Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

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ist. 
24 Stunden Blitz und Donner 
über Frankreich. 
Zahlreiche Einschläge.—Telephonleitungen zerstört.—Eisenbahnlinien unterbrochen. 
Paris, 15. Juni. Ueber Paris und Nord- 
frankreich find Sonnabend und den ganzen Sonn 
tag schwere Gewitter niedergegangen, die zum Teil 
großen Schaden anrichteten. Eigentlich handelt es 
sich um ein einziges Gewitter, das von Sonnabend 
nachmittag bis Sonntagmittag dauerte. Zn nicht 
weniger als sieben Stellen in Paris und in der 
Umgebung schlug der Blitz ein. Zwei Personen 
wurden verletzt. 
Ein großer Teil der Sonntagsveranstaltungen 
hat unter dem Regen schwer gelitten. So das große 
Derby von Chantilly, das Frühlingsfest von Saint 
Germain, verbunden mit einer Tafel unter freiem 
Himmel. 
Der wolkenbruchartige Regen wühlte vor dem 
Auswärtigen Amte das Holzpflaster auf, fetzte 
einige Straßen unter Wasser und richtete an dem 
Telephonkabelnetz große Verheerungen an. So 
wurden im Montmartre-Viertel die Kabel zerstört 
und tausend Teilnehmer konnten nicht mehr tele 
phonieren. Auch das Telephonnetz der Pariser 
Polizeiverwaltung wurde stark in Mitleidenschaft 
gezogen. Auf der Straßenbahnlinie Paris-Partin 
wurde der Verkehr unterbrochen. 
Der Blitz schlug in Gestalt einer Feuerkugel in 
das Rathaus von Versailles, und zwar in das 
Zimmer des Hilfsbürgermeisters. Als dieser, der 
seinen Arbeitsraum einige Minuten verlassen hat-' 
te, zurückkam, fand er die Gasleitung geschmolzen, 
und unter der Decke war Feuer ausgebrochen, das 
aber bald wieder gelöscht werden konnte. 
Sehr schwer sind die Gewitterschäden in der 
Provinz, besonders in Ferrant. Ein Mann wurde 
vom Blitz erschlagen, al« er den elektrischen Schal 
ter andrehen wollte. Die Eisenbahnlinie Paris- 
Berlin wurde in der Nähe von Appillq und 
Chaumy unterbrochen. Heute im Laufe des Tages 
ist es gelungen, den Schienenstrang wiederherzu 
stellen und den direkten Verkehr wieder aufzu 
nehmen. Die Verspätungen betrugen bis zu zwei 
Stunden. 
Schwere Blitzschäden auch in Deutschland. 
Rothem, 15. Juni. Ein durch Blitzschlag ver 
ursachtes Feuer äscherte das Herrenhaus des hie 
sigen v. Behr'schen Rittergutes vollständig ein. 
Das Gut gehört dem Baron v. Vehr in Hoya, der 
das Wohnhaus infolge der Wohnungsnot für Fa 
milienwohnungen zur Verfügung stellte, während 
die Ländereien an kleinere Landwirte verpachtet 
find. Das Mobiliar konnte fast restlos gerettet 
werden. 
Verden, 15. Juni. Ebenfalls durch Blitzschlag 
wurde das Gehöft des Landwirts Wolkenhauer in 
Eimste vernichtet. Von dem lebenden Inventar 
konnte alles geborgen werden, dagegen sind sonst 
aamentlich Futtervorräte vernichtet worden. 
Drei Wohnhäuser niedergebrannt. 
WTB. Harbnrg-Wilhelmsburg, 16. Juni. 
Am Montagvormittaa kam in Moorbura in 
dem von drei Familien bewohnten Tiede- 
mannschen Hause am Alten Deich auf unauf 
geklärte Weise ein Feuer zum Ausbruch, das 
sich schnell ausbreitete und zwei benachbarte 
Wohnhäuser ergriff. Der angerichtete Schaden 
ist sehr groß, da es unmöglich war. das 
Mobiliar zu retten. Die Häuser sind völlig 
niedergebrannt, fünf Familien obdachlos ge 
worden 
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Pöbel kämpft gegen Polizei. 
Ein Verhafteter befreit. 
London, 15. Juni. Vor einiger Zeit ha 
ben verschiedene Prozesse gezeigt, daß die Lon 
doner Polizei nicht so über jeden Tadel erha 
ben ist, wie die Engländer selbst glauben und 
der Welt gerne glauben machen möchten. Seit 
dem hat sich die Haltung des Publikums der 
Polizei gegenüber geändert. Seit einigen 
Monaten kommt es überall in London zu An 
griffen auf die Polizei, was früher so gut wie 
ausgeschlossen war. 
