123. Jahrgang.
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Hr. 194
Mittwoch, den 20. August
Schwierrgkeitsn der innerrrrffifchen Anleihe.
Das Land streikt.
Trotz einer ungewöhnlich intensiven Propa
ganda bleibt das bisherige Ergebnis der Anfang
Juli aufgelegten innerrufsifchen Anleihe zur Finan
zierung der Fünfjahrplauaufgaben weit hinter den
Erwartungen zurück. Die Anleihe, die den Titel
trägt „Fünfjahrplan in vier Jahren", hat gegen
über allen früheren Anleihen den großen Nachteil,
daß die Obligationen nur in Ausnahmefällen unter
recht erheblichen Schwierigkeiten verkäuflich oder
verpfändbar sind. Die Regierung war zu dieser
Bestimmung gezwungen, gezwungen, da die letzten
inneren Anleihen — unter moralischem Zwange
gezeichnet — in fo kurzer Frist und in so großem
Umfange wieder abgestoßen wurden, daß ihr Zweck
(für bestimmte Frist bestimmte Summen der Sparer
als Jnveftierungskapital verfügbar zu haben) illu
sorisch zu werden begann.
Bei der fetzigen Anleihe hat man mit dem
„Enthusiasmus der Massen" (fo nennen es die Be
hörden) bezw. mit der Stärke des moralischen Drucks
durch Gewerkschaften, Betriebsräte, Parteizellen
usw. (so nennen es die Praktiker) trotz ber Miß
stimmung gegen die Anleihebedingungen so stark ge
rechnet, daß man die Losung ausgab, sie muffe im
ersten Zeichnungsmonat — bis 15. August — rea
lisiert sein. Und das ist nicht gelungen; es ist nicht
einmal zur Hälfte gelungen. Selbstverständlich be
logt das für das Endergebnis der Anleihe nichts;
die für die ersten zwei Jahre vorgesehenen 800 Mil-
Uonen werden sicher ausgebracht werden. Dennoch
'st -der Teil-Mißerfolg, die Tatsache, daß im ersten
Propagamdamonat statt 400 nur knapp 132 Milli
onen gezeichnet wurden, bezeichnend für die Schmie-
rigkeileu, mit denen man diesmal zu kämpfen hat.
Das magere Ergebnis hat jetzt zu Beschlüssen ge
führt, die agitatorische und „ausklär—de" Arbeit
erheblich zu verstärken, vor allem aus dem flachen
Lande, wohin die Gewerkschaften in Eile bewährte
Redner als Sondcragitatoren entsenden sollen.
Das jetzige Teilergebnis der Anleihe zeigt, wie
Unmittelbar — trotz der Theorie der „Freiwilligkeit"
~7 das Zeichnungsresultat von der Möglichkeit orga
nisatorischen Einwirkens (die Gewerkschaft beschließt,
daß die Mitglieder einen Monatslohn zeichnen, und
isder fürchtet schlimme Folgen, wenn er sich nicht
fugt!) abhängt: in den Zentren der organisierten
Urbeiter- und Angestelltenschaft (Moskau, Lenin
grad) ist das Ergebnis gut; in den übrigen Bezirken
(Stadt und Land gemischt) ist dos Soll nur zu be
stenfalls 40 v. H., .teilweise nur zu rund 30 v. H
erreicht. Dabei haben überall die Arbeiter und An
gestellten 35 bis 50 v. H. der planmäßigen Summen
gezeichnet, die sonstige Bevölkerung nur 7—12 v. H.,
die Bauern — auch die Kollektivbauern! — aber nur
^—3 v. H. der von ihnen erwarteten Summen!
ş Winter vorzubeugen, beschlossen, eine zentrale Be-
Hörde zu schassen, der die Gesamtheit der Ernäh-
rungssragen unterstehen wirb. „Die allrussische Er-
n-ähruugsbehörde" wird in Zukunft für alle Mängel
in der Versorgung des Landes mit Lebensmitteln
verantwortlich gemacht werden.
Sie brenzliche Situation
im Sîièssten.
Neuer Zwischenfall.
Aufregung herrscht in der tschechischen Presse
wegen einer Waffenschiebung, bei der aus Bestän
den der tschechoslowakischen Armeeverwaltung
125 000 Jnfanteriegewehre des österreichischen Mo
dells Muster 1895 und 4000 Maschinengewehre
System Schwarzlose samt der dazu gehörigen Mu
nition aus Umwegen an Ungarn gelangt seien, so
daß also die tschechoslowakische Armeeverwaltung,
wie ein tschechisches Blatt schreibt, den erbittertsten
Gegner der tschechoslowakischen Republik selbst mit
Waffen und Munition versorgt habe.
