Täglich erscheinendes Matt.
Màburger
(Außer an Sonn- und Festtagen.)
Wochenblatt
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für Auswärtige, durch die Post bezogen
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incl. Postprovision re., jedoch ohne Bestellgeld.
JnscrnonspreiS: pro Vetitzeile 15 ş.
Wo. 168.
AeLtestes nnb geielenstrs glatt im Kreise Rendsvrrrg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
Ş2 stev Jahrgang.
IreiLag, den m. Juli
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Dem Rendsburger Wochenblatt lvird
„Der Landwirt!)"
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen
der Landwi-tthschaft) gratis beigegeben.
1899.
Morgsn-Berichts.
Berlin, 19. Juli. Nach einer Mel
dung aus Warmbrunn wurden in Folge
heftiger Gewitter in Schlesien bei Rei
nerz, Probsthain, Tarnowitz, Sagan und
Militsch zahlreiche Personen vom Blitz er
schlagen; ebenso brachen in Folge von
Blitzschlägen zahlreiche Feuersbrünste in der
ganzen Provinz aus. Ueberall entstanden
große Ernteschäden.
Berlin, 19. Juli. Nach neuerenMel-
duttgeit aus Berchtesgaden ereignete sich der
gestrige Unfall der Kaiserin auf dem Wald
wege zwischen der Eiskapelle und St. Bar
tholomee. Die Kaiserin glitt auf einem
über dem Fußweg befestigten, nassen Brett
aus und kam dabei zu Fall. Trotz star
ker Schmerzen ging die Kaiserin noch eine
kurze Strecke, wurde dann aber auf einem
herbeigeholteit Stuhl weitergetragen und
kehrte erst int Boot, dann im Wagen nach
Berchtesgaden zurück. Die Nacht verlief be
friedigend. Die Schmerzen waren nach An
legung des Verbandes gering. Die Schwel
lung des verletzten rechten Unterschenkels ist
mäßig, macht jedoch die Anwendung einer
Eisblase nothwendig. Voraussichtlich be
dingt die Verletzung eine längere Ruhelage.
Frankfurt a. M., 19. Juli. Aus
guter Darmstädter Quelle vernimmt die
„Frkf. Ztg.", daß gegen den Landgerichtsdi
rektor in Pension Küchler, nunmehr wegen
Vergehens gegen den § 211 der Konkurs
ordnung ein Strafverfahren eingeleitet
worden ist.
P a l e r m o , 19. Juli. Der Aetna ist
in vollem Ausbruch; die Ansiedler müssen
flüchten.
Kopenhagen, 19. Juli. Im
Hauplbahnhof entstand ein sehr heftiges
Feuer, das die Gebäude der elektrischen
Lichtstation gänzlich zerstörte.
Petersburg, 19. Juli. Die Beer
digung des Großfürsten-Thronfolgers Ge
org findet am 26. Juli statt. Der Zar
fährt der Leiche am 22. Juli nach Mos
kau entgegen.
Paris, 19. Juli. Zola wird sich in
den. nächsten Tagen nach Rennes begeben,
unr den: Prozeß gegen Dreyfus beizuwoh
nen.
Paris, 19. Juli. Labor: ist mit seiner
Fanrilie nach Rennes abgereist, wo er bis
nach Beendigung des Prozesses bleiben
wird. Diese Umsiedelung von Dreyfus An
walt lvird dahin ausgelegt, daß der Prozeß
länger dauern wird, als bisher angenom
men wurde.
Oed enburg, 19. Juli. Ueber Cforna
und Umgegend ging ein furchtbares Umvet
ter nieder, wodurch ungeheurer Schaden an
gerichtet wurde.
L o n d o n, 19. Juli. Die Zwistigkei
ten in Transvaal dürften nun thatsächlich
in Folge der gestrigen Beschlüsse des dor
tigen Volksraades erledigt sein. Die TI
mes erklärt heute, falls die Meldungen aus
Pretoria richtig seien, wäre die Krisis been
det. Die Regierung lege dem Umstand
keine Wichtigkeit bei, daß die Naturalisa
lonsperiode um zwei Jahre länger normirt
ei als von Milner beansprucht wurde.
