Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

Täglich erscheinendes Matt. 
Màburger 
(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
Wochenblatt 
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incl. Postprovision re., jedoch ohne Bestellgeld. 
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Wo. 168. 
AeLtestes nnb geielenstrs glatt im Kreise Rendsvrrrg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
Ş2 stev Jahrgang. 
IreiLag, den m. Juli 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Dem Rendsburger Wochenblatt lvird 
„Der Landwirt!)" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen 
der Landwi-tthschaft) gratis beigegeben. 
1899. 
Morgsn-Berichts. 
Berlin, 19. Juli. Nach einer Mel 
dung aus Warmbrunn wurden in Folge 
heftiger Gewitter in Schlesien bei Rei 
nerz, Probsthain, Tarnowitz, Sagan und 
Militsch zahlreiche Personen vom Blitz er 
schlagen; ebenso brachen in Folge von 
Blitzschlägen zahlreiche Feuersbrünste in der 
ganzen Provinz aus. Ueberall entstanden 
große Ernteschäden. 
Berlin, 19. Juli. Nach neuerenMel- 
duttgeit aus Berchtesgaden ereignete sich der 
gestrige Unfall der Kaiserin auf dem Wald 
wege zwischen der Eiskapelle und St. Bar 
tholomee. Die Kaiserin glitt auf einem 
über dem Fußweg befestigten, nassen Brett 
aus und kam dabei zu Fall. Trotz star 
ker Schmerzen ging die Kaiserin noch eine 
kurze Strecke, wurde dann aber auf einem 
herbeigeholteit Stuhl weitergetragen und 
kehrte erst int Boot, dann im Wagen nach 
Berchtesgaden zurück. Die Nacht verlief be 
friedigend. Die Schmerzen waren nach An 
legung des Verbandes gering. Die Schwel 
lung des verletzten rechten Unterschenkels ist 
mäßig, macht jedoch die Anwendung einer 
Eisblase nothwendig. Voraussichtlich be 
dingt die Verletzung eine längere Ruhelage. 
Frankfurt a. M., 19. Juli. Aus 
guter Darmstädter Quelle vernimmt die 
„Frkf. Ztg.", daß gegen den Landgerichtsdi 
rektor in Pension Küchler, nunmehr wegen 
Vergehens gegen den § 211 der Konkurs 
ordnung ein Strafverfahren eingeleitet 
worden ist. 
P a l e r m o , 19. Juli. Der Aetna ist 
in vollem Ausbruch; die Ansiedler müssen 
flüchten. 
Kopenhagen, 19. Juli. Im 
Hauplbahnhof entstand ein sehr heftiges 
Feuer, das die Gebäude der elektrischen 
Lichtstation gänzlich zerstörte. 
Petersburg, 19. Juli. Die Beer 
digung des Großfürsten-Thronfolgers Ge 
org findet am 26. Juli statt. Der Zar 
fährt der Leiche am 22. Juli nach Mos 
kau entgegen. 
Paris, 19. Juli. Zola wird sich in 
den. nächsten Tagen nach Rennes begeben, 
unr den: Prozeß gegen Dreyfus beizuwoh 
nen. 
Paris, 19. Juli. Labor: ist mit seiner 
Fanrilie nach Rennes abgereist, wo er bis 
nach Beendigung des Prozesses bleiben 
wird. Diese Umsiedelung von Dreyfus An 
walt lvird dahin ausgelegt, daß der Prozeß 
länger dauern wird, als bisher angenom 
men wurde. 
Oed enburg, 19. Juli. Ueber Cforna 
und Umgegend ging ein furchtbares Umvet 
ter nieder, wodurch ungeheurer Schaden an 
gerichtet wurde. 
L o n d o n, 19. Juli. Die Zwistigkei 
ten in Transvaal dürften nun thatsächlich 
in Folge der gestrigen Beschlüsse des dor 
tigen Volksraades erledigt sein. Die TI 
mes erklärt heute, falls die Meldungen aus 
Pretoria richtig seien, wäre die Krisis been 
det. Die Regierung lege dem Umstand 
keine Wichtigkeit bei, daß die Naturalisa 
lonsperiode um zwei Jahre länger normirt 
ei als von Milner beansprucht wurde. 
