Nr. 135
Zur Unterhaltung
Ņeļlagr der Schleswļg.Holsteļnkschen LandesMung (Rendsburger Tageblatt)
Donnerstag, den 12. Juni
m
Friedrich MM°nh»ff / Endlich ct'immtcs Glück.
Der alte Arzt schüttelte den grauen Kopf. Er
hatte schon viele Tote gesehen, auch schon so kleine,
liebliche Engel von vier Jahren, wie vor ihm einer
lag. Er sprach der jungen Frau leise Trost zu und
legte die Hand beruhigend auf ihre Schulter. Sie
aber saß vor dem Kinderbettchen und ihr Leid brach
sich Bahn in herzzerreißendem Schluchzen.
„Vor einem halben Jahre nieinen Mann und
letzt meinen kleinen Paul! Womit habe ich das ver
dient?" jammerte sie und hob den blonden Kopf
empor, daß der Arzt in das blasse Gesicht sehen
konnte, in dessen jungen Zügen der Schnrerz so tiefe
Spuren gegraben hatte.
Durchs offene Fenster fegte der Morgenwind in
heftigen Stößen, daß die Gardinen sich blähten und
hin und her' bewegten. Draußen schossen zwei
Schwalben durch den hellen Sonnenschein. * Ihr
lockender, zwitschernder Ruf drang hell in das
Sterbezimmer, und ihre flüchtigen Schatten flogen
pfeilschnell über die Wände hin.
„Und nun leben Sie wohl, Frau Martens.
Man muß es tragen. Sein Päckchen hat jeder. Der
eine dies, der andere das." Der Arzt griff nach
seinem Hut.
„Ach", rief sie weinend, „ich will mich nicht
»ersündigen... aber erst meinen Mann und jetzt
meinen einzigen Jungen! Was soll ich noch auf der
Welt!"
„Sie haben ja noch ihre kleine Liese!" wagte
der alte Arzt schüchtern zu bemerken, und musterte
die kleine verwachsene Gestalt des Mädchens, das in
tzrauem Kleidchen mit abgewandtem Gesicht in der
Ecke auf einem Schemel hockte. Der Blick der Frau
war den Augen des Arztes gefolgt; aber er blieb
Ächt an dem blonden Haar des Kindes hängen. Sie
«ntwortete nicht, doch der Arzt sah das Zucken der
Lippen, und er wußte genug.
Während er die Handschuhe anzog, ruhte sein
Blick mitleidig auf dem hohen Rücken des Kindes,
«n dem sich nichts rührte, keine Hand und kein
Haar. Leise fügte er hinzu:
„Seien Sie freundlich zu der Kleinen! Sie sind
immer so kurz zu ihr! Das ist nicht gut. Auch
Kinder von sechs Jahren fühlen es bitter, wenn
Man sie zurücksetzt. Es ist ja jetzt ihr einziges
Kind!" fuhr der Arzt gütig fort und ging, von der
Witwe begleitet.
Er sah sich noch einmal nach dem kleinen Mäd
chen um, aber es faß still in der Ecke und wagte
Ächt, den Kopf zu wenden. -
k . Als das junge Weib wieder das Zimmer betrat,
flel ihr erster Blick auf das weiße Leinentuch, unter
dem sich der kleine Kopf des Kindes in weichen Li
nien abhob. Da schrie sie wieder auf, daß das Mäd
chen in der Ecke zusammenschrak und emporschnellte.
Langsam, mit scheuem, gesenktem Auge und gestreck
ten Armen kam es auf die Mutter zu; ober diese
tvandte -den Kopf ab und rief: „Geh!"
Wie angewurzelt blieb die Kleine in weiter
Entfernung stehen. Die Augen wanderten entsetzt
von dem bleichen Gesicht der Frau zu dem weißen
Lager des Paul; als aber -der Ausdruck des Wider
willens nicht aus dem halb abgewendeten Gesicht
der Mutter wich, schlich sie sich scheu zur Tür.
