Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

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Nr. 108 
Zur Unterhaltung 
Dsrlags der Schleswļg.Holsteînêschen LandesMîtung (Rendsburger Tageblatt) 
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2m Weltkriege besetzten die Franzosen, unter 
stützt durch Verrat der französisch Gesinnten, dos 
ganze südliche Elsaß. Die jungen Leute, so auch die 
des Dorfes unweit der Schweizer Grenze, in dem 
unsere Geschichte spielt, waren entweder mit den vor 
der französischen Uebermacht zurückweichenden deut 
schen Garnisonen und Truppenteilen gegangen oder 
schmuggelten sich dann später noch über die Schweiz 
zur deutschen Armee hinüber, um dort für ihre Hei 
mat zu kämpfen. Viele aber, namentlich ältere, die 
nicht mit der Waffe in der Hand für die Scholle 
kämpfen konnten, leisteten Spionagedienste und 
brachten oftmals wertvolle Mitteilungen liber fran 
zösische Aufmarschbewegungen, Kampfstellungen, 
Truppen jenseits der Grenze über Schweizer Boden 
zu den Deutschem So konnten diese oft Gefechtsab 
schnitte, in denen ein französischer Angriff stattfin 
den sollte, noch rechtzeitig verstärken und die feind 
lichen Durchbruchsversuche vereiteln. — Die Fran 
zosen wußten, worauf ihre Mißerfolge zurückzufüh 
ren waren, und eine rigorose Spionageabwehr setzte 
ein. Bei den geringsten Verdachtsmomenten wur 
den Männer, Frauen, sogar Kinder verhaftet, er 
schossen oder nach Belfort und anderen Gefängnis 
sen abtransportiert. 
Man faßte einen Bauernburschen dabei ab, als 
er Briefe an die Söhne drüben in der deutschen 
Front nach der Schweizer Grenze bringen wollte 
In diesen Briefen befanden sich persönliche Mittei 
lungen, vereinzelt ober auch solche, die Erlebnisse 
mit den Franzosen berichteten. Der Bauernbursche 
und fein Vater wurde erschossen, die Mutter, die 
Schwestern und sämtliche Absender der Briefe, äl 
tere Leute meist, Eltern, die um das Leben ihrer 
Jungen in deutschen Kampfreihen zitterten, nach 
Belfort abtransportiert. Ein bleicher Schrecken be 
mächtigte sich des ganzen Dorfes. Der Verräter, der 
französische Spitzel, mußte sich in ihren Reihen be 
finden. Allen stand das Entsetzen in den Gesichtern, 
aber keiner wagte es, sich dem anderen anzuvertrau 
en. Man wußte ja nicht, ob er zu den Feinden hielt. 
Bald aber fand sich ein anderer, der die Beför 
derung der Briefe übernahm. Das war der Pfirt, 
ein ornier Teufel, der vor dem Krieg im Dorf den 
allerschlechtesten Leumund besessen hatte, ein ver 
wegener Bursche, der wegen Fallenstellens, Wild 
diebstahl, Verwundung des Försters im Gefängnis 
gesessen hatte, ein mehrfach vorbestrafter Mensch, 
berüchtigt auch durch Schmuggel über die Schweizer 
Grenze. Er war nicht, wie die jungen Bauernbur 
schen des Dorfes, bei den Deutschen in der Armee. 
Nicht etwa, daß er feige gewesen wäre. Die getretene 
Seele dieses elternlos herangewachsenen, verwahr 
losten Menschen, den keiner im Dorf früher zu ehr 
licher Arbeit angenommen hatte, hatte zunächst :n 
dem eindringenden Feind ihren Befreier gesehen. 
Er gönnte den anderen, die ihn früher gedemütigt 
hatten, jetzt ihre Angst und den Schrecken. All das 
empfand er als Genugtuung und ging in seiner 
Rachsucht und Verbitterung so weit, daß er den 
Franzosen, wo er konnte, Vorschub leistete, ihnen 
Weg und Steg zeigte, allenthalben die Dörfler ver 
riet. 
