srin wird, können von Lübeck und Hamburg
aus die Produkte der deutschen Ostseeländer
auf deutschen Wasserstraßen direkt in das
westliche Industriegebiet befördert werden.
Weil die Frachtsätze auf der Ostsee nie
driger sind als auf den östlichen Binnen
landskanälen. wird es vor allem darauf an
kommen, den Seeverkehr in Lübeck
oder Kiel auf deutsche Wasserstaßen
überzuleiten zur Bekämpfung der
holländischen Seehäfen.
Ein Kanal dagegen, der bei Magdeburg
ausmündet, wäre für den weitaus über
wiegenden Theil des agrikulturellen Ostens,
dessen Verkehr sich nach den Ostseehäfen
hinüberzieht, ohne jeden Nutzen.
Derjenige Theil der östlichen Landwirth
schaft aber, welcher auf den Absatz nach den
industriellen Gebieten Schlesiens und Sachsens
angewiesen ist, weiß seine Interessen eng
verknüpft mit denen der heimischen Industrie,
die durch die Mittcllandlinie unzweifelhaft
eine schwere Schädigung zu erwarten hat.
Offenbar wirkt der Ausbau des Mittel
landkanals sehr ähnlich, wie ein besonders
niedriger Ausnahmetarif vom westfälischen
Kohlenrevier nach Berlin. Daß ein solcher
niemals ohne gleichwerthige Kompensationen
an die Montandistrikte Schlesiens und
Sachsens eingeführt werden könnte, liegt
auf der Hand.
Aber selbst, wenn dies ausführbar wäre,
muß es doch höchst bedenklich erscheinen,
gerade der Großstadt Berlin den enorm
günstigen Ausnahmetarif zu geben, weil
hierdurch einer gewaltigen Konzentrirung der
Industrie Vorschub geleistet würde. —
Jedenfalls würde ein Ausnahmetarif
in der Richtung vom westfälischen
Kohlenrevier nach Berlin einenBruch
bedeuten mit der gesammmten bisherigen
Verkehrspolitik. Sämmtliche bis jetzt ein
gerichteten Ausnahmetarife verfolgen den
Zweck, die heimische Produktion zu fördern
auf Kosten der ausländischen, eventuell auch
solche inländische Produktionsgebiete, welche
sich in bedrängter Lage befinden, durch
Tarifvergünstigungen zu kräftigen. Dagegen
sind niemals Ausnahmetarife gebilligt, welche
innerhalb des eigenen Landes den einen
Montanbezirk begünstigen aus Kosten des
anderen, oder das schon vorhandene wirth-
schaftliche Uebergewicht eines einzelnen Pro-
duktionsgebietes noch weiter verstärken auf
Kosten aller übrigen Landestheile.
Die Fortsetzung des Dortmund-Ems-
Kanals nach der Unterelbe liegt dagegen
durchaus in der Richtung der bisher inne
gehaltenen Verkehrspolitik. Schon jetzt be
stehen ungewöhnlich niedrige Tarife für den
Absatz von Kohle und Eisen nach den See
häfen, andererseits für den Bezug von
Erzen von den Hafenplätzen nach dem west
fälischen Kohlenrevier. Der Ausbau des
Kanals entlastet also die Eisenbahn von
großen Transporten, welche sehr geringen
Nutzen abwerfen, da die Ausnahmetarife nach
den Seestädten die Selbstkosten des Eisen
bahntransports nur wenig überschreiten. Eine
irgend erhebliche Einbuße an Eisenbahn-Ein
nahmen ist daher durch den Ausbau der
nördlichen Kanallinie nicht zu erwarten.
Wohl aber steht in Aussicht, daß durch
die letztere ein großer Verkehr nicht nur auf
dem Dortmund-Ems-Kanal, sondern auch
auf dem Elbe-Trave-Kanal und dem Nord-
Ostsee-Kanal hervorgerufen wird, weil eben
diese nördliche Linie die Lücke zwischen den
selben ausfüllt. Das in den genannten
Kanälen bereits festgelegte Kapital wird da
mit eine höhere Rente bringen ; ein Umstand,
der mehr als alles Andere dazu beitragen
wird, den weiteren Ausbau von Kanälen,
soweit derselbe wirthschaftlich berechtigt ist,
zu fördern. —
Die vorstehenden Ausführungen beschränken
sich im Wesentlichen auf die wirthschaftliche
Seite der Sache, es unterliegt wohl keinem
Zweifel, daß eine Untersuchung auch in
finanzieller, technischer und militärischer Hin
sicht nur zu Gunsten der nördlichen Kanal
linie ausfüllen würde.
