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Nr. 116
Zur UnLerhalLung
Beilage der Schleswļg.Holftemļschen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt)
Montag, den 19. Maj
I
Em JagderleSnrs in der ostsibirischen Taiga.
Von Joseph M. Belter.
Zwei Tagereisen weit vom DuÄ-awaku, inmitten
der Urwald-wûsà des Sichota Win, stand unser La
ger, von unserm russischen Begleiter Semjon Paw-
lowitsch betreut. Mein Gefährt Imquill und ich zo
gen früh am Morgen schon aus, um nach kleinen
Wasserläusen zu suchen, an denen wir nach korea
nischer Avt unsere Zobel-fallen auf darüber gelegte
Baumstämme stellen konnten. . Nach kaum einer
Stunde trennten wir uns. Wir hofften, auf diele
Weife schneller geeignete Bäche ausfindig zu machen.
Der Weg führte tnich bald in ein jäh abstür
zendes Tal. Zur Rechten hob sich dunkler, vo-n Bruch
holz durchsetzter Mischwald, der nach dem Kamm zu
in Zirbel- und Arvenbestand überging. Links fiel
steil eine zerklüftete Felsenwand nieder. Geröll und
Schutthalden erstreckten sich von der Talsohle aus
aufwärts. Im Hang selbst wuchsen nur ein paar
kümmerliche, verkrüppelte Zwergkiefern.
Der Himmel war grau umzogen, in dünnen
Fäden regnete es. Langsam pirschte ich vorwärts
und vermied nach Möglichkeit jeden Laut. Der
Wind stand günstig. Kaum merklich blies er aus
dem Tale zu mir. Es mar immerhin zu erwarten,,
daß sich hier Wild aufhielt.
Bon Zeit zu Zeit blieb ich stehen, um zu lau
schen. Regen rieselte, sonst war alles still. Plötzlich
entdeckte ich eine Burunduk, ein Erdhörnchen, das
behende über umgestürzte Stämme huschte und nahe
an mich heran kaut. Sein Fellchen, lebhaft gefärbt,
zeigte auf dem -dunklen Gelb fünf schwärzliche
Längsstreifen. Spielerisch kletterte es noch eine
Weile herum und verschwand dann hinter den
Stämmen. Als ich auf die Stelle zutrat, wo es
verschwunden war, in der Annahme, dort etwa sei
nen Unterschlupf zu finden, gewahrte ich überrascht,
daß die auf -b-cm Baden liegenden Stämme umge
wandt waren. Wer in aller Welt konnte das getan
Koben? Als ich auch in der folgenden halben
Stunde eine weitere Anzahl von Stämmen fand,
die in der gleichen Weife umgedreht waren, wurde
mir die Geschichte immer rätselhafter. Ich beschloß,
Imquill und Semjon Pawlowitsch aufmerksam zu
machen.
Ka>mr eine halbe Stunde später entdeckte ich in
einer Entfernung von etwa achtzig Metern einen sich
bewegenden, gelblichen Farbfleck. Im ersten Augen
blick glaubte ich, ein Stück Rehwild vor mir zu
haben. Langsam hob ich das Glas hoch. Eine jähe
Freude durchfichr mich: Bor mir, nahe -dem Wald-
rande, bewegte sich ein Rudel von Waldziegenanti-
lopen. Offenbar gedachten die Tiere nach dem ge
genüberliegenden Hang zu ziehen.
Ich stand wie angewurzelt. Kaum ein Wild
her sibirischen Taiga ist so maßlos scheu wie die Zie-
genantilope, die wir auf unserer ganzen Fahrt noch
nicht zu Gesicht bekommen hatten. Mühsam kämpfte
ich meine Erregung itieder, Jagd-fieber packte mich,
wie in -der grünsten Zeit meiner Iägerlaufbahn, als
mich -bas „Bockfieber" meinen ersten Bock fehlen ließ.
Vertraut zog das Rudel nach links weiter, un
terwegs hier und -dort spielerisch ein Matt zupfend.
