Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

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123. Jahrgang. 
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Im Zeichen der Korruption. 
Bötz -iensterrtlafsen wegen Pflicht 
Verletzung. 
. Gekürzte Pension 
Spannungen 
im NalionaffozialiLmnS ! 
Die auch in der Oeffentlichkeit in der letzten 
Zeit verschiedentlich in Erscheinung getretenen 
Gegensätze innerhalb der Nationalsozialistischen 
Deutschen Arbeiterpartei haben, wie aus Berlin, 
verlautet, eine grundsätzliche Bedeutung erhalten, 
die zu Konsequenzen für die Gesamtpartei werden 
kaun. Die norddeutsche Gruppe um die Brüder 
Straffer betont im Gegensatz zu dem süddeutschen 
Lager um Hitler immer mehr die soziale Seite des 
Parteiprogramms. Man wirft Hitler von Berlin 
aus vor. daß er sich entradikalisiere, daß er bereit 
sei, nicht nur den Antisemitismus preiszugeben, 
sondern auch mit der kapitalistischen Wirtschaft, 
d. h. mit den von der Partei bekämpften Formen. 
Kompromisse zu schließen. Man deutet die Hal 
tung Hitlers mit seiner Zugehörigkeit zum Katho 
lizismus, dessen Vorstellungen den aus Oberöster- 
rcich gebürtigen Parteiführer gerade in der letzten 
Zeit im zunehmenden Maße bestimmen sollen. 
Diese grundsätzlichen Gegensätze haben sogar so 
weit geführt, daß in unterrichteten Kreisen das 
Gerücht umläuft, Gregor Straffer wolle sich voll 
kommen von der Leitung Hitlers freimachen und 
bereite die Gründung einer stark jozialrevolutio- 
när betonten radikalen Arbeiterpartei vor. Der 
Einfluß Strassers auf Norddeutschland innerhalb 
der Partei dürfte sehr groß sein. Tie Gründung 
eines zweiten nationalsozialistischen Blattes durck 
Straffer in Berlin, die vor einiger Zeit erfolgte, 
wird als Beginn dieser Bewegung zur eigenen 
Unabhängigkeit gewertet. Es ist kein Zweifel, daß 
diese Spannungen in der Partei außerordentlich 
stark sind, da es hier um prinzipielle Fragen über, 
den Kurs der Nationalsozialisten geht. 
Wir geben von den vorstehenden Ausführun 
gen Kenntnis, weil die Dinge so weit gediehen 
sind, daß erst kürzlich der bekannte Kapitän Ehr 
hardt in einem längeren Artikel von diesen Din 
gen dadurch Kenntnis gab, daß er die Spannungen 
zwischen dem Sozialismus und dem Nationalis 
mus eingehend erörterte und seine und seiner 
Freunde Stellungnahme im Sinne der stärkeren. 
Betonung des Nationalismus gegenüber dem So 
zialismus festlegte. Daß es einmal zwischen dem 
österreichisch-katholischen Lager u. dem norddeutsch- 
evangelischen Lager zu starken Spannungen kom 
men würde, war zu erwarten. Allerdings durste 
man nach den: letzten Besuch Hitlers in Berlin an 
nehmen, daß man wenigstens zu einer vorläufigen 
Verständigung gekommen wäre. Es scheint aber 
doch nicht so zu sein, daß zwischen der die natio» 
nalistische und der bne soziale Seite stärker be 
tonenden Hruppc diese Verständigung erzielt wor, 
den ist. 
gelegt. Doch ist das Urteil der Vorinstanz so ein 
deutig gehalten, daß es recht fraglich erscheint, ob 
es ihm gelingen wird, dies Urteil zu widerlegen. 
Die Affäre Böß bildet nur ein Glied in der 
Kette der die Berliner Stadtverwaltung betreffen-' 
den Skandale, mit denen sich fortlaufend die Diszi 
plinarausschüsse beschäftigen, und ans denen die 
Namen Busch und Katz den Ohren besonders ver 
traut geworden sind. 
