Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

vermehrter Anbau von Weizen und zwar von solchen 
Sorten, die auf einem leichteren Boden noch einen 
Erfolg versprechen. Die Angelegenheit wurde für so 
wichtig gehalten, daß den einzelnen Land-wirten in 
allen Orten des Vereinsbezirks nähere Mitteilungen 
Zug-ehen sollen und in der Herbst-versammlung diese 
Frage eingehend besprochen werden soll. Beschlossen 
wurde, anstelle der ausgefallenen Kreistierschau einen 
Sommerausflug zu unternehmen, (ta.) 
Im Reichstag steht gegenwärtig der Haushalt des 
Neichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 
zur Brechung. Inmitten einer lebhaften Aussprache 
stehen -bst Fragen der landwirtschaftlichen Veredelungs- 
Wirtschaft. Die Redner besassen sich mit den Fragen 
der Viehwirtschaft, Fleischwirtschaft. Milchwirtschaft. 
F-ttwirtschaft, Molkereiwirtschaft, Eeflügelwirtschaft, 
Eemüsewirtschaft, Obstwirtschaft und Weinwirtschaft. 
Roch nie ist die ungeheure Wandlung der Dinge, 
di« sich in den letzten Jahren auch im Reichstag 
innerhalb der Agrarpolitik durchgesetzt hat, so deut 
lich in Erscheinung getreten, als bei den gegenwärtigen 
Verhandlungen. Nicht nur die Parteien stellen die 
Probleme der Bauernwirtschaft und damit der land 
wirtschaftlichen Veredelungswirtschaft in den Vorder 
grund ihrer Betrachtungen, sondern auch die Expo 
nenten derjenigen großen Wirtschaftsgruppe, die bis 
her in erster Linie die Interessen der deutschen Ge 
treidewirtschaft. des Korn- und Kartoffelbaus, ver 
trat, nämlich des Reichsland-bundes. haben sich auf die 
bäuerlichen Belange in bemerkenswerter Weife um 
gestellt. Zweifellos haben die großen bäuerlichen 
Gruppen jm Reichslandbund, das muß offen zugegeben 
werden, sich in den letzten Jahren in bedeutsamer 
Weise durchgesetzt, so daß heute sich die Grenzlinien 
zwischen den Vertretern des Reichslandbundes und 
den Vertretern der anderen bäuerlichen Neichsorga- 
nifationcn verwischt haben. Wie stark diese innere 
Umgruppierung in den einzelnen Parteien des Deut 
schen Reichstages heute geworden ist, zeigen die letzten 
Interpellationen im Deutschen Reichstag, So haben 
die Deutschnationalen, die Wirtschastspartei, die Ehrist- 
lichnationalen, die. Deutsche Bauernpartei und die 
Deutsch-Hannoveraner Eingaben eingebracht, deren 
Inhalt sehr oft fast gleichlautend ist und zum Gegen 
stand die dringenden Fragen der landwirtschaftlichen 
Deredelungswirtschaft haben. So wird unter anderem 
gefordert: Die Erhöhung des Schutzes der Vieh- und 
Fleischproduktion, in diesem Zusammenhange die Er 
höhung der ganz unzureichenden Zollsätze, die Zusam 
menfassung und ordnungsmäßige Verteilung der Er 
zeugnisse der Seegrenzschlachthäuser zur Entlastung der 
großen preisbildenden Märkte unter Berücksichtigung 
der Genossenschaften und des Handels, der Erlaß eines 
Gesetzes, welches die Reichsregierung ermächtigt, den 
Fett verarbeitenden Gewerben die gleichzeitige Ver 
arbeitung eines von der Reichsremerung zu bestim 
menden Mindestsatzes inländischen Fettes vorzuschrei 
ben, Beseitigung der im kleinen Erenzverkehr zutage 
getretenen Mißstände, die Beseitigung der Zwischen- 
zolle für Speck und Schmalz, die Ausdehnung der der 
Reichsregierung auf dem Gebiete des Getreides zur 
Aenderung der Zollsätze erteilten Ermächtigung auf 
die Zollsätze für Vieh, Fleisch, Fette, Milch- und Mol- 
kereiprodukte. 