Jetzt wird aus Snnder-Laud berichtet, daß 
gestern vier Polizisten, die eine« Deserteur 
verhaften wollten, dort angegriffen worden 
waren. Die Menge umstellte die Beamten, 
als sie den Mann zur Wache bringen wollte». 
Sie versuchten, sich einen Weg zu bahnen, was 
aber nicht gelang. Als schUetzlich Verstärkung 
eintraf, wurde diese vom Mob mit Flaschen 
und Steinen beworfen, der Polizeiwagen zum 
Teil zertrümmert. Die Polizisten mußten 
schließlich den Verhafteten frei lassen. 
Zwei japanische Studenten in China 
ermordet. 
London, 16. Juni. In Soochau, 70 Meilen 
von Schanghai entfernt, sind zwei japanische 
Studenten ermordet morden. Elwa 80 Solda 
ten und 20» Kulis griffen eine größere Grup 
pe von Studenten mit Steinen und Gewehr 
kolben an, wodurch zwei Studenten auf der 
Stelle getötet und ein anderer schwer verletzt 
wurde 18 weitere Studenten konnten sich 
nach der nahe gelegenen Eisenbahnstation in 
Sicherheit bringen. Der japanische Konsul 
hat bei dem chinesischen Zivilbüro in Schang 
hai nachdrücklichen Protest eingelegt. 
* * * 
Wildwest in Berlin-Tempelhof. 
Berlin, 16. Juni. Eine aufregende Ver 
brecherjagd spielte sich Montagnachmittag in 
Tempelhof ab. Zwei Einbrecher drangen in 
die Wohnung eines Schlächtermeisters ein 
und bedrohten das allein anwesende Dienst 
mädchen. In ihrer Todesangst sprang die An 
gestellte durch die Scheibe des dichten Fensters 
in den Hof hinab und trug dabei erhebliche 
Verletzungen davon. Infolge der Hilferufe 
der Ueberfallenen flüchteten die Täter. Zahl 
reiche Personen nahmen die Verfolgung der 
Verbrecher auf, die nach zwei verschiedenen 
Richtungen davonliefen. Nach längerer Jagd 
wurde einer der Täter gefaßt und zwei Poli 
zeibeamten übergeben. Auf dem Wege zu dem 
Polizeirevier wurde auf die Beamten ein ver 
wegener Uebcrfall verübt. Ein Privatanto 
fuhr dicht an die Bordschwelle heran und hielt 
unmittelbar vor den Polizisten. Ein Mann 
sprang ans dem Wagen und gab drei Schüsse 
ab, von denen zwei den einen Beamten tra 
fen. Die allgemeine Verwirrung benutzten 
die Verbrecher, um in den bereitstehendcn 
Wagen zu springen und in rasendem Tempo 
davonzufahren. Das alarmierte Ueberfall- 
kommando nahm die Verfolgung des flüchti 
gen Autos auf, verlor aber bald die Spur des 
Wagens. 
Ein schreckliches Unglück ereignete sich in Epfach 
bei Landsbevg. Beim Baden 'geriet ein Kind in eine 
Untiefe und versank. Andere Kinder versuchten, es 
wieder an sich zu ziehen, wurden aber dabei selbst 
in einen Strudel gezogen. Vier fanden ihr Grab 
in den Fluten. 
Ablehnung der hetzerischen Ausnutzung des „Grola"- 
Defizits zum Schaden der heimischen Landwirtschaft. 
Das „Grola"-Defizit auf der Flensburger 
Kreisbauernbund-Derfammlung. 
Das Versagen nach der technischen und organisatorischen Seite hin für das Defizit verantwortlich. 
Der Kreisbauernbund Flensburg se. V.j 
hatte am Montagnachmittag zu einer außerordent 
lichen Mitgliederversammlung nach dem 
Sanssouci-Saal in Flensburg eingeladen. Trotz 
der Hilden Zeit, die doch augenblicklich auf dem 
Lande herrscht, war der Besuch der Versammlung 
unerwartet gut. Der Hauptanreiz für den Be 
such mag wohl das Crola-Referat von Kammer 
direktor Dr. Thyfen-Kiel gewesen sein, wie auch 
die rege und erregte Aussprache bewies. 
Der Kreisvorsitzende W. T h o m s e n - S a n - 
k e l m a r k eröffnete gegen 3 Uhr die Verkam lu 
lling und begrüßte die Redner und Gäste sowie 
die erschienenen Mitglieder. Er freue sich, daß die 
Saat der Einigung so gut aufgegangen sei und 
knüpfte berechfigre Hoffnungen an die Zukunft an. 
kunst an. 