Man kann es begreifen, daß Böß, wie ge 
meldet wird, nach dem Schuldspruch aufs tiefste 
bewegt und beschämt das Gebäude des Bezirks 
ausschusses verlassen hat. Vor einer Reihe Mo 
nate noch in Amerika als der Repräsentant der 
deutschen Hauptstadt ehrenvoll empfangen und ge 
feiert, erlebt er jetzt den tiefen Sturz nach fast 
siebenjährigem Oberbürgermeisteramt. Rein 
menschlich gesehen, mag er — der mehr als wün 
schenswert sich in geräuschvollen Repräsentationen 
ergehende und darum von den nüchternen Amts 
pflichten abgelenkte Verwaltungsbeamte — sich den 
letzten Rest von Mitleid nicht verscherzt haben. 
Aber die Sache, nämlich die Ausräumung des 
Augiasstalles der Korruption in deutschen Landen, 
verbietet die Zimperlichkeit und verlangt ein 
Durchgreifen ohne Rücksicht auf die Person; ja, 
man muß sagen : je höherstehend die Person, um so 
rücksichtsloser soll eingeschritten werden im Hin 
blick auf das schlechte Beispiel für die Geführten, 
das Volk. 
In dem Umstand, daß man dem Achtundfünf- 
zigjährlgen zwei Drittel seiner Pension beläßt, hat 
man gewisse Milderungsgrunde zu erblicken. 
Böß hat Berufung ans Oberverwaltungsgcricht ein- 
Zn der Disziplinarsache gegen den Berliner 
Oberbürgermeister Böß fand am Dienstag, dem 
20. Mai, unter dem Vorsitz des Präsidenten Moos 
hake vor dem Bezirksausschuß in Berlin die münd 
liche Verhandlung statt. Das Gericht fällte folgen 
des Urteil: Der Angeschuldigte hat die P f l i ch t e n 
verletzt, die ihm sein Amt auferlegte, und sich 
durch sein Verhalten in und außer dem Amte der 
Achtung, des Ansehens und des Vertrauens, die 
sein Beruf erforderte, unwürdig gezeigt. Er 
wird deshalb mit Dienstentlassung bestraft. 
Dem Angeschuldigten werden auf Lebenszeit zwei 
Drittel des ihm reglcmeittmäßig zustehenden Pen 
sionsbetrages als Unterstützung gewährt. Die baren 
Auslagen des Verfahrens fallen dem Angeschuldig 
ten zur Last. 
Büß, der zugegen war, hat sofort gegen das 
Urteil Berufung eingelegt. Die Verhandlung, 
die großes Interesse in der Oeffentlichkeit gefunden, 
bat unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt 
gefunden. 
Der Vertreter der Anklage hatte cs dem Be 
zirksausschuß überlassen, die Höhe des Strafmaßes 
selbst zu finden, nachdem er seine Auffassung dahin 
-ausgesprochen, daß Böß schuldig im Sinne der An 
klage sei. Die Anwälte des Oberbürgermeisters, 
Fischer und Dr. Preuß, hatten auf Freisprechung 
ihres Mandanten plädiert. Die Verwaltung Groß- 
Berlins sei so ungeheuer verzweigt und unüberstcht- 
ìïidj, daß es für einen Oberbürgermeister unmöglich 
ifci, sich um alle Dinge zu kümmern. 
In der 
ArļeîlshMiiàng 
betont Präsident Movshake, daß das Gericht in der 
Pelzaffäre einen Vorgang sähe, der einem Ober 
bürgermeister. einem Beamten in exponierter Stel 
lung, nicht hätte passieren dürfen. In der Frage 
-er mangelnden Dienstaufsicht könne sich dagegen 
das Gericht der Auschuldigungsschrisi nicht an 
schließen. Die Darlehnsverträge zwischen den Ge 
brüdern Sklarek und der Stadtbank, sowie die mit 
diesem Komplex zusammenhängenden anderen 
Geschäfte seien nicht Sache des Oberbürgermeisters 
gewesen. Dagegen hätte Oberbürgermeister Böß 
von dem Zeitpunkt an, als er durch den Obcrmagi- 
ftratsrat Schalldach, den Leiter des Anschaffungs- 
amtes, auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht 
worden sei. die ernste Pflicht gehabt, energisch durch- 
zugreifcn. Wenn auch Obermagistratsrat Schrll- 
dach inzwischen verstorben sei und heute nicht mehr 
zu seinen früheren Bekundungen stehen könne, 
glaube das Gericht dieser Aussage, da Schalldach 
von Oberregierungsrat Tapolfki eidlich vernommen 
worden sei. 