Es war außerordentlich interessant und kennzeich 
nend für den oben angedeuteten politischen Wandel, 
als der Reichslandbundpräsident, Abgeordneter Hepp, 
die Ankündigung des Gesetzes für die Verarbeitung 
von inländischen Fetten unterstrich. Redner wies dar 
auf hin. daß die inländischen Fette unter stärkster 
ausländischer Konkurrenz stehen und dadurch die 
Fleisch- bezw. Viehpresse ständig unter schwerstem 
Druck halten. 
àMmchļ. 
Rendsvurger Johanni-Vieh- und Pferdemarkt 
am Dienstag, den 24. Juni 1930. 
Der Rendsburger Johanni-Vieh- und Pferde- 
markt, der vom Wetter einigermaßen lbegünsttgt war. 
war von Händlern, Landwirten und sonstigen' Inter 
essenten nicht so stark besucht als sonst, aber immerhin 
noch ganz gut Die Beschickung ließ zu wünschen übrig. 
Auf dem Rrndviehmarkt waren nur reichlich log Tiere 
angetrieben. Fehrvieh war am meisten vertreten Der 
Handel gestaltete sich nur mittelmäßig, der Markt 
tonnte ab-er so ziemlich geräumt werden. 
Auf dem Pferdemarkt war die Zutrift ebenfalls 
gegenüber dem vorjährigen Johannimarkt geringer. 
Am meisten waren ältere Pferde vorhanden. Der Han- 
rel gestaltete ssch nur flau und an eine Räumung des 
Marktes war nicht zu denken. 
Die Zutrift an Rindvieh betrua 104 Stück aeaen 
3attr Nationalisierung des Weges 
vom Erzeuger zum Verbraucher. 
Man schreibt uns: 
Zu den stehenden Themen der agrarpoli 
tischen Versammlungen hat sich in den letzten 
Jahren das Thema von der Zwischenhandels 
spanne entwickelt. Leider ist diese Frage trotz 
oder infolge aller Reden nicht um eine Station 
gefördert worden. Es besteht vielmehr heute 
noch der Zustand, daß sämtliche Fragen der 
Kettenglieder der Agrarproduktion noch fast 
ungeklärt sind. Die genossenschaftliche Rationa 
lisierung, die nun schon seit 3 Jahren die land 
wirtschaftlichen Gemüter bewegt, hat vor allem 
noch nicht gewagt, diese Frage auch nur im 
Keime zu berühren. Die Gründe dieses selt 
samen Verhaltens der Organisationen, die in 
erster Linie berufen sein sollten, die Frage 
praktisch durch das bessere Beispiel zu lösen, 
bezw. zu lösen zu versuchen, liegen für jed. Un 
terrichteten klar. Es war daher für weite land 
wirtschaftliche Kreise eine außerordentliche 
Ueberraschung, als der Reichsminister für 
Landwirtschaft und Ernährung, Schiele, in sei 
ner gestrigen Reichstagsreöe besonders die 
Frage der Zwischenhandelsspanne mit in den 
Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte. Er 
wies darauf hin, daß die Spannung zwischen 
beiden Metzziffern des Agrarindexes und Er- 
nährungs.indexes sich im Laufe der letzten 3 
Jahre fast verdreifacht hätte. In einer Periode 
entscheidender Preis- und Lohnsenkungen 
müsse auch die jetzt vorhandene unnatürliche 
Höhe der Preisspannen abgebaut werden. Mi 
nister Schiele ist dabei der Auffassung, daß es 
sich hier um Fragen der wirtschaftlichen Struk 
tur und der allgemeinen Marktverhältnisse 
handelt, wo ethische Wertungen nur sehr be 
dingt möglich sind. Nach seiner Ansicht bedarf 
der Weg vom Erzeuger zum Verbraucher drin 
gender Rationalisierung. — Bei der Behand 
lung der Gesamtfrage darf freilich nicht ver 
gessen werden, daß die Frage der Ziusspanne 
mit in erster Linie zu den Hauptaufgaben ge- 
hört, die die Landwirtschaft im eigenen Hause 
zu lösen hat. Genossenschaftsgelder zu 12 bis 
15 Prozent sind unvereinbar mit einem Reichs- 
banköiskont von 4 Prozent. Die Landwirtschaft 
hat alle Ursache zunächst diese Spannenfrage in 
Ordnung zu bringen. 