Run traten -die Tiere auf die Lichtung. Ich zählte
vierzehn Stück, darunter zwei ganz starke Böcke.
Sichernd blieb der erste und stärkste Bock einen Au
genblick stehen. Ich stand in der Nähe einer Gold
birke, die mir gestattete, -die Büchse anzustreifen. So
mußte trotz meiner Erregung -der Schuß sitzen, auch
wenn ich halb-spitz von hinten abkam. Eben, als der
Dock weiterziehen wollte, zog ich durch. Wie vom
Blitz gefällt lag das Tier im Feuer.
Das Rudel raste in langen Fluchen geradeaus
nach dem gegenüberliegendsn.Felsenhang; unglaub
lich rasch stiegen -die Tiere hoch und waren bald zwi
schen Fel-sblöcken und Geröll verfchwunoen.
Da log mein Bock! Selten habe ich eine solche
Freude beim Anblick der Beute verspürt wie dies
mal. Einen Bach für Zobelfallen sollte -ich suchen.
Das war längst vergessen. Sofort ging es an das
Aufbrechen der Beute. Das.Kleid -des Bockes be
stand aus schmutzig gelblicher Wolle, an der Kehle
und der Bauchseite Heller. Rücken, Kopf und der
Schwanz waren dunkelbraun, fast schwarz. Den
Hals zierte eine starke Mähne. Ein Paar weit zu
rück gebogener, starker Hörner bildeten eine hoch er
freuliche, stolze Trophäe.
Nachdem der Bock aufgebrochen war, belu-d ich
mich mit der Deute. Sie war schwerer als ich er
wartet hatte. So schleppte ich mich denn weidlich
damit ab, rastete öfters und benötigte mehr als die
dreifache Zeit, die ich auf -den Hinweg verwandt
hatte. Allerdings war dann auch -die Genugtuung
groß, als ich Imquills mehr als überraschtes Gesicht
sah.
Spät am Abend, der Regen hatte während des
Nachmittags endlich aufgehört, als wir am Feuer
saßen, kam Imquill erst dazu, zu berichten, daß er
in einer Entfernung von etwa zwei Stunden einen
kleinen Wa-sserlauf entdeckt habe, -der sich für un
sere Zobel-fallen zweifellos eigne. Es gebe viel Ze
dern und Mischwald dort, und wenn er auch keinen
Zobel zu Gesicht bekommen habe, so sei das Gelände
doch so geartet, -daß mit -dem Vorkommen zahlreicher
Zobel gerechnet werden könne. Uebrigens habe er
auch eine ganze Anzahl von Durunduks gesehen.
Jetzt erst fiel mir im Zusammenhang mit dem
auch von mir beobachteten Burunduk die befremd
liche Tatsache -der umgewendeten Baumstämme wie
der ein. Ich teilte den Gefährten meine Feststellung
mit. Während aber Imquill eine beunruhigte Miene
machte, begann Semjon Pawlowitsch laut und ziem
lich respektlos zu lachen. Wir waren ein wenig, ent
rüstet, stimmten aber alsbald vergnügt in das Ge
lächter mit ein, als wir erfuhren, -daß ein Bär die
Stamme umgewendet hatte. Von dieser Gewohn
heit der Bären, bei ihren Urwaldstrcifen das Fall
holz beiseite zu rollen, nm darunter nach Leckereien
zu suchen, war uns beiden nichts bekannt. Später
erfuhren wir dann, daß die Chinesen scherzhaft be
haupten, der Bär lege die Stämme zum Trocknen
um und sorge dafür, daß hübsch alle Seiten von der
Sonne beschienen würden.
Das Sedrshte Gretna Green.
