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dieses Blattes vorbehalten.
Dem Rendsburger Wochenblatt wird
„Der Landwirth"
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interesse»
der Landwirthschast) gratis beigegeben.
1899
Juli
JoJ7i,
Dienstag, den jS5.
Moraen-Berichte.
Berlin, 23. Juli. Wie der „Post"
zufolge in Berchtesgaden verlautet, dürfte
die Abreise der Kaiserin von Berchtesgaden
erfolgen, sobald der Kaiser von seiner
Nordlandreise wieder in Kiel eingetroffen
ist. Dies wird voraussichtlich schon in den
ersten Tagen des nächsten Monats sein.
Berlin, 23. Juli. Der bisher herßeste
Tag dieses Jahres war der . Freitag, der
eine Te:nperatur aufwies, wie sie in hie
siger Gegend seit fünf Jahren nicht mehr
beobachtet worden ist. Die Registerskala der
schreibenden Thermometer der Uraniasäulen
reichte nicht aus, um die enorme Hitze anzu
zeigen. Dieselbe erreichte gegen dreiviertel
4 Uhr Nachmittags ihren Höhepunkt mit
29,4 Grad R. Auch die Nacht brachte nur
verhältnißmäßig geringe Abkühlung. Heute
Morgen um 8 Uhr zeigten die Thermo
meter schon 25 Gr. R. an. Unter dieser enor
men Hitze hatten Menschen und Thiere
schwer zu leiden. Mehrere Personen wurden
vom Hitzschlag getroffen. Sechs am Son
nenstich gefallene Pferde mußten der Ab
deckerei überwiesen werden.
Berlin, 23. Juli. Der sozialdemo
kratische Privatdozent Dr. Arons, gegen
den stiegen Zugehörigkeit zur sozialdemo
kratischen Partei ein Disziplinarverfahren
mit dem Antrage auf Entziehung der
Eigenschaft als Privatdozent eingeleitet
war, wurde heute in der Verhandlung vor
der Fakultät, als dem Disziplinargericht er
ster Instanz freigesprochen. Seitens des
Regierungsvertreters wurde sofort die Be
rufung angemeldet.
Berlin, 23. Juli. Gestern fand, wie
bereits oben gemeldet, die Verhandlung in
Sache:: des Privatdozenten Dr. Arons vor
der philosophischen Fakultät der hiesigen
Universität statt. Es hatten sich etwa 40
Mitglieder derselben zu der Sitzung einge
funden. Den Vorsitz führte der Dekan,
Prof. Schivarz, als Referent wirkte Prof.
Schmoller. Geheimrath Elster aus dem
Kultusministerium begründete die Anklage.
Der Vertheidiger, Abgeordneter Heine, er
blickte in dem Vorgehen gegen Arons nur
einen Theil eines großen systematischen
Vorgehens gegen die Unabhängigkeit der
Universitäten überhaupt. Die Verhandlung
dauerte von 10 bis 2 Uhr. Dann berieth
die Fakultät über 2% Stunden, und erst
kurz vor 5 Uhr verkündete Prof. Schwarz
das Urtheil dahin, daß die Fakultät den:
Antrage des Staatsanwalts auf Anerken
nung des Charakters eines Privatdozenten
nicht beitreten könne, iveil die Zugehörig
keit eines Privatdozenten zur sozialdemo
kratischen Partei nicht als Grund zu seiner
Enthebung ansehen könne und Arons in der
Art seines Auftretens für die Sozialdemo
kratie die erlaubten Grenzen nicht über
schritten habe. Der Regierungsvertreter Ge
heimrath Elster, erklärte, sofort Berufung
einlegen zu wollen.
Leipzig, 23. Juli. In Löbtau sind
weitere 50 Erkrankungen an Typhus vor
gekommen, die Zahl der überhaupt Erkrank
ten beträgt bereits über 100. Von der
Krankheit werden zumeist Personen im Al
ter von 15—30 Jahren befallen. Die Auf
regung unter der Bevölkerung ist im Stei
gen.