, Ueber die Geschichte dieser Waffenschiebung
berichtet das Blatt: Die Tschechoslowakei erbte aus
den Armeebeständen Oesterreichs Infanterie-
gewehre, Muster 1895, und Maschinengewehre,
Muster Schwarzlose. Diese Waffen wurden, da die
Armee mit anderen Typen ausgerüstet wurde, ins
Magazin gelegt. Für den Verkauf interessierte sich
eine Prager Bank, zumal die alten österreichischen
Gewehre und Maschinengewehre in südöstlichen
Staaten auch jetzt noch verwendet werden. Ein
Balkanstaat interessierte sich für den Ankauf der
Waffen, nahm aber schließlich davon Abstand, weil
er nicht bar bezahlen konnte. Die Gewehre waren
mittlerweile über Regensburg auf dem Donau
wege nach Wien geschafft und dort eingelagert
worden. Der französische Militärattache erfuhr
davon und schlug Lärm, weil er annahm, daß die
Waffen in französischs Kolonien geschmuggelt
werden sollten. Roch bevor sein Protest Widerhall
gefunden hat, waren die Waffen verschwunden.
Nach den Behauptungen der tschechoslowakischen
Presse wären die Waffen samt Munition von ita
lienischen Agenten gekauft und mit italienischem
Gelde bezahlt worden. Einen kleinen Teil hätten
die österreichischen Heimwehren erhalten, der
größte Teil sei jedoch nach Ungarn gebracht wor
den. Die tschechische Presse verlangt Aufklärung
vom tschechischen Kriegsminister-ium.
Auch aus diesem neuesten Zwischenfall geht
hervor, wie brenzlich die Situation im Südosten
ist. Ueber allen Einzelheiten ist nicht aus dem
Auge zu verlieren, daß im Hintergrund Frank
reich und Italien die Fäden in der Hand halten.
Zu einer deutschen Protestkundgebung kam es
auf ^ dem Internationalen Studentenkongreß in
Brüssel. Als auf eine Beleidigung des deutschen
Vertreters durch einen Polen der französische Prä
sident den Deutschen nicht das Wort zu einer sofor
tigen Erwiderung erteilte, verließ die deutsche Ab
ordnung unter Protest die Versammlung.
* 1
Burgfriede zwischen drei Parteien.
enîschàà 8ààģ
M ZM§rnftgşş§ für KgMMzmêsmus.
' Auf dem zurzeit in Moskau tagenden Kongreß
»er kommunistischen Gewerks chaftsinternationale
Wrach der Vertreter der deutschen Kommunisten, der
Abgeordnete Heckert. Er betonte die Notwendigkeit
k>ner Verstärkung der Streikbewegung unter den
Industriearbeitern. Der Kommunismus müsse in
Besitz der großen Werke gelangen, da sie das
Schicksal der kommenden Weltrevolution entscheiden
würden. Sodann ging Heckert auf die Bauernfrage
^n und gab zu, daß der Kommunismus sich auf die-
em Gebiet keiner größeren Erfolge rühmen könne.
4-rdessen sei die Frage eines Ilebergangcs der Barr
en zum Kommunismus die entscheidende für den
^ş°lg der proletarischen Revolution. Es müßten
bhnlb olle Anstrengungen unternommen werden,
m den Widerstand der Bauern zu überwinden.
dîï Hemps gegen den Hunger.