Chamberlains Zweck gelte vollkommen als 
erreicht. — Dieses Entgegenkommen der 
englischen Regierung wird hier allgemein 
dem Einflüsse Salisburys und der Königin 
zugeschrieben. 
London, 19. Juli. Der Beschluß des 
heutigen Ministerraths, nach welchem der 
englische Vertreter in Kapstadt, Milner, 
von der Transvaalregierung die Gewäh 
rung der Nationalität nach fünfjährigen: 
Aufenthalt fordere, soll gegenüber dem an 
dern bekannt gewordenen Beschluß des 
Volksraades in Pretoria, welcher die Dauer 
des Aufenthaltes auf sieben Jahre festge- 
eļşt hat, hat hier große Erregung hervor 
gerufen. — In politischen Kreisen sieht man 
nicht, auf welche Art der Konflikt umgangen 
werden kann; denn obgleich Chamberlain 
die alleinige Leitung der auswärtigen An 
gelegenheit in dieser Frage entzogen wor 
den ist, ist inan doch der Meinung, daß 
Chamberlain den beabsichtigten Krieg mit 
Transvaal unter allen Umständen herbei 
führen will. Aus Transvaal und Kapstadt 
kommende Berichte lassen ersehen, daß von 
Seiten der Buren ein Nachgeben nicht zu 
erwarten ist, besonders seitdem dieselben 
wissen, daß die gesammte Afrikandcrpartei 
Südafrikas sie gegen England zu unter 
stützen bereit ist. 
Bilbao, 19. Juli. In einer hiesigen 
Fabrik brach ein .Generalstreik aus. Die 
Fabrik wurde militärisch besetzt. Es tver- 
à Zusammenstöße befürchtet. 
Newyork, 19. Juli. Die „Frkf. 
Ztg. meldet: Die durch den Streik hervor 
gerufene Lage ist kritischer geworden, da 
bte Bahn an Terrain verlor und zahl 
reiche Excesse verübt wurden. Die Strand 
plätze haben riesige Verluste, da der Ver 
kehr ganz abgeschnitten ist. 
Der 
ĢêsetzeûtMrsôbttàZlîrhehttcht. 
Der Eirtwnrf eines Gesetzes, betreffend 
das Urheberrecht an Werken der Literatur 
und der Tonkunst, ist nunmehr veröffent 
licht worden. Derselbe ist innerhalb der 
Reichsverwaltung ausgearbeitet und zu 
nächst den Bundesregierungen zugegangen, 
um 'von diesen an der Hand ihrer Erfah 
rungen beurtheilt zu werden. Seilte Be 
kanntmachung bezweckt, auch die öffentliche 
Kritik für die wichtige und gesetzgeberische 
Aufgabe gu verwerthen. Auf Grund der so 
gewonnenen Begutachtung soll der Entwurf 
inr Spätherbst dem Bundesrath vorgelegt 
werden. Vor der Aufstellung des Entwur 
fes haben im Reichsjustizamt eittgehende 
Berathungen mit Sachverständigen stattge- 
unden. Die nunmehrige Veröffentlichung 
oll aber nicht nur den betheiligten Be 
rufskreisen zu einer wiederholten Würdi 
gung der amtlichen Vorschläge Anlaß ge 
ben, sondern auch den übrigen Volkskreisen 
Gelegenheit bieten, die in Aussicht genom 
menen Abänderungen unseres Urheberrechts 
vom Standpitnkte der allgemeinen Jnteres- 
en zu prüfen. Das bisher in Geltung ste 
hende Gesetz vom 11. Juni 1870 hat sich 
zwar im Allgemeinen bewährt, doch ent- 
sirach seine Fassung nicht mehr dem gegen 
wärtigen Stande der Reichsgesetzgebung. 
Zudem hat sich Während der sitzten Jahr 
zehnte auf dem Gebiete des Urheberrechts, 
zum Theil unter dem Einflüsse der neueren 
Gesetzgebung des Auslandes, ein Wechsel 
der Anschauungen in wichtigen Punkten 
vollzogen. Den hierdurch hervorgerufenen, 
namentlich auf eine Verstärkung des Ur 
heberschutzes gerichteten Bestrebungen wird, 
soweit sie berechtigt sind, die deutsche Ge- 
setzgebung die Anerkennung nicht versagen 
dürften. 