Wie aus Edinburgh berichtet wird, soll
auf der bevorstehenden Generalversammlung
der schottischen Kirche ein energischer Protest
gegen die Schnellheiraten von Gretna Green
eingebracht werden, der eine gesetzliche Be
seitigung dieses nun schon so lange blühenden
Gewerbes fordert. Es wird darin gesagt,
daß im Jahre 1928, über das die letzten
Zahlen vorliegen, 275 Ehen geschlossen wor
den sind, von denen aber nur 18 protokolliert
wurden. Im Jahre 1927 waren es 815 Ehe
schließungen, von denen 52 standesamtlich
eingetragen wurden. In dem Protest soll
festgehalten werden, daß die Kirche diese
Eheschließungen, die, wie ausdrücklich betont
wird, von Mitgliedern aller Stufen der Ge
sellschaft eingegangen werden, für schädlich
für das allgemeine Wohl hält und daß sie
einen derartig skandalösen Umfang angenom
men haben, daß das Einschreiten der Gesetze
gebung erforderlich ist. Die cllgemeine
Empfindung in Schottland wäre gegen das
Fortbestehen der Schnellheiraten von Gretna
Green.
Ein Tafelwerk zu dem 25jährige»
Bestehen des Deutschen Theaters
Der Verlag R. Piper u. Co. in München
gibt ein Werk heraus, das in 267 großen
Bildern einen Ueberblick über die Leistungen
des Deutschen Theaters während dieser
25 Jahre bietet. Es enthält Abbildungen der
wichtigsten Inszenierungen und Rollenbilder
der meisten Schauspieler und sucht in seiner
Gesamtheit einen lebendigen Eindruck von
Max Reinhardts Tätigkeit als Regisseur und
der Durchführung seiner Prinzipien unter
besonderer Berücksichtigung grundsätzlich wich
tiger Punkte, wie der Reinhardtschen
Shakespeare-Inszenierungen in ihrer Ent
wicklung, der Schöpfung einer Anzahl klassi
scher und moderner Figuren als Normen für
die deutsche Bühne, der Frage der Klassiker
im modernen Kostüm und der Darstellung
des modernen Menschen, zu geben. Der Text
teil bringt einen grundlegenden Beitrag
Max Reinhardts selbst, eine Chronik des
Deutschen Theaters, ein Sonderband die
Spielpläne der 25 Jahre.
Die nördlichste Flugstrecke der Welt.
ak. Eine Fluglinie von fast 3000 Kilo
metern ist in Canada vom Fort Mae Mur
ray bei Edmonton in Alberta nach Aklavik
am Nördlichen Eismeer in Betrieb genom
men worden. Der Flug folgt dem Flußtale
des Mae Kenzie durch weite Wälder und
Eiswüsten und wird an einem Tage durch
geführt. Bisher brauchten im Winter Hunde
schlitten etwa einen Monat zur Betätigung
dieser Entfernung. Die Flugzeuge sind im
Sommer mit Pontons und im Winter mit
Schlittenkufen ausgerüstet. An der Strecke
befinden sich Benzin- und Oeldepots. Jedes
Flugzeug ist für den Fall einer Notlandung
mit Waffen, Decken und eisernen Rationen
versehen.
Inm ļâchķtņ «mö Lache».
Logenschließer (zum Theatergast, der M
spät kommt): „Leise, leise, mein Herr!"
Theatergast (flüsternd): »Schläft schon
alles?"
Der bescheidene Man».
Ein Sammler besuchte eines Tages Lud
wig Knaus, dessen Bilder seinerzeit am Kunst
markt die höchsten Preise erzielten, und fragte
den Meister verwundert, warum keines seiner
Werke im Atelier hänge."
„Bilder von Ludwig Knaus sind für mich
zu teuer!" erscholl es lächelnd zurück.
Kolleginnen.
„Ich muß klassische Frauenrollen spielen,
ich muß durch meine Figur wirken und durch
mein Haar. Mein langes Haar ist selten. Wenn
ich es öffne, füllt es bis zu den Knien."
„Ach, ich habe gedacht, es fällt gleich auf die
Erde."
