Nr. 110
Zweites Matt
Monlay.
12.
Rendsburg, den 12. Mai 1930.
Tagung d 2S ProsluZial-Ausschuff es
deutschen Dolkspartei.
(Sine Entschließung für Ausdehnung der Ofthilfe auf die NordmarL.
Staats,ekretkr Schmld über dis BerhälLmffe der Bolkspartei zur Nerr-
ordnnng der Innerpolitischen Kräfte.
Am Sonnabend und Sonntag tagte hier der
Proviuzial-Ansfchuß der Deutschen Volkspartei, zu
der Vertreter der Deutschen Volkspartei aus der
ganzen Provinz erschienen waren.
Der Sonnabend
brachte nachmittags eine Frauenzusammenkunft in
der Eiderhalle, in der Frau Dr. Cimbal-Altona
über Grundsätzliches zum Entwurf des Berufsaus-
Lildungs- und Hausgehilsengesetzes sprach.
Abends sprach im Foyer der Stadthalle anstelle
des verhinderten Reichstagsabgeordneten Have-
mann-Hildesheim der Landtagsabgeordnete Bayer-
Waldenburg über die Mittelstandspolitik der Deut
schen Bolkspartei. Der Vorsitzende der Ortsgruppe
Rendsburg der Deutschen Volkspartet, Balke, ge
dachte eingangs des verstorbenen Führers Dr.
Stresemann, der gerade an diesem Tage seinen 52.
Geburtstag hätte feiern können.
Landtagsabgeordneter Bayer-Waldenburg ging
bei seinem Bortrag aus von den Einwirkungen der
Deutschen Volkspartei aus die Geschicke des deut
schen Volkes seit 1923, als Stresemann die Reichs
kanzlerschaft übernahm, bis zur Gegenwart. Der
Schlüssel der heutigen Wirtschaftsnot, so führte der
Redner unter anderem aus, sei zum großen Teil
darin zu suchen, daß die Kapitaldecke des deutschen
Volkes zu kurz sei. Deshalb müsse alles getan
werden, um wieder eigenes Kapital zu schaffen. Die
Förderung der Kapttalbildung sei ein Ziel Mol-
öenhauers, und ein weiteres Ziel sei eine Steuer
senkung. Es sei ein Weg langsamer Sparsamkeit,
der aufwärts führe, und der Anfang dazu müsse
oben gemacht werden, in den Ministerien, die
nach unten als gutes Vorbild wirken müßten. Ne
ben der Steuersenkung müsse eine Steuerreform
durchgeführt werden, die jeden Einwohner einer
Gemeinde an den Ausgaben seiner Heimatstadt
interessiere. Der Antrag auf Einführung eines
Berwaltungskostenbeitrages, den die D. V. P. un
terstützt habe, sei leider abgelehnt worben. Der
Redner kam dann auf die Reichsverdingungsord-
nung zu sprechen, die von besonderer Bedeutung
für das Handwerk ist. Leider würde sie, da sie nicht
Gesetz sei, von den unteren Behörden vielfach nicht
im gedachten Sinne angewandt. Der Redner er
läuterte dies an Hand einiger Beispiele. Schwere
Sorgen verursache auch das Wohnungswefen. Pei
der Vergebung von Hauszinssteuermittcln würden
leider die privaten Bauunternehmer auf Kosten
der Heimstätten und ähnlicher Genossenschaften be
nachteiligt, trotz der vielen Pleiten, die man in letz
ter Zeit erlebt habe. Wenn man die Mittel priva-
cen Bauunternehmern zur Verfügung gestellt hätte,
jo würde man doppelt so viele Wohnungen geschaf
sen haben.
Der Redner streifte dann die Auswüchse der
Sozialgesetzgebung, besonders der Arbeitslosenver
sicherung. Die Erhöhung der Beiträge bedeute eine
Gefahr für die Versicherung selbst. Das in Vorbe
reitung befindliche Arbeitsschutzgesetz müsse mehr
Rücksicht nehmen ans die mittelständischen Betriebe.