Still ging diese hinter ihr zu, als hätte sie nie
mand berührt.
Die Arme auf die Knie gestützt, den Kopf in
beiden Händen, so saß die Frau vor dem Bettchen
tlnd starrte durch Tränen vor sich hin.
Im Fluge hastete ihr Leben an ihr vorbei...
Früh verwaist, hatte sie sich selbst durchs Leben
Ichlagen müssen als Verkäuferin in einem Weiß-
warengeschäft. Hier hotte sie ihren Mann eines
Tages kennen gelernt, und noch kurzem Brautstände
war sie seine Frau geworden, nur um einen Mann
bm sich zu haben, der sie lieb hätte. Das war ein
Glück gewesen.
Ihr Mann war stolz auf seine schlanke Frau,
die so feine weiße Hände hatte. Daivr aber war der
erste Schatten über ihr Glück gefallen: das war die
Geburt der Liese gewesen. Als sie das Kind zum
ersten Male gesehen, mit seinem großen Kopf und
der ungefügen Gestalt, da hatte sie sich umgedreht
und 'den Kopf weinend in die Kissen gewühlt; und
auch ihr Mann hatte sich ärgerlich auf die Lippen
gebissen. Als die Kleine zu laufen anfing, da könn
en sie es alle sehen, daß es verwachsen war. Keine
der anderen Frauen des großen Hauses nahm sie
einmal auf den Schoß, um sie zu liebkosen; selten
kümmerte sich ein Junge um das Ding und forderte
rs auf, mit ihm zu spielen. Und mit der Abnei
gung, die jedermann dem kleinen Kinde bezeugte,
wuchs auch der Mutter Widerwille. Welche Freude
darum, als der Stammhalter der Familie, ihr süßer
Paul, zum ersten Male sein Sümmchen übte! Da
kachle der Mann über das ganze Gesicht. Je größer
der Kleine wurde, desto mehr vernachlässigte sie das
Mädchen.
Aber wie kurz war das Glück! Nach sieben
jähriger Ehe raffte ein Herzschlag ihren Mann hin
weg, und ein halbes Jahr darauf nahm der Tod
khren Liebling.
Was hatte sie nun?
Hier rissen ihre Gedanken ab. Mit einem Weh
kaut fiel sie vor dem kleinen Bettchen in die Knie,
Äß dos weiße Tuch herab und bedeckte das blasse Ge-
ücht des toten Knaben mit leidenschaftlichen Küssen.
Draußen in einer Ecke des dunklen Hofes hockte
die kleine Liese. Vor ihr lag ein zottiger Hund, den
d'-cken Kopflaus den Pfoten, scheinbar regungslos.
Aber dennoch folgten seine Blicke den flinken Fin-
gerchen der kleinen Spielgefährtin, die ein großes
Stück Zeitungspapier sorgsam in kleine, viereckige
Stücke zerriß, um sich Trambillets zu machen. Jetzt
hob sie ein Stück empor und blies es weit von sich.
Mit lautem Geheul sprang das Tier auf und jagte
hinterher.
Das ging freilich nicht so schnell; denn er hinkte.
Aber wie er jetzt angehumpelt kam, den unförmigen
Kopf stolz emporgeworfen, wie er dem Mädchen die
Pfote bot und dann die winzige Hand leckte, da
lachte sie glücklich über das ganze Gesicht.
Das war ihr einziger Spielkamerad. Der war
eines Tages zugelaufen, ausgehungert, verprügelt,
mit hinkendem Bein, und hatte seltsam geheult in
langen, klagenden Tönen und hatte sich zu Liese ge
schleppt und ihr das zerrissene Pantöffelchen geleckt.
Von diesem Tage an waren sie gute Freunde
geworden.