Aus den grundlegenden Bestimmungen 
des Entwurfes möchten wir Folgendes her 
vorheben: Der Entwurf schützt das Urhe 
berrecht nicht nur gegen einfachen Nach- 
druck, sondern auch gegen jede Aenderung, 
die ohne Einwilligung des Urhebers erfolgt. 
Als ganz neu ist das Verbot zu betrachten, 
solche Privatbriefe, Tagebücher 
oder persönlichen A u. f z e i ch n u n - 
gen anderer Art, an denen ein geschütztes 
Urheberrecht nicht besteht und die noch nicht 
erlaubterweise veröffentlicht worden sind, 
wörtlich oder dem Inhalte nach unbefugt 
öffentlich mitzutheilen. Unbefugt ist eine 
Mittheilung, die ohne Einwilligung des 
Verfassers und des Eigenthümers der 
Schrift erfolgt. Diese Vorschriften finden 
keine Anwendung, soweit die Mittheilung 
zur Widerlegung einer öffentlich aufge 
stellten Behauptung oder zur Wahrneh 
mung berechtigter Interessen erfolgt, oder 
wenn seit dem Tode des Verfassers der 
Schrift zehn Jahre abgelaufen sind. Eine 
andere Neuerung in denr Entwurf besteht 
darin, daß der A b d r u ck aus Z e i t u n- 
g e n nur unter Voraussetzung der deut 
lichen Q u e l l e u a n g a b e gestattet 
sein soll. Ihrer Wichtigkeit halber geben 
mir hier den Wortlaut nachstehender Para 
graphen wieder: 
8 16. Als Nachdruck ist nicht anzusehen: 
1. Der Abdruck von Gesetzbüchern, Gesetzen, 
amtlichen Erlassen und Entscheidungen. 2. 
der Abdruck anderer amtlicher Schriften, 
die nicht dem Verbote des Abdrucks oder 
einem allgemeinen Vorbehalte der Rechte 
versehen sind. 3. Die Wiedergabe öffent 
licher Verhandlungen aller Art in Zeitun 
gen und Zeitschriften. 4. Die Wiedergabe 
von Reden, die bei den Verhandlungen der 
Gerichte, der politischen, kommunalen und 
kirchlichen Vertretungen gehalten werden. 
Die Wiedergabe ist jedoch unzulässig, wenn 
sie in einer Sammlung erfolgt, die der 
Hauptsache nach Reden desselben Verfassers 
enthält. 
^17. Als Nachdruck ist es nicht anzu 
sehen, wenn ohne wesentliche Aenderung des 
Inhalts: 1. Aus Zeitungen oder aus Zeit 
schristen thatsächliche Mittheilungen abge 
druckt werden, die nicht mit dein Verbote 
des Nachdrucks oder einem allgemeinen 
Vorbehalt der Rechte versehen sind. Wer 
nach Maßgabe dieser Vorschriften den Ab 
druck bewirkt, hat die Quelle deutlich anzu 
geben. Der Abdruck von Ausarbeitungen 
wissenschaftlichen, technischen oder unterhal 
tenden Inhalts ist in jedem Falle unzuläs 
sige — 
ß 18. Als Nachdruck ist es nicht anzu 
sehen : 1. wenn einzelne ©teilen oder klei 
nere Theile eines bereits erschienenen 
Schriftwerkes in einer selbstständigen lite 
rarischen Arbeit angeführt werden. 2. 
Wenn einzelne Gedichte, einzelne Aufsätze 
von geringem Umfange oder kleinere Theile 
eines Schriftwerkes nach denr Erscheinen in 
eine selbstständige wissenschaftliche Arbeit 
aufgenommen werden. 3. Wenn einzelne 
Gedichte,. einzelne Aufsätze von geringem 
Umfang oder kleinere Theile eines Schrift 
werkes nach denr Erscheinen in eine Samrn- 
lung ausgenommen werden, in der Werke 
24) 
Vsw lîlķêlķ As«». 
Roman von E. v. Linden, 
l Nach druck verboten.— Ucbcrsetzungsrccht vorbehalten.) 
M„Jch komme zu Ihnen, um den Herrn 
Hauptmann now einmal zu sehen, und auch 
wegen des Begräbnisses", bemerkte Sander 
theilnehmend. . „Vor allen Dingen aber den 
Kopf hoch, mein lieber junger Freund, und 
nicht zu schwarz sehen." 
