MägticherfGsinendes WLcrtt.
Wendsbsrger
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irgend welcher Art ist ore regelmäßige Lieferung
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JnfertionSprelS: pro Petitzeile 15 <J.
112 siet 4 Jahrgang.
Druck und Verlag von dem verantwortlichen Herausgeber H. Möller (H. Gütlern Nächst.,) Rendsburg, Mühlenstraße 18.
Dem Rendsburger Wochenblatt wird
„Der LanSwirth"
(Zeitschrift für oie politischen u. socialen Interesse«
der Landwirthschast) gratis beigegeoen.
WO. 301.
Sonntag, den 24. Aecenröer
1899.
Des Weihnachtsfeftes
wegen erscheint die nächste
Nummer des Wochenblattes
erst wieder am Mittwoch-
Abend.
Die Expedition.
An unsere
ocdirtcit Postàiiiià.
Wiederholt erhalten wir Klagen über
unregelmäßige Zustellung des „Rends-
burger Wochenblattes" im Landbestell
bezirk. Diesen Klagen gegenüber müssen
wir daraus verweisen, daß Reklamationen
bei den Postämtern resp. Posthülfs
stellen geschehen müssen, da von uns
aus die Expedition aller bestellten Blätter
regelmäßig geschieht.
Auch können Abonnements Mw bei den
nöchstgelegencn Postämtern geschehen,
nicht bei uns in Rendsburg.
Die ExpeMisn
des Reudsburger Wochenblattes.
Morgen-Berichte.
München, 23. Dez. (Orig.-Dep d
Rendsb. Wochenbl.) Der vnn. Ludwig H.
bereits projektirte Bau eines Wagner-
Feşispèel-Hcruses in München ist so
eben vom Vrinzregenten genehmigt.
Das Theater wird in den Gasteig,
anlagen etwas unterhalb der Prinz-
regentenbrücke erbeut und erhält den
Namen „Prinzregenten-Theater. Die
Kosten sind auf £'/2 Millionen Mark
veranschlagt.
Brüssel, 22. Dez. Das Blatt „Peuple"
meldet: Eine Menge Kinder yergnügten
sich gestern auf der Eisdecke des Lys-
flusses in der französischen Grenzgemeinde
Frelinghien, als Plötzlich das Eis brach
und viele Kinder versanken. 3 3 L e i ch e n
wurden bisher geborgen.
Heidelberg, 22. Dez. Banquier Cuntz
wurde heue gegen 90 000 Mk. Caution
aus der Hast entlassen.
Dorpat, 23. Dez. Auf der hiesigen
Universität sollen 208 Studenten wegen
völligerMittellosigkeitausgeschlossen werden.
©filer»», 22. Dez. Durch eine Erd
senkung in Amalfi wurden heute Nach
mittag mehrere Häuser und das Hotel
Cappucini verschüttet, sowie mehrere
Segelschiffe, die im Hasen vor Anker
lagen, zum Sinken gebracht. Einige
Menschen büßten ihr Leben ein.
Rom, 23. Dezember. Bon einem
Selbstmörder im P e ! e r s d 0 m
schreibt man dem „B. L. A." : Einen
eigenartigen Platz suchte sich ein Selbst
mörder aus, ein armer Teufel, der keinen
Freund auf der Welt hatte und arbeitslos
und ohne Geld seinem schauerlich traurigen
Dasein ein Ende machen wollte. Er hing
sich an einem Gitter auf hinter der
Konfession von St. Peter, gegenüber der
Statue Paul's III., der ihm segnend seine
Hand entgegenzustrecken schien. Als die
Gläubigen des Morgens die Kirche
betraten, starrte ihnen von dem Altar
das entsetzlich verzerrte Gesicht des Todten
entgegen. Der Dom wurde sofort
geschlossen und, nachdem er geweiht war,
um 2 Uhr den Gläubigen wieder geöffnet.