Da klopfte es eines Abends spät in der Dunkel 
heit an das Fenster seines einsamen Unterschlupfes 
draußen vor dem Dorf. Und als er öffnete, stand 
da die hübsche Marie, die Tochter des wohlhabenden 
Großbauern. Sie hatte Tränen tn den Augen: „Du 
kennst ja die Wege über die Grenze! — Nimm den 
Brief und bring ihn meinem Georg! Du weißt ja, er 
ist drüben bei den Deutschen! Und bitte, bitte bring 
mir Nachricht von ihm! Ich weiß ja nicht, ob er über 
haupt noch lebt!" — 
Da wachte ein« neue Welt in Pfirts Herzen auf. 
Ihre Hand lag auf seinem Arm. War das dieselbe 
Marie, die ihn früher nie eines Blickes gewürdigt 
hatte, die stets vor ihm ausgewichen war wie alle 
anderen Mädchen im Dorf? Nach fo etwas wie ihr 
hatte er sich doch stets gesehnt, nach etwas Reinem, 
Guten, Schönen, das er nie in seinem Leben gekannt 
hatte. Einmal, als sie vom Wagen stieg, stolperte, 
«und er zusprang, ihren Fall zu verhindern, hatte ihr 
Bräutigam, der Georg, der reiche, starke Weinbau 
ernsohn, ihm einen solchen Stoß versetzt, daß er zum 
Gelächter der Dorfikinder über die Straße rollte. — 
Und heute zitterte sie um den Georg, heute vertraute 
sie sich ihm an, gab ihm den Brief, obgleich ihr doch 
seine Machenschaften bekannt sein mußten. Sie ver 
traute ihm. Leicht war ihr der Weg zu ihm bestimmt 
►nicht geworden. Sie selbst hatte sich in seine Hand 
gegeben, er brauchte sie nur den Franzosen auszu 
liefern. — Das Mondlicht floß um ihre Gestalt, er 
sah ihre bittenden, flehenden Augen. — „Ich bin 
lein Hundsfott, er kriegt den Brief, ich geh!" 
Eine Stunde später war er über der Grenze 
auf Schweizer Boden. Den Brief hielt er auf sei 
nem Herzen, als ob die Marie ihn an ihn selbst ge 
schrieben hätte. Er war stolz und glücklich. 
Am anderen Morgen kam er bei den Deutschen 
an. Am Nachmittag fand er Georgs Kompagnie.' 
Tie deutsche Heeresleitung hatte die zuverlässigen 
lDeutschelsässer vor allem deshalb in die Truppen 
verbände in dem ihnen bekannten Frontabschnitt 
eingereiht, weil man ihre Ortskenntnis oft gut ge- 
ibrouchen konnte. Georg und seine Kompagnie la 
gen in Ruhestellung. — Georg traute seinen Augen 
nicht. Der Pfirt und mit einem Brief von Marie? 
Dem mußten sie olle manches Unrecht äbbitten. Tr 
streckte ihm die Hand hin: „Bist ein braver Kerl!" 
Da waren auch die anderen aus dem Dorf. Um 
ringten ihn, ftagten nach Eltern und Geschwistern, 
nach den Mädchen im Dorf, schrieben gleich Briefe, 
gaben sie ihm. Er bekam zu essen, zu trinken, man 
ließ ihm hochleben, schüttelte seine Hände. Waren 
dos wirklich dieselben Burschen, die ihn einst verprü 
gelt hatten und verachtet? 
Daheim stellte dann Marie allen im Dorf ihre 
Briefe zu. Da begann er bald zwar versteckten, vor 
sichtigen, aber doch freundlichen Blicken zu begegnen. 
Und als er, ein paar Tage darauf, über die Straße 
ging, blieb sogar der Herr Pfarrer stehen, sah sich 
erst vorsichtig nach allen Seiten um, ob jemand, 
Franzose oder Spitzel, in der Nähe sei, dann redete 
er ihn an und gab ihm die Hand. 
Von nun an ging Pfirt zwei-, dreimal in der 
Woche über die Grenze. Erst brachte er nur Briefe 
herüber und hinüber, dann brachte er den Deutschen 
die wichtigsten militärischen Nachrichten. Da er den 
Franzosen in der ganzen Umgegend als Zuträger 
für ihre Interessen bekannt war, konnte er sich frei 
bewegen. Dazu hotte er Schweizer Schmuggelware: 
Lebensmittel, Schnaps, Tabak. Das verhalf ihm oft 
zu den wichtigsten Kenntnissen. Seinen Heimatstrich 
kannte er wie kein zweiter, jeden Schlupfwinkel, je 
den Wildpfad. Er war überall und nirgends. Des 
Nachts war er oft im Rücken der ftanzösischen 
Kampfstellungen und Schützengräben, lautlos, un 
sichtbar, spähend, um dann den Deutschen seine Be 
obachtungen zu melden. 