Der Vortragende zitierte einige Beispiele von
Schwarzarbeit, die Arbeitgeber wie Arbeitnehmer
schädige, wie auch von der Konkurrenz der Ge
fängnisarbeit. Auf die Osthilfc kommend, betonte
der Redner, baß es wirklich an der Zeit sei, daß
für den Osten etwas Durchgreifendes geschehe. Der
Grenzbevölkerung müsse die Hilfe zuteil werden,
die sie brauche, um aus vorgeschobenem Posten die
Wacht für das Deutschtum zu halten. Nur wenn
das deutsche Volk seinen Hader in einer Notgc
,neinschaft beiseitestelle, werde cs ans der Enge
des heutigen Elends wieder herausgeführt werden
aufwärts und vorwärts nach den Worten Strese-
manns: Durch Arbeit und Opfer zur Freiheit!
In der sich anschließenden Aussprache wurden
einige der gestreiften Fragen wie Reichsverdin-
gungsordnnng, Verteilung der Hanszinssteuermit-
tcl usw. erörtert. Anschließend war im Hotel
Green geselliges Beisammensein.
Der Sonntag
brachte vormittags die Tagungen der Fachausschüsse
für Beamte, Einzelhandel, Handwerk und die Land
wirtschaft. Die eigentliche Tagung des Provinzial-
ansschusses begann um 11,30 Uhr im Foyer der
Stadthalle unter Vorsitz von Dr. Rode-Altona.
Nach Erledigung einiger geschäftlicher Angele
genheiten nahm
Staatssekretär Schmid-DLsseldorf,
der durch seine Amtsenthebung durch den früheren
Innenminister Severing und durch seine Zurückbe
rufung durch den jetzigen Minister Treviranus be
kannt geworden ist, das Wort.
Nachdem der Aoungplan Tatsache geworden sei
und Mitte Juli die Rhcinlande ihre endgültige Be
freiung feierlich begehen könnten, trete die Befrei
ung der Saar in den Vordergrund der Außenpoli
tik. Es müsse die Rückgabe der Saar ohne Gegen
leistungen gefordert werden. Andernfalls sei es
besser, noch die wenigen Jahre bis zur Abstimmung
im Saarland zu warten. Nach der Erledigung die
ser Fragen werde die deutsche Außenpolitik bessere
Vewegungsmöglichkeiten haben, um sich mit den
Ostsragen, dem Schutz der deutschen Minderheiten,
der Abrüstungsfrage usw. zu beschäftigen. Die Ent
wicklung der deutsch-russischen Beziehungen würden
gefährdet durch die ständige Propaganda der drit
ten Internationale. Es müsse gefordert werden,
daß in dieser Hinsicht eine Aenderung eintrete.
Die deutsche Abrüstung sei nach dem Versailler
Vertrag nur der Vorläufer für die allgemeine Ab
rüstung, und es müsse darauf hingewirkt werden,
daß diese endlich durchgeführt werde, oder, wenn
das nicht möglich sei, daß Deutschland in dieser Hin-
icht größere Freiheiten eingeräumt würden.
Bisher war, so führte der Redner weiter aus,
die deutsche Außenpolitik vorherrschend vor der
Innenpolitik. Nun wird die Innenpolitik in den
Vordergrund treten.
Es kommt daraus an, die schwer erschütter
ten Existenzgrundlagen unseres Volkes wie
der herzustellen.
, s muß begonnen werden mit der Neuordnung der
öffentlichen Finanzen, der Reform unserer Staats
verhältnisse und fernes muß ein entschiedener Kamps
gegen die bolschewistische Gefahr geführt werden.