Chamberlains Zweck gelte vollkommen als
erreicht. — Dieses Entgegenkommen der
englischen Regierung wird hier allgemein
dem Einflüsse Salisburys und der Königin
zugeschrieben.
London, 19. Juli. Der Beschluß des
heutigen Ministerraths, nach welchem der
englische Vertreter in Kapstadt, Milner,
von der Transvaalregierung die Gewäh
rung der Nationalität nach fünfjährigen:
Aufenthalt fordere, soll gegenüber dem an
dern bekannt gewordenen Beschluß des
Volksraades in Pretoria, welcher die Dauer
des Aufenthaltes auf sieben Jahre festge-
eļşt hat, hat hier große Erregung hervor
gerufen. — In politischen Kreisen sieht man
nicht, auf welche Art der Konflikt umgangen
werden kann; denn obgleich Chamberlain
die alleinige Leitung der auswärtigen An
gelegenheit in dieser Frage entzogen wor
den ist, ist inan doch der Meinung, daß
Chamberlain den beabsichtigten Krieg mit
Transvaal unter allen Umständen herbei
führen will. Aus Transvaal und Kapstadt
kommende Berichte lassen ersehen, daß von
Seiten der Buren ein Nachgeben nicht zu
erwarten ist, besonders seitdem dieselben
wissen, daß die gesammte Afrikandcrpartei
Südafrikas sie gegen England zu unter
stützen bereit ist.
Bilbao, 19. Juli. In einer hiesigen
Fabrik brach ein .Generalstreik aus. Die
Fabrik wurde militärisch besetzt. Es tver-
à Zusammenstöße befürchtet.
Newyork, 19. Juli. Die „Frkf.
Ztg. meldet: Die durch den Streik hervor
gerufene Lage ist kritischer geworden, da
bte Bahn an Terrain verlor und zahl
reiche Excesse verübt wurden. Die Strand
plätze haben riesige Verluste, da der Ver
kehr ganz abgeschnitten ist.
Der
ĢêsetzeûtMrsôbttàZlîrhehttcht.
Der Eirtwnrf eines Gesetzes, betreffend
das Urheberrecht an Werken der Literatur
und der Tonkunst, ist nunmehr veröffent
licht worden. Derselbe ist innerhalb der
Reichsverwaltung ausgearbeitet und zu
nächst den Bundesregierungen zugegangen,
um 'von diesen an der Hand ihrer Erfah
rungen beurtheilt zu werden. Seilte Be
kanntmachung bezweckt, auch die öffentliche
Kritik für die wichtige und gesetzgeberische
Aufgabe gu verwerthen. Auf Grund der so
gewonnenen Begutachtung soll der Entwurf
inr Spätherbst dem Bundesrath vorgelegt
werden. Vor der Aufstellung des Entwur
fes haben im Reichsjustizamt eittgehende
Berathungen mit Sachverständigen stattge-
unden. Die nunmehrige Veröffentlichung
oll aber nicht nur den betheiligten Be
rufskreisen zu einer wiederholten Würdi
gung der amtlichen Vorschläge Anlaß ge
ben, sondern auch den übrigen Volkskreisen
Gelegenheit bieten, die in Aussicht genom
menen Abänderungen unseres Urheberrechts
vom Standpitnkte der allgemeinen Jnteres-
en zu prüfen. Das bisher in Geltung ste
hende Gesetz vom 11. Juni 1870 hat sich
zwar im Allgemeinen bewährt, doch ent-
sirach seine Fassung nicht mehr dem gegen
wärtigen Stande der Reichsgesetzgebung.
Zudem hat sich Während der sitzten Jahr
zehnte auf dem Gebiete des Urheberrechts,
zum Theil unter dem Einflüsse der neueren
Gesetzgebung des Auslandes, ein Wechsel
der Anschauungen in wichtigen Punkten
vollzogen. Den hierdurch hervorgerufenen,
namentlich auf eine Verstärkung des Ur
heberschutzes gerichteten Bestrebungen wird,
soweit sie berechtigt sind, die deutsche Ge-
setzgebung die Anerkennung nicht versagen
dürften.