Ausland.
Außereuropäische Gediete
Washington, 17. Juli. Die Aushebung
von Freiwilligen geht flott von statten,
wenn man den offiziellen Meldungen
glauben darf. Es heißt, daß statt der
vorläufig geforderten 12 000 Mann sich
mehr als die doppelte Anzahl gemeldet
habe, nur an Osficieren fehle es, was
nicht zu verwundern ist. Die Transport-
dampser, die die neuen Truppen nach
Manila überführen sollen, werden in
aller Eile mit Schnellfeuergeschützen aus-
gerüstet. Auch die Proviantschiffe erhalten
derartige Geschütze. Diese Maßnahme
erregt großes Aussehen und wird aus die
Meldung zurückgeführt, daß die Filipinos
Kaperschiffe ausrüsten, um die Truppen-
Transportschiffe wegzunehmen.
Tausend Jahre alt können wir
zukünftig alle werden — so wenigstens
versichert Dr. Curtis, Professor der
Bakteriologie an der Chicagoer Uni
versität für Aerzte und Wundärzte. Der
Professor lehrt, daß alle Menschen bis zu
tausend Jahren alt werden könnten, wenn
sie nur ihr Leben entsprechend den Regeln
der Hygiene und der Wissenschaft ein
richten wollten. Das ganze Geheimniß
eines langen Lebens sei die Zerstörung
aller Parasiten, Bakterien rc. Curtis er
sucht den bekannten Großindustriellen
Carnegie um 50 Millionen Dollars (200
Millionen Mark) zur Gründung eines
Instituts für Hygiene nnd das Studium
der Bakteriologie zum Besten der Mensch
heit.
Die Obduktion eines unlängst in
Bath verstorbenen Gärtners Namens
Watson ergab, daß der Mann — offenbar
in einem Zustand geistiger Umnachtung —
eine große Anzahl von Medikamenten, die
er sich auf eigene Faust zu verschaffen
wußte, mit den dazu gehörigen Medizin-
flaschen und Korken hinunter
geschluckt hatte.
Frankreich.
Paris, 17. Juli. Die grausame
Behandlung von Dr'eyfus muß
der frühere Kolonialmini st er
L e b o n zugeben. Er sucht in seiner
Erklärung an die Pariser Blätter seine
unmenschlichen Anordnungen damit zu
entschuldigen, er habe in Folge amtlicher
Berichte über die Möglichkeit der Flucht
Dreyfus' die Hütte desselben mit Pallisaden
umgeben lassen und angeordnet, so lange
die Pallisaden unvollendet seien, Dreyfus
des Nachts in Eisen zu legen.
Wie die „Gaea" erfährt, trägt man
sich in Paris mit dem Plane, eine
Ballonfahrt nach dem Nord-
po l zu unternehmen. Wie Dr. Ekholm,
der von der Andree'schen Ballonfahrt be
kanntlich zurücktrat, erklärt, ist nämlich
das Fehlschlagen der Andree'schen Unter
nehmung auf die falschen meteorologischen
Voraussetzungen im arktischen Gebiete
zurückzuführen, was sich besonders durch
die Aufzeichnungen der im vorigen Monate
aufgefundenen Schwimmboje von Andres
ergiebt. Auf Grund der neuen Erfahrungen
soll nunmehr die neue Expedition versucht
werden.
Rußland.
