Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

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pîg-kolşisînîschs LanLsszsîlung 
EķņzàerLaufsprsļs 15 GslLpfsņnļge. 
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123. Jahrgang. 
123. Jahrgang 
Gŗt Zohkoņgiņerzņ» odņ Kņņknr» «ņĢSI d» 
Bufpruch auf ftaeo gnoâhrl» îluzetgeņ-NadiM. 
Iw Falle hSherer Gewalt hat der Beziehe» Mtn 
Aulvruch auf Lieferung oder Nachlieferung de» 
Zettmļg oder aus DÜckzahluug de» Dezugspretir» 
Zwischenfall in Nizza. 
Wie dem „Petit Parisien" aus Nizza gemeldet 
wird, hat der Kommissar des Fascio in Nizza. 
Denotari, vom französischen Innenministerium 
die Aufforderung erhalten, das französische Ge 
biet innerhalb acht Tagen zu verlassen. Die Aus 
weisung wird damit begründet, daß Denotari zwei 
Italienerinnen aus Nizza, als Nizzaer Mädchen 
kostümiert, zur Teilnahme an dem Festzug der 
„italienischen Provinzen" anläßlich der Heirat 
des italienischen Kronprinzen nach Rom gesandt 
habe. 
„Frankreich und Italien werden durch drei 
Problems getrennt, nämlich Adria. Tunis und 
Tripolis", sagte kürzlich Ricci in der Kammer Ita 
liens. Gerade der jüngste Zwischenfall in Nizza 
zeigt nun, daß außer diesen drei Hauptfragen es 
noch andere Erinnerungen in dem neuen nationa 
len Italien gibt. Das ließen u. a. verschiedene in 
letzter Zeit gemeldete Kundgebungen italienischer 
Touristenvereins aus Korsika erkennen. Bei alle 
dem darf man im Augenblick aber darauf ver 
trauen, daß die maßgebenden Stellen, sowohl in 
Rom wie in Paris, die nicht wegzuleugnenden 
Gegensätzlichkeiten wenigstens nicht auf die Spitze 
getrieben sehen wollen. 
Italiens Außenminister Grandi 
erklärte im Senat, das Flottenprogramm der 
italienischen Regierung für das gegenwärtige 
Jahr beschränke sich darauf, dem französischen 
Programm zu folgen und die seit sieben Jah 
ren von Italien beobachtete Parität zu wah 
ren. Die Formel Mussolinis bestehe aus 
zwei Punkten: Parität und Herabsetzung. 
Im „Echo de Paris" 
reagiert Pertinax auf Grandis Erklärung mit 
der Bemerkung, die drohende Haltung, die 
Italien augenblicklich einnehme, könne Frank 
reich nicht veranlassen, auch nur einen Fuß 
breit von seinem „Recht" abzuweichen. 
Die Volksnationale Neichsvereinigung im 
Freistaat Sachsen veröffentlicht ihre Kandidaten 
liste für die drei sächsischen Wahlkreise. Die Liste 
für den Wahlkreis 1 (Dresden-Bautzen) wird ge 
führt von dem Dresdener Reichsbeamten Max 
Lasse, die Liste für den Wahlkreis 2 (Leipzig) von 
dem Leipziger Privatdozenten Dr. Karl Thalheim, 
die Liste für den Wahlkreis 3 (Chemnitz-Zwickau) 
von dem Fabrikanten Karl Bannier aus Ellefeld 
im Vogtland. 
Das Blatt der Iungdeutschen bezeichnet die 
Behauptung einer süddeutschen sozialdemokratischen 
Zeitung, der Iungdeutschs Orden werde in seiner 
volksnationalen politischen Offensive von „Hell- 
pach und anderen Geldgebern" gestützt als plumpe 
Erfindung. Der Iungdeutfche Orden fei finanziell 
völlig unabhängig und finanziere sich nur durch 
die Beiträge seiner Mitglieder, er sei weder auf 
Hellpach noch auf andere Geldgeber angewiesen. 
