Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

IB Zähre lang eine Schere 
ii Unterleib. 
Durch die Schuld eines Operateurs 
zu dauerndem Siechtum verurteilt. 
Spremberg, 19. Juni. Die Frau des Be- 
iriebsingenienrs Rach, Gantdorf, war im 
Jahre 1917 infolge eines Unterleibsleidens 
von dem ersten Chirurgen der Stadt Metz 
operiert worden. Seit dieser Operation, also 
seit 13 l A Jahren, war Frau Rach größtenteils 
krank und sogar monatelang bettlägerig. Nach 
mehrjähriger erfolgloser Behandlung durch 
Spremberger und Kottbuser Aerzte entschloß 
sich Frau Rach vor einigen Tagen, den 
Frauenarzt Dr. Strecker in Bad Homburg zu 
konsultieren. Zu aller Ueberraschung ergab 
sich bei der ersten Untersuchung und der sofort 
folgenden Operation, daß bei der im Jahre 
1917 vorgenommenen Operation 
eine 11 Zentimeter lange Lperatiousschere 
in die Bauchhöhle mit eingenäht worden 
war. 
Eie wurde vollkommen verrostet und verkalkt 
zwischen Unterleib und Darm gefunden. Die 
Umgebung der Schere war vollkommen ver- 
wuchert und vereitert, der Darm an mehreren 
Stellen aufgerissen. Die Patientin schwebt 
nach wie vor in Lebensgefahr. Daß die Schere 
Dei der ersten Operation im Leibe vergessen 
wurde, erscheint weniger verwunderlich, als 
daß bei der folgenden jahrelangen Behand 
lung, bei den vielen Untersuchungen durch 
Aerzte und selbst bei der Durchleuchtung mit 
Röntgenstrahlen die Schere nicht entdeckt 
wurde. Wenn auch in mehreren Monaten 
eine Besserung des Krankheitszustandes und 
eine teilweise Heilung zu erhoffe nist, so steht 
doch heute schon fest, daß die bedauernswerte, 
noch junge Frau zu dauerndem Siechtum ver 
urteilt ist. 
* >»*■' . * 
9er „Mer Ssr Rml". 
Eigenartige Razzia «ach eiuem Masseu- 
mörder. 
Newyork, 19. Juni. Im Stadtteil Oeen 
veranstalteten gestern 2500 Polizisten eine 
Razzia. Die Einwohner wurden durcy ernen 
offenbar geistig gestörten Mann beunruhigt, 
der Mordanschläge auf Liebespaare unter 
nimmt. Er schleicht sich an parkende Autos 
heran, die in Amerika bekanntlich oft als Zu 
fluchtsort für Liebende dienen, und streckte den 
Mann durch einen Revolverschuß nieder. Bis 
her sind zwei derartige Mordfälle zu ver 
zeichnen. Ganz wie der Düsseldorfer Mörder 
bombardierte der Urheber dieser Berbrechen, 
der sich als „Rächer der Moral" unterschreibt, 
die Polizei mit Briefen, in denen er ankün 
digt, er beabsichtigt noch 14 weitere Taten die 
ser Art zu begehen. 
Die polizeiliche Massenrazzia, die in dieser 
Angelegenheit unternommen wurde, hat recht 
ungewöhnliche Formen angenommen. Dian 
verteilte „Liebespaare,,, in Wirklichkeit waren 
es Polizisten i« Zivil und weibliche Polizei- 
beamte, in mehreren hundert Autos in dem 
betroffenen Bezirk. Der Mörder hat sich je 
doch an keine dieser Polizeifallen herange 
wagt. Dagegen war die Sache ruchbar gewor 
den und es strömten tausende von Neugierigen 
durch die Straßen des sonst ziemlich verlasse 
nen Stadtteiles. Das einzige Ergebnis dieser 
Riesenrazzia, das im Durchschnitt nicht ganz 
dem Ernst der Sache entsprach, war die Ver 
haftung zweier verdächtiger Spaziergänger. 
* traft? * * 
MîîîZeŞkler in Pà 
Eine junge Frau verschleppt. 
Paris, 18. Juni. Der französischen Polizei ist 
gelungen, einer Mädchenhändleraffäre auf die 
Spur zu kommen, deren Opfer eine junge Frau 
namens Josephine Heiß aus Metz geworden ist. 