Aus Petersburg wird nun auch der
Wiener „Pol. Corr." gemeldet, daß da
selbst die Initiative die Kaiser Wilhelm
II. zu einem Austausch von Freundlich
keiten mit Frankreich ergriff, entschieden
sympathisch aufgenommen worden sei. Die
Vermehrung der Friedensgarantien, die in
der Anbahnung freundlicherer Beziehungen
zwischen Berlin und Paris liegen würde,
könnte in Rußland, dessen Monarch die
Sicherung des Weltfriedens auf alle Weise
zu erreichen suche, nur mit Genugthuung
begrüßt werden. Ein gebessertes Verhält-
niß zwischen Deutschland und Frankreich
würde auch den Interessen Rußlands in
Europa wie in Ostasien entsprechen. Der
Schritt, den der Deutsche Kaiser in Bergen
unternahm, finde daher in Petersburg,
ohne daß man dessen Wirkung überschätze,
allen Beifall.
Aus Petersburg wird geschrieben: In
Hoskreisen erzählt man, die Kaiserin-
Wittwe habe den Zaren Nikolaus nach
der Geburt der jüngsten Großfürstin mit
den Worten begrüßt: „Also die Hälfte
der sechs Töchter hast Du schon; nun
wird wohl die Weissagung des
dänischen Mädchens vollständig
in Erfüllung gehen." — Diese Worte
beziehen sich darauf, daß die Kaiserin-
Wittwe in diesem Frühjahre ein als Hell
seherin bekanntes Ibjähriges Landmädchen
von der Insel Amager betreffs der Aus
sichten der Zarenfamilie befragte, wobei
das Mädchen erklärte, der Zar werde
sechs Töchter erhalten.
England.
Ein Schadenfeuer brach a n B o r d
des großen japanischen Handels-
d a m p f e r s „Kawashi Maru" im Til-
burydock zu London in der Kampherladung
aus. Das Schiff wurde beinahe ver
nichtet. Der 4. Officier erstickte, 12
Matrosen wurden mehr oder minder
verletzt.
Oesterreich-Ungarn
Aus Temesvar in Ungarn wird ge
meldet: In einem Dorfe in der Nähe von
Temesvar geriethen der Landwirth Peter
Gatja und dessen Frau Persida mit dem
Schnitter Johann Trailla in Streit, weil
sich Letzterer während des Schnittes zu
häufig die Pfeife stopfte und angeblich zu
wenig arbeitete. Trailla gerieth in Zorn,
hieb mit der Sense aus und schnitt Gatja
den Kopf ab, worauf er auch der Frau
Gatjas mit der Sense schwere Verletzungen
beibrachte. Trailla stellte sich nach der
That selbst dem Gerichte.
Inland.
— Die Erörterungen über das Tele
gramm des Kaisers an Professor Hinz-
peter gehen auch heute in der Presse
weiter. Die „Staatsb. Ztg " zieht zum
100. Mal die Schlußfolgerung, daß wir
im Reiche vor durchgreifenden Personal
veränderungen stehen. Das Blatt er-
wartet für den Winter die Auflösung des
Reichstags und einen Apell an die Wähler
mit der Parole: „Aus zum Kampf gegen
den Umsturz!"
— Die Kreisvorsitzenden des „Bundes
der Landwirthe" hatten an den frei
konservativen Abgeordneten Regierungs
präsidenten v. T i e d e m a n n die Auf
forderung gerichtet, gegendenMittel-
land-Kanal zu stimmen. In
einem längeren Antwortschreiben legt von
Tiedemann dar, daß er zur Ueberzeugung
gelangt sei, daß die Landwirthschaft in
keinem Theile des Ostens Schaden, im
nördlichen Theile Posens und im west
lichen Theile Westpreußens positiven
Nutzen vom Mittelland - Kanal haben
würde. Die Ansicht, daß die gesammte
deutsche Landwirthschaft ein Interesse an
der Ablehnung der Kanalvorlage habe,
treffe nicht zu, jedenfalls, seiner Ueber-
zeugung nach, nicht für seinen Wahlkreis.
Er werde für die Vorlage stimmen in
der festen Zuversicht, damit seinen land-
wirthschaft! jchen Wählern einen Dienst zu
erweisen.
— Der große Berliner Spie
lerprozeß wird nach dem „Kl. Jour
nal" noch lange nicht seiner Entscheidung
entgegengehen. Es hat sich die Nothwen
digkeit herausgestellt, die Untersuchung noch
aus eine weitere, ziemlich kompromittirte
Persönlichkeit auszudehnen und an Stelle
des von der Vertheidigung beanstandeten
Sachverständigen einen anderen Gutachter
für Spielerangelegenheiten zu bestellen.