Lrmdrv. Verein nn der Stör. 
Die Distriktsvorsteher des Landw. Verein 
750—860 R-R 
750—850 3UI 
650—750 9Ui 
450-700 3Ui 
300—400 3Ul 
200—300 DUl 
10-0—200 9U£ 
430—650 RM 
300—400 Rcki 
450—600 3Ul 
200—300 DUl 
- M 300—400 R^t 
Litauer, ,« nach Qualität 200—400 R-K 
Veremze.lt wurde auch über und unter Notiz be 
Stuten 
gute Arbeitspferde 
mittlere Arbeitspferde 
ältere Arbeitspferde 
-geringere Qualitäten 
Die Atlantikmädels 
grunzendes, knurrendes, ewig unzufriedenes Weib. 
„Kusch", sagte Mary, lachte und nahm die letzte 
Treppe z-um vierten Stockwerk immer gleich zwei 
Stufen auf einmal. Droben zog sie an dem vor- 
weltlich-en Klingelzug, daß die alte Glocke darüber 
förmlich ins Hüpfen kam. Mary, Mary, Mary 
sagte sie fünf-, sechsmal hintereinander und über 
kugelte sich beinahe dabei. 
„Herrgott, Mädel, kannst -du dir denn nicht ein 
bißchen mehr Ruhe angewöhnen? Du nimmst wahr- 
hastig die Treppen wie ein Matrose, wenn er nach 
zwei Jahren zum ersten Male wieder Land unter 
sich fühlt —" 
"'s gmen mar omen, oen rhr die ewig über 
mütige Awry vor ein paar Tagen gegeben hat. Er 
betraf das Handschuhüberprob-ieren bei jungen Her 
ren, das nach Marys Anweisungen so langsam und 
zärtlich vor sich gehen sollte, daß dabei ein Verlo- 
bungsring abfiel. 
Und da passierte etwas, was Hannelore noch nie 
passiert war beim Kundenbedienen. Sie lachte. 
Laut und deutlich. Und bekam gleich hinterher 
einen Totenschreck, daß sie sich hatte so gehen lassen. 
Aber der Fremde lachte auch. „Meine Pranken 
machen Ihnen Vergnügen, Fräulein!" 
„Oh nein", beeilte sich Hannelore zu versichern, 
„das war es nicht." Und, gleichsam, um dem 
Fremden zu sagen, das Format und die Beschaffen 
heit deiner Hände machen einem vernünftigen Mä 
del gar nichts, fragte sie ernsthaft: „Sie arbeiten 
praktisch, mein Herr?" 
Für eine Sekunde nur besann sich Hal Smith. 
„Well, ich bin Werftarbeiter —" Und er ließ das 
W gleichsam in seinem Munde kreisen und beobach 
tete aufmerksam, was die Kleine bei der Enthüllung 
wohl für ein Gesicht machte. Er wettete mit sich 
selbst — dafür war er Amerikaner —, daß ihn die 
Kleine jetzt, so weit sich bas mit ihrem Posten ver 
trug, abfallen ließ. 
Aber Hannelore sah von ihrer „Schweravbeit" 
ganz erfteut auf. „Oh, das finde ich nett!" 
Hal Smith war angenehm überrascht, daß er 
seine Wette verloren hatte, und sà Blick ruhte 
mit noch mehr Wohlgefallen auf dem aschblonden 
Bubenkopf, der sich mit erneutem Eifer über seinen 
nun endlich einmal aus der Hand gelegt hatte. 
Ein paar Tage später trat ein junger Mann 
an Hannelores Verkaufstisch, der sicher nicht das 
Warenhaus ausgesucht hatte, um Herrenartikel zu 
kaufen. Er war schon einige Male an diesem Stand 
vorübergegangen. Hatte geschaut. Aber nicht nach 
den Krawatten, Socken, Oberhemden, sondern nach 
dem blonden Mädel, das merkwürdigerweise nicht, 
wie das sonst Mädchenart ist, seine Augen überall 
hatte. Donnerwetter noch mal, es gehörte schon 
etwas dazu, ihn zu übersehen! Besonders dann, 
wenn er gesehen zu sein wünschte. Und er reckte 
sich in seiner ganzen Länge und Breite und ver 
dunkelte plötzlich Hannelores Verkaufstisch. Das 
heißt, nur mit seiner Gestalt. Denn er lachte 
Hannelore an, daß die unwillkürlich aufschaute, um 
zu sehen, warum und wieso es mit einem Male im 
Warenhaus um so vieles heller geworden war. 