Oben, unter dem Dach, wohnte der alte Schnei
dermeister Krapf mit seiner Frau. Zu ihnen hatte
sich die kleine Liese geflüchtet, wie sie alle Tage ge
tan, seitdem ihre Mutter nach des Vaters Tod in
eine andere Straße gezogen war. Der alte Mann
und seine humpelnde Frau hatten ihr noch nie ein
Scheltwort gesagt. Gleich am ersten Tage ihrer An
kunft in dem fremden Hause hatte Frau Krapf sie
auf den Arm genommen und mit ihr so freundlich
gesprochen. Da war es ihr merkwürdig durch den
Kopf gegangen, als ob ihre großen Augen in ein
greises Antlitz sahen, in dem nichts von Haß stand,
den sie so oft aus dem Gesicht der Mutter mit Kin-
desinstinkt herausgefühlt hatte. Tagtäglich hockte
sie oben bei den kinderlosen Leuten.
Und diese alten Leute hatten auch ihren Hund
nicht zurückgestoßen, als er eines Tages ihr nachge-
humpelt kam. Sie hatten immer noch einen Knochen
für ihn übrig und ein Butterbrot für sie...
Eben setzte die Alte die. blankgeputzte Brille auf
die Nase, um einen alten Schlafrock zu flicken, als
sich die Tür geräuschlos auftat und Liese mit ver
störtem Gesicht und rotgeweinten Augen hereintrat.
Einen Augenblick herrschte tiefstes Schweigen.
„Nun ist das kleine Paulchen tot!" nickte der
Alte und rief seine Frau. Sie humpelte langsam
herein.
Die Kleine hob hilflos den Kopf und sah hilf
los die Frau an.
„Nun bist du ganz allein, Lieschen!" Sie strei
chelte zärtlich das glänzende blonde Haar des Kin
des und beugte ihren Kopf zu ihm hernieder.
Zwei große Tränen lösten sich aus Liesens
blauen Augen. Die Alte sah es, griff noch einem
Schürzenzipfel und wischte der Kleinen übers Ge
sicht. ,
„Ja, ja!" seufzte die Frau. „Nun wirst du es
noch schlechter haben! Nicht wahr, Anton?"
Ihr Mann sah über die Brille hinweg auf die
Kleine und fragte: „Habt ihr schon Blumen unten
für Paul?" Liese schüttelte verneinend den Kopf.
„Willst du ihm welche geben? Von deinem Topf?"
„Von meinem Topf?" fragte die Kleine
ängstlich.
Da scharrte es draußen an der Tür. Die Alte
öffnete und mit Freudengebell sprang der Hund
herein, liebkoste die welke Hand der Kleinen und
starrte sie klug an. Diese schaute geradeaus, immer
wieder nach dem kleinen Fenster.
Dort stand eine Reihe von Blumentöpfen auf
einem grünen Ständer, und der Topf hinten an der
rechten Ecke war Lieschens Eigentum, den sie täg
lich besichtigte und an dem ihr kleines Herz hing mit
aller Liebe einer Kinderseele. Früh und abends be
suchte sie „ihre" Blmnen, um sie zu begießen. Jetzt
gerade war eine schöne Aster aufgeblüht. Ach, ihre
schöne, weiße Blume!
Der alte Schneider wollte prüfen, ob die kleine
Liese ihr Liebstes für den Toten hingeben wollte.
Er hob jetzt von neuem an: „Sieh mal, Liese, wenn
dein kleiner Bruder tot ist, dann mußt du ihm das
Hübscheste geben, was du hast, dann erzählt Paul
dem lieben Gott, wie gut du bist."
„Tut er das?" fragte sie.
„Gewiß!" bestätigte der alte Schneider seine
Worte.\ „Soll ich den Topf herunternehmen?"
fragte er.
Sie nickte. Die Frau holte die Aster herunter.
Jetzt stand der rote, irdene Blumentopf vor ihr auf
dem Stuhl und die schöne weiße Blume nickte und
schaukelte hin und her.
„So, nun schneide ab!" sagte der Schneider, als
seine Frau ihr eine kleine Schere reichte.
Liese wurde ganz rot, als sie die Blicke der
beiden alten Leute auf sich gerichtet sah. Ihre Händ
chen zitterten, aber ein Schnitt, und sie hielt den
schlanken Stengel in der Hand.