Auf diese Weise dürften die drei Ange
klagten v. Kayser, v. Kröcher und v.
Schachtmeyer noch bis in die Herbsttage
hinein aus ihre Aburtheilung harren
müssen.
— Zu dem Juvelendiebstahl
beim Grasen Eulenburg können wir noch
weiter mittheilen, daß es der Züricher
Criminalpolizei gelungen ist, auch die
Hedwig Dandersky, die Geliebte des Wun-
derlich, über dessen Verhaftung wir schon
Mittheilung machten, dingfest zu machen.
Sie suchte auch nach der Verhaftung ihres
Mitschuldigen fortgesetzt Perlen zu ver
kaufen. Das saubere Paar wird ohne
Verzug nach Berlin ausgeliefert werden.
Berlin, 17. Juli. Zu dem Verbot
der Einfuhr srischen Rindfleisches
au s Belgien bemerkt die „Allgemeine
Fleischerztg.":
„Der zur Motivirung des Verbotes
angeführte § 7 des Reichsviehseuchen
gesetzes ertheilt bekanntlich der Regierung
für den Fall, daß im Auslande eine
Seuche in einem sür den inländischen
Viehbestand bedrohlichen Umfange herrscht
oder ausbricht, die Vollmacht, die Grenze
sür die Einfuhr -lebender oder todter
Thiere aus diesem Lande ganz oder theil-
weise zu sperren. Wie aus diesem A 7
die Befugniß hergeleitet werden kann, die
Einfuhr frischen Rindfleisches aus Belgien
zu verbieten, weil möglicher Weise
amerikanisches Rindfleisch sich darunter
befindet, das vielleicht von mit Texas
fieber behafteten Rindern herrührt, ist
einem schlichten Verstand nur schwer be
greiflich. Wir sind an und für sich
selbstverständlich keine Freunde der Ein
fuhr frischen Fleisches; aber solange die
Regierung sich nicht entschließt, die
Grenzen für lebendes Vieh zu öffnen,
muß eben auf andere Weise Ersatz sür
das fehlende Fleisch geschaffen werden.
Ein solcher Nothbehelf ist das frische
Fleisch unserer Nachbarländer. Ver
hindert die Regierung auch diese Einfuhr,
so zwingt sie die deutsche Bevölkerung,
zu den amerikanischen Fleischwaaren, die
doch noch viel bedenklicherer Art sind,
ihre Zuflucht zu nehmen, und die Be
völkerung kauft schließlich das amerikanische
Fleisch, dessen nur vermuthete Einfuhr
unter belgischer Flagge unmöglich ge
macht werden soll, in Gestalt von Kon
serven, Wurst u. dergl. Wirklich ge
sunde Zustände aus dem Gebiete der
Fleischversorgung wird es in Deutschland
erst wieder geben, wenn die Einsicht, die
ja allerdings in immer weiteren Schichten
auch der Landwirthschaft sich Bahn
bricht, bis zu den Regierungskreisen vor
dringt, daß, soweit ein Bedürfniß vor
liegt, dem ausländischen Vieh, wenn auch
unter der strengsten veterinärpolizeilichen
Kontrole, die deutschen Grenzen wieder
geöffnet werden müssen. Hoffen wir,
daß die Zeit nicht mehr fern ist.
— Unter dem Namen „Deutscher
Müllerbund" (Sitz: Leipzig) hat eine
Vereinigung die behördliche Genehmigung
erhalten, deren Ziel es ist, die Inter
essen der mittleren und kleineren
Mühlen gegen die Ueberflügelung durch
den Großbetrieb wahrzunehmen. Für den
neuen Bund sind bereits gegen 4000 An
meldungen aus allen Theilen des Reiches
eingegangen.