Der Mangel an Lebensmitteln, der sich im gon-
f 1 } Gebiet der Sowjetunion immer fühlbarer macht
»t die Sowjetregierung zu einer Reihe Maßnahmen
s..ļģsiwstt, die die Sicherstellung der Ernährung der
adtiichen Bevölkerung gewährleisten sollen. Trotz-
* hält der Fleischmangel unverändert an, reicht
r Filchvorrot nicht aus, stehen vor den Lebens-
’ e l ge i chasten nach wie vor „Schlangen" und wird
(Jr Rationierung der Lebensmittel immer strenger
î-T^ņdhabt-ê. Jetzt hat die Sowjeirerperung, um
tC Ernährungskatastrophe im bevorstehenden
Die Parteiführer Treviranus (Konserva
tiv), Dr. Scholz (Deutsche Bolkspartei) und
Sachsenberg (Wirtschaftspartei) haben sich ge
stern in einer gemeinsamen Besprechung da
rüber geeinigt, daß ihre drei Parteien im künf
tigen Reichstag grundsätzlich Burgfrieden ge
geneinander bewahren wollen. Weiterhin ha
ben sie sich entschlossen, in -einem gemeinsamen
Wahlaufruf zum Ausdruck zu bringen, daß die
drei Parteien gewillt sind, in sozialpolitischen,
innen- und außenpolitischen Fragen zusam
menzuarbeiten. Ueber die Form dieser Zu
samenarbeit wurden Beschlüsse noch nicht ge
faßt. Man denkt etwa an die Bildung eines
interfraktionellen Ausschusses, 'sticht aber an
eine Fraktionsgemcinschaft. Die Verhandlun
gen zwischen den drei Parteien sollen fortgesetzt
werden, sie werden im wesentlichen nur noch
der Formulierung des gemeinsamen Wahlauf
rufes dienen
Die drei Parteiführer werden ihre Par-
teivorstände um Zustimmung ersuchen, und
man glaubt, daß sie die Zustimmung erhalten
werden. Damit sind in kleinerem Rahmen die
-ammlungsbemühungen, von denen seit lan
gem die Rede ist, von Erfolg gewesen. Was die
Abreden kür die Haltung der drei Parteien
im neuen Reichstag anlangt, so betreffen sie
in erster Linie finanz- und sozialpolitische
Fragen. Die Abreden sollen ein gemeinsames
Vorgehen der drei Fraktionen im Sinne einer
Wirtschaftssanierung durch Lockerung der
Steuerschraube als Folge „rücksichtsloser
Sparsamkeit" bei gleichzeitiger Umschaltung
der Steuern von der direkten nach der indirek
ten Seite und im Sinne einer Sicherung des
Etats vor ständigen Erschütterungen durch un
vorhergesehene Ansprüche seitens der Arbeits
losenversicherung garantieren
Während so eine auch für die Zukunft be
rechnete Verständigung im gewissen Rahmen
auf der gemäßigten Rechten zustande kommen
dürfte, bescheinigt der Senior der Deutschen
Bolkspartei, Professor Dr. Kahl, noch einmal
das
Hinfälligwerden der Sammlnngsteudenz
nach der Mitte
hin, womit nach Lage der Dinge die Deutsche
Staatspartei gemeint ist. Kahl schreibt, er ge
gen die Staatspartei als solche nicht einen
Feldzug eröffnen wolle und auch volles Vev
stänönis für das Wahlbündnis in Württem
berg und Baden habe. Dagegen komme es ihm
auf das klare Bekenntnis an, daß er nach Ver
lauf und Ergebnis der Verhandlungen auch
seinerseits der von Scholz getroffenen letzten
Entscheidung aus vollster Ueberzeugung bei
trete. Der Vorschlag Hopker-Aschoffs und
Dietrichs, beide Parteien auf gleichberechtigter
Grundlage unter seiner, Kahls, Führung zu
sammenzuschließen, sei gewiß für ihn sehr
ehrenvoll. Aber er hätte aus sachlichen Grün
den die ihm zugedachten Aufgaben niemals zu
lösen vermocht; denn es fehle die Grnndvor-
anssetznng eines wirklichen Zusammenschlusses
und die vorangegangene programmatische Ver
ständigung wenigstens über die Hauptlinien
der erstrebten gemeinsamen Politik. Kahl ver
weist vor allem auf das Verhältnis zur So
zialdemokratie. Er kenne kaum eine größere
politische Macht als den Satz, daß nur ohne
oder gegen die Sozialdemokratie regiert wer
den könne.
* . *
Ein Erfolg.
Sie WfjîfirpffiiKîifûpng
in BnmWeig.
TU. Braunschweig, 20. Aug. (Eig. Funkmeldung).
Langwierige Verhandlungen zwischen den bürger
lichen Parteien im Freistaat Braunschweig haben
zur Schaffung einer bürgerlichen Einheitsfront ge
führt, die die christlich-nationale Bauern- und Land
volkpariei, die deutsch-nationale Bolkspartei, die
deutsche Volkspartei, das Zentrum, den braunschwei
gischen Landbund, den Bürgerbund, den Bereinig
ten Mittelstand, den braunschweigischen Landesver
band. die land wirst cha stli chen Hausfrauenveretne so
wie den Landesverband braunschweigischer Frauen
vereine umfaßt.
In dem gemeinsamen Wahlaufruf wird u.
a. festgestellt, daß durch die Einigung der bürger
lichen Wähler, die gewillt seien, den Kamps gegen
den Marxismus aufzunehmen, der dringendste
Wunsch der Bevölkerung erfüllt werde. Einigkeit
sei der fruchtbarste Boden. Aus ihm sollen er
wachsen: Sparsamkeit im Staatshaushali, Beam
tentum ohne Ansehung des Parteibuches, Schutz
der bis an den Ruin gebrachten Privatwirtschaft
und insbesondere Schutz der entgegen der Reichs
verfassung entkräfteten christlichen" Schule.
Dir WrchSrefsrm.