Aus den grundlegenden Bestimmungen
des Entwurfes möchten wir Folgendes her
vorheben: Der Entwurf schützt das Urhe
berrecht nicht nur gegen einfachen Nach-
druck, sondern auch gegen jede Aenderung,
die ohne Einwilligung des Urhebers erfolgt.
Als ganz neu ist das Verbot zu betrachten,
solche Privatbriefe, Tagebücher
oder persönlichen A u. f z e i ch n u n -
gen anderer Art, an denen ein geschütztes
Urheberrecht nicht besteht und die noch nicht
erlaubterweise veröffentlicht worden sind,
wörtlich oder dem Inhalte nach unbefugt
öffentlich mitzutheilen. Unbefugt ist eine
Mittheilung, die ohne Einwilligung des
Verfassers und des Eigenthümers der
Schrift erfolgt. Diese Vorschriften finden
keine Anwendung, soweit die Mittheilung
zur Widerlegung einer öffentlich aufge
stellten Behauptung oder zur Wahrneh
mung berechtigter Interessen erfolgt, oder
wenn seit dem Tode des Verfassers der
Schrift zehn Jahre abgelaufen sind. Eine
andere Neuerung in denr Entwurf besteht
darin, daß der A b d r u ck aus Z e i t u n-
g e n nur unter Voraussetzung der deut
lichen Q u e l l e u a n g a b e gestattet
sein soll. Ihrer Wichtigkeit halber geben
mir hier den Wortlaut nachstehender Para
graphen wieder:
8 16. Als Nachdruck ist nicht anzusehen:
1. Der Abdruck von Gesetzbüchern, Gesetzen,
amtlichen Erlassen und Entscheidungen. 2.
der Abdruck anderer amtlicher Schriften,
die nicht dem Verbote des Abdrucks oder
einem allgemeinen Vorbehalte der Rechte
versehen sind. 3. Die Wiedergabe öffent
licher Verhandlungen aller Art in Zeitun
gen und Zeitschriften. 4. Die Wiedergabe
von Reden, die bei den Verhandlungen der
Gerichte, der politischen, kommunalen und
kirchlichen Vertretungen gehalten werden.
Die Wiedergabe ist jedoch unzulässig, wenn
sie in einer Sammlung erfolgt, die der
Hauptsache nach Reden desselben Verfassers
enthält.
^17. Als Nachdruck ist es nicht anzu
sehen, wenn ohne wesentliche Aenderung des
Inhalts: 1. Aus Zeitungen oder aus Zeit
schristen thatsächliche Mittheilungen abge
druckt werden, die nicht mit dein Verbote
des Nachdrucks oder einem allgemeinen
Vorbehalt der Rechte versehen sind. Wer
nach Maßgabe dieser Vorschriften den Ab
druck bewirkt, hat die Quelle deutlich anzu
geben. Der Abdruck von Ausarbeitungen
wissenschaftlichen, technischen oder unterhal
tenden Inhalts ist in jedem Falle unzuläs
sige —
ß 18. Als Nachdruck ist es nicht anzu
sehen : 1. wenn einzelne ©teilen oder klei
nere Theile eines bereits erschienenen
Schriftwerkes in einer selbstständigen lite
rarischen Arbeit angeführt werden. 2.
Wenn einzelne Gedichte, einzelne Aufsätze
von geringem Umfange oder kleinere Theile
eines Schriftwerkes nach denr Erscheinen in
eine selbstständige wissenschaftliche Arbeit
aufgenommen werden. 3. Wenn einzelne
Gedichte,. einzelne Aufsätze von geringem
Umfang oder kleinere Theile eines Schrift
werkes nach denr Erscheinen in eine Samrn-
lung ausgenommen werden, in der Werke
24)
Vsw lîlķêlķ As«».
Roman von E. v. Linden,
l Nach druck verboten.— Ucbcrsetzungsrccht vorbehalten.)
M„Jch komme zu Ihnen, um den Herrn
Hauptmann now einmal zu sehen, und auch
wegen des Begräbnisses", bemerkte Sander
theilnehmend. . „Vor allen Dingen aber den
Kopf hoch, mein lieber junger Freund, und
nicht zu schwarz sehen."