Eine Bemerkung des „Völkischen Beobachters", der 
geschrieben hat, es sei „anzunehmen, daß jetzt eine 
Anzahl Konfektions- und Vörfenjuden dem bra 
ven Mahraun sein Postscheckkonto füllen werden, 
um die große Einheitsfront von Marxismus und 
Kapitalismus gegen das erwachende, schaffende 
Deutschland zu stärken", bezeichnet das Blatt der 
Iungdeutschen als Blödsinn. 
Um die Einmischung der Kommunistischen 
Internationale in innerdeutsche Verhältnisse 
und dergleichen mehr. Weiter wird von einem 
Abbau der Sonberzulagen der Beamten im besetz 
ten Gebiet gesprochen. Jedes Jahr soll ein Prozent 
abgebaut werden bis zum Höchstsatz von 3 Prozent. 
Dann soll allgemein der Urlaub um 2 bis 3 Tage 
gekürzt werden und eine Kürzung der Pensionen 
eintreten, wenn daneben private Einkommen über 
6000 Mark bestehen. Vor allen Dingen soll aber 
ein Druck auf die Länder- und Kommnnalverrval- 
tnngen ausgeübt werden, den Besoldnngsluxus 
der Gemeinden auf das richtige Maß zurückzu 
führen. Ueber alle diese Dinge wird angesichts 
der lakonischen offiziellen Meldung in der Oeffent- 
lichkeit gesprochen. Warten wir also alles in Ruhe 
ab und überlassen Sensationen und Reporter 
spekulationen den Berliner führenden Organen. 
Der deutsche Beamtenbund 
zu AuMbensenlungs-Gesetz und Nutopser. 
TU. Berlin, 3. Juni. Der Gesamtvorstand 
des Deutschen Beamtenbundes nahm am Dienstag 
unter Bezug auf das angekündigte Ausgaben 
senkungsgesetz mit aller Entschiedenheit gegen 
Maßnahmen dieser Art Stellung. Die sichere Folge 
solcher Maßnahmen werde eine alle Schichten der 
Beamtenschaft erfassende Beunruhigung und wei 
terhin eine Rechtsunstcherheit sein, die den Glau 
ben und das Vertrauen in die verfasiungsmäßigen 
Garantien erschüttere und sich dadurch auch nach 
teilig für Volk und Staat auswirke. Der Ge 
samtvorstand sei der Auffasiung, daß der außer 
gewöhnlichen Notlage des Reiches und vieler 
Volksgenossen durch Heranziehung aller Volksschich 
ten nach dem Grade ihrer Leistungsfähigkeit be 
gegnet werden sollte, wonach unter eine nach so 
zialen Gesichtspunkten bestimmte Grenze nicht her 
untergegangen werden dürfte. 
ZurûàeisuW her deulschen 
Vorstellungen. 
Wie aus Moskau gemeldet wird, hatte der 
stellvertretende Außenkommissar Litwinow am 
Dienstag wieder eins längere Unterredung mit 
dem deutschen Botschafter von Dircksen, in deren 
Mittelpunkt die Frage der Einmischung der Ko 
mintern in innerdeutsche Verhältnisse stand. Wie 
aus unterrichteter Quelle verlautet, sind die deut 
schen Vorstellungen, die bereits gelegentlich der 
Berliner Besprechungen mit dem russischen Bot 
schafter Krestinski, gleichzeitig mit zahlreichen an 
deren Fragen, erwogen worden sind, und die u. a. 
auch mit dem Verbot des Roten Frontkämpfer 
bundes und mit der Tätigkeit der Internationalen 
Arbeiterhilfe zusammenhängen, von russischer Seite 
nunmehr endgültig zurückgewiesen worden. Lit 
winow ist der Ansicht, daß die russischen amtlichen 
Stellen mit der kommunistischen Werbung in 
Deutschland und mit der Tätigkeit der KPD. nichts 
zu tun hätten, âàîe weiter bekannt wird, haben 
die Sowjets es von Anfang an abgelehnt, mit dem 
Auswärtigen Amt über die juristische und poli 
tische Seite der Fragen zu verhandeln. Trotzdem 
ist der umfangreiche deutsche Veschwerdebogen 
Gegenstand zahlloser Besprechungen gewesen, die 
nunmehr offenbar mit negativem Ergebnis be 
endigt worden sind. Ob die ebenfalls seit eini 
ger Zeit im Gange befindlichen deutsch-russischen 
Wirtschaftsverhandlungen unter diesen Umständen 
fortgesetzt werden, ist eine Frage, über die noch 
nichts in Erfahrung gebracht werden kann. 
