Specialität
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EICHEN
ìâmsŞsŞ»!
Der Paftorentzock.
Humoreske von Wilhelm Hochgreve.
^mmer noch nichts?" fragten der Doktor» der
Gemeindevorsteher und einige Landwirte wie aus
einem Munde den in die Gaststube eintretenden
Jäger. »Nee"» sagte der kurz und scheinbar übel
gelaunt» während er Drilling und Rucksack an den
Nagel hängte und den Lodenhnt an die Wand
klatschte. Dann setzte er sich zu den anderen
Gästen, bestellte einen „Großen" — einen „ganz
Großen" —» fuhr mit dem Taschentuch über das
verschwitzte Gesicht» machte seinem Unwillen noch
einmal durch ein knurrendes „Brr" Luft, nahm
dem Wirt den „ganz Großen" aus der Hand und
sog ihn bis auf einen kleinen Rest leer. Ein wohli
ges Stöhnen verriet, daß er nunmehr schon wesent
lich besser gestimmt war.
Wenn man auch dem Jäger den Städter an
sehen konnte, so machte er doch keineswegs den
Eindruck eines Salonjägers. Das große, offene,
ruhige Auge und das breite, sehnige Gelenk der
gebräunten Hand ließen vermuten, daß der Mann
mit der Büchse umzugehen verstand. In den ersten
acht Tagen hatte er zwei braven Sechsern und
einem Abnormen die Kugel geben können, um sich
dann ausschließlich — nun schon vierzehn Tage
lang — um einen besonders Braven abzumühen.
Wie er es aber auch anstellen mochte, der Bock
wußte allen Nachstellungen des Jägers zu ent
gehen, in den meisten Fällen dadurch, daß er früh
schon vor dem ersten Büchsenlicht wieder im dunk
len Waldbusch verschwand, abends aber erst dann
austrat, wenn bereits alle Eulen munter waren.
Meist hatte der alte, schlaue Kunde ein Schmalreh
bei sich, das ihm als Vorposten und Seitendeckung
biente.
„Ein ganz Gerissener", sagte der Jäger und
kam dem Doktor seine frische Blume.
„Seltsam", meinte der Angeredete, „der Pastor
will heute früh in derselben Gegend einen über
aus starken Bock gesehen haben, aber am hellen
Tage, so gegen acht Uhr."
„Am hellen Vormittage? Das ist wohl ein an
derer, und wenn überhaupt 'n Pastor 'n starken
Bock steht..."
„Lassen Sie 's gut sein", unterbrach der Ge
meindevorsteher, „unser Pastor hat früher schon
manchem auf diese Weise einen guten Bock ausge
macht — das wird schon stimmen!"
„Meinen Sie?" fragte der Jäger, noch keines
wegs ganz überzeugt, und kratzte an seinen Hän
den, welche den Mücken während des Ansitzes als
Nährguelle gedient hatten. Der Bock blieb das
Thema des Abends.. Der Doktor und die Land
wirte einigten sich dahin, daß der bewußte Kapitale
derselbe sein müsse, der von dem Vorpächter der
Jagd dreimal mit der Kugel gefehlt und einmal
leicht angeschweißt worden war und der daher
nicht allein aus Altersvorsicht jene äußerste Ab
neigung gegen Leute von der grünen Farbe be
wies.
Der Jagöpächter aber faßte den Entschluß, am
nächsten Morgen zu ruhen und dem Bock erst um
die Zeit, da er angeblich vom Pastor gesehen wor
den war, nachzugehen. —
„So 'n Halunke!" Mit diesen Worten betrat
am nächsten Abend der Jäger die Gaststube, und
die Zechgenossen vom Vorabend, vollzählig ver
sammelt, wußten, daß es wieder nichts geworden
war. ,,'n Großen! — Also so 'n Gauner von Bock!
Aber ich habe ihn doch wenigstens mal gesehen —
ein mächtiger Bengel —, aber unverschämt schlau
und verflucht vorsichtig." Dann erzählte er, daß
der Bock beinahe nach der Uhr pünktlich dastand,
aber — natürlich! — zu weit. Mit Aufbietung
aller Schleichkünste habe er sich an ihn heranzu
pirschen versucht, um im besten Augenblick von
einer dicht neben ihm schreckenden Ricke um den
Erfolg gebracht zu werden. „Aber - sich versuch's
noch einmal!" Der Doktor, in jüngeren Jahren
selbst ein eifriger und erfolgreicher Jäger, riet,
ganz ungezwungen wie der Pastor auf den Bock
loszugehen und ihm selbst auf 160 Meter die Kugel
zu geben, wenn es anders durchaus nicht gehen
wolle. — X
Der Jagdpächter ging, dem Rate des Doktors
entsprechend, vor, aber der Bock war wie fortge
blasen und nicht wieder zu sehen. Drei Tage noch
bemühte er sich um ihn, jedoch vergebens,, und so
fuhr er, bitter enttäuscht, wieder heim. Da bekam
er eines Tages vom Doktor den telegraphischen
Bescheid: „Pastor Bock heute früh gesehen." Am
nächsten Morgen war er zur Stelle, aber der Bock
blieb verschwunden. Auch am folgenden Tage hatte
der Jäger keinen Erfolg, obgleich er vorher den
Pastor über Zeit, Ort, Tempo töes Pastors!) genau
ausgehorcht hatte. Der Bock war verschwunden.
Da erklärte der Pastor sich bereit, den Gang, den
er sonst berufshalber ging, des Bockes wegen zu
wiederholen, und er hatte tatsächlich das Glück, den
Bock anzutreffen und sich ihm bis aus achtzig
Schritt zu nähern, worauf dann der Bock langsam
zu Holze zog. Als der Jagdpächter dieses erfuhr,
kam er plötzlich auf den Einfall, den Bock als Pa
stor anzugehen.