Pfirt ist es denn auch gewesen, der in diesem 
einen Kampfsektor den erfolgreichen deutschen Ge 
genangriff damals dadurch ermöglichte, daß er, als 
er die schwache Stelle der französischen Front erfolg 
reich ausgekundschaftet hatte, sofort diese Meldung 
zu den Deutschen brachte. Damals kam er acht Tage 
lang nicht zum Schlaf. Wenn er unter Franzosen 
war, trieb er sich immer, einfältig lächelnd, herum. 
Er war lange Zeit einer der erfolgreichsten deutschen 
Spione an dem südlichsten Abschnitt der deutschen 
Westfront, ein Mann, dessen kluges, energisches und 
rafches, unermüdliches Handeln den deutschen Trup 
pen im Elsaß viele, viele Verluste vermeiden half. 
Marie sah er nur, wenn sie ihm Briefe gab. Sie 
erhielt sie um der größeren Sicherheit willen von 
allen anderen und brachte sie ihm dann insgesamt. 
Da lächelte sie ihn stets so glücklich an, besonders, 
wenn sie von ihm einen Brief Georgs erhielt. Und 
auch den anderen merkte er es an, er galt was im 
Dorf, er war geachtet und geehrt. Da mußte er bei 
der deutschen Kompagnie die Nachricht erhalten, daß 
Georg gefallen war. An einer der von ihm den 
Deutschen bezeichneten Stelle war auch Georgs Re 
giment eingesetzt worden. Die ftanzösifchen Behör 
den waren in eifrigster Suche noch dem deutschen 
Spion. Verschiedene Franzosen hatten ihn selbst 
deshalb um Rat angegangen und davon erzählt. 
Wenn die im Dorf nicht dicht hielten —I Aber was 
kümmerte ihn das jetzt? Georg war gefallen! Wie 
sollte er das der armen Marie beibringen? Er ging 
zum Pfarrer. Der hielt für gut, wenn niemand, 
außer ihnen beiden, darum wissen dürfe, schon um 
Pfirt nicht zu gefährden. Cr wollte in der Kirche 
die Totenmesse lesen, aber ohne mitzuteilen, um wen 
es sich handle. 
Die ganze Gemeinde war in der Kirche versam 
melt, als der Pfarrer die Messe für den unbekannten 
deutschen Soldaten aus dem Dorf los. Viele bang 
ten und hofften zugleich, deren Söhne bei den Deut 
schen waren. Pfirt aber hatte dem Gefühl nicht wi 
derstehen können, das ihn in die Kirche zog. Er 
mußte Marie sehen. — Er sah sie unter den ande 
ren, wich -ihr aber aus. Sie ober suchte ihn in ihrer 
Herzensangst. Denn nur er konnte Nachricht mit 
gebracht haben, er mußte Genaues wissen. — Plötz 
lich stand sie vor ihm: „Pfirt, um Christi willen, wer 
ist es?" Als er zunächst ihrem Blick auswich, sie 
dann ansah, wußte sie es. „Georg!" Und sank ohn 
mächtig um. 
Ohne an seine eigene Gefahr zu denken, sprang 
er hinzu und fing sie auf. Den Schrei, den Namen, 
alle hatten ihn gehört. Da wußte auch jeder, wer 
die Botschaft gebracht hatte. Und die, die es sofort 
den Franzosen hinterbringen würden. Wußte man 
denn bestimmt, daß keine Franzosen in der Kirche 
waren? Bei einem solchen Anlaß? Pfirt sah, wie 
alle, vor allem die, denen er so manche Kunde von 
ihrem Sohn gebracht hatte, sich ängstlich von ihm 
und Marien fernhielten, feinen Blick, seine Nähe 
mieden, nur, um sich ja nicht zu verraten. Das war 
ja auch keinem übelzunehmen, in der nächsten Se 
kunde schon, vor der Kirche mußte er verhaftet wer 
den! — 
Llber Marie! Sie war ja gleich ihm gefährdet. 