Zusammenstöße selbst îm Ģmchlssaaî. 
In der Nacht auf den 30. Dezember 1929 
war es in der Görlitzer Straße zu Berlin zu Zu 
sammenstößen zwischen Nationalsozialisten und 
Kommunisten gekommen, wobei 4 Arbeiter durch 
Revolverschüsse verletzt wurden. Das Berliner 
Schwurgericht verurteilte am Dienstag drei Na 
tionalsozialisten zu den hohen Strafen von je 
3 Jahren 6 Monaten Gefängnis wegen Landfrie 
densbruchs, drei weitere Angeklagte erhielten 
4 Monate Gefängnis mit Bewährungsfrist. Als 
dis drei Nationalsozialisten, die sich in Haft befin 
den. in ihre Zellen zurückgeführt werden sollten, 
brachen sie in stürmische Heil- und Hitlerrufe aus. 
Da sich auch Kommunisten im Saal befanden, ent 
wickelte sich ein Tumult, wobei es zu schweren 
Zusammenstößen zwischen Nationalsozialisten und 
Kommunisten kam. Die Polizei schritt ein und 
nahm eine Anzahl Verhaftungen vor. 
Das Berliner Zentrumsblatt, das dem 
Reichskanzler Tr. Brüning sehr nahesteht, 
fordert ein Verbot von Uniformen und Ab 
zeichen für politische Verbände im Hinblick 
auf die blutigen Zusammenstöße in den letz 
ten Monaten. 
Maßnahmen und Untersuchung gefordert. 
Der Nechtsausschuß des preußischen Landtages 
nahm einen Antrag Graf Posadowkys (Volks 
rechtpartei) an, dahin zu wirken, daß der Staats 
gerichtshof die Frage untersucht, durch welche Ele 
nrente und Persönlichkeiten die Inflation hervor 
gerufen worden ist, durch die so ungeheure Ver 
mögenswerte vernichtet worden sind. Ferner 
wurde ein Antrag Dr. Deerbergs (Dnt.) ange 
nommen, beim Reiche vorstellig zu werden, daß 
Unverzüglich gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen 
werden, um die immer mehr zunehmende Kapital- 
klucht in das Ausland zu verhindern. 
In Korea. * 
„Exchange Telegraph" meldet aus Tokio, in 
daß dort sehr beunruhigende Meldungen vor- ß 
liegen, wonach ein großer kommunistischer 5 
Aufstand in Nordkorea an der mandschuri 
schen Grenze entstanden sein soll. Die Regie- h; 
rung, die keine näheren Angaben macht, be- di 
hanptet, daß sie die Lage „völlig beherrsche". F 
Wieweit der koreanische Aufstand wirklich ni 
auf kommunistische Umtriebe zurückzuführen rc 
ist, steht dahin. Hier verquicken sich sicherlich, 
wie in ganz Asien, nationale Bewegungen 
mit Verhältnissen, die für die Moskauer Pro- äi 
paganda vorläufig einen guten Boden abge- ^ 
ben. Tie Koreaner haben die japanische Herr- y 
schaft stets abgelehnt, sie waren aber viel zu £ 
schwach, um sich ernsthaft dagegen auflehnen * 
zu können. Es ist wahrscheinlich, daß dve 7z 
nationale Welle, die heute über ganz Asien " 
geht, auch die Koreaner erfaßt hat. Für Ja- 111 
pan handelt es sich dabei um eine Existenz- rt 
frage, da Korea die Brücke zur Mandschurei ( 
darstellt, in der die wirtschaftlichen und indu- i 
striellen Interessen Japans verankert sind. 
In Indochina. 