Ueber die beabsichtigte Reform des Reichs-
tagswahlgesetzes verlautet noch: Ein Mandat soll
nicht, wie bisher, an 60 000, sondern erst an
70 000 Stimmen entfallen. Kandidieren kann, wer
will. Es gibt keine amtlichen Stimmzettel mehr.
Zulässig ist, daß mehrere Mitglieder einer Par
tei — aber keinesfalls mehr als drei — sich zu
einer Bewerbergruppe zusammenschließen. Mit den
endlos langen Listen soll Schluß gemacht werden.
Da nicht mehr eine Liste, sondern ein Kandidat
gewählt wird, entsteht auch für die Parteien der
Zwang, etwas vorsichtiger bei der Auswahl der
Persönlichkeiten zu verfahren, die sie den Wählern
empfehlen. Eine unglückliche Eegenkandidatur gibt
einem Außenseiter, der im Wahlkreise was gilt,
erhöhte Chancen.
Die Reststimmen in einem Wahlkreis werden
im Verband (es sind 32 Kreisverbände vorgesehen)
so verrechnet, daß sie jenem Kandidaten einer Be
werbergruppe zugute kommen, der die höchste
Stimmenzahl erreicht hat. Die dann noch ver
bleibenden Reststimmen werden nach dem gleichen
Grundsatz innerhalb der 12 Ländergruppen auf
geteilt. In den einzelnen Ländergruppen kann
aber eine Partei nur soviel Mandate zugeteilt
erhalten, als sie in dà Verbänden erreicht hat.
Das gilt gegenwärtig auch für die Reichsliste, die
es nach dem neuen Rcichsgesetz nicht mehr geben
soll. Die Ländergruppenliste ist etwas anderes.
Dei Reichswahlliste wurde von einer Partei über
reicht und enthielt auch Namen von Kandidaten,
die in einem Wahlkreis gar nicht aufgestellt waren
oder so aussichtslos, daß die Erringung eines
Mandates nicht in Frage kam. Der Parteiführer
hatte es so in der Hand, Persönlichkeiten zu
Reichstagsabgeordneten zu ernennen. Die Wähler
hatten auf die Reichsliste nicht den geringsten
Einfluß, trotzdem fast ein Sechstel des Reichstages
diesen Reichslisten entstammte. In Zukunft wird
kein Bewerber ein Mandat erhalten können, der
nicht in einem Kreis oder Verband eine beträchi-
lichs Stimmenzahl auf sich vereinigt hat.
Dis Splittergruppen werden so gut wie aus
geschaltet. In einem Wahlkreis, der zwei oder so
gar fünf Millionen Wähler umfaßt, konnten auch
kleine Parteigebilde hoffen, 60 000 Stimmen zu
erlangen. Dann gab es zu dem Mandat aus dem
Kreisverband noch eines aus der Reichsliste, wenn
'ich im ganzen Deutschen Reiche mehr als 30 000
Stimmen zusammenzählen ließen. Im Kreisver
band mit einer halben Million Wähler wird es
>chon erheblich schwieriger, 70 000 Stimmen aus
zubringen, wenn der Außenseiter sich nicht durch
den besonderen Rang seiner Persönlichkeit und
seiner Leistung ungewöhnlich empfiehlt.
Das neue Wahlgesetz
tungsdauer auf 12 Jahre.
beschränkt seine Gel-
Zwischenruf.-
Es ist hohe Zeit, daß eine W a h l r e -
form kommt, und bedauerlich, daß die jetzige
Wahl noch mit den alten Finessen getätigt
wird.
Dazu gehört auch, daß eine Reihe Par
teien ein und denselben „zugkräftigen Mann",
der jeweiligen Parteicoulenr versteht sich,
gleich in einer ganzen Anzahl Wahlkreise an
der Spitze der Kandidatenliste marschieren
läßt, der suggestiv auf den Wähler wirken
soll.
In Wirklichkeit aber schickt man einen
der Nachgeordneten in den Reichstag; denn
für die große Kanone, die gewöhnlich auch
an der Tete der Reichsliste rangiert, pflegen
ans den einzelnen Wahlkreisen noch so viele
Reststimmen zu verbleiben, daß er ungefähr
det seinen Platz im Parlament erlangt.
So.wird das gemacht, und mancher dürfte
sich dessen noch nicht bewußt geworden sein.
Künftig soll ja nun dem Wähler mehr
Entscheidungsrecht gewäbrleistet werden, in
dem man den starren Listenmodus auflockert
und die Reichslisten, welche die Wähler
zwangsläufig wählen, zum Verschwinden
bringt. Hoffentlich wird dann auch die bezeichn
nete „Finesse" hinfällig sein. t