Cs sei eine Zeit der Krise nicht nur für die 
Landwirtschaft, sondern für die gesamte Wirtschaft 
und für die Agrarbevölkerung der ganzen Welt. 
Eine Ueberschwemmnng des Weltmarktes sei ein 
getreten und die Geschlossenheit der Land 
wirtschaft sei das einzige Mittel, um der Notzeit 
erfolgreich begegnen zu können. Die Preise für 
landwirtschaftliche Produkte ständen z. T. schon 
unter denen der Vorkriegszeit, die Schweinezucht 
sei kaum noch rentabel, dabei müßte man 
Noch damit rechnen, daß die Preise noch weiter 
sielen. Darum sei es für die Landwirtschaft not 
wendig, die Augen aufzuhalten und mit aller 
Energie dafür einzutreten, daß sich die Lage nicht 
doch mehr weiter verschlimmert. Unter allen Um 
ständen müsse man den finnischen Handelsvertrag 
ablehnen, ebenso müsse man beim Abschluß des pol 
nischen Handelsvertrages aufpassen, denn in der 
setzt vorliegenden Form fei er für die deutsche 
Landwirtschaft untragbar. Thomsen ging dann 
auf die Arbeitslosenfrage ein. Einen Weg zur 
Lösung derselben sah er in der allgemeinen Ar 
beitsdienstpflicht der jungen Leute. Von der 
Neuen Reichsregierung erwarte er, daß sie alles tun 
werde, um die Notzeit zu beenden. In Minister 
Schiele hätte man einen Mann im Kabinett, der 
ein offenes Ohr für die Not der Landwirtschaft 
habe, und wenn er auch noch nicht alle Wünsche 
erfüllt hätte, die man für Schleswig-Holstein ge 
habt hätte, so müsse man doch vertrauensvoll hin 
ter ihm stehen und damit hinter der ganzen heu 
tigen Regierung. Sein Wunsch aber gehe dahin, 
baß in letzter Stunde der Not Bauer neben Bauer 
stehe, zu kämpfen für ein einiges Vaterland. 
Don der Versammlung bestätigte man dar 
auf die neuen Ausschußmitglieder Nielsen- 
Habenholz und F r i e d r i ch s e n - Blocksberg, letz 
teren für den Stadtkreis Flensburg, der sich ange 
schlossen habe. Die Satzungsänderung wurde 
Wenfalls in der vorgelesenen Form angenommen. 
Es folgte sodann die Rede von 
Graf von Kielmannsegg 
^om Provinzialvorstand. Er betonte, welch un 
geheure Befriedigung ihm die Einigung in der 
Landwirtschaft gewähre. Die Berschmelzungs- 
aktion sei ein Segen für den gesamten Berufsstand 
gewesen. Der Redner ging dann auf die politischen 
und wirtschaftlichen Probleme der Jetztzeit ein. 
Er erklärte, daß Minister Schiele sich erst nach 
schwerwiegenden Ueberlegungen bereitgefunden 
habe, in das Kabinett einzutreten. Er hübe es 
getan iin Interesse der Landwirtschaft, um das 
Agrar-Programm zu verwirklichen. Wenn es nun 
in der ersten Zeit noch nicht zu großen Erfolgen 
gekommen sei, so müsse man dem entgegenhalten, 
daß man eine 10jährige Mißwirtschaft auf Kosten 
der Landwirtschaft nicht im Verlauf von 8 Wochen 
beheben könne. Einen Vorwurf müsse er dem Ka 
binett Brüning machen, nicht Schiele, daß es 
scheinbar die Zusicherungen, die es Schiele bei ber 
Regierungsbildung gemacht habe, nicht inne 
hielte. Wenn man auch lausende Handelsverträge, 
die sich für die Veredelungswirtschaft verhängnis 
voll auswirken, nicht so schnell lösen könne, so 
bedeute doch der finnische Handelsvertrag und der 
vor der Unterzeichnung stehend« polnische Han 
delsvertrag eine ernste Gefahr für die Landwirt 
schaft. Verhängnisvoll fei der Gegensatz zwischen 
der preußischen und der Reichsregierung. Das 
neue preußisch« Landwirtschaftskammergesetz sei 
nicht in Einklang zu bringen mit der sonst beton 
ten bauernfrenndlichen Einstellung der Preußen- 
regierung. Es sei gleich mit einer Entrechtung 
der Landwirtschaft, gegen die man aufs schärfste 
protestieren müsse. 