Köln, 21. Dezember. Der Kohlen
mangel macht sich außer im westfälischen
auch in den größeren mittelrheinischen
Jndustriecentren in empfindlichster Weise
bemerkbar. Mehrere größere hiesige
Werke mußten den Betrieb einschränken,
die Kölner Eisenröhren - Bleiwalzwerke
Aktien - Gesellschaft zu Köln - Ehrenseld
sogar den Betrieb vollständig
einstellen, wodurch über 300 Arbeiter
vorläufig beschäftigungslos wurden.
Fliest aas krsti!
Wieder fällt in das tiefste Dunkel der
winterlichen Sonnenwende, dürch wallende
Nebel und ziehende Wolken hindurch das
Leuchten des pfadweisenden Sterns von
Bethlehem. Wieder Uingt in den lauten
Lärm des Tages, in die hurtige Hast des
Geschäfts hinein der himmlische Gruß aus
Engelsmunde: Friede auf Erden!
Kaum eine Zeit war dunkler und düsterer,
ärmer an Friede und Freude als die unsere.
Immer schwärzer und schwerer ballen sich
die drohenden Wetterwolken am Himmel der
Zeit, immer tiefer senken sie fiel) ans das
bange harrende Land. Das starke Gerüst,
das den Weltfrieden zu stützen schien, ist
in's Wanken gekommen. Die Mißverstände
nisse und Mißhelligkeiten, die Trübungen
und Verschiebungen zwischen den Reichen
und Völkern mehren und vertiefen sich: Die
Zeit ist ernst. Das zu leugnen, gelingt auch
dein besten Optimisten nicht mehr. Der
Zündstoff hat sich gewaltig gehäuft und
harrt nur noch des brandweckenden Fun
kens. Darüber vermag weder die scheinbare
Ruhe hinwegtäuschen, noch auch die fried
lichen Versicherungen, die nur ehrliche Wün
sche sind. Dazu kommt der nie rastende, son
dern immer wilder und heftiger entbren
nende Kampf im Innern. Es ist, als ob die
Volksgemeinschaft in feindliche Heerlager ge
spalten sei, die nichts Gemeinsames, kein
Friedensbedürfniß mehr haben. Es ist, als
ob Menschen eines Stammes und einer
Sprache sich gegenseitig zu verstehen ver
lernt hatten. Trübes Dunkel, freudeleere
Friedlosigkeit allerwärts!
Was will in solchem Wolkendüster das
Gefunkel des Weihnachtssterns? Kann es
eine andere Wirkung haben, als die, die un
heimliche Finsterniß nur noch tiefer und
schwärzer erscheinen zu lassen? Was will
in diesem Kämpfen und Ringeil die Frie
densbotschaft himmlischer Heerschaaren?
Klingt sie nicht wie ein Gruß aus frem
dem Lande, das wir niemals erreichen wer
den? Scheint es nicht, als ob die hoch
vom Himmel her gekommene gute neue Mär
für unser Geschlecht zunr Märchen gewor
den sei?
Schier zwei Jahrtausende sind vergangen,
seitdem Stern und Engelschaaren den Hir
ten bei den Hürden erschienen. Die Tage
von damals ähnelten denen von heute. Es
waren Tage äußeren Glanzes, prunkvoller
Machtentfaltung; — aber auch Tage, in de
nen die Welt elektrischer Spannung voll
war. Es waren Tage der Genußübersätti-
gung, der Kunsthöhe, Tage des Protzen
thums von Bildimg und Besitz; — aber
auch Tage, da die Armuth vergebens nach
Brod schrie, Tage, da man bei Hexen und
Zauberern, bei fremden und unbekannten
Göttern die Herzensteere zu füllen suchte.
Es waren Tage des Hochstands der Kultur,
aber auch Tage des Tiefstandes der Gesit
tung. Die alte Welt hatte sich ans gelebt
und war nahe daran, sich zu über leben.