Als Kindesmörderin ermittelt
und verhaftet wurde am Freitag bei
ihrer Rückkehr von der Arbeitsstelle die
28 Jahre alte Falzerin Anna Gottscheck
in Berlin, die vor sechs Wochen von dem
Bierabzieher Suly in der Gitschinerstraße
ein leeres Zimmer abmiethete. Sie ver
kehrte im Hause mit Niemand und hatte
ihre Zimmerthür stets verriegelt, wenn sie
zu Hause war. Am Sonnabend und
Sonntag blieb sie still zu Hause, Montag
ging sie wieder ihrer Arbeit nach. Frei
tag-Abend wurde Plötzlich durch den Vor
stand des 42. Polizeireviers mit vier
Beamten in dem Zimmer der Gottscheck
Haussuchung gehalten. Dabei wurde in
einem Koffer mit einer Windel erdrosselt
die Leiche eines Knaben entdeckt. Das
Kind scheint in der Nacht zum Sonnabend,
den 8. d. Mts, geboren zu sein. Die
Mutter, die man in ihrem Zimmer in
den letzten Tagen oft singen hörte, hat
also eine ganze Woche lang die Leiche in
dem Koffer versteckt gehalten. Die Anzeige
soll von einer der Gottscheck nahe stehenden
Seite erstattet sein.
Eine Falschmünzerbande, die
seit dem vorigen Herbst in Berlin und
Vororten „gearbeitet" und dabei eine
bedeutende Menge falscher Zwei- und
Fünfmarkstücke in Verkehr gebracht hat,
ist in Spandau dingfest gemacht worden.
In Kassel ist ein A e r z t e a u s st a n d
ausgebrochen. Die Augenärzte der allge
meinen Ortskrankenkasse haben wegen
Herabsetzung der Beyandlungssätze die
weitere Behandlung der Kranken ab
gelehnt. Die übrigen Aerzte haben sich
ihnen angeschlossen.
Wegen Sittlichkeitsvergehen
wird der Wiesbadener Stadtmissionar
I a g d st e i n, der in evangelischen Ver
einen eine große Rolle spielte, steckbrieflich
verfolgt. Er soll sich an einer Anzahl
schulpflichtiger Mädchen vergangen haben.
Hamburg, 15. Juli. Die Bauarbeiter
beschlossen, die Arbeit auf allen Bauten
einzustellen, wo bis zum 1. August der
geforderte Stundenlohn von 60 Pfennig
nicht bewilligt wird.
Von mehreren Brieftauben, welche
im Brieftaubendienst der „Hamburg-
Amerika - Linie" Freitag - Morgen 4 Uhr
45 Minuten mitteleuropäischer Zeit von
Bord des „Fürst Bismarck" auf der Höhe
von Dover aufgelassen wurden, traf die
erste bereits um 4 Uhr Nachmittags
mitteleuropäischer Zeit in Hamburg ein.
Diese Taube hat also die Entfernung von
650 Kilometern — in der Luftlinie —
in der kurzen Zeit von 11 Stunden und
15 Minuten zurückgelegt.
BrsviuzisKes.
—! Altona, 17. Juli. Der „weiße
Saal" im Hotel und Restaurant Kühnel,
Altona, Bahnhofstraße 24, hat jetzt seine
künstlerische Ausschmückung erhalten und
präsentirt sich in seiner gefälligen Form
dein Auge recht stilvoll. Gestern tvurde der
Saal zum. ersten Mal in Benutzung ge
nommen; derselbe machte auf die zahlrei
chen Besucher sichtlich einen angenehmen
Eindruck. Einfach und vornehm, das war
der Ausspruch der allgemein laut wurde.
::: H e i d e, 17. Juli. Die Mitglieder
der Landwirthschaftskammer für die Pro
vinz Schleswig-Holstein besichtigten heute
Morgen unter Führung des Direktors
Dr. Clausen das Versuchsfeld der land-
wirthschaftlichen Schule und die in Zink
töpfen ausgeführten Vegetationsversuche,
ferner den Kreisobstmustergarten. Auch
Se. Hoheit Herzog Ernst Günther von
Schleswig-Holstein nahm an der Besichti
gung theil.