„Was darf ich Ihnen vorlegen?" Hannelore 
ist ein bißchen verlegen. 
Der junge Mann läßt die Micke über die Ab 
teilung .Herrenartikel gleiten. Offenbar hatte er 
sich selbst noch nicht überlegt, was er sich vorle-gen 
lassen wollte. „Ich wünsche —", er hat eine Art, 
das W auszusprechen, die darauf schließen läßt, daß 
er sich sonst wohl mehr der englischen Sprache be 
dient. „Ich wünsche — ein Paar Handschuhe." 
„Ihre Nummer, bitte, mein Herr?" 
Ungeniert streckt sich ihr eine Hand entgegen, 
die nicht ausschaut, als sei sie gewöhnt, Handschuhe 
zu tragen. Dier Hand ist breit und ausgearbeitet. 
Sie hat Schrammen und Risse und macht den Ein 
druck, als hätte sie viel mit Eisen zu tun und könne 
Ersen biegen. 
„Hoffentlich finden Sie überhaupt eine Hand- 
schuhnummer für mich, Fräulein —I" Der Fremde 
lacht gutmütig überlegen. Er scheint gern zu la 
chen. Und Hannelore hat in den kurzen Minuten 
herausgefunden, daß sie ihn auch gern lachen sieht. 
Sie sucht emsig. Plötzlich fällt ihr etwas ein, 
was ihr beinahe einen Schreck verursacht. „Sollen 
es etwa Brauthandschuhe sein?" 
„Was? Um Himmels willen, Fräulein!" Hal 
Smith macht ein komisch entsetztes Gesicht. „Wollen 
Sie mein Unglück?" 
Da lacht Hannelore. Holt aus dem obersten 
Roman pon G. Heerstedt. 
3) (Nachdruck verboten.) 
Mary Dettmann war am Steinweg geboren. 
Und wer den Hamburger Steinweg kennt, der weiß, 
daß er eine Sache für sich ist. So eine Art Klein 
stadt. Man stirbt am liebsten da, wo man geboren 
ist oder hinheiratete. Man nimmt tausend Unan 
nehmlichkeiten und Unbequemlichkeiten auf sich. 
Man schimpft, aber — man bleibt wohnen. Mae 
wohnt vierzig, fünfzig Jahre und noch länger am 
Steinweg, der mit den schluchtartigen Gängen, die 
von ihm abzweigen, einem großen Tausendfuß 
gleicht. Der auch eine Art eigenen Marktplatzes 
hat. Mit ihm macht man es wie mit den Wohnun 
gen. Man schimpft und schimpft nochmal, aber — 
man kauft dort. Bettinletts und Kieler Bücklinge, 
Stiefelwichse und Bonbons. Man klatscht an den 
Ständen. Sagt dem einen Händler, der draußen 
vor der Tür seines Lädchens steht, wenn er mal 
etwas für einen hätte, sollte er an einen den-ke-r. 
Und zahlt bei einem anderen den Rückstand vom 
vergangenen Monat ab. Eine Messe im kleinen, auf 
der jahraus, jahrein gefeilscht wird. 
Marys Eltern wohnten auch in einem der 
Gänge, zu denen man durch nicht gerade duftende 
Torbögen gelangte. Und was so ein richtiger, lan 
ger, breiter, ausgewachsener Hamburger ist, der bei 
Schwarzbrot, Aalsuppe, fettem Speck und Hafenluft 
groß geworden war, der mußte sich beträchtlich bük- 
ken, wollte er jenseits unbeschädigt landen. 
Mary schob stolz in den Torweg Numero sie 
benundzwanzig ein, als beträte sie die Vorhalle der 
oben beschriebenen Harvestehuder Villa. Es war 
stockdunkel um sie. Trotzdem die Uhr erst zwanzig 
Minuten nach sieben war, und trotzdem der Regen 
aufgehört und das Wetter sich einigermaßen auf 
geklärt hatte. Und das an einem Tage um die 
Mitte des September. 
