Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 2)

ôd)ļeswig-i5olfieÌnÌfd)e Landeszsîtung 
123. Jahrgang 
123. Jahrgang. 
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Donnerstag, den 17. April 
Karjreitagsgedanken 
Menschen treiben, denken und tun, ganz a u ^ 
sich selbst gestellt sein? Dann ge 
winnt es schließlich bei aller Größe doch nur 
darin eine einheitliche Spitze, daß es sich 
gegen den Ewigen richtet, und das Ende ist 
Untergang. Oder soll es rückhaltlos im 
mer aufs neue dem ewigen Willen unterstellt 
werden, in ihm gründen, von ihm Richtung 
erhalten? Dann kann auch Untergangszeit 
kommen, aber etwas vom Glanz der 
trnms, Unzufriedenheit mit dem Reichsrats 
beschluß an den Tag legt. Das Blatt schreibt, 
das Kabinett müsse zur Ordnung der Finan 
zen Steuern erhöhen, müsse sparen und ein 
schränken, unter solchen Umständen könne sich 
die Regierung nicht zu Maßnahmen verleiten 
lassen, die jetzt nun einmal nicht getroffen 
werden könnten, und dazu gehöre auch dev 
Panzerkreuzer. Tie „Bossische Zeitung", die 
sich bisher bemüht hat, Rücksicht ans das demo 
kratische Mitglied der Reichsregierung zu 
nehmen, spricht von einem „überraschenden 
Osterei" und spielt in Ausführungen, die 
überschrieben sind „Kapitän oder Seckadett?" 
auf den Einfluß des volkskonservativen Mi 
nisters Trcviranus im Kabinett Brüning an. 
Treviranus ist bekanntlich Marineoffizier ge 
wesen, und ihn meint mit dem „Seekadett" 
das demokratische Blatt, welches die Unter 
bringung der Panzerschiff-Baurate 'im Etat 
als gefährlichen Sprengstoff für das Rcgie- 
rnngsschiff ansieht, das Brüning im Mai 
durch Klippen und Untiefen.zu steuern habe. 
Was die Stellung des Wehrministers Groener 
angeht, so bemerkt die genannte Zeitung, daß 
dieser den Panzerkreuzer nicht gefordert, son 
dern im Reichsrat nur zu den Abstrichen von 
3,3 Millionen, die in den Ausschüssen an sei 
nem Etat vorgenommen waren, Stellung ge 
nommen und ihre Beseitigung erreicht habe. 
Hätte er den Neubau schon dieses Jahr für 
dringlich gehalten, so hätte er nicht geschwie 
gen, andererseits werde kein Wehrminister 
in der ganzen Welt Nein sagen, wenn man 
ihm Mehrbemilligungen ans dem Präsentier 
teller entgegenbringe. 
So ist ans mancherlei zu ersehen, daß der 
Panzerkreuzer in den politischen Kämpfen der 
nächsten Zukunft eine Rolle spielen wird. 
Aber wenn auch — abgesehen von sozialde 
mokratischer Opposition — aus Regierungs 
parteien. die schon in der großen Koalition 
saßen, also für den ursprünglichen Etat mit 
verantwortlich sind, Unzufriedenheit kommt, 
so dürfte doch schließlich, bei nur sachlicher Be 
trachtungsweise, die Erwägung ausschlagge 
bend sein, daß eine Neubelasinng des Wehr 
etats infolge Positionsverschiebung vermie 
den wird. 
Zur WàMW im Wchsraļ. 
Für den Streichungsantrag stimmten mit dem 
preußischen Staatsministerium die Stadt Berlin, 
Niederschlcsicn, Westfalen, Hessen-Nassau, Baden. 
Hessen, Hamburg, Braunschweig. Anhalt, Lippe, 
Lübeck und Schaumburg-Lippe. Dagegen stimmten 
die Provinzen Ostpreußen, Brandenburg, Pom 
mern, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hannover, 
Rheinprovinz und die Länder Bayern, Sachsen. 