Romberg drückte ihm schweigend die Hand 
und ging dann in's Haus, um Paulsen den 
Brief zu zeigen. 
„Gott sei Dank, da ist er ja", sagte 
dieser tief aufathmend, „darum war's dem 
Räuber eigentlich nur zu thun." 
„Meinst Du, Alter? Sollte der Brief 
des dänischen Lieutenants wirklich so wichtig 
sein, um darüber zum Räuber und Mörder 
zu werden? Und was hätten wir mit diesen 
Alting's zu thun?" 
„Darüber müssen Sie den Herrn Haupt 
mann befragen, junger Herr!" verletzte 
Paulsen, ihn unruhig forschend betrachtend, 
„sagen Sie mir aufrichtig, wie es mit ihm 
steht, und ob es wirklich nicht so schlimm 
sşi' ,T, oba l— àr — ach, mein Himmel, 
ich sch es ^vhnen an, — er ist todt, wo 
zu es mir verbergen, Herr Romberg?" 
Der junge Mann nickte stumm, und 
aufstöhnend schlug der Alt- die Hände vor's 
Gesicht. 
„Willst Du lieber noch einige Zeit hier 
bleiben, mein alter Freund?" sagte Romberg, 
„Frau Sander meint, es wäre bester für 
Dich. Du hast daheim nicht die rechte 
Pflege." 
„Das ist Ihr Ernst nicht, Herr Romberg", 
erwiderte Paulsen, sich hastig die Thränen 
trockend. „Ich gehöre auf unsere Farm und 
werde mich von den Schrammen auf meinem 
dicken Schädel doch nicht zurückhalten lassen 
von meiner Pflicht. Daß mein Hauptmann 
nun noch zuletzt hat schlecht von mir denken 
müssen, weil ich zu lange ausgeblieben 
bin —" 
_ „Nein, Alter, darüber kannst Du ruhig 
sein", siel Romberg ein, „er hat sich nach 
Dir, seinem alten Kameraden, gesehnt, das 
ist wahr, aber Dein Ausbleiben nicht übel 
gedeutet." 
„Gott sei Dank!" seufzte der alte Mann, 
„der Gedanke hätt' mich umgebracht, junger 
Herr! Aber den Brief müssen Sie nun 
behalten und auch lesen, ja, ja, auch lesen, 
weil er sehr wichtig ist, wie Lieutenant 
Alting mir sagte. Aber nun lassen Sie 
uns heimfahren, ich bin nicht krank, nur ein 
bischen dumpf im Kopfe, die Schrammen 
hat Frau Sander zugepflastert." 
. Romberg schob den wichtigen Brief, der 
eine unheimliche Angst auf seine Brust wälzte, 
dle Tasche und ging wieder hinaus, um 
! ”, ,B'Lsipannen, während Paulsen sich 
c wa schwankend erhob und dann stramm 
aufgerichtet das Haus verließ. Ein Hände 
druck für den gastlichen Wirth und seine 
Frau genügte als Dank, und mit einer 
verächtlichen Geberde 
wies er das Ansinnen, 
stch in die mitgebrachten Betten zu legen, 
zurück, indem er stch „eben seinen jungen 
Herrn setzte, den er von Kindesbeinen an 
behütet und geliebt hatte. Sein Hauptmann 
hatte ihm in der Schlacht bei Jvstedt das 
Leben gerettet, eine That, die Untcrosficier 
Paulsen ihm tausendfach vergolten hatte, als 
dieser, der keine Angehörigen besaß,' sein 
kleines vererbtes Grundstück verkaufte und! 
mit seinem geliebten Hauptmann das Vater 
land verließ, um ihm seitdem in aufopfern 
der Treue zu dienen. 
Es läßt sich danach leicht ermessen, mit 
welchen. Schmerze der alte Mann jetzt bei 
dem Todten stand, dessen kalte Hand er mit 
seinen Thränen benetzte, während der junge 
Romberg den unheimlichen Brief des dänischen 
Lieutenants in seinen Schrank verschloß. 
^ ® er Arme hatte keine Zeit, seinem 
schmerz nachzuhängen, jetzt galt cs erst, den 
Vater in die Gruft zu betten, und dann 
einen Entschluß für die Zukunft zu fassen. 