„So, Liese, du bist ein gutes Mädchen", lobte
der philosophische Schneider das Kind. „Jetzt gehst
du hinunter und steckst die Blume dem Paul in die
Hand, wenn jemand da ist. Willst du es tun? Ja!"
Betäubt von der großen Aufgabe, die ihr auf
getragen war, stand sie ratlos da und hielt die Aster
mit beiden Händen fest. Endlich drehte sie sich, ohne
ein Wort zu sagen um und ging die Treppe hin
unter. Sie sah in der Aufregung nicht, daß der
Hund ihr lautlos folgte.
Leise öffnete sie die Tür. Aengstlich sah sie sich
um, aber ihre Mutter war nicht im.Zimmer. Nur
I die Türe zun: Nebenraume war weit geöffnet,
j Langsam gipg sie auf das Bettchen zu. Eben strich
der Wind durch das offene Fenster und fuhr leise
über das weiße Bahrtuch, daß es sich enger an den
Kopf des toten Kindes anschmiegte. Sie erschrak
und blieb zitternd stehen. Endlich faßte sie sich ein
Herz und glitt unhörbar auf das Bett zu. Ein
schmaler Streifen von goldener Sonne lag zu Fü
ßen des Knaben und schaukelte hin und her, daß ihre
Augen wie gebannt dem goldenen Flecken folgen
mußten. Nebenan schlug die Uhr langsam elf. Sie
horchte, bis der letzte Schlag verklungen war. End
lich stand sie dicht am Bett. Jetzt fiel ihr ein, daß
sie ihm die Blume in die Hand legen sollte, aber sie
war zu klein, um hinaufreichen zu können. Laut
los holte sie eine Fußbank herbei und stellte sich
darauf: aber sie zitterte, als sie auf dem Laken die
weißen Umrisse des Kopfes sah. Schon griff sie nach
einem Zipfel des weißen Tuches, um es hochzuhe
ben, da überfiel sie eine unsagbare Angst. Sie legte
hastig die weiße Aster auf das Tuch. Nur den
Kopf beugte sie tief herab, daß er den des Knaben
berührte. Sie hatte ihn nie geküßt.
Und neben ihr reckte sich jetzt der Hund auf und
stützte die Pfote auf das Bett. Und als sie sich nie
derbückte, da wedelte er mit dem Schweif, schauie
sie an, dann das bleiche Gesichtchen des toten Kin
des und leckte das wachsgelbe Händchen, welches,
heruntergeglitten, an der Seite des Bettchens hing.
Da knurrte der Hund und schlug hell an.
Sie sah sich um und zuckte zusammen. Ein
Schreckenslaut kam von ihren Lippen.
Ihre Mutter stand in der Tür und hatte alles
gesehen.
Von einer fürchterlichen Angst getrieben, flüch
tete Liese tief in die Ecke zwischen dem Spind und
dem Ofen und drehte den Kopf der Wand zu, indes
der Hund sich furchtbar niederduckt«.
Da spürte sie, w'ie zwei Arme sich um ihre
Schulter preßten.
„Mama, liebe Mama, ich will's ja nicht mehr
tun. Schlage mich nicht, liebe Mama. Es war ja
für Paulchen."
Die junge Frau rang nach Luft. Sie fühlte,
wie unter ihren Händen das kleine Mädchen am
ganzen Leibe zitterte vor Angst.
Da zog sie, ihres Schmerzes und ihrer Reue
nicht mehr mächtig, das kleine Wesen hervor und
hob es hoch zu sich empor. Inbrünstig drückte sie
es an ihre Brust und küßte es unter Tränen und
duldete es, daß der Hund hell bellte und wie jauch
zend an ihr emporsprang. AIs sie jetzt den kleinen
blonden Kopf an ihre Wange legte, da sah sie in
zwei große blaue Augen, die sie so traurig, verwun
dert anstarrten, daß ihre Lippen weiß wurden von
dem Weh, das in ihnen lag.