— Er wußte, was kam! Qualvolles Verhör, besten 
falls Gefängnis. Belfort. ■— Da riß er sie auf die 
Schultern, ein Fairstschlag schlug einen um, der auf 
ihn zutrat, mit ein paar Sprüngen war er am Sei 
tenausgang, hinaus. Da stand ein Wagen, zwei 
Bsrnfe Wê 
Ern Auto aus Gold und Juwelen. 
Das teuerste und kostbarste Auto der Welt ist 
für Riza Khan, den Schah von Persien, gebaut 
worden. Es wird augenblicklich in einem Schau 
fenster am Broadway ausgestellt, wo es von Tau 
fenden von Schaulustigen bewundert wird. 
Das Auto ist nach eigenen Angaben des 
Schahs hergestellt worden. Er erklärte den Er 
bauern, daß der Preis keine Rolle spiele, und das 
Auto ist auch entsprechend ausgestattet. Es ist auf 
allen Seiten mit schwerem Gold plattiert und mit 
Juwelen eingefaßt. Die Lampen und Türgriffs 
sowie der Kühler sind ebenfalls schwer vergoldet. 
An beiden Türen ist ein Relief der perstscheu 
Krone eingelassen, das mit Edelsteinen verziert ist. 
Der Polsterbezug ist aus champagnerfarbener 
Seide. 
Das Luxusgefährt ist für den ausschließlichen 
Gebrauch des Schahs bei besonderen festlichen Ge 
legenheiten bestimmt. Der Fürst will, wenn er 
sich unter die Untertanen begibt, ein Fahrzeug be 
nutzen, das gleichen Luxus ausstrahlt wie der Pa 
last des Schahs. 
Die Ratten haben Oslo verlassen. 
In Oslo hat man in diesen Tagen einen 
großzügigen Kampf gegen die Ratten been 
det. Es sind in Oslo und nächster Umgebung 
etwa 15 Tons Gift verwandt worden, und 
man glanbt, daß die 600 000 Ratten, die man 
umbringen wollte, verschwunden sind. Es er 
hebt sich jedoch die Frage, ob sie tatsächlich ge 
storben sind. Man hat nämlich nicht sehr viele 
tote Ratten angetroffen. Dagegen räumen die 
Leiter des Krieges gegen die Ratten ein, daß 
man in den letzten Tagen vor der Einleitung 
des Kampfes gegen die Ratten ganze Batail 
lone dieser Tiere auf den Landstraßen ange 
troffen hat, — daß sie also vor der Vernich 
tung ausgewandert sind. Dies ist eine neuer 
liche Bestätigung der alten Beobachtung, daß 
Ratten so feine Instinkte haben, daß sie z. B. 
ein Schiff vor dem Untergänge verlassen. 
Während der Rattenkampagne in Oslo sind 
dagegen Hunderte von Hunden ud Katzen dem 
Gift zum Opfer gefallen. 
nachkommen zu können, aber keiner von ihnen 
kannte die Sprache der Fremden. Der Wirt 
wandte sich schließlich an das Polizeikommissa 
riat, aber wiederum ohne Erfolg. Ein zufäl 
lig anwesender Gerichtsüiener brachte schließ 
lich die Lösung des Rätsels. Der Mann stamm 
te aus der Bretagne und war hocherfreut, als 
plötzlich wohlbekannte Laute an sein Ohr dran 
gen. Die gute Frau sprach nämlich seine hei 
matliche bretonische Mundart, die nur noch in 
ganz vereinzelten Landstrichen gebräuchlich ist. 
Es stellte sich nun heraus, daß sie ihre Tochter, 
die in Paris in Stellung ist, besuchen wollte. 
Der „exotische" Hotelgast. 
In einem Pariser Hotel suchte eine Frau 
Unterkunft, die sich, da sie anscheinend der 
französischen Sprache nicht mächtig mar, mit 
dem Hotelpersonal nicht verständigen konnte. 
Der Besitzer des Hotels bot nun alle möglichen 
Dolmetscher auf, um den Wünschen des Gastes 
Ameisen retten Ernten. 
In Frankreich hat der vom Amerika eingeführte 
Mais guten Boden gefunden. Dagegen sind die 
Maisernten in der Neuen Welt ernstlich von einem 
kleinen Schmetterling bedroht, dessen Larven den 
Maispflanzen rasche Vernichtung in Aussicht stellen. 
