den. In der Stadt schließen wir die Fenster, 
wenn das Unwetter kommt. Wir zünden das 
Licht an, wenn die trüben Wolken den Him 
mel zuhängen. In unserer Arbeit haben wir 
schnell einen Rat zur Hand, denn unsere städ 
tische Welt gehorcht uns fast in allen Stücken. 
Ten Bauern aber regt der Sonnenschein die 
Hände, und der Regen zwingt sie wieder zur 
Ruhe. Er kann jetzt nur warten, sorgen, rech 
nen. Er kann auch über den triefenden 
Stoppeln gehen und die Garben umdrehen, die 
dann faulig riechen und in die sich das be 
freite Unkraut gierig hineinfrißt. Er kann 
die langen Reihen der aufgestellten Hocken 
entlanggehen und ihre grauen Aehren prü 
fen, ob sie schon anfangen, auszuwachsen. Ich 
habe sie im vollen Glanz ihrer Fruchtbarkeit 
gesehen, ihr Stroh schimmerte wie Gold in 
der Sonne und ihre Aehşen neigten sich in 
stolzer Bescheidenheit zueinander. Nun hat 
sie der Wind zerrissen, umgeworfen, grau und 
fahl gemacht, daß sie im Regen auf dem Acker 
stehen wie tausend verlassene Armutshütten. 
Die Mähmaschinen hocken verdrießlich am 
Rande des Aehrepfeldes hin, als wüßten sie, 
daß es mit ihnen für dieses Jahr ganz und 
gar vorbei sei, weil die sinnvolle Ordnung 
der Aehrenreihen zerstört ist, die die Säe- 
maschinc im Frühjahr vorgezeichnet hatte. 
Das Messer würde mitten durch Aehre und 
Halm schneiden. Was so viel Sonne und 
Bläue in sich gesogen hatte und fröhlich der 
Ernte entgegenreifte, liegt jetzt zerbrochen, 
geknickt, zerwühlt am Boden: Ein aufgewühl- 
Minister Dietrich über die Lage. 
Wie geht es uns? 
Reichsfinanzminister Dietrich empfing Ver 
treter der Presse, um ihnen, wie er sagte, „auf 
neutralen Wegen" zur Klarstellung einen lleber- 
blick über die Finanz- und Wirtschaftslage des 
Reiches zu übermitteln. Er hatte es weiß Gott 
nicht leicht, die Balance zwischen Pessimismus 
und dem bekannten „Silberstreifen am Horizont" 
zu halten. Seiner Aufgabe, deren wahlpolitischer 
Charakter offensichtlich ist, entledigte er sich folgen 
dermaßen: 
Die Kassenlage sei durchaus befriedigend, und 
menschlichem Ermessen nach dürfe bestimmt an 
genommen werden, daß wir ohne Schwierigkeiten 
dank der neu erschlossenen Einnahmen über die 
nächsten Monate (Also doch nur darüber? Schrift- 
leitung.) hinwegkommen. Es sei Vorsorge getrof 
fen, daß auch der schlimme Termin des 1. Januar 
überwunden werde. Das Reich habe seine schwe 
benden Auslandskredite restlos zurückgezahlt. Von 
dem kleberbrllckungskredit von 350 Millionen sind 
fünf Raten zu 50 Millionen Reichsmark gezahlt, 
so daß nur noch je 50 im September und Oktober 
zu tilgen sind. Der Bankkredit von 200 Millio 
nen ist auf die Hälfte heruntergemindert. Die 
schwebende Schuld ist um über 500 Millionen ver 
ringert. Haupteinnahmcausfälle werden sich bei 
der Lohnsteuer und den Zöllen ergeben. Der Lohn 
steuerausfall arifft aber in erster Linie die sozia 
len Einrichtungen der Knappschafts- und Inva 
lidenversicherung, weil der 1300 Millionen Reichs 
mark übersteigende Betrag dieser Steuer diesen 
beiden Versicherungsträgern gutkommt. Dann 
werden die Ausfälle zum Teil auf Grund des Fi 
nanzausgleichs die Länder und Gemeinden tref 
fen. Auch wenn man noch so pessimistisch rechnet, 
wird man die Verluste des Reiches im laufenden 
Haushaltsjahr auf etwa 300 Millionen beziffern 
können, die den Haushalt nicht über den Hausen 
zu werfen vermögen. Eine Erhöhung der Ar 
beitslosenzahl ist eingerechnet, so daß einer Gefahr 
von dieser Seite für die Kasse gleichfalls vorge 
beugt ist. Man kann deswegen davon ausgehen, 
daß der neue Reichstag eine Reihe von Monaten 
Zeit zu ungestörter Arbeit (?) haben wird. 