Thüringen, Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg, 
während sich die Provinzen Grenzmark und Ober 
schlesien sowie die Länder Württemberg, Bremen 
und Mecklenburg-Strelitz der Stimme enthielten. 
Kreuz und Kultur 
Bon Oberlandeskirchenrat v. ?. Fleisch 
nichts Besseres anzufangen gemußt, als ihn 
zum Verbrechertod zu verurteilen. Und das 
ist nicht ein sinnloser Zufall der Geschichte, 
sondern eine furchtbare Folgerichtigkeit. Das 
mußte so sein. Was hätte die antike Kultur 
anders mit ihm anfangen können? So steht 
der Karfreitag da als die st ä r k st e K u l - 
t u r k r i t i k, die gedacht werden kann. 
Kulturkritik, das ist uns Heutigen ein 
Wort, das uns nicht mehr so fern liegt wie 
der Generation vor zwanzig Jahren. Wir 
wissen heute alle, daß die abendländische, ins 
besondere unsere deutsche Kultur in einer 
sch w e r e n Krise steht. Ob man dabei dein 
Gedanken anhängt, daß Kulturen gleichsam 
in sich abgeschlossene Lebewesen sind, die einen 
bestimmten Lebensgang durchlaufen, um dann 
schicksalsmäßig unterzugehen, oder ob man 
fürchtet, die abendländische Kultur werde über 
kurz oder lang in bolschewistischen Kata 
strophen zugrunde gehen, ist gleich. Jeden 
falls ist der Traum von dem geradlini 
gen Aufwärts st eigen der Kultur, 
den man vor zwanzig Jahren noch träumte, 
bei allen tiefer Schauenden ausgeträumt. 
Aber der Karfreitag geht über diese Art 
Kulturkritik weit hinans. Gewiß auch da 
mals, als römische Soldaten auf Befehl der 
Staatsgewalt das Kreuz aufrichteten, begann 
eine hohe Kultur gerade ihren Niedergang. 
Aber nicht von diesem geschichtlichen Nieder 
gang redet es, sondern davon, daß m e n s ch - 
l i ch e H o ch k u l t n r, auf sich selbst gestellt, 
sich letzten Endes wider den richtet, sa wider 
ihn richten muß, der nichts sein will als der 
Gottgesandte, der nichts vertritt als den A n - 
spruch Gottes auf den Menschen 
ir n daufseineK ul t u r. So ist dieser eine 
Tag der Geschichte zugleich die zeitlose, alle 
zeit gegenwärtige schärfste Krisis aller Kul 
tur, das Gericht über alles ans sich selbst ge 
stellte Menschheitsstreben, aber freilich ein 
Gericht, das zugleich der Ruf zur Um 
kehr und der Weg z u m H e i l e i st. 
Der, den die Menschheit von sich anS- 
stößt, letztlich eben nur deswegen, weil er 
Gottes Anspruch an sic vertritt, der erträgt 
dies Sterben willig, der erhält diesen Anspruch 
so aufrecht, daß er den Widerspruch der Men 
schen dagegen erduldet. Daher stellt der Kar 
freitag unerbittlich immer wieder vor die 
Entscheidungsfrage: Soll alles, was 
Vorbemerkung der Schriftleitung: Karfreitag 
ist zuerst und vor allem ein Tag des stillen 
Gedächtnisses an die Leiden und den 
^vd Jesu Christi als Sühnopfer für die 
Zünden der Welt, einmal für immer, voll 
kommen genugsam. 