Die Zeit der großen Koalition, für deren Ver
schwinden die Frage der Arbeitslosenversicherung
und die Sanierung der öffentlichen Finanzen aus
schlaggebend gewesen sei, sei für absehbare Zeit
vorbei. Ihre historische Bedeutung habe darin ge
legen, daß sic die innerpolitische Grundlage für die
Befreiungspolittk Stresemanns gewesen sei. In
der großen Koalition sei ein maßgebender Füh
rungswille nicht mehr vorhanden gewesen, und sie
habe es allen möglichen Einflüssen überlassen, die
Führung zu übernehmen. Die große Koalition sei
nicht mehr lebensfähig gewesen, weil, wie Hilser
ding in seiner Zeitschrift „Die Gesellschaft" schreibe,
die Sozialdemokratie eine Verantwortung für die
unpopuläre Finanzpolitik nicht glaubte übernehmen
zu können, und weil Grundsätze der Parteipolitik
die der Staatspolitik in den Hintergrund gedrängt
hätten. Die neue Regierung sei infolge der starken
Initiative des Reichspräsidenten schnell zustande
gekommen. Hoffentlich werde auch in Zukunft die
aktive Autorität des Reichspräsidenten unerfrcu
liche wochenlange Verhandlungen mit den Partei
en über Regierungsbildungen verhüten.
Zur
finanzpolitischen Sanierung
seien zwei Maßnahmen sofort durchzuführen, näm
lich die Hilfe für die Landwirtschaft und die Ost-
hilfe. Zur Durchführung des Agrarprogramms sei
die Industrie bereit, die bisher für den Dawesplan
gezahlten Jndustriebelastungen für die Umschul
dung der Lgndwirtschaft zur Verfügung zu stellen.
Die Steuersenkung mußte bei der trostlosen Lage
der öffentlichen Finanzen auf 1931 verschoben wer
den. Eine weitere Erbschaft der früheren Regie
rung sei der Reichsetat, der im wesentlichen in der
von der früheren Regierung festgelegten Form
übernommen werden mußte, an dem aber noch we
sentliche Ausgaben gestrichen werden sollen. Ein
kritischer Punkt sei der Panzerkreuzer B. Die
Deutsche Bolkspartei setze sich für den Bau vor al
lem aus politischen Erwägungen ein, vor allem mit
Rücksicht auf die Abrüstungsverhandlungen, dann
aber auch, um den Wchrgeöanken wach zu halten.
Sollte allerdings eine kurzfristige Vertagung nötig
sein, um den Bau dann auf breiterer Front zu er
reichen, so spiele das keine große Rolle.
Für den Osten müsse aus materiellen und
psychologischen Gründen etwas Durchgreifendes ge
schehen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich
dort trostlos entwickelt. Auf die Frage der Arbeits
losenversicherung eingehend, betonte der Redner,
daß eine Sanierung möglichst bald durchgeführt
werden müsse. Man dürfe die Frage aber nicht iso
liert vom Standpunkt der Reichsfinanzcn betrach
ten, sondern im Zusammenhang mit den Wohl
fahrtsausgaben der Kommunen und der Kranken
versicherung. Es sei diese Sanierung eine schwierige
und unpopuläre Aufgabe.
Erst wenn alle diese dringlichen Aufgaben ge
löst seien, komme man zu der eigcutlicheu Aufgabe
der,
Wiederanfrichtung der deutschen Wirtschaft.
In erster Linie müßten die öffentlichen Lasten ab
gebaut werden. Finanzministcr Moldenhauer habe
ein Ansgabcnsenknngsgesctz ausgearbeitet, das noch
vor der Sommerpause vorgelegt werde. Durch die
ses Gesetz müsse die Möglichkeit geschaffen werden,
über die Steuersenkung der vorgesehenen 600 Mil
lionen Mark noch eine weitere, wesentliche Senkung
der Ausgaben zu erreichen. Auch dieses Gesetz
werde sehr unpopulär sein. Der Redner hofft, daß
dieses Ausgabensenknngsgesetz recht brutal ausfal
len möge, weil Brutalität in der Gegenwart Bru
talität in etwas späterer Zeit, die viel schlimmer
sei, erspare. Moldenhauer habe noch einige weitere
Maßnahmen in Vorbereitung, die sich auf kommn-
nalpolitischcm Gebiet auswirken sollten. Es seien
dies Maßnahmen gegen die Anleihen der Gemein
den und die Konkurrenz der Gemeinden auf dem
Anleihemarkt. Auch eine Rcchnungskontrolle der
Kommunen müsse durchgeführt werden. Eine Be
steuerung der öffentlichen Betriebe werde eingelei
tet. Das Steuerscnkungsprogramm für das nächste
Jahr müsse vor allem auf eine Senkung der Ge
werbesteuern gerichtet sein.