Romberg drückte ihm schweigend die Hand
und ging dann in's Haus, um Paulsen den
Brief zu zeigen.
„Gott sei Dank, da ist er ja", sagte
dieser tief aufathmend, „darum war's dem
Räuber eigentlich nur zu thun."
„Meinst Du, Alter? Sollte der Brief
des dänischen Lieutenants wirklich so wichtig
sein, um darüber zum Räuber und Mörder
zu werden? Und was hätten wir mit diesen
Alting's zu thun?"
„Darüber müssen Sie den Herrn Haupt
mann befragen, junger Herr!" verletzte
Paulsen, ihn unruhig forschend betrachtend,
„sagen Sie mir aufrichtig, wie es mit ihm
steht, und ob es wirklich nicht so schlimm
sşi' ,T, oba l— àr — ach, mein Himmel,
ich sch es ^vhnen an, — er ist todt, wo
zu es mir verbergen, Herr Romberg?"
Der junge Mann nickte stumm, und
aufstöhnend schlug der Alt- die Hände vor's
Gesicht.
„Willst Du lieber noch einige Zeit hier
bleiben, mein alter Freund?" sagte Romberg,
„Frau Sander meint, es wäre bester für
Dich. Du hast daheim nicht die rechte
Pflege."
„Das ist Ihr Ernst nicht, Herr Romberg",
erwiderte Paulsen, sich hastig die Thränen
trockend. „Ich gehöre auf unsere Farm und
werde mich von den Schrammen auf meinem
dicken Schädel doch nicht zurückhalten lassen
von meiner Pflicht. Daß mein Hauptmann
nun noch zuletzt hat schlecht von mir denken
müssen, weil ich zu lange ausgeblieben
bin —"
_ „Nein, Alter, darüber kannst Du ruhig
sein", siel Romberg ein, „er hat sich nach
Dir, seinem alten Kameraden, gesehnt, das
ist wahr, aber Dein Ausbleiben nicht übel
gedeutet."
„Gott sei Dank!" seufzte der alte Mann,
„der Gedanke hätt' mich umgebracht, junger
Herr! Aber den Brief müssen Sie nun
behalten und auch lesen, ja, ja, auch lesen,
weil er sehr wichtig ist, wie Lieutenant
Alting mir sagte. Aber nun lassen Sie
uns heimfahren, ich bin nicht krank, nur ein
bischen dumpf im Kopfe, die Schrammen
hat Frau Sander zugepflastert."
. Romberg schob den wichtigen Brief, der
eine unheimliche Angst auf seine Brust wälzte,
dle Tasche und ging wieder hinaus, um
! ”, ,B'Lsipannen, während Paulsen sich
c wa schwankend erhob und dann stramm
aufgerichtet das Haus verließ. Ein Hände
druck für den gastlichen Wirth und seine
Frau genügte als Dank, und mit einer
verächtlichen Geberde
wies er das Ansinnen,
stch in die mitgebrachten Betten zu legen,
zurück, indem er stch „eben seinen jungen
Herrn setzte, den er von Kindesbeinen an
behütet und geliebt hatte. Sein Hauptmann
hatte ihm in der Schlacht bei Jvstedt das
Leben gerettet, eine That, die Untcrosficier
Paulsen ihm tausendfach vergolten hatte, als
dieser, der keine Angehörigen besaß,' sein
kleines vererbtes Grundstück verkaufte und!
mit seinem geliebten Hauptmann das Vater
land verließ, um ihm seitdem in aufopfern
der Treue zu dienen.
Es läßt sich danach leicht ermessen, mit
welchen. Schmerze der alte Mann jetzt bei
dem Todten stand, dessen kalte Hand er mit
seinen Thränen benetzte, während der junge
Romberg den unheimlichen Brief des dänischen
Lieutenants in seinen Schrank verschloß.
^ ® er Arme hatte keine Zeit, seinem
schmerz nachzuhängen, jetzt galt cs erst, den
Vater in die Gruft zu betten, und dann
einen Entschluß für die Zukunft zu fassen.