Sie war als Servierfräulein in einem Metzer 
Restaurant tätig. Im August 1929 lernte sie ei 
nen jungen Mann kennen, mit dem sie einige Zeit 
in Glückseligkeit verbrachte und der ihr versprach, 
sie in Barcelona als Tänzerin unterzubringen. Sie 
willigte ein und ging vertrauensselig an Bord des 
italienischen Dampfers „Julius Cäsar", der sie 
aber statt nach Barcelona nach Buenos Aires 
brachte. In Rosario wurde sie gezwungen, sich der 
Prostitution hinzugeben. Sie wurde schwer krank 
und in ein Krankenhaus gebracht. Auf diese Weise 
gelang es ihr, sich frei zu machen. Nach ihrer 
Wiederherstellung wurde sie durch das französische 
Konsulat nach Frankreich zurückgebracht. 
Die Polizei hat nach Untersuchung der Ange 
legenheit ein Jndividium verhaftet. Der Mann 
ist bereits mehrere Male wegen Diebstahl und 
Handel mit Rauschgiften vorbestraft, doch steht die 
Verhaftung auch noch anderer Personen bevor, die 
gemeinsam eine Mädchenhandelsorganis-aLion ge 
bildet hatten. 
* . * 
BşiLs TàmMşiug örrrch 
AewFork. 
TU. Newyork, 19. Juni. Hundert- 
tausende von Newyorkern jubelten am Don 
nerstag dem Südpolforscher Byrd zu, dessen 
Empfang dem eines siegreichen Feldherrn 
glich. Von dem Fort auf der Gonverneurs- 
insel wurden 13 Salutschüsse abgefeuert und 
die. Fahrt zur Battery gestaltete sich zu einem 
Triumphzug sondergleichen. Der Brodway 
bot ein Bild, das lebhaft an den Empfang 
Lindberghs, der deutschen Ozeanflieger und 
Dr. Eckeners erinnerte. Bon einer Schwadron 
berittener Polizei, Abordnungen der Marine, 
der städtischen Nationalgarde und der See- 
Miliz begleitet, fuhren Byrd und die übrigen 
Mitglieder der Expedition nach dem Rathaus, 
wo ein offizieller Empfang stattfand. 
Am Freitag wird Präsident Hoover Byrd 
die goldene Medaille der Geographischen Ge 
sellschaft überreichen. 
* * * 
Der 100 000 Mark-Gewinn gezogen. 
TU. Berlin, 19. Juni. Am Dienstag fiel, 
wie der „Lokalanzeiger" meldet, in der Preuß.- 
Süddeutschen Klassenloterie die eine Abtei 
lung des Hauptgewinnes von 100 000 RM. auf 
das Los 232 640 einer Lotterieeinnahme in 
Charlottenburg. Das Los wurde von vier 
kleinen Leuten gespielt. Die Spieler der 2. 
Abteilung wohnen in Essen. 
Schnrelmgs Wķļtmķisterfchast 
amrkarmt. 
TU. Newyork, 19. Juni. Die Newyorker 
Boxkommission hat am Donnerstag Şchme- 
ling die Weltmeisterschaft zuerkannt. Der 
Vorsitzende der Kommission empfahl die Aus 
tragung eines Rückkampfes Şchmeling—Shar 
key bis Oktober d. Js. 
* . * 
Darms! »mö i%uUd%K Kosten 
250000 Mark. 
Was der preußische Staat für zwei Schieber 
prozesse zahlen mußte. 
Berlin, 19. Juni. Wie der preußische Ju 
stizminister auf eine Kleine Anfrage im Land 
tag mitteilte, sind in der Strafsache gegen 
Barmat und Genossen der Staatsanwaltschaft 
I in Berlin an baren Auslagen insgesamt 
182 633,06 RM. entstanden, von denen 119 302 
RM. auf Zeugen- und Sachverstänöigengebüh- 
ren entfallen. 
In der Strafsache gegen Kutisker der 
Staatsanwaltschaft I in Berlin beträgt der 
Gesamtbetrag der entstandenen baren Ausla 
gen 67 270,45 RM., wovon auf die Vergütung 
der Zeugen und Sachverständigen 63 634,85 M. 
entfallen. 