Golgatha und dem Erlösertod Jesu 
Christi gegenüber gibt es für jeden Staub 
geborenen nur eine zwiefache Entscheidung, 
entweder in der Gesinnung des Schächers 
zur Rechten, der in dem Gekreuzigten die 
erste Annahme, oder des zur Linken, 
der trotz des Opfertodes die erste Ver 
werfung empfing. Der Unterschied zwi 
schen beiden war nicht die ganz gleichartige 
schuld eines Mörders, sondern die un 
gleichartige Gesinnung dem Opfertode 
Christi gegenüber. Das ist die letzte mah 
nende Bedeutung der drei Kreuze auf 
Golgatha, die nicht ein Zufall im Rat- 
ichlnß hes Ewigen, sondern hoher Sinn 
gewesen ist, an dem, wer will, lernen kann, 
eides die Liebe und die Ge recht ig- 
, eit Gottes. Letztere anerkennt einen 
unterschied der G e s i n n u n g, aber kei 
nen der Schuld bei den Schächern. Sie 
bekennt einen Unterschied dereinstiger He ** 
- * ch k e i t, wie sie an dem Auferstandenen 
ilch offenbarte und sich an solchem dereinst 
offenbaren wird, die ein ganzes Leben der 
Hingabe, des Ringens, des Kampfes, des 
Dienens am Nächsten in Ihm gelebt haben 
und dem Gerettetsein in allerletzter Stun 
de". Aber Gottes Liebe und Gerechtigkeit 
anerkennt keinen Unterschied der Selig 
keit. Der sterbende Erlöser sagte nach 
rechts: „Heute noch wirst du mit mir im Pa- 
aufstrebendes oder ein alterndes, sterbendes 
ist. Daß es ganz an Zügen des Alterns 
fehle, wird man nicht ohne weiteres behaup 
ten können. Wer aber diese Befürchtung 
nicht ganz oon der Hand weisen kann, für 
den ist die große Frage, ob selbst ein altern 
des Volk unter dem Kreuz des Karfreitags 
nicht bloß geistige und ewige Güter gewin 
nen kann, sondern auch erneute Jugendkraft. 
Oder gilt vom Volk, was vom Individuum 
gilt, daß der Alternde unter dem Kreuz wohl 
den Frieden der Seele finden, aber nicht seine 
Jugend wieder erlangen kann. Hier ist das 
Ja oder Nein Sache der innersten, pcrsönli- 
^aôiese sein." 
In der Dresdner Gemäldegalerie hängt 
A?, Bild des großen deutschen Künstlers 
Albrecht Dürer: „Christus am Kreuz". Tü- 
c r ha? die Tatsache von Golgatha nicht wie 
"were dargestellt. Ohne öi.e Kreuze der bei- 
"n Schächer, ohne jeden Menschen, die sonst 
'"is anderen Bildern zu sehen sind. Einsam 
ŗ st ôt das Kreuz Jesu hoch über die Erde, 
suchtet aus all dem Dunkel hervor, das 
Zngs herum sich gelagert hat. Nicht den 
* 1’ kere n Vorgang jener Sterbestunde 
der Maler zeichnen, sondern die tief- 
I n n ere über Zeit und Raum hinaus 
ziehende E w i g k e i t s b e d e u t u n g, die 
diesem Sterben für jede Generation 
uegt. 
. 2 Karfreitag ist daher nicht nur ein Tag 
vCo Gedächtnisses, sondern vielmehr der 
-Mahnung. Jedes Jahr stellt sich der Tag 
mitten hinein in die unmittelbare Gegen 
wart. Das Kreuz, stellt sich zwischen Gott 
"w das Gewissen, der Einzelnen und auch 
christlichen Völker. Vom letzteren Ge- 
lchtsvnnkt aus gesehen, versucht der nach 
jagende Artikel, den Karfreitagsgehalt 
m Gegensatz von „Kreuz und Kultur" zu 
erwerten und somit das K u I t n r g e - 
1 ’ ş c n und den Tag vom Karfreitag in 
neue Etatsposition — die im ursprünglichen 
Haushaltsentwurf fehlte — anstelle anderer 
Ausgaben des Marineetats trete. 