Nach dem „Mattn" ist es in Indochina, der A 
französischen Kolonie, zu einer neuen großen Bau- (k 
ernbcwegung gekommen. Ein Zug von fast 1000 A 
Bauern, an ihrer Spitze zahlreiche Frauen und do 
Kinder mit roten Bändern und Sowjetabzeichen, es 
zog auf die Stadt Vinh-Long bei Saigon. Polizei- lö 
vermalter und Milizsoldaten waren gezwungen, m 
mit Kolbenhieben gegen die unbewaffnete Bauern- A 
schar vorzugehen. Unter den Verhafteten befin- P 
den sich mehrfach vorbestrafte politische Agitatoren, do 
Die französische Kammer hat nach längerer rtc 
Debatte über die Tagesordnung mit 298 gegen ist. 
£inm Augenblick 
Man braucht nicht zu verheimlichen, daß 
wir uns in Deutschland in einem gewissen 
Zustand latenten Bürgerkrieges be 
finden. Keine Woche vergeht, ohne daß vom 
Raufplatz feindlicher Gruppen nicht Tote und 
Verwundete gemeldet werden. Haß und Er 
bitterung schwelen offen und versteckt. 
Nun hörten wir, daß strenge Maßnahmen 
auch gegen das verborgene Mitführe« 
gefährlicher Kampfinstrumente erwogen wer 
den, dazu wahrscheinlich weitere Maßnahmen. 
Jeder das Spiel mit den Flammen des 
Bürgerkrieges verwerfende Bürger wird ein 
energischeres Auftreten der Staatsgewalt 
billigen müssen, wenn der Appell an die Ver 
nunft wirkungslos verhallt. 
Nicht zum ersten Mal aber erhebt sich die 
höchst bedeutungsvolle Frage, ob damit an die 
Wurzel der Dinge gerührt wird. Oeffent- 
liche Erscheinungen, wie wir sie seit Jahren 
erleben, haben ihre tieferen Ursachen. An 
deren Milderung und Beseitigung entschieden 
heranzugehen, müßte eine Staatskunst sich an 
gelegen sein lassen, die sich sittlichen Antriebs 
und wirklicher Führung stärkstens bewußt ist 
und mutig darnach handelt. 
Wo jedoch ist die klare, durch solche Staats 
kunst geförderte Grundlinie, auf der sich alles, 
was den Staat als unerläßliche Gemeinschafts 
form bejaht, um der höheren Volkseinheit 
willen zusammenfindet, unbeschadet sonstiger 
Verschiedenheiten? Erlebten wir nicht im 
Gegenteil eine Verkümmerung der gekenn 
zeichneten Art von Staatskunst? # 
NeichSkabinett unö Şal. 
Das Reichskabinett beschäftigte sich in sti 
ller heutigen Sitzung unter dem Vorsitz des 
Reichskanzlers zunächst sehr eingehend mit 
dem Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung 
der Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslo 
senversicherung. Das Kabinett billigte grund 
sätzlich die vom Reichsarbeitsminister vorge 
schlagenen Abänderungsbestimmungen, deren 
definitive redaktionelle Festlegung am Don 
nerstag erfolgen soll. 
Die vorstehende Mitteilung ist sehr lakonisch, 
deshalb ist um so mehr vielen Stellen Gelegen 
heit gegeben, sich etwas aus dem Finger zu sau 
fen und der Ocsfcntlichkeit als Tatsache oder 
Wahrscheinlichkeit vorzutragen. So sollte der 
Reichspräsident an der gestrigen Sitzung teilneh- 
wcn bezw. ein Aufruf in Aussicht stehen, in dem 
der Reichspräsident sich für die allgemeine Sen 
kung von Löhnen und Preisen aussprechen würde: 
Außerdem wolle er Vertreter der Beamtenschaft 
empfangen, um diese für das geplante Notopfer zu 
Gewinnen. Alle diese Nachrichten werden prompt 
dementiert, aber sie haben Radio und Presse in 
zwischen beschäftigen dürfen. Festzustehen scheint 
daß die Frage der Ausgabcnsenkung wieder 
verbunden sein wird mit Stcnererhöhirng, und 
^war handelt es sich vor allen Dingen um Er 
höhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung 
öw ein weiteres Prozent, um Verlängerung des 
3igarettensteuerkontingents, Umsatzsteuererhöhuna 
, 
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