Ä? Kiel, 17. Juli. Wegen unbe
rechtigten Fischens auf däni-
s ch e m Küstengebiet a n g e h a l -
t e n wurde der Hamburger Dampftrawler
„Montag", Schiffssührer Nickels und gleich
zeitig 3 englische Trawlschiffe. Die Schiffe
wurden von dem als Fischereiinspektions-
sahrzeug dienenden dänischen Torpedoboot
„Springeren" nach Frederikshavn einge
bracht.. Eins der englichen Schiffe, die
„Desideratum" aus Hull, weigerte sich, zu
folgen, unter der Angabe, seine Maschine
sei in Unordnung. Während „Springeren"
dem Schiffe längsseit lief, um dessen Ma
schine zu untersuchen, machte ein anderes,
der „Falkon", einen Fluchtversuch, wurde
jedoch von dem Torpedoboot eingeholt und
mußte nun, ebenso, wie „Desideratum",
dessen Angaben sich als falsch erwiesen,
folgen. Von der zuständigen Behörde in
Frederikshavn wurde der Führer des
„Falkon" zu 300, die der anderen engli
schen Trawler zu je 250 Kronen Geld
strafe verurtheilt, während der Führer des
„Montag" mit 200 Kronen davonkam.
Der Führer des „Desideratum" mußte
außerdem 100 Kronen wegen Ungebühr
vor Gericht erlegen.
Flensburg, 14. Juli. Zu dem Wechsel
im Landrathsamt des Landkreises
barg bemerkt „Flensborg Avis": „Es
wird nicht ausbleiben können, daß die
Versetzung des Herrn Dr. Rasch, selbst
wenn sie eine Besördrrung ist, in Ver
bindung gesetzt werden wird mit dem er
bitterten Kampf der Angliter Agrarier
gegen den Flensburger Landrath seit der
Landtagswahl im vorigen Herbst und die
deutschen Agrarier werden diese Ver
setzung wohl als einen Sieg ausposaunen,
denn ihr Ziel war ja, den Landrath Dr.
Rasch zu vertreiben. Daß Dr. Rasch
nicht lange Landrath des Kreises bleiben
würde unter so gespannten Verhältnissen
mit einem so großen Theil der einfluß
reichsten Bewohner des Kreises war doch
ziemlich klar. In wie weit die Agrarier
von einem Siege reden können, wird sich
wohl bei der Ernennung des Nachfolgers
von Dr. Rasch zeigen; der Hosbesitzer
Ziese-Kieholm in Angeln hat bekanntlich
behauptet, daß, wenn Dr. Rasch erst fort
wäre, man einen Agrarier bekommen
würde."
V Schleswig, 17. Juli. Der XI.
Bezirkstag des Bezirksverbandes der Tisch
lerinnungen für Schleswig-Holstein und
Lübeck tvurde heute in Nissens Gesellschafts
haus Hierselbst abgehalten. Als Vertreter
der Regierung nahmen Regierungsrath
Korff und Reg.-Ass. Mand an den Ver
handlungen theil. Der Vorsitzende Hintz-
Kiel eröffnete die Versammlung und erstat
tete zunächst den Jahresbericht. Nach dem
selben sind im letzten Jahre die Innungen
Altoita, Nenmünster und Husum aus denr
Bezirksverbande ausgeschieden. Als befrie
digend könne das letzte Jahr für den Be
zirk nicht bezeichnet werden. Zu der Neu
organisation der Innungen in Schleswig-
Holstein theilte der Reg.-Ass. Wand mit,
daß im Tischlergewerbe früher 25 Innun
gen vorhanden gewesen seien. Von diesen
hätten sich 15 zu Zwangs- und 5 zu freien
Innungen organisirt, die übrigen seien
einer gemischten Innung beigetreten. Freie
Innungen seien gebildet in Altona, Itze
hoe, Preetz, Schleswig und Oldesloe. Mit
Bezug auf die Bildung von Handwerker
kammern theilte der Regierungsvertreter
mit, daß solche sür den hiesigen Bezirk in
Flensburg und Altona errichtet würden.
Der ersteren wurden die Innungen in dem
vormaligen Herzogthum Schleswig und die
jenigen in den Kreisen Norder
dithmarschen und Süderdithmarschen
zugetheilt. Die Kammer in Altona
werde eine besondere Abtheilung für das
Fürstenthum Eutin und Lübeck erhalten.
Der durch das Gesetz beabsichtigte Zusam
menschluß des Handwerkes solle demselben
besonders auch Schutz gewähren gegen die
Großindustrien. Ueber das Fortbildungs
schulwesen reserirte Bunzen-Flensburg. Er
führte aus, daß die Handwerker durchweg
Gegner der obligatorischen Fortbildungs
schule seien. Man niöge doch in unserer
Provinz lieber den Dispens von dem ge
setzlichen Konfirmationsalter untersagen.