H i r s ch b e r g , 23. Juli. Bei Agneten-
dorf wurde die Volksschullehrerin Friedrich
aus Breslau von einen: Strolch in räube
rischer Absicht überfallen und zu Boden ge
worfen. Passanten verscheuchten den Räu
ber. —
Groß Wardein, 23. Juli. An
läßlich^ der Premiere eines französischen
Stückes im hiesigen Sommertheater scheute
ein, bei der Vorstellung verwendetes Pferd
und verletzte mehrere Schauspieler schwer.
Bei der hierauf entstandenen Panik fingen
die Kleider einer Ballettänzerin Feuer, wo
durch dieselbe, sowie ihr Vater schwere
Brandwunden erlitten.
Bozen, 23. Juli. Ein Maurermei
ster, Namens Fassa, stürzte von der Seiser-
Alp in eine Tiefe von 300 Metern hinab,
wurde aber noch lebend aufgefunden.
P o r t s m o u t h, 23. Juli. Von Hier
meldet die „Frkf. Ztg. ": Der Torpedo
bootzerstörer „Bullfinch" kehrte gestern von
einer Probefahrt mit der Flagge auf Halb-
:::ast zurück. Als das Fahrzeug gegenüber
von Osborne House in Volldampf 30 Kno
ten fuhr, brach die verbindende Stange
der Steuerbordmaschine. Sie schlug das
Ende der Kolbenstange ab, was sofort ein
Ausströmen des Dampfes verursachte. Alle
Leute im Maschinenraum wurden zu Tode
gebrüht oder furchtbar verletzt; sieben sind
tobt, elf mehr oder weniger schwer ver
letzt.
London, 23. Juli. In Folge Feuers
in der Schiffswerft Cowes verbrannten 7
Aachten.
Berlin, 23. Juli. Aus zuverlässiger
Petersburger Quelle wird dem „Lok.-Anz."
mitgetheilt: Als der seines Postens plötz
lich enthobene serbische Gesandte General
Gruic dem Zaren sein Abberufungsschreiben
überreichte, war der Monarch in sehr ern
ster Stimmung und sagte dem Gesandten u.
A.: „Theilen Sie Ihrer Regierung mit,
daß ich eine andere Persönlichkeit als Ver
treter Serbiens wie Sie, nicht wünsche, und
eien Sie überzeugt, daß man Ihnen in
Belgrad kein Haar krümmen wird."
Belgrad, 23. Juli. ^ Das Standge
richt >wird am 25. Juli seine Thätigkeit
beginnen; außer 19 anderen als Mitwisser
der Verschwörung Angeklagten werden als
Angeklagte vor demselben wieder erscheinen:
Der frühere Minister Pasic, der ehemalige
Generalkonsul Ljolic, der Erzpriester Gju-
ric, sowie der Redakteur des Odjete Protic.
Cleveland (Ohio), 23. Juli. Heute
wurde auf das Dach! des Schuppens der
großen Straßenbahn, deren Angestellte sich
im Ausstande befinden, eine Bo:::be ge
worfen. Durch deren Platzen wurde Ma
terialschaden angerichtet, jedoch Niemand
verletzt.
fekt: „Danket Gott, daß die Arretirten noch
auf der Erde liegen."
Daß die rachsüchtige Verfolgungsaktion,
die K ö n i g Milan gegen seine persön
lichen Feinde in Scene gesetzt hat, nament
lich in Rußland ganz besonders scharf ver-
urtheilt wird, ist sicher.
Die Şîtzkkàshttksâsst in Şêrbies.
In Belgrad und in ganz Serbien herrscht
in.Folge der jüngsten Ereignisse, nament
lich wegen der zahlreichen Verhaftungen und
des Dunkels, das über der Verschwörungs
frage hängt, eine sehr gedrückte Stimmung.