Alle Deutschen der Umgegend waren ge 
kommen, dem Hauptmann die letzte Ehre zu 
erweisen, auch ein deutscher Pfarrer, der die 
Seelsorge in der kleinen Gemeinde über 
nommen hatte, schließlich gab man ihm noch 
die militärische Ehrensalve mit in das Grab, 
was dem alten Paulsen zur ganz besonderen 
Genugthuung gereichte. 
Und dann trat eine neue Pflicht an den 
jungen Romberg heran, die wie ein Alp 
auf ihm lastete und der er sich doch nicht 
entziehen durste. Er war zurückgekehrt von 
dem Begräbniß und saß nun einsam in seiner 
Stube, vor sich auf dem Tische zwei noch 
uneröffnete Briefe, die ihm wie ein unheim 
liches Räthsel erschienen, dessen Lösung er 
wie ein unbekanntes Schreckbild fürchtete. 
Standen diese beiden Briefe mit ein 
ander in Verbindung? — Unwillkürlich 
schauderte der junge Mann zusammen, da 
er zu viel von den Altings gehört hatte, 
^ohne freilich den Vater und Sohn jemals 
gesehen zu haben, um nicht beide zu verab 
scheuen. O, dürste er Diese Briefe uner- 
öffnet verbrennen! — 
Plötzlich ergriff er den Brief seines Vaters, 
einer größeren Zahl von Schriftstellern für 
den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsge 
branch vereinigt siitd. 
Auch abgesehen von Zeitungen wird bei 
Benutzung fremder Werke die deutliche B e- 
zeichnung der Quelle gefordert; in 
dieser Beziehung ist ganz neues Recht ge 
schaffen, und der Entwurf will nicht nur 
novellistische Erzeugnisse, sondern alle Aus 
arbeitungen unterhaltenden Inhalts, also 
namentlich Reiseberichte, Schilderungen von 
Erlebnissen, Plaudereien im Feuilleton, 
auch dann schützen, wenn keilt Vorbehalt 
gemacht ist. Politische Artikel aus Zeitun 
gen dürfen nur mit Quellenangabe abge 
druckt werden, aber auch das kann man, 
wem: man will, durch einen ausdrücklichen 
Vorbehalt untersagen. 
Was die Werke der Tonkunst betrifft, so 
werden nach § 26 Aufführungen ohne Ein 
willigung des Berechtigten nur zulässig: 1. 
Wenn sie bei Volksfesten, mit Ausnahme 
der Musikfeste, oder Tanzlustbarkeiten statt 
finden. 2. Wenn sie wohlthätigen Zwecken 
dienen und die Mitwirkenden keine Vergü 
tung für ihre Thätigkeit erhalten. 3. Wenn 
sie von Vereinen veranstaltet werden, und 
nur die Mitglieder, sowie die zu ihrem 
Hausstande gehörigen Personen als Hörer 
zugelassen werde::. 4. Wenn sie in solchen 
Vorträgen umherziehender Sänger oder 
Musiker bestehen, bei welchen ein höheres 
Interesse der Kunst nicht obwaltet. Auf 
die bühnenmäßige Aufführung einer Oper 
oder eines sonstigen Werkes der Tonkunst, 
zu welchen: ein Text gehört, finde:: diese 
Vorschriften keine Anwendung. 
In den Erläuterungen hierzu wird aus 
geführt, daß sich für Volksfeste, mit Aus 
nahme von Musikfesten, für Tanzlustbar 
keiten, sowie für die Darbietungen umher 
ziehender Sänger und Musiker das Auf 
führungsrecht nicht zur Geltung bringe, da 
es hier :nit erheblichen, zu densivoraussicht- 
lichen Ertrag in keinem Verhältniß stehen 
den Belästigungen verbunden wäre. Nicht 
minder sollen die Aufführungen zu wohl 
thätigen Zivecken frei bleiben, nur soll zur 
Verhütung von llmgehungen daran festge 
halten werden, daß die Mitwirkenden, zu 
denen auch der Veranstalter gehört, keine 
Vergütung erhalten. Endlich will der Ent 
wurf die private Musikpflege durch Vereine 
dem Einflüsse des Aufführungsrechtes selbst 
dann entziehen, wenn außer den Mitglie 
dern noch deren Hausgenossen Zutritt er 
halten und dadurch eine gewisse Oeffentlich- 
keit hergestellt wird. 
löste das Siegel und zog den Bogen ent 
schlossen heraus, worauf er zu lesen begann 
Er wurde immer bleicher dabei. — Nach 
einer Weile stöhnte er laut auf, ließ den 
Bogen fallen und schlug beide Hände vor 
sein Gesicht, das ganz entstellt erschien. 