Außer diesen finanzpolitischen Reformen müß
ten auch
Reformen des Staates und der Verfassung
durchgeführt werden. Man dürfe auch vor der Re
form der parlamentarischen Verhältnisse nicht zu
rückschrecken. Die verworrene Lage zwischen Reich
und Ländern müsse eine Klärung erfahren, die
Frage der Reichsreform müsse gefördert werden.
Der Umstand, daß im Reichstag vor allem wirt
schaftliche und sozialpolitische Fragen behandelt
werden, hänge vor allem damit zusammen, baß wir
zum Einkammersystem übergegangen sind. Der
Redner streift den Uebergang zum Zweikammer
system, wie ihn auch Oesterreich jetzt grundsätzlich
in seiner Verfassungsreform vorsehe. Das würde
bei uns eine Bereinigung von Reichsrat und
Reichswirtschaftsrat bedeuten.
Der Redner kam dann (in Erwiderung auf
Ausführungen in unserem Sonnabend-Artikel „Im
Kampf um eine Neuordnung der innerpolitischen
Kräfte") aus die Zersetzung innerhalb der Parteien
zu sprechen. Von den bürgerlichen Parteien sei
außer dem Zentrum nur noch die Deutsche Volks
partei gesund. Der Führer der Deutschen Volks
partet, Scholz, habe auf dem Mannheimer Partei
tag für eine bürgerliche Sammlung geworben. Das
erste Echo sei nicht sehr befriedigend gewesen. Auch
der Jungdeutsche Orden, dessen idealistische Einstel
lung sehr zu begrüßen sei, solle nicht übersehen,
baß man die traditionelle Schwerkraft der Parteien
nicht so ganz ignorieren könne. Bei grundsätzlichem
Festhalten an ihren Anschauungen sei die Deutsche
Volkspartei für eine große Vereinigung des Bür
gertums, für die Schaffung einer Staatspartei mit
gemeinsamer Politik des Bürgertums. Wenn das
heutige Wahlrecht ein unüberfteigbarer Wall da
gegen sein sollte, dann werde die Zeit kommen»
wo man darüber hinwegkommen müsse.
In der Aussprache berührte Geheimrat Dr.
Runkel im Zusammenhang mit der Osthilfe deren
Ausdehnung auf die Nordmark, die man immer
wieder vergesse. Er beantragte die Annahme fol
gender Entschließung, die einstimmig angenommen
wurde:
„Der Provinzial-Ausschutz der Deutschen
Volkspartei bedauert die Ablehnung einer Nvrd-
markhilfe durch den Reichsrat aufs Tiefste. Er
erwartet die Wiederherstellung dieser Haus
haltsposition durch den Reichstag und bittet die
Reichstagsfraktion bringend, sich mit allem
Nachdruck hierfür einzusetzen."
Nachdem noch einige weitere Redner gespro
chen hatten, ging Staatssekretär Schmid auf die in
der Aussprache berührten Fragen in seinem Schluß
wort nochmals ein. Er versprach, sich für die Hilfe
für die Nordmark einzusetzen. — In der Frage des
Arbeitsdienstjahres war er der Meinung, daß da
mit ein wirklicher sozialer Effekt sich nicht erzielen
lassen werde. — Auf die Frage der Existenzdauer
der jetzigen Reichsregierirng äußerte er sich opti
mistisch. Er glaubt, daß das Parlament lange fall
bestehen werde.