Schone weiße Zahne. „Auch ich möcht- nicht verfehlen,
Ihnen meine größte Anerkennung und vollste Zufriedenheit
über die „Chlorodont-Zahnpaste" zu übermitteln. Ich gebrauche
„CHIorodont schon seit Jahren und ich werde ob meiner
schönen weißen Zähne oft beneidet, die ich letzten Endes nur
Ihrer „Chlorodont-Zahnpaste"
erreicht habe.» C. Rcchelt, Schwerz. Amt Niemberg, Saaltr-is. —
Ehlorodont: Zahnpaste, Zahnbürsten, Mundwasser Einheit--
preis 1 Mk. bei höchster Qualität. 2n allen CHIorodont-
Verkaufsstellen zu haben.
Paul Eàrlmg
Copyright 1929 by Karl Köhler u. Eo„
Berlin-Zehlendorf, Machnower Str. 24.
9) (Nachdruck verboten.)
Ja, das war eine wichtige Frage. Sie runzelte
die Stirn vor Nachdenken. „Das Postamt im Zei
tungsviertel", entschied sie sich endlich. „Llnden-
straße. Dort geben Sie das Paket postlagernd ab."
Also so war er ihr doch näher gekommen. Er
harte sie überlistet: -dort tu der Nähe mußte sie woh
nen oder tätig fein. Er würde schon noch hinter ihr
ganzes Geheimnis kommen . . . „Bis eins habe ich
ìzu tun, -dann bringe ichs morgen gleich hin. Aber
wollen wir uns nicht lieber treffen?"
„Nein. Ich kann nichts Bestimmtes versprechen,
Mir so viel, baß ich es bis -drei Uhr abgeholt habe.
Ififai Wort — das große Ehrenwort."
Es -dauerte lange, ehe -der Aushilfskellner kam
»nd> sie zahlen konnten. Sie bestand noch -immer da
raus, ihre eigene Zeche zu begleichen: „Selbst ist -die
Frau, Herr Dollingen, und ich bin auch so davon
überzeugt, -daß Sie ein Kavalier sind."
*
Endlich saßen sie im Boot und Dollingen brachte
es mit ein paar kräftigen Ruderschlägen -in -die
iWi-rte des Sees. Segelboote machten sich auf. Mo-
ckorb-oote zerschnitten -das Wasser wie ein Pflug. Ein
grün angestrichener Dampfer tutete ärgerlich, als
sie kurz vor -dem Bug vorüberglitten. Eine Wolke
van Gelächter fiel herab.
„Sie rudern gut. Treiben Sie -Sport?"
„Sport? Nein, ich habe nur vor mich hin ge
pudert, ans Flüssen und Seen, auch ans dem Meer,
aber ohne Ehrgeiz nach Kränzen."
Sie blickte zum Schiffsgestade drüben. „Ist cs
nicht schön, -im Wettbewerb sich zu erproben, etwas
Meisterliches zu tun, das die anderen nicht können?"
„Olympische Spiele?" spottete er. „Womöglich
mit einem Pindar, -der -die Siege in unsterblichen
Hymnen besingt?"
„Ja", bestätigte sie. „Der Pindar fehlt in un
seren Sportblättern." ,
„Sie sprechen so, als wenn Sie ihn kennten?"
„Freilich. Ich habe mich sogar tapfer durch die
fremden Rhythmen hindurchgearbeitet, obwohl es
kein reines Vergnügen war. Natürlich kann ich kein
Griechisch."
„Sie sind auch so erstaunlich gebildet."
Wieder sah sie von ihm weg. „Meine Freundin
hat mich -in allerlei eingeweiht. Warum finden Sie
mein bißchen Bildung so verwunderlich? Sie wissen
doch sicherlich viel mehr."
Dollingen tauchte die Ruder weit tiefer ein, als
es nötig war. „Ich habe bisher nie gewußt, baß
man schön und klug zugleich sein kann."
„Bin ich denn schön?" fragte sie mit einer lei-se-n
Lockung -der Stimme, die sein Blut aufwirbeln ließ.
Die Ruder schleiften -im Wasser. „Sie sind so
schön, -daß ein Mann ein Verbrechen für Sie tun
könnte " Er wußte selber nicht, wie er zu -die
ser Wendung kam."