„O, meine Ahnung, meine Ahnung!" 
flüsterte er, „vergieb, mein theurer Vater, 
daß ich Dir hierin nicht gehorchen kann. 
Warum hast Du mir dieses Schreckliche 
nicht erspart, mich nicht in glücklicher Un 
wissenheit gelassen?" 
Er sprang auf und schritt in furchtbarer 
Erregung auf und ab. Dann nahm er den 
Brief wieder vom Fußboden, drückte ihn 
an seine Lippen und weinte wie ein Kind 
in herzbrechender Verzweiflung. 
Endlich, als er ruhiger geworden war, 
setzte er sich wieder hin, um das Testament 
des Verstorbenen, denn ein solches war es 
für ihn, noch einmal langsam durchzulesen. 
Dieses lautete wie folgt: 
„Mein geliebter Sohn! — Wenn Du 
diese Zeilen liesest, bin ich nicht mehr unter 
den Lebenden. Zürne mir nicht, wenn ich 
Dir mit der Eröffnung, daß uns nur das 
Band innigster Liebe, nicht das des Blutes 
verbindet, daß Du mein Sohn nicht bist, 
zum zweiten Male Schmerz bereiten muß. 
Ich sagte es Dir nur deshalb, um Dich auf 
die Enthüllung Deiner Geburt vorzubereiten, 
und sah mit großer Bekümmerniß, wie grau 
sam das hingeworfene Wort Dich schon 
traf. Und doch mußte cs sein, einmal wegen 
Deiner Zukunft, und zum Andern, weil ich 
niemals Deines Besitzes sicher war unv Dein 
Vater allstündlich sein- Rechte geltend machen 
konnte. Ich bin niemals verheirathet ge 
wesen, habe aber Deine Mutter, welche eine 
der ersten Patrizier-Familien Hamburgs an 
gehörte, gut gekannt. Sie war meine erste 
und einzige Liebe, ick wagte es aber nie 
mals, weil ich mittellos, ein geächteter 
Flüchtling war, um sic zu werben. Ich 
verließ uiit meinem treuen Paulsen, wie Du 
weißt, das Vaterland und siedelte mich hier 
in Amerika nach mancher Irrfahrt als Farmer 
an. Eines Tages war ich nach Jefferson 
gefahren, um mein Korn zu verkaufen, als 
ich zum ersten Male den dänischen Marine- 
Lieutenant Alting traf. Sein Name fiel 
mir auf, ich erfuhr, daß er ein Landsmann 
und der Bruder des Rittmeisters von Alting 
war, mit dem mich einst Waffenbrüderschaft 
und Freundschaft verbunden hatten. Dieser 
dänische Alting war ein liebenswürdiger 
junger Mann, schön und von jenem bestricken 
den Zauber, dem selbst Männer wie ich 
unterliegen können. Er klagte mir, daß er 
um eines geliebten Weibes willen Vaterland 
und Carriere aufgegeben, und sie schon 
nach der Geburt ihres ersten Kindes be 
graben habe, daß er nicht wisse, was er mit 
dem einjährigen Knaben beginnen solle, und 
sich um ihn sorge und gräme, weil er in 
fremder Pflege wie ein zartes Pflänzchen 
hinwelke. Es fiel ihm sicherlich nicht ein, 
dabei an mich zu denken, wie er bereits be 
merkt hatte, daß ich mit Paulsen und einer 
deutschen Wirthschaften:: allein in meiner 
Farni hauste. — Aber — ich hatte die 
Mutter seines Kindes geliebt und — nenne 
es deutsche Schwärmerei oder Gefühlsdusel 
— genug, mir war's urplötzlich, als stände 
die Todte vor mir, mit flehend erhobenen 
Händen, um meinen Schutz zu erbitten für 
ihr verwaistes Kind, und von dieser Vision 
gewaltsam gezwungen, machte ich das Ancr-
	        
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