Der Führer der amerikanischen Studienkommtssion, 
die zu diesem Zweck nach Frankreich emffandt wurde, 
hat jetzt dank der tatkräftigen Unterstützung des 
^Laboratoriums für Schädlingsforschung in Hyeres 
in der Akademie der Wissens chasten berichten können, 
daß er in der Lage ist, nach der Heimat Insekten zu 
bringen, von denen man eine Vernichtung des Mais 
schädlings erhoffen darf. Es sind das mit vier 
Flügeln ausgestattete Insekten, die geflügelten Amei 
sen gleichen, und die im subtropischen Klima so gut 
forttommen wie in der gemäßigten Zone. Ihr Wert 
für die Aufgabe, die der Lösung harrt, beruht auf 
der Wahnehmung, daß sie ihre Eier in die Raupen 
legen, die der Maisernte so gefährlich werden. 
Sobald die Larven aus den Eiern gekrochen sind, 
leben sie auf Kosten ihrer unfreiwilligen, Wirte und 
richten die Raupen damit zugrunde. 
Die eingeschmuggelte „Iubelouvertüre". 
E. N. v. Reczmcek, der Berliner Meister, der in 
diesen Tagen seinen 70. Geburtstag feiert, war in 
der Maienblüte feiner Kapellmeisterschaft ans Ber 
liner Wallnertheater gekommen, das damals unter 
der Direktion Hasemann das Possenreperioire 
pflegte. Reezniceks Tätigkeit als Kapellmeister be- 
schräMe sich dort darauf, daß er zwei Monate lang 
täglich dasselbe Couplet dirigieren mußte. Für die 
Festvovstcllung ober, die zum Geburtstage des alten 
Kaisers Wilhelm stattfand, und zu der auch der 
Kronprinz angemeldet war^ sollte ein llebriges ge 
tan und die Vorstellung durch Webers, bei solchen 
Gelegenheiten unvermeidliche Iubelouvertüre einge 
leitet werden. Ja, der Direktor hatte angesichts des 
besonderen Zwecks selbst die Mittel zu der notwendi 
gen Verstärkung der 13 Mann zählenden Theater 
kapelle bewilligt. Von dieser Verstärkung war bei 
der Probe aber nur ein zweiter Fagottist zur Stelle, 
Mittwoch, den 7. Mai 
Pferde davor. Schon hatte er die Geliebte hinein 
gelegt. schwang sich auf den Bock, und der Wagen 
raste mit beiden Pferden zum Dorfe hinaus. Hinter 
dem Dorf, am Wald, bog er sofort von der Land- 
sttaße ab, auf kürzestem Feldweg, der Grenze zu. 
Erft stürzte bei der wahnsinnigen Fahrt das eine 
Pferd, dann brach auf den holprigen Wegen das 
Hinterrad. 
Sie waren noch zwanzig Minuten von der 
Grenze entfernt. — Mit dem Wagen wären sie so 
wieso nicht unbemerkt hinübergekommen. Auch hatte 
der Draht, das Telephon, bestimmt schon die Grenze 
alarmiert, die Spionagepolizei war in Autos, Mo 
torrädern hinter ihnen her. Für die Grenze mußte 
er die Nacht abwarten. 
Nein! Da war es bestimmt zu spät, an der 
Grenze jeder Zoll mit Wachtposten besetzt, um ihn 
abzufangen. Jetzt, jetzt galt es, so schnell wie mög 
lich über die Grenze! Vorivärts, vorwärts! Durch 
Wald, Dickicht, Gestrüpp, Hehlevpfade, Wildwege, 
bergunter und bergauf. Er trug Marie mehr, als 
sie ging. Schmerz, Schrecken und Verzweiflung 
hotten sie schwach gemacht. 
Da schinnnerte die Lichtung! Dort war die 
Grenze, noch hunderfünszig Meter! Dazwischen fast 
freies Gelände! Er biß die Zähne zusammen: Nun 
galt es! Marie auf den Armen lief er, jede Gebüfch- 
und Daumdeckung ausnützend, in raschesten Setzen 
und Sprünge vorwärts! — Noch fünfzig Meter, 
noch zivanzig! — Es mußte gelingen! 
Da, der Anruf eines Wachtpostens! Der 
brauchte noch nicht alarmiert zu sein. Also kurz 
warten, geduckt! Dann, mit einem Satz schnellte er 
vorwärts. Die Grenze! Er spürte einen stechenden 
Schmerz im Rücken, hörte einen Schuß rechts von 
sich, taumelte, riß sich hoch, weiter und rannte, 
rannte . 