Hinten im Gang war es eben noch dämmerig. 
Auf den Spiegeln, die da waren, um die Sonnen 
strahlen einzufangen — vorausgesetzt, daß es welche 
zu sangen gab — schwamm ein heller Schein. Eine 
Wasserleitung tropfte, deren Hahn Mary im Vor 
übergehen schnell fester zudrehte. Es war alles nicht 
so einfach in den Gängen des Steinwegs. Das 
Wasser mußte man von unten holen, selbst, wenn 
man es vier Stock hoch zu schleppen hatte. Das 
wußten die Leute in dem Stückchen Alt,Hamburgs 
gor nicht anders. 
Die Treppe, bie. Mary hochstrebte, war eine 
Hühnerstiege, die bei jedem der doch wahrhaftig 
leichten Schritte heftig protestierte. Wie ein altes. 
„Es ist doch wirklich unerhört", sagte die Frau 
gewesene Obersekretär Prätorius zu ihrer Hanne 
lore. „Was meinst du, Kind, bekommt dieser Mensch 
— zu „dieser Mensch" war urplötzlich der Herr 
Referendar Karstens degradiert — „bekommt die 
ser Mensch mit der Morgenpost einen Brief, beinahe 
io lang wie das Tablett, auf das ich ihm immer 
die Zuckerdose und den Rahmtopf stelle, steif wie ein 
Stück Pappe und parfümiert — parfümiert —" 
Die Frau gewesene Obersekretär hatte in der Erre 
gung eine Art zu sprechen, als stände sie auf einer 
Liebhaberbühne. — „Und wie die heutigen Mädchen 
sind, ungeniert bis oben hinaus, den Ab-sender hatte 
sie auch noch auf der Rückseite vermerkt.. Eora 
Drewes, Harvestehuder Weg 145. Ich hätte ja frü 
her nie an jemand anderes geschrieben als an dei 
nen Vater. Aber heute — heute Und gelacht 
hat er — gelacht, als er den Brief gelesen hat! 
Und sofort wiedergeschrieben. Ich habe olles -durchs 
Schlüsselloch beobachtet. Und das wollen nun feine 
Leute sein!" 
Hannelore war es höchst gleichgültig, was der 
Herr Referendar Karstens tat. schrieb, empfing, 
worüber er lachte und nicht lachte, und wonach seine 
oder andere Briese dufteten. Schließlich bestand 
die Welt doch nicht nur aus Juristen. Wiewohl 
Hannelore nicht hätte sagen können, welch anderen 
Stand sie vorzog. Sie war im ganzen etwas pas 
siv. Was hätte sie denn auch anderes machen sol 
len?! Passivität als Warenhausongestellte war eine 
Handschuh neigte. 
Hannelore aber dachte, was es doch für ange 
nehme Werftarbeiter und für unangenehme Refe 
rendare gab. Sie konnte jetzt der Mutter Geschmack 
noch viel weniger begreifen. — 
Als sie nach Ges-chäftsschluß mit Mary gemein 
sam aus einer Seitentür des Warenhauses trat, 
schaute sie verstohlen die Kette der Kavaliere ent 
lang, die hier allabendlich Posto faßte. „Sie stehen 
wieder wie 'ne Knoblochreihe", pflegte Mary immer 
zu sagen, „wie sind doch -die Mädels dumm!" 
len?! Passivität als Warenhausongestellte 
schätzenswerte Eigenschaft. Und i-n der Töchterschule 
hatte sie als unbemittelte Beamtentochter auch kein 
Recht gehabt, mitzureden. Sie kam sich vor wie 
jemand, der immer in die Garderobe von anderen 
gezwängt worden war, sie hätte aber auch gern mal 
ein Kleid besessen, das für sie selbst zugeschnitten 
war. Mochte es noch so einfach sein. : 
An dem Abend legte die Frau gewesene Ober 
sekretär diesem Menschen Karstens die Strümpfe so 
hin, wie sie von der Waschfrau kamen — mit faust 
großen Löchern. Mochte er doch seine Harvestehuder 
TUBE'1.50u.2.50 IN ALLEN FACHGESCHÄFTEN Ģ
	        
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