Sie wußte, daß ihr Leben noch den einen In
halt hatte, die beiden großen, traurigen Augen glück
lich zu machen.
Mska, ÄÄmuDgkrrstömg mrö ļhrmmaņņ.
Wo es Alkoholverbote gibt, hat man auch
Schmuggler, und im finnisch-schwedischen Gewässer
ist zweifellos Algol Niska ihr „König".
So wird er wenigstens von der Bevölkerung
genannt, die mit Spannung, aber auch mit einer
gewissen Sympathie seine Bravaden mit ansieht.
Und man muß wirklich sagen, daß Niska immer
wieder alles tut, um die Erwartung nicht zu täu
schen und die alte Romantik des Schmugglerwesens
auch heute noch vor Augen zu führen.
Niska ist ein Ehrenmann, einer, dem sein
Ehrenwort heilig ist, wenn er auch den Staat und
dessen Gesetze nicht anerkennt. Als er das letzte-
mal festgenommen wurde, war ihm das Schmug
geln von Sprit nicht nachzuweisen, da er aber we
gen verschiedener damit zusammenhängerdcr Taten
von Finnland gesucht wurde, mußte man ihn doch
in Gewahrsam behalten. Nun, es wurde eine rit
terliche Haft daraus, denn der Polizeimeistcr des
Küstenortes ließ es sich nicht nehmen, den berühm
ten Mann an seinen Tisch zu bitten und ihm das
Beste vorzusetzen, was das Haus hergeben mochte.
Niska erzählte tausend und eine Geschichten und
dem Polizeimeister war sehr wohl dabei, wußte er
oen Häftling doch in bester Weise gebunden, sicherer
als im tiefsten Gefängnis der Welt, denn er hatte
sein Ehrenwort gegeben, nicht zu fliehen. Niska
hielt auch Wort, wie immer, und ließ sich willig
führen, wohin man wollte.
Denn daß Niska unter allen Umständen hätte
fliehen können, wenn er nur gewollt hätte, daran
zweifelte niemand, und die letzten Ereignisse um
Niska scheinen dem auch recht zu geben.
In Stockholm brachte man ihn nämlich dieser
Tage an Bord eines Dampfers, um ihn nach Finn
land auszuliefern. Hände und Füße hatten ihm
die Finnländer gefesselt, trotzdem brachte er es
aber doch fertig, den Kopf bei der Abfahrt aus dem
Bullauge zu strecken und den am Kai Versammel
ten einen letzten Gruß an „Schwedens ritterlichen
König, den großherzigen Mann" zuzurufen und
einen letzten Dank für genossene Gastfreundschaft.
— Er ist doch etwas Schönes um die internatio
nale Höflichkeit und als Schmugglerrönig ist man
seiner populären Stellung eine gewisse Repräsen
tation schuldig!
An Bord des finnischen Dampfers fühlte sich
Niska nicht wohl, er klagte über Seekrankheit und
die beiden Detektive, welche die Kajüte sicherheits
halber mit ihm teilten, lösten ihm schließlich auf
offener See die Fesseln. Als man sich um 4 Uhr
morgens in den Schären von Aland bereits Maris-
hamn näherte, verlangte er auf die Toilette ge
führt zu werden und als ihm die Wächter dorthin
folgten, machte er beim Herauskommen plötzlich ein
paar Sprünge zur Reeling und verschwand mit
einem Hechtsprung in der gurgelnden Tiefe. Die
Polizisten ließen den Dampfer sofort zum Stehen
bringen, aber es verging doch einige Zeit, bis man
in einem Rettungsboot dis Verfolgung des Niska
aufnehmen konnte, den man in kräftigenSchwimm-
stößen schon nahe am etwa 30 M-Kr entfernten
Ufer einer der zahlreichen Felseninseln sah. Stun
denlang suchte man ihn dann an Land vergeblich.
Schließlich traf aber der Polizeimester von Marie-
hamn mit seinem Polizeihund ein, der schon früher
einmal den Niska gefaßt und damit eine gewisse
Berühmtheit erlangt hatte. Er verbellte richtig
auch dieses Mal den Ausreißer in einem Gebüsch.