Die Reichsbahn wird zum ersten Male seit 
der Währungsstabilisierung keinen günstigen Ab 
schluß ausweisen, ein Schicksal, das sie mit vielen 
Bahnen der Erde teilt. Es besteht aber keines 
falls irgendeine Gefahr, daß das Reich für die Re 
parationslast der Eisenbahn einspringen muß. 
Man hofft, mit den Aufträgen der Eisenbahn 
etwa 180 000 Menschen beschäftigen zu können. Der 
Minister teilte dann Einzelheiten mit, wie der zu 
sätzliche Wohnungsbau durch das Arbeitsministe 
rium gedacht sei. Zunächst sollen nur kleine Woh 
nungen gebaut werden. 
Wir haben keinen Zweifel, fuhr er fort, daß 
der bisher vorgesehene Jahresdurchschnitt von 1,6 
Millionen Hauptunterstützungsempfängern im 
Laufe des Winters überschritten wird,' aber ich 
möchte davor warnen, anzunehmen, daß im Win 
ter Arbeitslosenzahlen, wie sie hier und da kol 
portiert worden sind, in Frage kommen. Im 
übrigen liegen wir, dank der Tatsache, daß wir 
noch eine große Landwirtschaft haben, nicht an 
nähernd so ungünstig wie England weder in der 
Bewegung für Zahlen, noch in der Zahl der Ar 
beitslosen im Verhältnis zur Bevölkerung. 
Zur Lage des Kapitalmarktes verwies der 
Minister darauf, daß der Absatz an Pfandbriefen 
der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute und Hypo 
thekenbanken im ersten Halbjahr 1930 um fast eine 
halbe Milliarde höher war als in der gleichen Zeit 
des Jahres 1929. Die gegenwärtige Lage sei also 
keinesfalls beängstigend. Die große Sorge ist aber 
nun nicht mehr, die augenblicklichen Schwierig 
keiten zu beheben, sondern eine Politik, die uns 
endlich, wenn auch nur langsam, aus dem Elend 
der Arbeitslosigkeit, die zu einer Dauererscheinung 
zu werden droht, herausführt. Es ist zugegeben, 
daß Deutschland als der größte Rohstoffbezieher 
der Welt vom Preisrückgang der Rohstoffe einen 
erheblichen Vorteil.hat. Doch kann nicht genug 
betont werden, daß ein dauernder Preisrückgang 
am Weltmarkt nicht ohne Rückwirkung auf die 
Fortsetzung siehe nächste Seite. 
ter Aehrenkirchhof. Durch das verblichene 
Grau der toten Halme wächst schon wieder das 
Grün der Saat, die der Wind den überreifen 
Aehren abgejagt und mit frecher Hand ausge 
streut hat. 
* 
In den Ställen stehen die Pferde müßig, 
und auf der Tenne feiern die Tagelöhner. 
Ans den Bauernhäusern hockt die Sorge um 
Lohn und Ernte, um Preise und Unkosten. 