Alle Deutschen der Umgegend waren ge
kommen, dem Hauptmann die letzte Ehre zu
erweisen, auch ein deutscher Pfarrer, der die
Seelsorge in der kleinen Gemeinde über
nommen hatte, schließlich gab man ihm noch
die militärische Ehrensalve mit in das Grab,
was dem alten Paulsen zur ganz besonderen
Genugthuung gereichte.
Und dann trat eine neue Pflicht an den
jungen Romberg heran, die wie ein Alp
auf ihm lastete und der er sich doch nicht
entziehen durste. Er war zurückgekehrt von
dem Begräbniß und saß nun einsam in seiner
Stube, vor sich auf dem Tische zwei noch
uneröffnete Briefe, die ihm wie ein unheim
liches Räthsel erschienen, dessen Lösung er
wie ein unbekanntes Schreckbild fürchtete.
Standen diese beiden Briefe mit ein
ander in Verbindung? — Unwillkürlich
schauderte der junge Mann zusammen, da
er zu viel von den Altings gehört hatte,
^ohne freilich den Vater und Sohn jemals
gesehen zu haben, um nicht beide zu verab
scheuen. O, dürste er Diese Briefe uner-
öffnet verbrennen! —
Plötzlich ergriff er den Brief seines Vaters,
einer größeren Zahl von Schriftstellern für
den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsge
branch vereinigt siitd.
Auch abgesehen von Zeitungen wird bei
Benutzung fremder Werke die deutliche B e-
zeichnung der Quelle gefordert; in
dieser Beziehung ist ganz neues Recht ge
schaffen, und der Entwurf will nicht nur
novellistische Erzeugnisse, sondern alle Aus
arbeitungen unterhaltenden Inhalts, also
namentlich Reiseberichte, Schilderungen von
Erlebnissen, Plaudereien im Feuilleton,
auch dann schützen, wenn keilt Vorbehalt
gemacht ist. Politische Artikel aus Zeitun
gen dürfen nur mit Quellenangabe abge
druckt werden, aber auch das kann man,
wem: man will, durch einen ausdrücklichen
Vorbehalt untersagen.
Was die Werke der Tonkunst betrifft, so
werden nach § 26 Aufführungen ohne Ein
willigung des Berechtigten nur zulässig: 1.
Wenn sie bei Volksfesten, mit Ausnahme
der Musikfeste, oder Tanzlustbarkeiten statt
finden. 2. Wenn sie wohlthätigen Zwecken
dienen und die Mitwirkenden keine Vergü
tung für ihre Thätigkeit erhalten. 3. Wenn
sie von Vereinen veranstaltet werden, und
nur die Mitglieder, sowie die zu ihrem
Hausstande gehörigen Personen als Hörer
zugelassen werde::. 4. Wenn sie in solchen
Vorträgen umherziehender Sänger oder
Musiker bestehen, bei welchen ein höheres
Interesse der Kunst nicht obwaltet. Auf
die bühnenmäßige Aufführung einer Oper
oder eines sonstigen Werkes der Tonkunst,
zu welchen: ein Text gehört, finde:: diese
Vorschriften keine Anwendung.
In den Erläuterungen hierzu wird aus
geführt, daß sich für Volksfeste, mit Aus
nahme von Musikfesten, für Tanzlustbar
keiten, sowie für die Darbietungen umher
ziehender Sänger und Musiker das Auf
führungsrecht nicht zur Geltung bringe, da
es hier :nit erheblichen, zu densivoraussicht-
lichen Ertrag in keinem Verhältniß stehen
den Belästigungen verbunden wäre. Nicht
minder sollen die Aufführungen zu wohl
thätigen Zivecken frei bleiben, nur soll zur
Verhütung von llmgehungen daran festge
halten werden, daß die Mitwirkenden, zu
denen auch der Veranstalter gehört, keine
Vergütung erhalten. Endlich will der Ent
wurf die private Musikpflege durch Vereine
dem Einflüsse des Aufführungsrechtes selbst
dann entziehen, wenn außer den Mitglie
dern noch deren Hausgenossen Zutritt er
halten und dadurch eine gewisse Oeffentlich-
keit hergestellt wird.
löste das Siegel und zog den Bogen ent
schlossen heraus, worauf er zu lesen begann
Er wurde immer bleicher dabei. — Nach
einer Weile stöhnte er laut auf, ließ den
Bogen fallen und schlug beide Hände vor
sein Gesicht, das ganz entstellt erschien.