Bei der Abfahrt des Oberbürgermeisters mit 
seinen beiden Anwälten hatten sich zahlreiche Neu 
gierige vor den, Bezirksausschuß eingefunden, doch 
sorgte die Polizei dafür, daß es nicht zu Kund 
gebungen kam. 
Oberbürgermeister Büß (links) 
begibt sich mit seinem Verteidiger, den. Ab 
- geordneten Dr. Fischer, zur Verhandlung. 
Londoner Mahnung an Mussolini, 
seinen Tatendrang Zu mäßigen. 
Englands Inleresse an Ruhe im Mittel- 
meer. 
Die „Times" befaßt sich, wie aus London 
gefunkt wird, in einem Leitartikel mit den 
letzten Reden Mussolinis und richten die drin 
gende Mahnung au den italienischen Minister 
präsidenten, die Gegensätze zu Frankreich nicht 
durch öffentliche Kundgebungen künstlich zu 
verschärfen. Die Sprache dieses großen Füh 
rers einer modernen Nation sei tatsächlich 
nicht mehr zeitgemäß. Seine Ausdrücke seien 
die eines anderen Zeitalters und der Gedanke, 
daß andere Naitoncn versuchten, Italien zu 
isolieren, stimme keineswegs mit den poli 
tischen Tatsachen überein. Unter Hinweis auf 
die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und 
Italien, die für die Wiederherstellung Euro 
pas unerläßlich sei, heißt es zum Schluß, daß 
im Geist der kürzlich von Grandi gehaltenen 
Rede in der Kammer eine Lösung der großen 
Schwierigkeiten zwischen Frankreich und Ita 
lien gefunden werden könnte. Italien habe 
einen neuen Platz in Europa durch seine 
Taten gewonnen. Weitere „Taten" für die 
allgemeine Anerkennung seiner Stellung sei 
en nicht mehr notwendig. 
Aus den sehr bemerkenswerten Auslas 
sungen der großen englischen Zeitung ist auf 
das erhebliche Interesse Englands daran zu 
schließen, kriegerische Konflikte im Mittclmeer 
vermieden zu sehen. England hat gegenwärtig 
andere Sorgen äußerer und innerer Art — 
man braucht nur an Indien und das Problem 
der Arbeitslosigkeit zu erinnern —, und cs 
möchte im Mittelmecr, wo es nach beiden 
Seiten, nach französischer wie italienischer, aus- 
schlaggegenö ist, keine Ungelegenheiten erleben. 
diese Erklärung, lehnt jedoch eine Kommen 
tierung des Planes ab. „Newyork Times" 
und „Washington Star" weisen auf Musso 
linis Florenzer Rede hin, in der er von einer 
faschistischen Aktion sprach, die jederzeit los 
zuschlagen bereit sei, und heben seine Aeuße 
rung hervor, daß Recht ohne Macht nicht be 
stehen könne. Die Blätter folgern daraus, 
daß noch viel Wasser die Seine hinabfließen 
müsse, bevor Europa das wirtschaftliche 
Kriegsbeil begrabe. Was Amerika betrifft, 
erklärt „Star", man erschrecke nicht vor Bri- 
ands Plan eines europäischen Zusammen 
schlusses. Im Gegenteil fördere die wirtschaft 
liche Erstarkung des alten Kontinents den 
Absatz amerikanischer Waren infolge des 
Wachsens der Kaufkraft. Jedoch dürfte der 
Abbau der europäischen Zollschranken noch 
für,langc ein frommer Wunsch bleiben. 
Sachse« Wählt wieder. 
Der Landtag hat sich aufgelöst. 
I« der Sitzung des sächsischen Landtages 
am Dienstag wurde mit 50 gegen 48 Stimme« 
die Auflösung deS Landtages beschlossen. Für 
den Anflösungsantrag stimmten 33 Sozialde 
mokraten, 12 Kommunisten 
Äi§ Heck'mr Ikeffc zum W-Arleil. 
T-il. Berlin, 21. Mai. (Eig. Drahtbericht.) 