Von dem in der gestrigen Nachricht an 
gedeuteten Recht, eine. Toppelvorlage im 
Reichstag einzubringen, sich also mit dem Be 
schluß des Reichsrates nicht zu identifizieren 
und sich nicht die Hände zu binden, mackst das 
Reichskabinett keinen Gebrauch, es setzt sich 
also vermutlich geschlossen für den Ban des 
Panzerschiffes ein. Unverkennbar ist die Hal 
tung des Kabinetts in Verbindung zu brin 
gen mit dem von der Regierung Brüning- 
Schielc noch intensiver als von dem verflos 
senen Kabinett Müller gedachten Ostpro- 
aramm. In dem Zusammenhang wird man 
sich auch daran zu erinnern hcck'en, daß in 
einer vor drei Wochen von der Mehrheit des 
ostpreutzischen Proviustaklandtages gefaßten 
und im Hinblick ans Polen die Gefährdung 
Ostpreußens ungewöhnlich scharf hervorhe 
benden Entschließung der sofortige Neubau 
des Nanrerkrenzers verlangt wurde. 
Die durch den Kampf um die erste Ban- 
rate für das Panzerschiff jetzt schon für die 
Etatsberatungcn im Mai charakterisierte Si 
tuation erfährt eine Begleitmusik besonderer 
Art dadurch, daß ein Regierungsblatt wie die 
„Germania" das Zentralorgan des Zen- 
# Immerhin ein neuer Zankapfel 
in den politischen Kämpfen der nächsten 
Zeit wird die ziemlich unerwartet vorgenom 
mene Einstellung einer ersten Baurate von 
2,8 Millionen Mark sür den Panzerkreuzer B 
in den diesjährigen Etat sein. Wie gestern 
mitgeteilt, hatte das Kabinett, nachdem die 
Reichsratsausschüsse, namentlich mit Rücksicht 
ans die Lage der Provinz Ostpreußen, die 
Einsetzung der Rate beschlossen hatten, seine 
Haltung abhängig gemacht von der des 
Reichsratsplennms. Im Reichsrat wurde 
nun gestern ein preußischer Antrag, die von 
den Ausschüssen beschlossene Rate wieder aus 
dein Hansbalt zu streichen, mit 29:29 Stimmen 
also nnt Stimmengleichheit, abgelehnt, bei 3 
Enthaltungen. Daraufhin ging das Reicks- 
kabinctt hin und machte sich den Beschluß des 
Reichsrates hinsichtlich des Panzerkreuzers 
zu eigen. Ter Beschluß des Reicksrates, in 
dem, wie das Abstimmungsergebnis zeigt, die 
Meinungen start ans start gingen und sich un- 
aefästr die Waage hielten, wird von der 
Reichsregierung dem Reichstag als Grund 
lage der Beratung zimeleitet. In einer amt 
lichen Mitteilung wird dazu gesagt, daß die 
Bei der Beratung des Haushaltes der 
Kriegslasten, in der Freiherr von Jmmhof- 
Bayern den schon im Ausschuß gestellten An 
trag, 6 Millionen Mark als Hilfsfonds für 
die südöstlichen und nördlichen Grenzgebiete 
des Reiches in den Etat einzustellen. Der 
Vertreter der Provinz Schleswig-Holstein 
'chloß sich dem bayrischen Antrage an. Für 
den Fall, daß dieser Antrag abgelehnt wer 
den sollte, beantragte er die Einstellung von 
730 000 Mark wenigstens für die nördlichen 
Grenzgebiete. Als Vertreter der Rheinpro- 
viuz beantragte Hammack'er, den Restsonds 
von 10 auf 20 Millionen Mark zu erhöhen. 
Staatssekretär Weißmann führte aus, der 
preußischen Regierung liege selbstverständlich 
die Rheinprovinz und auch die Provinz 
Schleswig-Holstein am Herzen. Wenn aber 
kein Geld vorhanden sei, könne man nichts 
Unmögliches verlangen. Die geforderten 16 
Millionen Mark würden den ganzen Etats
	        
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