Einen breiten Raum nahmen die Ausführun 
gen über das Ostprogramm ein. Graf Kielmanns- 
cgg betonte, daß man sich absichtlich nicht darum 
bemüht habe, daß Schleswig-Holstein in diesem 
Ostprogramm berücksichtigt würde. Das in Frage 
kommende Ostgebiet sei so groß, daß für Schles 
wig-Holstein die Möglichkeit nehmen würde, vom 
Reich noch außerhalb dieses Ostprogramms Zu 
geständnisse zu erhalten. Man habe dafür ein 
umfassendes Nordmarkprogramm aufgestellt, das 
vor allen! auf die Weide- und Veredelungswirt- 
schast in Schleswig-Holstein eingestellt fei, daneben 
aber vor allem die für die Sackgasse Schleswig- 
Holstein so wichtigen Frachtsätze berücksichtige. Mi 
nister Schiele und der Reichslandbund, denen man 
dieses Nordmark-Programm vorgelegt habe, hät 
ten sich für die Verwirklichung desselben ausge 
sprochen. Die Beratungen dazu werden schon in 
allernächster Zeit geführt. 
Graf Kielmannsegg weist dann energisch die 
Vorwürfe zurück, daß der Vorstand bisher nur 
wenig geleistet hab«. Eine positive Arbeit könne 
man nicht von heute auf morgen schaffen. Er 
führte Einzelheiten an, die vom Vorstand in An 
griff genommen sind. Das eine aber betonte er, 
daß die Arbeit für die schleswig-holsteinische Land 
wirtschaft nach der Einigung wieder Freude mache, 
und wenn von anderer Seite behauptet würde, daß 
die Zusammenarbeit zwischen ihm und Tönnsen 
recht schlecht wäre, so müsse er dem entgegenhal 
ten, daß das Verhältnis der drei Vorstandsmit- 
glteder zueinander kaum bester sein könne. Es 
herrsche ein unbedingtes Vertrauensverhältnis 
untereinander. Zurückweisen müsse er vor allem 
die Angriffe vonseiten der Nationalsozialisten und 
des Landvolks. Wir lebten zwar in einer Zeit 
politischer Hochspannung, aber das berechtige nicht 
die Form der Angriffe. Kritik sei erwünscht, doch 
müsse sie sachlich bleiben. Der Unterschied zwi 
schen Landvolk, Nationalsozialisten und Dauern 
bund sei doch rein äußerlich, denn die Kritik an 
dem heutigen System würde ebenfalls vom 
Bauernbund geübt, wenn auch die Kampfmittel 
andere wären. Die Zusammenarbeit aller Kreise 
aber sei nötig, wenn man praktische Wiederauf 
bauarbeit leisten wolle. 
Anschließend sprach 
F. Peters-Hohenhain, 
ebenfalls Mitglied des Provinzialvorstandes. Er 
forderte, daß das Ostprogramm unverzüglich durch 
geführt werde, damit man sich in diesen Gebieten 
nicht auf die VeredelungsWirtschaft lege, denn 
dann würde die Lage für Schleswig-Holstein un 
haltbar. Im übrigen forderte er, daß man im 
Kampf um die Not der Landwirtschaft alle par 
teipolitischen Momente ausschulten müsse und da 
für sachliche Realpolitik treibe. Eine machtvolle 
Organisation mit zielbewußten Führern müsse ge 
schaffen werden. Bor allem dürfe kein Unterschied 
gemacht werden zwischen Kleinbetrieben und Groß 
betrieben. Der Streit in den eigenen Reihen 
müsse aufhören. Peters ging dann noch auf die 
Inflation, auf die Sozialgesetze, die Erwerbs 
losenfrage, die Frage der Beamtengehälter, die sich 
in den höheren Gruppen der heutigen Notzeit nicht 
anpassen, ein. Am Schluß seiner Ausführungen 
betonte er, aus der Bauerntreue heraus müsse 
man zu guten Schleswig-Holsteinern und damit 
auch guten Deutschen werden. 
In der Aussprache erhielt als Erster C l a u - 
sen-Torn schau das Wort, der sich dagegen 
wandte, daß Schleswig-Holstein kein Verständnis 
für die Grenznot habe. Dazu führte Graf Kiel 
mannsegg aus, daß man ihn scheinbar mißverstan 
den habe, es handelte sich bei dem Ostprogramm um 
ein wirtschaftliches und ein politisches, und nur im 
wirtschaftlichen Programm habe man Schleswig- 
Holstein herausgelassen. Dagegen würden für die 
kulturellen Aufgaben unserer Nordmark wahr 
scheinlich noch größere Mittel als bisher zur Ver 
fügung gestellt werden können. 