In guter Haltung, wenn auch halbnackt, erschien
dort der Schmugglerkönig und hielt seinen Verfol
gern die Hände zum Anbringen der Fesseln ent
gegen. „Schade," lächelte er dabei, „daß mich
meine Freunde mit dem Rennboot im Stich ge-
lasst * haben. Sie waren nicht am verabredeten
Platz und ich hatte doch einem Freund von der
Polizei versprochen, Pfingsten mit ihm zu feiern."
Und später prophezeite er, daß man ihn doch nichr
bis Abo werden bringen können
In Mariehamn lieferte man ihn in einem
alten Monreurüberrock ein, aber am Morgen hatte
er bereits wieder einen recht eleganten Straßcn-
anzug an, als man ihn an einen Polizisten ge
fesselt zum neuen Dampfer brachte. Selbstver
ständlich war ganz Mariehamn auf den Beinen,
als man ihn hinbrachte und an Bord meldeten sich
gleich ein paar Damen, die ihn zu sprechen wünsch
ten. Als dis Wachen das ablehnen mußten, gaben
dis Damen wenigstens ein paar Zeitungen ab, in
denen das Bild des populären Mannes mit spal-
renlangen Artikeln erschienen war.
Es gibt eben verschiedene Wege zur Eroberung
des Herzens des anderen Geschlechts.
Ganz Schweden wartet nun mit freudiger
Spannung auf weitere Bravaden seines eleganten
Helden und Schmugglerkönigs Niska.
ln îäáļiîn und Lachen.
Die Rechnung.
Wimmer wohnte in Wien, in einem kleinen
Hotel.
Wimmer verlangte die Rechnung.
„Waren Sie zufrieden?" fragte der Wirt zum
Abschied.
„So leidlich. Und dann haben Sie auch Wan
zen in den Zimmern."
„Leider", nickte der Wirt, „ich weiß es. Schon
olles habe ich versucht, aber sie kommen immer
wieder."
Meint Wimmer: „Ich wüßte ein sicheres Mittel:
Machen Sie jeder Wanze so eine Rechnung wie mir
— bann kommt bestimmt keine mehr wieder."
*
Im Kreise.
„Warum gehst Du immer mit dem Hund
aus?" ""
„Damit kein Mensch mich anspricht."
„Ist er denn scharf?"
„Nein."
„Na, dann hilft er ja nicht."
„Doch — die Männer wissen ja, daß er
nicht scharf ist."
*
Sichere Gewähr.
Hensel hat sich mit Mensel erzürnt. Ernst
haft erzürnt. Es sind so viele Beleidigungen
gefallen, daß ein Duell unausbleiblich er
scheint. Besorgt meint Meisel, Hensels
Freund: ,„Jch fürchte, der Mensel läßt die
Beleidigungen nicht auf sich sitzen. Er wird
dich bestimmt fordern."
Doch Hensel läßt sich nicht aus der Fas
sung bringen. „Ausgeschlossen", meint er,
„das wird Mensel bestimmt nicht tun".
„Du kennst Mensel schlecht", sagt Meisel,
„er ist ein vorzüglicher Schütze!"
„Mir tut er bestimmt nichts!" Hensel lacht
siegesgewlß. „Denn ich bin ihm noch tausend
Mark schuldig!"
- *
Die vier Jungfrauen.
Im Briefkasten einer ärztlichen Wochenschrift
kann man folgende Zuschrift lesen:
„Als langjähriger Leser Ihres Blattes habe
ich mich ausgedehnt mtowieren lassen. Ich trage
auf jedem Arm zwei Jungfrauen, möchte sie aber,
nachdem ich mich verheiratet habe, wieder los fein.
Wie macht man das?"
Natürlich! Das kann sich auch keine Frau ge
fallen lassen, baß ihr Mann ständig vier Jung
frauen auf den Armen herumträgt.