Alles ist eingeschüchtert. Der Geschäftsver
kehr stockt, unheimliche Schwüle lagert über
dem ganzen Lande, weil Niemand weiß,
was der nächste Tag bringen wird. Alles,
was über die Untersuchung des Standge
richts erzählt wird, bleibt zweifelhafter Na
tur, weil diese Verhandlungen streng ge
heim geführt werden.
In Petersburg hält man das Attentat
auf Milan für weiter nichts als ein Com-
plot zur Erlangung irgend einer gesetz
lichen Basis, um die r a d i k a l e Volks
partei zu verfolgen und zu
vernichte n.
Kneszovics Revolver war mit blinden
Patronen geladen. Vier Kugeln, die abge
schossen waren, wurden nirgends gefunden
Die Regierungsmittheilung sagt, Lukite
sei an der Schulter verwundet worden; doch
das ist Lüge, Lukite spaziert bereits munter
in, Belgrad umher. Eine Kugel hat ihn
nicht getroffen, weil es eben keine gab. Bei
der Haussuchung unter den Verdächtigen
wurde selbstredend nichts gefunden. Die
Verhafteten werden grausam behandelt, er
dulden Qualen und Hunger. Aus Klagen
der Angehörigen antwortet der Polizeiprä-
Ausland.
Mutzereuropäische Gebiete
Die Organisirung der unter dem Na
men der American Bicycle Co. geplanten
Kombination von 45 Bicyclefabri
k e n ist gelegentlich einer in B o st o n letz
ter Tage stattgefundenen Versammlung der
betheiligten Fabrikanten vollendet wordem
Die Kapitalisation der Gesellschaft zerfällt
in 35 000 000 Dollars Vorzugs- und
45 000 000 Dollars Stamnmktien. Erstere
repräsentiren den Baarwerth des Fabrik-
besitzes, letztere die Kundschaft, Patente usw.
In vielen Fällen sollen Letztere einen höhe
ren Werth repräsentiren als der Besitz an
Immobilien.
Ģņgland.
Hinrichtet wurde am Mittwoch in London
die junge Diestmagd M ary Ansell, die
zur Erlangung einer geringfügigen Lebens
Versicherungssumme ihrer in einer Irren
anstalk befindlichen älteren Schwester ver
gifteten Kuchen gesandt hatte, an dessen
Genusse diese starb. Die Hinrichtung er
folgte ungeachtet aller Anstrengungen der
Presse und des Publikums, ihre Begnadi-'
gung zu erwirken, da fie an Geisteszer-
rüttung leide. Seit vielen Jahren ist in
England keine Frau gehängt worden.
Schweden.
Sköfde, 21. Juli. Die in Westgothland
herrschende Milzbrandepidemie breitet sich
noch immer aus. Eine Frau ist der Seuche
zum Opfer gefallen. Die in Westgothland
geplanten großen Manöver werden der
Epidemie halber nicht stattfinden. An
den Wegen nach den verseuchten Gegen
den wurden 140 Militärposten ausgestellt,
welche an den Abwehrmaßregeln gegen
die Seuche sich betheiligen sollen.
Belgien.
Brüssel, 22. Juli. Auf dem Südbahn-
hvf entstand eine heftige Panik. Der
Blitzzug Amsterdam-Brüssel lief in den
Perron mit voller Kraft ein, weil die
Bremse nicht funktionirte. Der Zug zer
trümmerte den Prellbock Die hinter dem
Prellbock angebrachten Steine verhinderten
die Räder der Lokomotive weiterzulaufen,
io daß ein ernsteres Unglück verhütet
wurde. Die Passagiere kamen mit leichten
Verletzungen und dem Schreck davon.
Frankreich.
Mehr als 100 Soldaten der 4. Train-
schwadron in Chartres mußten ins Ho
spital überführt werden, da sie nach dem
Genusse von Konservenfleisch
heftig erkrankten. Man fürchtet,
daß mehrere derselben den Folgen der
Vergistung erliegen werden.