K ä h l e r - Friedenshügel forderte, daß die 
Frachtsätze, wie auch im Nordmarkprogramm vor 
gesehen. ermäßigt würden. Weiter wünschte er, 
daß der Bauernbund politisch wieder aktiv würde, 
daß berufsständische Wahlen vorgenommen wür 
den, denn die politischen Parteien, denen man sich 
angeschlossen habe, machten zwar große Verspre 
chungen während des Wahlkampfes, die sie später 
nicht hielten. Der gesamte deutsche Mittelstand, 
d. h. die Landbevölkerung und der städtische Mit 
telstand, müßten eine geschlossene Front bilden. 
Major Scheel ging sodann auf das Nord 
programm ein, von dem er Einzelheiten bekannt 
gab. Er kritisierte dann besonders, daß Hamburg 
die dänische Einfuhr bevorzuge. Graf Kielmanns 
egg erklärte sich mit aller Entschiedenheit dagegen, 
daß man in den Reihen des Bauernbundes Par- 
teipolitit treibe. Der Grundsatz des Bauernbun 
des sei christlich-national, und darin liege doch 
alles begründet. Man sei keine Partei, sondern 
eine Wirtschaftsgruppe. 
Damit schloß die Aussprache übA die beiden 
Vorträge, und der Vorsitzende, Thomsen-Sankel- 
mark, erteilte 
Kammerdirettor Dr. Thyssen-Kiel 
das Wort zu einem Grola-Referat. Dr. Thyssen 
betonte, daß es ihm daran liege, sachliche Aufklä 
rung zu geben. Dazu sei er wohl am ehesten be 
fähigt, da er für das Erola-Defizit nicht verant 
wortlich zu machen sei, denn seine Tätigkeit in der 
Kammer habe erst zwei Monate vor Eröffnung 
der Schau begonnen. Die Vorbereitungen für die 
Erola hätten bereits im Jahre 1926 begonnen, 
und man hätte im Verlauf der Jahre vom der 
zeitigen Vorstand aus sich oft und eingehend über 
legt, ob man die Erola nicht noch infolge Ver 
schlechterung der wirtschaftlichen Lage abblasen 
solle, aber aus praktischen Züchterkreisen wäre im 
mer wieder der Wunsch für die Abhaltung der 
selben gekommen. Wenn man die Verantwort 
lichen feststellen wolle, so müsse man 
streng unterscheiden zwischen den Landwirten, 
die nur ehrenamtlich verantwortlich und zwi 
schen Beamten der Kammer, die voll verant 
wortlich gewesen wären. 
Man könnte den Landwirten, die ihren guten Na 
men für die Durchführung der Schau hergegeben 
hätten, keinerlei Vorwürfe machen, da es ihnen 
ja unmöglich gewesen sei, eine Uebersicht zu be 
halten. Das aber müsse unbedingt festgestellt wer 
den, daß den Beamten moralische Delikte nicht 
nachwrksbar wären. Ein Fehlgriff sei es gewe 
sen, daß man Tierzuchtdirektor Georgs mit der 
Leitung der Erola beauftragt habe. Zwar habe 
er vor einer Reihe von Jahren bereits eine grö 
ßere und in den nachfolgenden Jahren zahlreiche 
kleinere Ausstellungen gut geleitet, trotzdem habe 
er bei der Erola vollkommen versagt. Er war der 
Aufgabe in keiner Meise gewachsen gewesen, eben 
falls nicht Negiernngsbaumcister Schiller, den man 
sich auf besondere Empfehlung hin von Berlin ver 
schrieben habe, der mit seinen 74 Jahren für eine 
derartige Aufgabe zu alt gewesen wäre. Er hätte 
nicht den genügenden Ueberblick und die nötige 
Spannkraft mehr gehabt. 
Das Versagen nach der technischen und orga 
nisatorischen Seite hin sei verantwortlich für 
das große Defizit. 
Dr. Thyssen ging dann auf Einzelheiten 
ein. So seien zwar verschiedene Voranschläge ge 
macht worden, doch hätte man wichtige Positi 
onen glatt übersehen, z. B. waren 60 000 RM. 
für Personalkosten eingesetzt, während sie in 
Wirklichkeit 110 000 RM. betragen hätten. 
Wäre der Voranschlag nach den Unterlagen 
der großen DLG.-Ausstellung gemacht wor-
	        
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