„O, meine Ahnung, meine Ahnung!"
flüsterte er, „vergieb, mein theurer Vater,
daß ich Dir hierin nicht gehorchen kann.
Warum hast Du mir dieses Schreckliche
nicht erspart, mich nicht in glücklicher Un
wissenheit gelassen?"
Er sprang auf und schritt in furchtbarer
Erregung auf und ab. Dann nahm er den
Brief wieder vom Fußboden, drückte ihn
an seine Lippen und weinte wie ein Kind
in herzbrechender Verzweiflung.
Endlich, als er ruhiger geworden war,
setzte er sich wieder hin, um das Testament
des Verstorbenen, denn ein solches war es
für ihn, noch einmal langsam durchzulesen.
Dieses lautete wie folgt:
„Mein geliebter Sohn! — Wenn Du
diese Zeilen liesest, bin ich nicht mehr unter
den Lebenden. Zürne mir nicht, wenn ich
Dir mit der Eröffnung, daß uns nur das
Band innigster Liebe, nicht das des Blutes
verbindet, daß Du mein Sohn nicht bist,
zum zweiten Male Schmerz bereiten muß.
Ich sagte es Dir nur deshalb, um Dich auf
die Enthüllung Deiner Geburt vorzubereiten,
und sah mit großer Bekümmerniß, wie grau
sam das hingeworfene Wort Dich schon
traf. Und doch mußte cs sein, einmal wegen
Deiner Zukunft, und zum Andern, weil ich
niemals Deines Besitzes sicher war unv Dein
Vater allstündlich sein- Rechte geltend machen
konnte. Ich bin niemals verheirathet ge
wesen, habe aber Deine Mutter, welche eine
der ersten Patrizier-Familien Hamburgs an
gehörte, gut gekannt. Sie war meine erste
und einzige Liebe, ick wagte es aber nie
mals, weil ich mittellos, ein geächteter
Flüchtling war, um sic zu werben. Ich
verließ uiit meinem treuen Paulsen, wie Du
weißt, das Vaterland und siedelte mich hier
in Amerika nach mancher Irrfahrt als Farmer
an. Eines Tages war ich nach Jefferson
gefahren, um mein Korn zu verkaufen, als
ich zum ersten Male den dänischen Marine-
Lieutenant Alting traf. Sein Name fiel
mir auf, ich erfuhr, daß er ein Landsmann
und der Bruder des Rittmeisters von Alting
war, mit dem mich einst Waffenbrüderschaft
und Freundschaft verbunden hatten. Dieser
dänische Alting war ein liebenswürdiger
junger Mann, schön und von jenem bestricken
den Zauber, dem selbst Männer wie ich
unterliegen können. Er klagte mir, daß er
um eines geliebten Weibes willen Vaterland
und Carriere aufgegeben, und sie schon
nach der Geburt ihres ersten Kindes be
graben habe, daß er nicht wisse, was er mit
dem einjährigen Knaben beginnen solle, und
sich um ihn sorge und gräme, weil er in
fremder Pflege wie ein zartes Pflänzchen
hinwelke. Es fiel ihm sicherlich nicht ein,
dabei an mich zu denken, wie er bereits be
merkt hatte, daß ich mit Paulsen und einer
deutschen Wirthschaften:: allein in meiner
Farni hauste. — Aber — ich hatte die
Mutter seines Kindes geliebt und — nenne
es deutsche Schwärmerei oder Gefühlsdusel
— genug, mir war's urplötzlich, als stände
die Todte vor mir, mit flehend erhobenen
Händen, um meinen Schutz zu erbitten für
ihr verwaistes Kind, und von dieser Vision
gewaltsam gezwungen, machte ich das Ancr-