Spanien.
Madrid, 22. Juli. In Betanzos, Provinz
Coruna, hat ein erneute Steuerputsch statt
gefunden. Die Menge schlug die Civil-
garde in die Flucht, demolirte Häuser und
Laternen, verbrannte viele Steuerhäuschen
und zerstörte größere Weinvorräthe. Es
wurden nach der Stadt Truppen entsendet.
Inland.
— Der Fürst von Schwarzburg.
Rudolstadt ist von einem ähnlichen
Unfall wie die Kaiserin betroffen worden.
Er unternahm am Donnerstag einen
Spaziergang am User der Schwarza. An
dem felsigen Ufer glitt er aus und erlitt
eine Beschädigung des linken
Fußes, welche die Anlegung eines
Gipsverbandes nohwendig machte.
— Erbprinzessin CH arlotte von
Sachsen-Meiningen, die Schwester
unseres Kaisers, vollendet heute ihr 39.
Lebensjahr. Sie ist seit dem 18. Februar
1878 mit dem Erbprinzen, dem Comman-
deur des 6. Armeecorps, vermählt. Aus
der Ehe entsproß eine Tochter, Prinzessin
Feodora, welche seit etwa Jahresfrist mit
dem Prinzen Heinrich XXX. von Reuß,
der in Frankfurt a. O. in Garnison steht,
verheirathet ist. Wenn das Gerücht, daß
die Prinzessin Reuß einem freudigen Er-
eigniß enļgegensieht, sich bestätigt, so würde
Königin Victoria von England Ur-Ur
großmutter werden; denn sie ist als
Mutter der verwittweten Kaiserin Friedrich
die Großmutter der Erpprinzessin Char
lotte und die Urgroßmutter der Prinzessin
Feodora.
Berlin, 23. Juli. Der Dortmunder
Magistrat ist auf seine Anfrage, ob der
Kaiser im Falle einer Verschiebung der
Einweihung des Dortmund-Ems-Kanals
sein Erscheinen in Aussicht stellen könne,
aus dem Geheimen Civilcabinet dahin be-
schieden worden: Der Kaiser habe sich
t
BiNl! altes Stamm.
Roman von E. t>. Sieben.
iNach druck verboten — Uebcrsetzuugsrccht vorbehalten.)
„Na, old boy, wieder hoch?" rief er
verwundert, als Paulsen anhielt, „wohin
wollt Ihr denn heut' am Sonntag und
noch dazu so spät?"
»Zu Ihnen, Herr Sander, wollt' ein
Wort mit Ihnen im Vertrauen reden. Wenn
Sie aufsteigen möchten,^ dann könnten wir
nach unserer Farm zurückfahren, ich kann's
dann unterwegs abmachen.
„Ist mit dem jungen Herrn was los?"
„Ja, es ist eine verflixte Geschichte, können's
allein nicht fertig bringen, und möchten um
Ihren Beistand bitten, Herr Sander!"
„Bill", wandte sick dieser an einen seiner
Knechte, der aus einen: Feldweg hervorkam,
„sag' Missis Sander, baß ich mit nach
Romberg's Farm fahre, sie sollt' nicht mit
dem Abcndbrod auf mich warten."
Er schwang sich auf den Wagen und
nahm neben Paulsen Platz.
„So, old boy, nun laßt den Schimmel
Schritt fahren und legt los."
Langsam setzte der Wagen sich wieder in
Bewegung und Paulsen begann seine Er
zählung, welche Sander erst mit stiller Ver
wunderung, die sich schließlich zu einer hef
tigen Erregung steigerte, anhörte. Als der
Alte geendet hatte, herrschte eine Weile tiefes
Schweigen.
„Daß Dich der Deuksel!" schrie Willi
Sander dann plötzlich, sich auf's Knie
schlagend, „wäre in nieinem ganzen Leben
auf eine solche Geschichte nicht gekonimen.