Sie warf ihr Haar mit jener kurzen, energischen
Bewegung zurück, -die er so gut an ihr kannte. „Das
-dürfte nicht der rechte Weg zu mir sein . . . Aber
rudern Sie! Der Dampfer! Rechtes Rüder. Noch
einmal. So. Jetzt mit beiden."
Er -gehorchte, ohne sich umzublicken. auf ihr wa
ches, angespanntes Gesicht schauend. Und auch an
dieser Kleinigkeit begriff er -die Kraft, die von ihr
ausströmte.
Nun saß sie schon wieder lässig, versonnen, ein
kleines Lächeln um -den geschwungenen Mund — ein
Mädchen, -das sich -des seltenen Feiert«gsvergnügens
freute und entschlossen war, eine Weile nicht an den
Alltag zu LeNken. Nie war sie ihm so nahe gewesen
wie in dieser Stunde. Die Welt war -hell, unver
nünftig hell geworden, überstrahlt von ihrer Schön
heit und ihrer schlichten Güte.
„Wir wollen in den Kanal hinein", schlug sie
vor.
„Steuern Sie nur!" Er hätte auch zugestimmt,
wenn sie ans das Motorboot -dort hätte zufahren
wollen.
Schilf schlug über -ihren lachenden Köpfen zu
sammen. Er muhte die Ruder einziehen, und sie
zogen sich an den grünen Büscheln weiter, bis sich
das Ufer jäh zu einer winzigen Wiesenflüche weitete.
Hier legten sie an.
Er bot Zigaretten. Sie rauchten stumm, von
Zeit zu Zeit einander anlachend, ohne recht zu wis
sen, warum. Er wagte nicht zu sprechen, aus Furcht,
den Zauber -dieses Schweigens und alles dessen, was
es barg, zu brechen. Es war keine Verlegenheit
zwischen ihnen — das empfand er mit wachsender
Befriedigung —, sie saßen hier wie zwei alte Kame
raden, -die keiner Worte zur Verständigung brauch
ten.
Wer auf die Dauer war es sehr schwer, in das
Schimmern -dieser Augen zu blicken. Es hielt ihn
nicht in dieser erzwungenen Ruhe. Die Arme rüh
ren! Ueber Wiesen laufen! Ein Lied kn die Naue
Himmelswölbung singen! Alle Kreatur zu Zeugen
für sein Glück anrufen. Er nahm -die Bo-otskette,
warf sie um einen Weidenstump-f und war plötzlich
auf.dem Lande.
Als sie nachklettern wollte, nahm er sie über
mütig in seine Arme und trug sie wie ein Kind
hinauf.
Sie hielt die Augen geschlossen. „Bin ich sehr
schwer", hauchte sie, als machte das Sprechen eine
große Anstrengung.
Dollingen hielt sie einen Augenblick, ehe er sie
niederließ. „Leicht wie eine Wolke am Sommevhim-
mel . . . un-d schwer wie eine Welt von Liebe . .
Sie blinzelte unter den dichten Wimpern zu
ihm empor. Als sie sich aufrichtete, war es ihm
einen Augenblick, als nähere sich ihr erglühtes Ge
sicht dem seinen. Llber nun war sie schon wieder
weltenweit von ihm entfernt, und nur ein zittern
des Lachen der Verlegenheit verband sie miteinan
der.
Sie blickte zu ihm auf, um einen Schatten blas.
ser. Als er noch immer mit zuckenden Lippen schwieg,
begotm sie von der Schönheit der Mark zu sprechen.
Er atmete auf: Es wäre also doch nicht die
rechte Stunde gewesen, und es war nur gut, daß sie
seine letzten Worte nicht gehört hatte. „Ja, sie hat
die stille Schönheit". Während er das fast ohne sei
nen Willen sprach, dachte er, was wohl daheim M-al-
wi'ne sagen würde, wenn er zu ihr von seiner Liebe
erzählen würde. Er wußte nur zu genau: die Fal
ten auf ihrer Stirn — o, sie hatte viel zu viel davon
für ihre Jahre! — würden sich vertiefen und sie
würde fragen, ob es denn feiner Liebsten so gehen
solle wie ihr, ob ihr Geschick jahrelanges, zermür
bendes Warten sein solle, bis Jugend und alles,
was lebens-wert war, zerrieben und zerstört war?