Zum Schluß kam der Redner nochmals auf die
Volksnationale Vereinigung zurück. Der Jung
deutsche Orden habe mehrfach in einer starken
Kampfstellung gegen die Deutsche Volkspartei ge
standen. Es sei auch im „Jungdcutschen" von dem
gefährlichen Staatssekretär Schund die Rede gewe
sen, der nach der Rechten abwandern wolle. Er
habe aber auf Grund einer Fühlungnahme die
Ueberzeugung gewonnen, daß der Jungdcutsche
Orden von diesem Irrweg abgekommen sei. Er
werde demnächst mit den Herren Mahraun und
Borncmann zusammenkommen. Bekanntlich sei der
Jungdeutsche Orden in der Zeit Stresemanns in
hohem Maße mit der Deutschen Bolkspartei zu
sammengegangen. Er möchte gern von dem Ide
alismus des Jungdcutschen Ordens etwas hinein
führen in die Deutsche Volkspartei. Unterschätzen
dürfe man nicht den ernsten Reformivillen, wie er
in großen Teilen der Deutschen Volkspartei vor
Handen sei. Es wäre denkbar falsch, wenn man dar
über hinwegsehen würde.
Mit den Worten, daß das Ziel der Arbeit die
Herstellung einer Volksgemeinschaft sein solle,
schloß Staatssekretär Schmid seine außerordentlich
interessanten Darlegungen.
Mit einem kurzen Schlußwort des Vorsitzenden
Dr. Rode wurde die gut besuchte Tagung, an der
die Reichstagsabgeorbneten Gcheimrat Dr. Runkel
und Hamkens-Hanredder neben den genannten Red
nern teilnähme», geschlossen. &
Jfatifaäfagtstig à Ķohtsrr-
Händler Ächteswig-Hslstems
am 10. und 11. Mai in Rendsburg.
4 Die moderne Wirtschaft ist ohne den Roh
stoff Kohle nicht mehr denkbar. Wenn auch die
Elektrizität aus der Wasserkraft als Kraft- und
Heizquelle im letzten Jahrzehnt größere Beden-
tung erlangt hat, so ist die Kohle doch der Haupt
faktor, der unsere Wirtschaft erhält, antreibt und
bewegt. Die Kohle ist von so erheblicher Bedeu
tung, daß nur landwirtschaftliche Erzeugnisse in
dieser Hinsicht noch mit ihr verglichen werden kön
nen. Die Gesamtheit hat daher ein großes Inter
esse daran, daß dieses Erzeugnis des Bergbaus in
guter Beschaffenheit, in der notwendigen Menge,
in richtiger Zusammensetzung an die Verbrauchs-
siellcn herangebracht wird. Diese Ausgabe hat
der Kohlenhandel, der dadurch zu einem volks
wirtschaftlich sehr wichtigen Vcrufsstand wird.
Die Kohle findet in Gewerbe und Industrie
eine so vielseitige Verwendung, daß außer den
moralischen Qualitäten eines ehrbaren Kaufman
nes auch noch ein ganz besonderes Maß von Er
fahrung, Fachkenntnis und Verantwortung den
KohleiMndler auszeichnen mnß, wenn er feine
volkswirtschaftlichen Ausgaben erfüllen und dar
über hinaus den Anforderungen genügen soll, die
Berufsstand und Berufsverband an ihn stellen.
Dieser Gedanke, daß nicht nackter Materialismus
ür den Kohlenhandel Richtschnur sein dürfe, son
dern daß jeder Berufsangehörige in weitem Maße
in seiner Arbeit ethischen Erwägungen und natio
nalen Rücksichten Raum geben müsse, klang ange-
rchts der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung
des Kohlenhandels immer wieder durch in den
Reden und Aussprachen auf der 9. Jahreshaupt
versammlung des Landesverbandes der Kohlen
händler Schleswig-Holsteins und Lübecks, die am
Sonnabend in der Stadthalle zu Rendsburg statt-
and.
Der Veranstaltung war die Mitglieder-Der» ,
ämmlung des Kohlengroßhimdler - Verbandes
Nord e. V. in Greens Hotel vorangegangen. Die
Mitgliederversammlung des Landesverbandes der
Kohlenhändler wurde um 3 Uhr van dem Dor-
itzenden, Jvers-Kiel. in der Stadthalle eröffnet.