Unser Justus Romberg soll ein Alting sein?
Einer von diesem dänischen Lieutenant, und
ein Bruder von dem wilden John, vor dem
sich jeder redliche Mensch im County fürchtet ?
Und das erfahre ich erst heute?"
„Mit Verlaub, Herr Sander", bemerkte
Paulsen. „Sic kanien erst fünf oder sechs
Jahre später als wir in diese Gegend, und
er selber, der gute Justus, hielt sich doch
auch bis jetzt für den Sohn des Herrn
Hauptmanns."
„Richtig, so ist's auch, old boy! — Der
Lieutenant will also sterben oder ist schon
todt, und nun soll der junge Herr zu seinem
Onkel, meinem prächtigen Rittmeister? —
Ihr wißt es genau, daß er noch lebt?"
„Ja, das wird wohl gewiß noch sein —"
„Na, dann soll Herr Justus zu ihm
reisen", rief Sander im bestimmtesten Tone,
„noch dazu, wenn mein Rittmeister unbe
weibt geblieben ist. Kann er sich einen
prächtigeren Neffen wünschen? Das stimmt,
sollt' ich denken, old boy!"
^ „Stimmt, Herr Sander, aber nun hören
Sic weiter, weil Sie doch die Geschichte
in- und auswendig kennen müssen, und
warum dieselbe eine so verflixte ist."
Paulsen erzählte nun von dem Brief des
dänischen Lieutenants und von dem Geburts
schein, den John Alling dem verstorbenen
Romberg hatte bringen sollen.
„Er hat's natürlich nicht gethan", sagte
Sander, der gespannt zuhörte.
„Nein, er hat das versiegelte Schreiben
nicht gebracht, mich aber jedenfalls bei seinem
Vater gesehen, — von draußen durch'
Fenster nämlich, die Kammer lag zur ebenen
Erde, und ein Jeder konnte uns sehen,
natürlich sah Herr John auch, daß der
Lieutenant mir den Brief gab, worin er
noch einmal Alles niedergeschrieben hatte
„Aha, ich riech' Lunte, er traute dem
Söhnchen nicht —"
Wo war's justement, Herr Sander, —
darum gab ich den Brief Ihrem Jimmy,
merken Sie was, auch wegen des räuberischen
Ueberfalls?"
„Dann hat's der Joe Catton gethan",
rief Sander, drohend die Faust ballend.
„Aber warte nur, Schuft, wir fassen Dich
noch, hat schon von meinen Leuten einen
Denkzettel bekommen, als er einen Ochsen
mitgehen heißen wollte. Nun weiter, old
boy!"
„Na ja, Herr Sander, merken Sie denn
nicht, was Herr John Alting mit dem
Geburtsschein meines jungen Herrn und
mit dem Brief vorhat?"
Der Rinderfarmer sah ihn starr an und
stieß dann eine gewaltige Tabakswolke von
sich.
„Daß Dick der Deuksel, er wird doch
nicht, der Hallunke?" Ihr meint, erwürbe
hinübergehen und meinen Rittmeister über
fallen?" —
„Mein junger Herr glaubt es ganz be
stimmt."
„Das darf nickt sein, Paulsen, dann
muß die Reise gleich vor sich gehen. Himmel
Element! wenn ich mir das vorstelle, diesen
Verwandten! — O, nicht so stark laufen,
John Alting, wir sind noch hier, um Dir
die Suppe zu versalzen. Wißt Ihr was,
old boy! Er wäre im Stande, meinen
Rittmeister um die Ecke zu bringen, um ihn
früher zu beerben."