* * * 
Explosionsunglück bei einem Motorbootausflug 
des Kaisers. 
Amsterdam. 18. Juni. Auf Einladung der 
Gräfin Pannewitz hatten der deutsche Kaiser, seine 
Gattin und ungefähr zehn andere Personen seiner 
Umgebung mit zwei Motorbooten eine Fahrt auf 
dem Kargersee gemacht. Plötzlich erfolgte aus bis 
her noch unbekannter Ursache in einem der beiden 
Boote eine Explosion. Eine hohe Feuersäule schlug 
aus dem Boot empor und es begann zu sinken. 
Vier Personen aus der Umgebung des Kaisers 
und ein Monteur wurden schwer verletzt und in 
das St.-Elisabeth-Krankenhaus in Leiden gebracht. 
Der Kaiser und seine Gattin befanden sich an Bord 
des zweiten Bootes, das dem anderen zu Hilfe kam 
und alle Personen aus dem sinkenden Boot über 
nahm. 
Zsöem LchMse hin eigenes 
tfļter. 
Auch hier muß gespart werden. 
Berlin, 18. Juni. (Eig. Meld.) Bei der 
Suche nach Sparmöglichkeiten stößt man auf 
manche Kuriositäten und erfährt jetzt, daß es 
in Deutschland Hochschulen gibt, von denen 
man bisher keine Ahnung hatte. In Witzen- 
hansen gibt es eine Kolonialhochschule. Sie 
hat einen Lehrkörper m 20 Personen und 
wird von 80 Studenten besucht. In Vranus- 
berg gibt es eine philosophisch-theologische 
Hochschule. Hier unterrichten 15 Professoren 
und Dozenten 32 Hörer. Der Dresdner Hoch 
schule ist eine Forstakademie angegliedert, die 
von 69 Studenten besucht wird. Dreiund 
dreißig Dozenten, darunter 22 ordentliche 
Professoren, teilen sich in den Unterricht. Bei 
den übrigen Forsthochschulen bestehen ähn 
liche Verhältnisse, und es wird angeregt, 
durch Zusammenlegung der Hochschulen zu 
sparen. 
Schweres Vergwerksunglück in der Ukraine. 
Kowno, 19. Juni. Wie amtlich aus Moskau 
gemeldet wird, ereignete sich gestern auf dem Berg 
werk „Maria" in der Ukraine eine starke Gasex 
plosion, durch die 35 Arbeiter getötet und 20 schwer 
verletzt wurden. Fünf Arbeiter werden vermißt. 
Die GPU. hat den Ingenieur Sakeschnikow 
unter der Beschuldigung verhaftet, daß er nicht die 
nötigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe. In 
dem gleichen Bergwerk sind bereits vor mehreren 
Monaten durch eine Gasexplosion 27 Arbeiter 
ums Leben gekommen. 
In Brescia ist in einem Lichtspieltheater 
anläßlich der Jahresfeier Italiens zu seinem 
Eintritt in den Weltkrieg ein wahrer Kriegs 
film vorgeführt worden. Während auf der 
weißen Leinwand eine Episode ans der 
Schlacht am Piave mit der grauenvollen 
Wahrheit des Geschehens gezeigt wurde und 
man eine Gruppe italienischer Infanteristen 
sah, wie sie sich aus einem Schützengraben 
gegen den Feind stürzten, hörte man den 
markdnrchdringendcu Schrei einer Zuschau 
erin: es war die Gattin eines der Kämpfer, 
die ihre» Mann erkannte. Im nämlichen 
Moment, in dem sich der Soldat aufgerichtet 
hatte, traf ihn ein Granatspliter, und er fiel. 
Das war zu viel für die arme Frau. Die 
Vorstellung wurde unterbrochen und man 
brachte die Arme, die tatsächlich eine Krieger 
witwe ist, aus dem Saal. Man erfuhr, daß 
ihr Mann zwar damals nicht getötet wurde, 
aber infolge der Verletzung nach langem 
Siechtum den Tod für sein Vaterland erleiden 
mußte. 
* * * 
Ein rabiater Hauswirt. 