Jenseits der'Grenzsteine — noch einigen hun 
dert Metern — hörte er zu laufen aus. Setzte Marie 
ab: „Sie sind gerettet!" Da wankte er. Erschüttert 
stützte Marie ihn auf dem weiteren Weg. „Vor 
wärts, vorwärts!" Als sie an der Schweizer Grenz, 
station ankamen, brach er zusammen und spie Blut. 
— Er sah Marie an. Sie war gerettet. Sein letztes 
Glück war es, zu sehn und zu fühlen, wie sie um ihn 
bemüht war, ihn bettete. 
Heute gehört das Dorf nicht mehr zu deutschem 
Land. An der Kirchwand aber hat die Gemeinde 
ein schlichte Tafel angebracht. Auf der stehen olle 
die Namen derer, die aus dem Dorf im Weltkrieg 
den Ehrentod starben. 
Auch der Name Pfirt. 
so daß man wohl oder übel auf die Iubelouvertüre 
verzichten und eine andere Ouvertüre aufs Pro 
gramm setzen mußte. „Ms ich dann -diesen Jubel- 
ersatz gleich durchspielen wollte," erzählte Recznlcek. 
„bettelten meine Leute solange, ich sollte sie — die 
Probe fand an einem Sonntag-vormittag statt — 
laufen lassen, sie würden es schon richtig machen, 
daß ich schwach wurde und auf die Probe verzichtete. 
Abends also „Theatte pare", und arff dem Zettel 
stand groß: „Zu Anfang Iubelouvertüre". Partitur 
gab es natürlich keine, nicht einmal eine sogenannte 
Dirigievftimme. Aber der Konzertmeister infor 
mierte mich: „Allegro alla breve, im dritten Takt 
eine Fermate, und wenn es aus sei, werde er mit 
dem Kopfe nicken. Also los. Zuerst ein Fortissimo- 
Paukenwirbel, der Kerl hieb wie besessen auf das 
Kalbfell (ich hatte die Leute noch einmal ermahnt, * 
nach Kräften zu jubeln), nun folgten etwa zehn 
Takte E-Moll, das sich aber gleich in E-Dur ver 
wandelte (mir schwante Unheil), einige Takte For- 
ttssimo in dieser Tonart und — der Konzertmeister 
nickte. Die „Iubelouvertüre" war vorüber. Man 
hatte einfach eins der am Schlüsse der Poffenakte be 
liebten, etwa eine halbe Minute dauernden „Fu 
riosi" aufgelegt — und am nächsten Morgen hatte 
ich meine Kündigung." 
Der größte Unterwassertunnel der Welt. 
Unter dem Mersey River, zwischen Liverpool 
und Birkenhead, wird jetzt der größte Unterwasser 
tunnel der Welt gebaut, der eine Länge von 3,5 Ki 
lometern und einen inneren Durchmesser von 13 
Metern besitzen wird. Durch ihn fuhren vier Eisen- 
bahngleise, unter denen eine 6 Meter breite Straße 
für Fuhrwerke frei gelassen ist. Die Vorarbeiten be 
gannen bereits 1925, die Vollendung des 104 Millio 
nen Mark kostenden Baues wird für den Juni 1932 
erwartet. Die Hälfte der Kosten bringt die Regie 
rung auf, der Rest wird durch eine Verpachtung auf 
25 Jahre eingebracht. Die Ventilationsanlagen 
werden in jeder Minute dem Tunnel 360 000 Kubik 
meter frische Luft zuführen. 
Sigrid Undset Ritter des Olavordens. 
Der nowegische König hat die Dichterin Sigrid 
Undset zum Ritter des St. Olavordens 1. Klasse 
ernannt. Sigrid Undset ist die fünfte norwegische 
Frau, der dieser Orden verliehen worden ist. Die 
vier anderen sind die Vorkämpfein für die Frauen 
bewegung, Frau Quam, die Schauspielerin Johan 
ne Dybvad, die Malerin Harrtet Backer und die 
Schauspielerin Ragna Wettergreen. 
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In der Nahe von Thorn wurde ein großer Ur 
nenfriedhof aus der Eisenzeit entdeckt, in dem man 
römische Münzen und Schmuckgegenstände aus der 
Zeit um etwa 1000 v. Chr. fand. 
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