„Das wäre ja schauderhaft", meinte
Paulsen, der nun zu dem Hauptpunkt, den
Reisekosten übergehen mußte, was ihm diesen:
Gläubiger gegenüber doch schwerer wurde,
als er's sich gedacht hatte
„Na ja, Herr Sander", fuhr er dann,
sich einen Ruck gebend, fort, „reisen müssen
wir ja sicherlich, aber es giebt da noch so
vielerlei, was sich jetzt partout nicht machen
läßt. So 'ne Reise ist nicht von Pappe
und kostet unmenschlich viel. Dann müßten
Sie doch die Farm übernehmen."
„Na, was weiter?" fuhr Sander ihn
an, „natürlich soll ihm die Farm unver
loren bleiben, wenn's ihm drüben gegen den
Strich geht. — Wofür bin ich denn da?
— Schnack! Das Reisegeld leihe ich her,
old boy, was würde mein Rittmeister von
mir denken, wenn ich seinem leiblichen Neffen
nicht beistehcn wollte, das könnte ihm ge>
fallen, he? Und nun kein Wort weiter
davon, bringt den Schimmel in Trab, daß
wir vorwärts kommen, ich kenn' mich nicht
aus."
Nach einer Viertelstunde war die Farm
erreicht. Der junge Romberg begrüßte ver
legen seinen Gast, mit dem er erst vor wenigen
Stunden an der offenen Gruft des Haupt
manns gestanden hatte, und führte ihn in
die Wohnstube.
„All right, Herr Romberg", begann
Sander, sich einen Stuhl an den Tisch
ziehend. „Paulsen hat mir die Geschichte
erzählt, kalkulire, daß sie Ihnen nicht an
genehm ist, aber dafür können Sie nicht.
— Der Herr Hauptmann bleibt nach wie
vor Ihr Vater, denn warum? Weil er
Ihnen das Beste gegeben hat, das genügte,
was ein Gentleman ausmacht, wohingegen
der Andere verdammt wenig gethan hat,
von dem was den Vater erst ausmacht und
was seine Pflicht und Schuldigkeit ist. Wir
brauchen uns seinen jüngsten Sprößling nur
anzusehen. Na, ich will den Lieutenan
schon deshalb loben, daß er Sie in so gute
Hände gab, und damit Punktum, Streusand
drüber, denn wir sind allzumal Sünder!"
Der junge Mann nickte und drückte ihm
dankbar die schwere Hand.
„Und nun hören Sie zu, Herr Rom
berg", fuhr Sander rasch fort, „was Ihren
Onkel, den Rittmeister von Alting, von
dem ich Ihnen schon erzählte, nun anbe
langt, so fteut cs mich unbändig, daß er
noch lebt und unverheirathet ist. Verstehen
Sie mich recht, um Ihretwegen, derweil Sie
doch nun der rechte Erbe sind —"
„Eben deshalb widerstrebt mir aber die
Reise, Herr Sander", fiel der junge Mann ein.
„Ach was, mit solchen Feinheiten dürfen
Sie einem vernünftigen Menschen nicht
kommen", rief Sander wegwerfend, „Sie sind
gar kein richtiger Amerikaner, der deutsche
Tick steckt in Ihnen, und darum eben passen
Sie drüben in Deutschland für meinen Ritt
meister. Da müßten Sie den John Alting
sehen, der hatte eine amerikanische Mutter
und ihr Blut hat ihn zum echten Aankee
gemacht. Meinen Sie wirklich, daß er hin
über geht, um das Erbe wegzuschnappen?
Paulsen erzählte mir davon."
„Ich denke, sein Plan wäre deutlich ge
nug. Wenn ich mir vorstelle, daß er be
reits hinüber, vor mir dort angekommen
wäre, und ich nun als zweiter Neffe den
armen Onkel überfallen müßte, — der Ge
danke ist so fürchterlich, daß ich mich bereits
entschlossen habe, die Reise aufzugeben." J
„Hm", meinte Sander, den jungen Mann,
der so trübe und verzweifelt vor sich hin
schaute, theilnehmend betrachtend, „es ist
heut' just ein so trauriger Tag, wo man