Ihr Lebensinhalt war erschöpft, war auf
gebraucht. Deshalb barg die glänzende
Form ein ödes Nichts, deshalb ivar die ge
rühmte Macht, die gepriesene Bildung, —
alles teer und hohl. Es mußte etwas Neues,
etwas ganz Neues kommen — groß und ge
waltig ; aber von anderer Art, nicht aus
der Tiefe her, sondern von oben herab,
nidjit eine Uebertrumpfung des Bisherigen,
sondern ein Ersatz dafür. Die Zeit war
erfüllt. Des Götterberges strahlender
Gipfel war in schwarze Wolken gehüllt, der
leuchtende Himmel griechischer Schöne durch
Nebelschwaden verdüstert. Die olympische
Welt war längst dem Gespötte verfallen,
und in dem Dunkel friedloser Gottarmuth
suchte mau sich vergebens mit den spukhaf
ten, schwelenden Lichtstrümpfen asiatischen
Zaubertrugs zurecht zu finden. Die ge
sammle alte Welt hatte die fürchterlichsten
Kriege durchlebt und stand unmittelbar vor
Kämpfen, gegen die jene Kinderspiel waren.
Ein lechzendes Schreien nach Frieden ging
durch die Völker. Da klang es vom Osten
her, von wo die alte Welt in ihren Träu
men und Sagen das Heil erwartete:
Friede auf Erden! Der Friedefürst,
der lang verkündete, der heißersehnte ist ge
boren, nicht in augusteischer Pracht, sondern
in armseliger Dürftigkeit, nicht aus den
Kreisen von Bildung und Besitz, sondern
aus der niedersten Schicht des Volkes, kein
Herrenmensch, sondern zum Dienen be
stimmt. Wohl war der Stern über dem
Stalle zunächst wenigen eine Leuchte, wohl
haben nur einige sofort die Engelsbotschaft
vernommen und verstanden; aber das große
Neue war doch in jener Decembernacht erd
wärts gekommen. Die Welt ward umgestaltet,
ob auch: das Alte sich mit dem Muthe der
Verzweiflung wehrte. Niedergerungen ward,
das sonst auf gebieterischer Höhe stand. Die
römische Kultur mußte der christlichen wei
chen, die strahlenden Tempel machten den
kreuzgeschmückren Kirchen Platz; und be
iegt am Boden sich windend, bekannte das
ersterbende Heidenthum: Du hast gesiegt,
Galiläer!
Gesiegt? Hat der Stern wirklich leuch
tende Helle gebracht? Ist die Engelsbot
schaft That und Wahrheit geworden? Wo
ist der Friede, der uns verheißen ward?
Schreien wir nicht ebenso noch, wie die
Völker damals nach Frieden? Drohen die
Wetter nicht jetzt ebenso schwer und schlimm,
wie damals zu des Augustus Zeiten? Wo
ist der Stern, der alles das Düster, das
uns lastend und hemmend umwogt, durch
breche und vertreibe? Wo ist der Friede-
fürst, der uns ganz frei mache von dieser
Tage bitterbösem Streite? Haben nicht die
jenigen Recht, welche sagen, das Christen
thum habe zwei Jahrtausende Zeit gehabt,
seine leuchtende, Frieden bringende Macht
zu beweisen, und es nicht gethan, somit sei
seine Ohnmacht bewiesen? Sie würden
Recht haben, wenn das Christenthum überall
schon die bestimmende Macht im Leben der
Völker und Staaten wäre und hätte sein
wollen. Wir sind aber noch! nicht am Ende
der Entwickelung.
Der zu Bethlehem geborene Friedefürst
hat zunächst nicht gesagt, daß Er den Frie
den bringen würde, sondern im Gegentheil,
das Schwert. Der Friede, der zu erwarten
steht, ist noch zukünftig. Noch ist die Welt
banger Erwartung voll und wird es bleiben,
bis die verheißene Zukunft sich enthüllt.
Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, wissen
wir nicht, eines aber wissen wir sicher: Es
kann nicht eher Friede werden, bis die ewige
Liebe, hie jetzt im Streite der Völker noch
unterliegende, siegt. Die großen Güter des
Geistes können und werden nicht verloren
sein, denn sie sind des Ursprungs von Dem,
Der die ewige Liebe ist. Vor ihm sind tau
send Jahre wie ein Tag und ein Tag wie
tausend Jahre. Geschlechter entstehen und
Geschlechter vergehen, aber im Rathschlusse
Dessen, der die Ewigkeit trägt, käme keine
gegebene Verheißung zur Unwahrheit wer
den, denn der Mund Dessen, der vor Jahr
tausenden im Stalle zu Bethlehem geboren
ward, hat es gesagt.
Dtt Lkitß i» SfiMfrifsi
Ich habe Unterredungen mit ihm gehabt,
in denen er mich verblüfft hat.
Aus der Schlacht bei Magersfontain
berichtet der „Central-News"-Korrespon-
dent einige noch unbekannte Details.
„Fast während des ganzen Tages," sagt
er, „konnten wir durch unsere Fcldgläser
genau das milde Gesicht eines kleinen
Mannes sehen, der die Reihen des Feindes
abschritt und die Buren beständig anfeuerte.
Der kleine Mann — sagte man uns —
war der berühmte „Feuerfresier" Cronje.
Die Burenoffiziere waren ebenso wie die
gemeinen Soldaten, in eine Art Khaki-
Uniform gekleidet, und es war deshalb
sehr schwer, sie herauszukennen und immer
zur rechten Zeit ihre taktischen Absichten
zu errathen. Die Gardisten wären ein
mal im Verlaufe des Tages fast in eine
Falle gegangen. Der Feind erwartete
offenbar einen Nachtangriff und war voll
ständig darauf vorbereitet. Außerdem
war der Spionage- und Postendienst der
Feinde in ausgezeichneter Weise geordnel.
Lord Methuen dachte offenbar, er könne
Magersfvntein so angreifen wie Tel-el-
Kebir."
Wiederschwirrcn Gerüchte über Friedens-
Vermittelungen durch die Luft, doch scheinen
sie ebenso unbegründet zu sein wie früher.
Das Hirsch'fche Telegraphenbureau bringt
eine Petersburger Meldung, wonach der
Zar bereit fei, zu interveniren, wenn Eng.
land alle Forderungen gegenüber Trans
vaal fallen lasse und dessen Unabhängig
keit auf immerwährende Zeiten anerkennt.
Das wird England aber schwerlich thun.
Die Eastern Telegraph-Company erklärt,
das östliche Südafrilakabel ist noch unter
brochen, und auf dem westlichen Kabel,
findet ein Verzug für Privatdepeschen 15™
wegen enormen Andranges offizieller
Depeschen statt. Aus dieser Mittheilung
schließt man, daß sich in Südafrika wichtige
Vorgänge abspielten, welche die Regierung
verschweigt.
Fürst Bismarck über Ohm Krüger.
Octave Uzanne hat, wie er im „Echo de
Paris" berichtet, mit einem hervorragen
den Mitglied des englischen Parla
ments eine Unterredung über die Er
eignisse in Südafrika gehabt. Uzanne
nennt dies Mitglied des Parlaments Sir
Charles D ... (wahrscheinlich Sir Dilke?)