Getan, wie gedacht. Der Gehrock und der
schwarze Hut des Wirtes saßen zwar nicht gerade
wie angegossen, aber der Bock würde schon für
Garöerobenfeinhciten kein Auge haben.
Was tut man nicht alles, wenn man einen ka
pitalen Rehbock zur Strecke bringen will. Und so
zog der Jagöpächter denn los, bis an den Aus
gang des Dorfes begleitet und verfolgt von Dorf
bewohnern, alten und jungen, und er mußte mit
lachen, zumal da auch einige Dorfschöne sich
kichernd au dem Zuge beteiligten.
Als er endlich allein war, beschleunigte er
seine Schritte, sah dann nach der Uhr, stoppte wie
der, um sich langsam dem Esparsetteschlage zu nä
hern, ans dem der Bock gesehen worden war. Den
Drilling hatte er längst unter dem Gehrock ver
steckt, und von Zeit zu Zeit hob er bas Glas. Da
— wahrhaftig — da stand er, wie aus der Erde ge
schossen, aber schon hatte er den Pseudopastor
wahrgenommen, äugte mißtrauisch und begann
dann mit dem verdächtigen Schcinäsen. „So ein
Bursche", dachte der Jäger, „aber warte, ich
kriege Dich heute." Während er bedächtig und an
scheinend gleichgültig vorging, sicherte der Bock jetzt
sehr scharf. 160 Meter noch mochten die beiden
trennen. Langsam ging der Drilling hoch. Da
trat der Bock unruhig umher, um dann, als der
Jäger die Waffe schon fast in Schulterhöhe hatte,
mit ein paar Fluchten und unter rauhem „Bö, bö-
bö" im nahen Wald zu verschwinden. —
Der Jagöpächter klagte zuerst dem Pastor sein
Leid, der sich sehr über die originelle Verwen
dung des geistlichen Kostüms im Dienste der Jagd
freute. Er meinte, der Bock müsse wohl den Wolf
im Schafspelz gewittert haben, aber der Jäger ließ
sich nicht davon abbringen, daß der Pastor eine be
sondere fromme Witterung besitze.
Und sie redeten und rieten hin und her, bis
der Pastor schließlich zögernd eingestanö, daß er
auf seinen Wegen durch den Wald gottesdienstliche
Eingangslieöer zu fingen pflege, weil er — so er
klärte er lächelnd — im Singen nicht viel los
habe und sich daher auf allen einsamen Wegen zu
üben versuche.
„Aha!" meinte der.Jagdpächter. „Daher, so —
so. na, warte!" Und er notierte sich nach den An
gaben des Pastors einige Verse, um dann davon
zu eilen.
„Danke, danke", brüllte er über die Schulter
nach dem Pastor zurück. —
Als am Abend der Doktor und die übrigen
Stammgäste nach dem Jagdpächter fragten, kam
die Wirtin dazu und meinte ängstlich, was wohl
dem Herrn fehle (dabei zeigte sie an die Stirn), ob
der Bock ihm den Kopf verdreht habe. Der Herr
singe ununterbrochen ein Kirchenlied, genau so wie
der Pastor vor der Predigt. Sonst trällere er nur
ganz lustige Sachen, zu lustige, und nun auf ein
mal . . . Ihr sei wirklich angst. Ob der Doktor
nicht mal hinauf gehen wolle?
„Also heute war's nichts, wieder nichts, immer-
hin bin ich doch wenigstens 160 Meter heran ge
kommen. Aber morgen habe ich den Bock, oder -*
weiß der Kuckuck — ich rühre kein Gewhr wieder
an."
Wirklich erhielt am nächsten Mittag die Fran
Pastor eine frische Rehleber, und tatsächlich hatten
am Abend die Stammgäste so viel Bier und Kog
nak zu trinken wie sonst in einem halben Monat
kaum. In der Mitte des Tisches lag die von der
Wirtin bereits abgekochte Rehkrone, ein wuchtiges»
Stück, in einer Lache von Bier. Die rührte vo»
der Taufe her, die der lustige Doktor vollzogen
hatte. Der Bock hieß nur noch der Pastorenbock-
Der Jagdpächter war zuerst „hinüber". Als der
Wirt ihn in sein Zimmer hinauf führte, lallte er
die eingelernte Strophe und faselte von einem
„Past — hup — orenbock". Der Doktor, der dicks
Gemeindevorsteher und die übrigen aber lachten,
daß die Tabakswolken in größte Unruhe gerieten.
„Schade, schabe!" brüllte der Doktor. „Schade, das
hätt' ich sehen mögen, wie der den Bock mit dem
Vers —" Das Gelächter übertönte seine Worte»
aber es läßt sich unschwer erraten, was er sage«
wollte.
* . *
Weniger Jäger in Dänemark.
Das statistische Amt in Kopenhagen hat eine Auf
stellung über die Anzahl der ausgegebenen Jagdscheine
für 1929 veröffentlicht. Es sind 22 000 Erundbesitzer-
Jagdscheine ausgegeben worden, davon zwei Dritte!
an den Besitzer selbst und der Rest an Familien
mitglieder, des weiteren 33 000 gewöhnliche Jagd-
zeichen zu 20 Kronen das Stück. Nur 7 Ausländer
haben Jagdzeichen gelöst. Insgesamt also 55 300 Jagd
karten. Dies bedeutet ein Sinken gegenüber den Jah
ren 1922 und 1923, wo die Zahlen 64 400 und 60 800
waren.
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