In der freien Schule sei die Disziplin leich
ter und das Endziel werde nicht durch die
unwilligen Schüler herabgcdrückt. Die ob
ligatorische Schule lasse sich fluch schwer
organisiren, da nach Einführung des Schul
zwangs für alle jungen Leute unter 18
Jahren die Schülerzahl ganz erheblich stei
gen werde. In Flensburg z. B. von 500
auf 1700. Aber trotzdem werde die obliga
torische zweifellos kommen und das Hand
werk thue gut, rechtzeitig mit dieser That
sache zu rechnen. Die Fachschule müsse in
Verbindung bleiben mit der Fortbildungs
schule, etwa als Abschlußklasse. Besondere
Jnnungsschulen seien nicht zu empfehlen.
Der gegebene Fachlehrer sei der Hand
werksmeister, nicht der angelernte. Volks-
schullehrer. Der Regierungsvertreter sprach
sich für die obligatorische Schule aus, da es
der Behörde daran liege, die Lehrlinge bis
zmn 18. Lebensjahre deni Schulzwange un
terworfen zu sehen. Daß die Fachschule in
Verbindung bleibe mit der Fortbildungs
schule sei nur richtig. Für die obligatorische
Schule traten and) die Lübecker und Kieler
Delegirten ein. Als das Ideal wurde all
seitig der Tagesunterricht hingestellt. Ein
Antrag der Lübecker Innung aus Erweite
rung der freiwilligen Sterbekasse des Be
zirksverbandes wurde abgelehnt und soll
der Gegenstand cv. nach der Neuorganisa
tion wieder ausgenommen werden. Abge
lehnt wurde auch die von der Lübecker In
nung empfohlene Gründung von Jnnungs-
gesellen-Krankenkassen, um den freien Hilfs
kassen, welche zur Hauptsache eine sozialde
mokratische Organisation seien, Abbruch zu
thun. Es wurde auf den steten Rückgang
dieser Kassen hingewiesen nnd der Eintritt
in die Ortskrankenkassen empfohlen. Bnn-
zen-Flensburg reserirte hierauf über die Un
fallversicherung bezw. Berufsgenossenschaft
und sprach sich gegen die^ Gründung einer
eignen Berufsgenossenschaft aus, da in der
selben die Berwaltungskosten erheblich hö
her sein würden, als in der Norddeutschen
Holzbernfsgenossenschaft. Denselben Stand
punkt vertrat auch der Regierungsrath
Korff. Die Versammlung stimmte dem Re
ferenten zu, beschloß jedoch, dahin zu stre
ben, daß alle Tischlereibetriebe versjche-
rnngspflichtig gemacht und der Berufsge
nossenschaft angeschlossen werden. Nachdem
noch Mittheilungen gemacht waren über die
beabsichtigte Gründung einev Arbeitsgeber-
Schutzverbandes für das ganze Reich, um
dem Terrorismus der Arbeiterorganisation
wirksam entgegentreten zu können und der
Vorstand beauftragt war erneut sür die Be
schränkung der Zuchthaus- und Gefängniß
arbeit vorstellig zu werden, wurde als Ort
der nüchstjähngen Veyammlung Eckern
förde oder —amsbeck m Aussicht genom
men. -~
Schleswig, 17. Juli. Oberre
gier ung s r at h Sch g jst Sonn
abend-Nacht auf Herreualb im Schwarz-
wald,^ wo er seit Kurzem mit seiner Fatttilie
zur Erholung weilte, in Folge Herzlähmung
gestorben. Heinrich Christian August
Schow war ant 30. Tezencbcr 1845 zu
Apenrade geboren. Nachdem er das Pro-
gymnasium zu Leer bezw. das Lyceum zu
Hannover besucht hatte, studirte er auf den
Universitäten zu Leipzig, Berlin und Göt
tingen die Rechtswissenschaften. 1869 trat
er als Auditor in den Staatsdienst. Zu
nächst war er zu seiner Ausbildung bei
verschiedenen Gerichten in der Provinz Han-