und läßt es die folgenden bemerkens-
werthen Aussprüche thun: „Krüger ist
einer der hervorragendsten Menschen dieses
Jahrhunderts; als er damals in England
war, hat man eine große Dummheit be
gangen, daß man die Königin verhinderte,
ihn zu empfangen. Er hat diese Be
schimpfung nicht vergessen, die man ihm
in Deutschland sicherlich nicht angethan
hätte. Ich erinnere mich, mit wie auf
richtiger Bewunderung Fürst Bismarck
von ihm sprach, als ich diesen eines Tages
als den ersten Diplomaten des neunzehnten
Jahrhunderts bezeichnete. „Ach!" sagte
der Fürst, „der erste . . glauben Sie das
nicht; erstlich war Cavour zweifellos feiner,
charfsinniger, besser diplomatisch veran-
lagt, als ich es bin; und dann giebt es
einen Mann, der noch stärker und schlauer
als Cavour und ich ist: das ist der Prä
ident Krüger. Er hat nicht wie ich ein
mächtiges Heer, ein bedeutendes Kaiser
reich hinter sich, das ihn stützt; er ist
allein mit einem kleinen Volk ackerbau
treibender Soldaten, und durch sein Ge
nie könnte er uns allen überlegen sein.
Arrslaud.
Außereuropäische Gebiete.
Aus Johannesburg erzählt die „Süd
afrikanische Zeitung" folgende drollige
Episode; der Stadtverordnete Jul. Jeppe,
der zum Kriegsschanplatz bei Narvals-
Pont abgereist ist, machte vor Wochen,
als er seinem Bruder, dem General
konsul für Transvaal, in Kapstadt einen
Besuch abstattete, die Bekanntschaft des
englischen Husaren-Obersten
Möller. Des letzteren Abschiedsgruß:
„Auf Wiedersehen in Pretoria in drei
Wochen!" beantwortete Herr Jeppe mit
den Worten: „Sie natürlich als Ge
fangener!", und, merkwürdige Ironie des
Schicksals, Herr Jeppe hatte zu Anfang
dieser Woche Gelegenheit, seine spaßhafter
Weise geäußerte Prophezeiung erfüllt zu
sehen, denn der Oberst hat mit seinen
Reitern als Gefangener seinen Einzug in
Pretoria gehalten.
Oesterreich-Ungarn.
Ein entsetzlicher Unglüctsfall ereignete
sich auf dem Hochofen „Sophienhütte"
der Wittkowitzer Eisenwerke in Mährisch-
Ostran. Einer der auf dem Hochofen
mit dem Anfahren von Erz beschäftigten
Arbeiter kam der sogenannten Gichlöffnung
in dem Angenblick nahe, als gerade der
die Oeffnung verschließende Trichter herab
wurde, um das Erz in den
Hochofen stürzen zu lassen. Durch einen
unaufgeklärten Zufall stürzte der Arbeiter,
jedenfalls infolge seiner Unvorsichtigkeit,
sammt dem angefahrenen Wagen in die
Trichteröffnung und verschwand mit den
Erzmaffen sofort in der glühenden Tiefe
des Hochofens. Selbstverständlich blieb
von dem Verunglückten keine Spur übrig,
da er sofort völlig verbrannte und seine
Knochen in die Schlacke verschmolzen
wurden. Bei den noch während der
Nacht eingeleiteten gerichtlichen Erhebungen
wurde konstatirt, daß ein Verschulden
irgend eines Anssichtsorgans nicht vorliege.
Doch konnte auch die Ursache des Unglücks
falles mit Sicherheit nicht festgestellt
werden.
Inland.
— Die „Deutsche Zeitung" schreibt:
Der „etwas plötzliche" Anfang
des neuen Jahrhunderts, der
wider alles Erwarten für das Deutsche Reich!