Die Mähmaschinen werden nun durch teure 
Hände ersetzt werden müssen. Tie Körner 
haben durch den Regen Farbe und Ansehen 
verloren. Ter Bäcker wird die Backfähigkcit 
des Weizenmehls kritisieren: was der Him 
mel schickt, wird der Bauer ertragen. Ihm 
ist die Ordnung der Natur mehr als ein Zu 
fall. Der Himmel ist schließlich immer wie 
der gerecht, und unerschüttert bleibt die 
Wahrheit des Wortes: „Solange die Erde 
steht, soll nicht aufhören Samen und Ernte, 
Frost und Hitze. Sommer und Winter, Tag 
und Nacht". Aber der Bauer sieht ein anderes 
Gesetz wanken: Er weiß nicht mehr, ob er 
den Segen einer guten Ernte noch einen Se 
gen nennen darf. Er pflügt und sät. er jätet 
und erntet im Schweiße seines Angesichts uns 
weiß doch nicht, ob das deutsche Volk das Brot 
essen will, das auf dem deutschen Acker ge 
wachsen ist. Er sieht, daß es so gekommen ist. 
daß seine Arbeit nicht mehr ihres Lohnes 
wert ist. und weiß nicht mehr, ob er sich freuen 
soll, wenn sein Acker hundertfältig Frnchk 
trägt. Man nimmt ihm ja nicht nur den 
Arbeitsertrag, sondern er fühlt anch, wie sei 
ner Arbeit die innere Würde und Rechtferti 
gung entschwinden muß. Und solche Gedan 
ken machen seine Stirne noch finsterer als die 
grauen Regenvolken über seinem Haus und 
Hof. Es wird Zeit, daß wir den Bauer ver 
stehen. Die Banernnot ist mit wirtschaft 
lichen und finanziellen Erkenntnismaßen nicht 
auszumessen. Es ist noch ein weites seelisches 
Problem darunter verborgen, und es steht 
mehr ans dem Spiel als eine ertrinkende 
Ernte. Ich weiß, daß Sie dafür Verständnis 
haben und sende in die Stadt meine herz 
lichen Grüße. 
Immer Ihr 
K. M. 
Zwischenruf. 
Zaudernde Inangriffnahme durch das 
Kabinett, das wie hypnotisiert auf den Aus 
gang des 14. Septembers starrt, und hie und 
da gehegte regionale Befürchtungen, daß man 
U c b e r r a s ch n n g e n erleben könne trotz 
des Artikels 18 der Rcichsverfassung oder 
gerade wegen der darin enthaltenen Ver 
klausulierungen, kennzeichnen das gegen 
wärtige Stadium des Problems der Rcichs- 
reform. 
Tie „querköpfige" Meinung, daß es am 
Zupacken und Tempo fehle, wird aber nicht 
nur ziemlich weitab von Berlin vertreten, 
sondern anch in der Reichshauptstadt selbst. 
Dort schreibt die „Tägliche Rundschau", gegen 
wärtig bemühe sich das Kabinett, die Grund 
linien der Finanz- und Reichsreform zu zeich 
nen, wobei es allerdings zweifelhast sei, ob 
die von der Regierung geplante Reichs 
reform nicht in Einzelheiten der Behörden 
organisation und der Zuständigkeitsverteilung 
stecken bleibe. Solange aber nicht das Kern 
problem der Reichsreform, nämlich das 
Reichs-Länderproblem und der Dualismus 
zwischen dem Reich und Preußen, ent-, 
schlossen angepackt werde, müsse die 
ganze Reform Stückwerk bleiben. Man könne 
nicht zum Erfolg gelangen, wenn man bei 
sachlichen Einzelfragen stehen bleibe, ohne 
dem politischen Grundproblem zu Leibe zn 
gehen. Die Frage der einheitlichen Führung 
des Reiches müsse bald gelöst werden, weil 
sonst alle übrigen Rcformpläne im Strudel 
innerpolitischer Wirrnisse unterzugehen droh 
ten. 
Fa, der Strudel! Ter hat schon manches 
verschuldet. 
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