Sie sprach fast allein, die Augen auf das Schilf-
land ringsum gerichtet. Plötzlich erhob sie sich, ehe
er helfen konnte, mit einer elastischen Bewegung
ihres federnden Körpers. „Der Boden ist seucht
und kühl", sagte sie lachend. „Wir werden drüben
einen Grog trinken müssen. Was für ein Sommer!"
Langsam ruderten sie zurück.
Dollingen war froh, daß die Einsamkeit hinter
ihnen lag — diese Einsamkeit, die zu Geständnissen
oerführte -—und daß -das dumme, gleichgültige Ge
lächter aus den anderen Booten sie umspielte. Als
er sie einmal anblickte, die nun auch stumm dasaß,
eifrig am Steuer hantierend, zuckte er zusammen:
ein zärtlicher Frauenblick hatte -ihn gestreift, ein,
wissendes, sonderbares Lächeln war auf ihren roten
Lippen aufgeblüht.
Aber nun mahnte sie schon wieder mit strenger
Miene zur Eile. Die Stunde, die sie bezahlt hätten,
sei gleich zu Ende. Es war doch wohl ein Irrtum
gewesen . . .
Die Ruder schlugen tief ins Wasser, das hoch
aufspritzend einen feinen Sprühregen über Johanna
Reichert ergoß. Sie schüttelte die Tropfen ab, -ohne
die Hände vom Steuer zu nehmen.
Die Rückfahrt in der übervollen Untergrund
bahn war stumm, inmitten lärmender, lauter Men
schen. Auf dem Bahnhof Potsdamer Platz wollten
sie sich trennen.
Und hier geschah etwas Unerwartetes. Johanna
blickte in sein ernstes Gesicht, übersah seine hinge
haltene Hand und lachte ein dunkles, zärtliches La
chen. „Du bist ein lieber, dummer Kerl", sagte sie
leise, daß nur er es verstand. Sie hob sich auf die
Zehenspitzen und küßte -ihn mitten auf den Mund.
Im nächsten Augenblick war sie im Menschen-
ge wühl verschwunden.
l Fortsetzung folgt).
VücheMch.
Neue Bücher von Hans Grimm.
Hans Grimm: Die dreizehn Briefe aus
Deutsch--Şildwrst-Afrika. 1.—6. Tausend. Preis ge
heftet 2 Mark. Verlag von Albert Langen in Mün
chen. Was in „Volk ohne Raum" der Dichter begon
nen, das führt mit heißem Bemühen der Politiker
fort. Ein ganzes Jahr ha-t Hans Grimm, um der
deutschen Sache zu d-i-enen, -in Deutfch-Südwest-Asrika
geweilt, h-at mit der ihm eigenen- Zähigkeit und
Gründlichkeit das Land von neuem studiert' und feine .
Beobachtungen in Briefen an deutsche Zeitu-n-gen fest- -
gelegt. Diese dreizehn Briefe sind mit einem Anhang
von zwei Berichten aus Südafrika und einem Nach- 1
wort in der vorliegenden Broschüre vereint.
Hans Grimm: Der Richter in der Karn und
andere Geschichten. Preis geheftet 3,60 Mark, vor
nehm in Leinen gebunden 6 Mark. Verlag von Albert
Langen in München. Dies ist nach dem großen und
berühmten Roman „Volk ohne Raum" das erste neue
Buch des Dichters Hans Grimm. In den „Dreizehn
Briefen aus Deutsch-Südwest-Afrika" und dem „Deut
schen Südwest-<Buch" spricht der Politiker Hans
Grimm zu dem Parlamente der Welt, hier aber'hebt
wieder der Dichter das Geschehen in jene klare
Atmosphäre, darin cs ewig und zum Gleichnis wird.
Hinreißende Leidenschaft unter der männlichen Strenge
einer gemeißelten Sprache, ein Deutsch, von dessen
Kraft und Reinheit wir überwältigt werden.