Paris, 19. Juni. Ein 70 Jahre alter Italie 
ner, der in der Nähe von Grenoble ein Haus be 
sitzt, hatte das Erdgeschoß desselben an eilte* 
Landmann mit fünf Kindern vermietet. Zwischen 
beiden Parteien entstanden bald fortgesetzt Strei 
tigkeiten über Mietsfragen. Am Mittwoch, als 
der Mieter sich nicht im Hause befand, drang der 
Vermieter in das vermietete Erdgeschoß und er 
schlug ohne weitere Erklärung eines der Kinder 
mit der Axt, stürzte dann in ein Nebenzimmer 
und verletzte die Mutter der Kinder durch Axt 
hiebe lebensgefährlich, so daß sie ins Krankenhaus 
gebracht werden mußte. Dann verbarrikadierte 
sich der Wüterich im Hause. Alle Versuche, ihn zu 
verhaften, mißlangen. Die Polizei ging schließlich 
dazu über, von einer durch Entfernen von Ziegeln 
hergestellten Dachluke aus Gasbomben in die von 
ihm bewohnten Räume zu werfen. Des Täters 
konnte man jedoch nur als Leiche habhaft werden, 
er hatte sich inzwischen erhängt. 
Eine Doktor-Fabrik. 
Berlin, 18. Juni. (Eig. Meld.) In Ber 
lin findet gegenwärtig ein Prozeß statt gegen 
einen Dr. Woetitz nnd einen Baumeister Willi 
Forstmann, die einen schwnnghaften Handel 
mit akademischen Titeln getrieben haben. Die 
beiden hatten sich mit Hilfe eines „geheimen 
Hofrats Dr. Hildebrand" den Professortitel 
von der Nationalunivcrsität Dakota gekauft, 
Forstmann hatte nur Mittelschulbildung. Sie 
betrieben dann das Geschäft des Titelhandels 
selbständig. Wer zu ihnen kam und viel be 
zahlte, erhielt, ohne Rücksicht auf die Vorbil 
dung, den Doktorgrad irgendeiner Mysteriösen 
Universität. Manche der auf diese Weise mit 
dem Doktorhut gezierten Personen hatten nur 
die Dorfschule besucht. Forstmann hatte ein 
akademisches Sekretariat eingerichtet und 
plante die Gründung einer europäischen „Uni 
versität der Wissenschaft". In der ersten In 
stanz wurde Dr. Woetitz zu einem Jahr und 
Forstmann zu acht Monaten Gefängnis ver 
urteilt. Außerdem erhielt jeder der Angeklag 
ten fünf Jahre Ehrverlust. 
ĶîZ§?ê VsK. 
Aüf dem Flugzeugplatz Temlin bei War 
schau sind zwei Militärflugzeuge abgestürzt. 
2 Flieger wurden getötet, 2 schwer verletzt. 
An der französisch-italienischen Grenze 
ist ein französisches Militärflugzeug infolge 
einer Motorpanne abgestürzt. Der Führer 
und Begleiter waren sofort tot, der Mechanic 
ker und Telegraphist wurden schwer verletzt. 
In Vienenburg hat sich ein neuer Trichter von 
2, Meter Breite und 3 Meter Tiefe gebildet. 
Die Berliner Schupo-Kapelle au? Konzertreise in Kopenhagen. 
Die Berliner Schupo-Kapelle «rarschiert vom Kopenhagener Bahnhof iu die Stadt. 
Im Kreis: Oberst Heimannsberg, der Leiter der Berliner Schupo, der das Orche. 
ster auf seiner dänischen Reise begleitet. 
Das Orchester der Berliner Schutzpolizei macht augenblicklich eine Konzertreise 
durch Dänemark, wo es mit großer Begeisterung empfangen wird. Außer Kopen 
hagen sollen noch verschiedene größere Städte besucht werden. Die Kopenhagcner 
Konzerte wurden durch den dänischen Sender übertragen. 
Helgoland 40 Zähes deutsch! 
Landschaft und Volkstypeu der deutschen Nordseeinsel Helgoland. 
Am 1. Juli sind es 40 Jahre, daß die Felseninsel Helgoland durch Tausch von Eng 
land erworben wurde. Deutschland gab Teile seines Kolonialbesitzes im Witu- 
unö Somaliland, sowie auf Sansibar für die Insel an der Elbmündung, die dann 
zu einem starken Flottenstützpunkt ausgebaut wurde. Bei Kriegsende mußten alle 
diese Befestigungsiverke geschleift werden. 
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