Dieser wies auf die zahlreiche Beteiligung aus der
ganzen Provinz hin und begrüßte u. a. den Bür
germeister Dr. de Haan, den Vorsitzenden des Ver
eins für Handel, Handwerk und Industrie, P,
Eggers, den Vertreter der Schlesw.-Holft. La«,
deszeitung und die Angehörigen benachbarter
Fachveübände. Er führte dann aus, daß der Fach-
verband als solcher sich mit Politik nicht be-
'assen könne, daß aber jedes Mitglied die Pflicht
habe, sich zu orientieren und politisch auszuwir-
ken bei den Auseinandersetzungen um die Erhal
tung einer freien Privatwirtschaft. In der Re
gierung Brüning sei zum erstenmal eine wirt-
chaftsfreundliche Regierung am Ruder. Damit
ei aber nicht schon alles gewonnen, die wirt-
-chaftsfeindlichen Kräfte würden iiljrc Tendenzen
weiter verfolgen und auch auf politischem Gebiet
sich durchzusehen streben. Darum müsse auch fer
nerhin jeder einzelne auf dem Posten seht.
Bürgermeister Dr. de Haan dankte für dis
Einladung und begrüßte die Kohlenhändler im
Namen des Magistrats und der städtischen Kol
legien in Rendsburg. Er wies kurz auf die schwie
rige Lage der Stadt Rendsburg hin, die große
Empfänge verbiete, an deren Stelle aber herzliche
schleswig-holsteinische Gastfreundschaft trete. Er
wünschte der Tagung einen günstigen Erfolg.
Anschließend hielt das geschäftsführende Vor
standsmitglied des Zentralverbandes der Kohlen
händler Deutschlands, Direktor Karl Borchardt-
Berlin, einen sehr instruktiven Vortrag über „den
Weg der deutschen Kohle vom Produzenten zum
Konsumenten." Er gab einen aufschlußreichen
Uebcrblick über die Organisation der Kohlen-
erzeugung und besonders des Kohlenabfatzes, über
dis den Handel hemmenden Zwangsvorschriften
und Zwangseingriffe behördlicher Stellen und t
über die Bààirg der Absatzsyndikate für den
Kohlenhandel. Wir behalten uns vor, über die
sen Vortrag in nächster Zeit eingehend zu berich
ten, da die Organisation der Kühlenerzeugung! und
des Kohlenvbsatzes. die der Redner vorzugsweise
behandelte, auch für der Kohlenwirtschaft ferner
stehende Kreise von Bedeutung ist.
Den Jahresbericht erstattete der Syndikus des
Landesverbandes, Rechtsanwalt Dr. Mylord-Kiel.
In übersichtlicher Weife bot foer Bericht ein an
schauliches Bild von der vielseitigen Arbeit des
Verbandes, in der Jnteresienverwertung gegen
über dem Bergbau, den Syndikaten, dem Kartell-
gericht und dem Reichsw irtschaf is mi n i sier tum,
von der Tätigkeit für den Preissturz und in der
Arbeitsgemeinschaft mit dem Kohlengroßhändler
verband Nord und im Zusammenwirken mit dem
Zentralverband. Kohlenwirtschaftsgesetz und Kar
tellgesetzgebung legen dem Kohlenhandel Zwang
auf und erfordern deshalb ganz besondere Be
achtung auch vom Standpunkte des Platzhandels
aus. Die Zah!l der Mitglieder beträgt 1032, neu
gegründet wurden Vereine auf Fehmarn und in
Mittelholstein.
Der Kassenbericht wurde von Vrether-Kirl er
stattet. Der Verband fiat keine Schulden, die Ak
tiven betragen etwa 8000,— RM. Die Jahres
rechnung wurde genehmigt und der Vorstand ent
lastet. Der Voranschlag für 1930/31 schließt in
Einnahme und Ausgabe Mit etwa 15 900,— RM