Die meisten Berliner Blätter nehmen ausführlich 
zu dem Urteil des Disziplinargerichts gegen Ober 
bürgermeister Böß Stellung. Die „Germania" 
sagt, der Fall Böß habe gezeigt, daß die Zeichen 
der Korruption oder auch nur der fahrlässigen Be 
günstigung der Korruption bis in die höchsten 
Aemter zu dringen vermochten. Der „Lokalan- 
zcigcr" schreibt, man werde das Urteil nur mit 
tiefster Beschämung zur Kenntnis nehmen können, 
da es sich um den höchsten Beamten der deutschen 
Reichshauptstadt handele. Die „D. A. Z." ist der 
Auffassung, daß man Böß wegen des harten Ur 
teils nicht das menschliche Mitgefühl versagen 
könne, ob" hl er an der Minderung des Ansehens 
von Berlin ein großes Maß von Schuld trage. 
Dis „Börscnzcitung" ist der Meinung, daß die 
Dienstentlassung des Oberbürgermeisters zu Recht 
erfolgt und die Zuerkennung einer recht auskömm 
lichen Pension ein weitgehendes Gnadengeschenk 
sei. Der „Börsenkurier" sagt, durch den Spruch 
sei nicht so sehr der Oberbürgermeister verurteilt 
wie ein System. Der „Vorwärts" schreibt, das 
Urteil spiegele zweifellos die stimmungsmäßige 
Stellungnahme weitester Volkskreise zu gewissen 
schmählichen Vorgängen in der Berliner Stadt- 
vcrwaltnno wiÄer. 
nnd fünf Nation 
nalsozialistcn, dagegen 13 Deutsche Volkspar» 
toiler, 11 Wirtschaftsparteilcr, 8 Teutschnatio- 
4 Demokraten, 3 
nale, 5 Landvolkpartcilcr, 
Volksrcchtpartcrlcr nnd 2 Altsozialisten. 
Das sächsische Ministerium hat beschlösse«, 
als Tag für die W a y l des n c u e n Land 
tages den 22. Juni zu bestimmen. Die 
Wahlvorschlägc der Parteien müssen bis zum 
3. Juni eingereicht sein. 
Der sächsische Landtag, der sich selber auf 
löste, ist vor einem Jahr gewählt worden. 
Weil Versuche, die große Koalition zu bilden, 
mißlangen, wurde nicht nur das Schicksal de« 
Regierung, die zuletzt nach monatelangen Ver 
handlungen zustande kam, sondern auch das 
Schicksal des Landtages von den Nationalsozi 
alisten abhängig. Als sich diese für die Auf 
lösung entschieden, war sie nicht mehr zu ver 
meiden. Die Nationalsozialisten rechnen da 
mit, daß die Neuwahl ihre Manöatszahlen 
und ihren Einfluß im sächsischen Landtag noch 
verstärken wird. 
Einem in der Wandelhalle des Reichsta- 
Ei umgegangenen Gerücht zujalge sollen sich 
sitz Das sich auf Pflichtverletzung und un 
würdiges Verhalten berufende aufsehenerre 
gende Urteil des Bezirksausschusses rückt die 
berüchtigten Berliner Korruptionsaffären, 
die nicht allein dem Ansehen der ReichShaupt- 
staöt, sondern dem deutschen Ansehen über 
haupt geschadet haben und noch schaden, wie 
der als schlimmes Bild in das Blickfeld des 
Zeitbetrachters. Der Sklarek-Pxlz der Frau 
Böß, Unmut und Spott gleichermaßen verfal 
len, hat, wie sich auch aus der Urteilsbegrün 
dung ergibt, nicht wenig dazu beigetragen, 
Herrn Böß den Hals zu brechen. An zweiter 
Stelle wird ihm besonders übel angekreidet, 
daß er es. obschon von einem seiner Beamten 
aus die Uņreaelm«Kî«k-îteņ der sauberen Brü 
der Sklarek im Geschäftsverkehr mit der Stadt 
Berlin aufmerksam gemacht, dennoch ver 
säumt habe, energisch öurchzugreifen. 
Merits, Vrmnds Mm mb Mussolinis 
kmrmische Me. 
WTV. Washington, 19. Mai. In Re- 
gierungskreisen wird bestätigt, daß der fran 
zösische Geschäftsträger dem Staatsdeparte 
ment gegenüber erklärt habe, Briands van- 
curopäischcr Plan sei nicht gegen die Bcr- 
mtiüifiii Staaten aericktet. ffliatt begrüßt
	        
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