bereits auf den kommenden 1. Januar fest
gesetzt ist, wird auf königlichen Befehl auch
von der evangelischen Landeskirche begangen
werden. Auf Veranlassung des Königs als
des Bischofs der Landeskirche hat der Evan
gelische Oberkirchenrath bestimmt, daß zum
1. Januar 1900 (als zum „Beginn des
neuen Jahrhunderts") in allen evangelischen
Kirchen ein festliches Sylvester-Geläute ver
anstaltet werde, und, wo die örtlichen Ver
hältnisse es gestatten, in der Morgenfrühe
des 1. Januar Choräle von den Thürmen
geblasen werden. Auch ist auf besonders
ìierliche Ausgestaltung der Jahresschluß-
andacht Bedacht zu nehmen. Für den
.Hauptgottesdienst am Neujahrstage wird
als Epistelspruch: Ebräer 13, 8 bestimmt
und als Schlußgesang, soweit dies ausführ
bar erscheint, das „Herr Gott, dich loben
wir", in den übrigen Gemeinden das „Nun
danket Alle Gott". Schließlich ist für das
allgemeine Kirchengebet an diesem Tage
(der von der Kirche als Anfang des neuen,
20. Jahrhunderts, angesehen wird), eine
bestimmte Fassung vorgeschrieben. — Dazu
sei bemerkt, daß auch Hamburg 1801 als
Anfang des Jahrhunderts gefeiert hat. Im
Schaufenster des Herrn L ö p t h i e n in
der Königsstraße in hiesiger Stadt Rends
burg liegt eine einem Hiesigen gehörige gol
dene Schaumünze aus, die sich auf den An
fang des Jahrhunderts bezieht und die Zahl
1801 trägt.
Berlin, 21. Dec. Seit einigen Tagen
zeichnet Schweinburg die „Berl.
P 0 l. N a ch r. n i ch t m e h r. Es wird
der „D. T." mitgetheilt, daß Herrn Vik
tor Schweinburg von verschiedenen für
ihn recht maßgebenden Stellen nahegelegt
worden sei, sich im Klagewege von den
gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu reinigen.
Augsburg, 21. Dez. Seit langer Zeit
führte ein in der Augsburger Buntweberei
vorm. Ridinger beschäftigter Arbeiter aus
Kriegshaber einen lebhaften Handel mit
Waaren, die er in der Weberei ge
stohlen hatte. Durch eine Kundin, die
sich benachtheiligt fühlte, erhielt die Fabrik-
leitung Kenntniß von der angeblichen
Verkaufsstelle. Eine Untersuchung förderte
ein richtiges Waarenlager zu Tage, das
einen Werth von etwa 4000 Mk. besaß.
Der Dieb und seine Helfershelfer wurden
verhaftet.
Io Waren (Mecklenburg), 22. Dez. Herr
0. T i e l e - W i » k l e r hat das Mißge
schick gehabt, seine sämmtlichen Vollblut
fohlen diesjähriger Auszucht zu verlieren.
Durch eine im letzten Sommer angekaufte
Stute wurde der Husten aus Hoppegarten
in Blücher eingeschleppt und fast sämmt
liche Insassen des Gestütes, Stuten wie
Fohlen, davon ergriffen. Während sich
nun die Mutterstuten verhältnißmäßig
rasch erholten, und die Halbblutfohlen,
die unmittelbar neben den Bollblutfohleu
standen, sogar gesund blieben, entwickelte
sich bei den letzteren eine bösartige Bräune,
die den Tod sämmtlicher Fohlen zur Folge
hatte.
Hamburg, 22. Dez. Die Hinrichtung
des Raubmörders Fischer ist nunmehr
auf den 30. d. M, Morgens 8% Uhr
festgesetzt. Der Vertheidiger, Herr Rechts
anwalt Dr. Heckscher, der-sich pflichtgemäß
unendliche Mühe gegeben hat, den Raub
mörder vor der Hinrichtung zu bewahren,
hat noch ein Gnadengesuch an den Senat
eingereicht. Uebrrgens ist der Raubmörder
voll Humors und machte wiederholt die
cynische Bemerkung: „Datt jetzt aber nich,
datt ihr mir die Riebe abhackt (Riebe für
Rübe—Kops)." Man erwartet von dem
Gnadengesuch indeß keinen Erfolg.
Provinzielles.
Än die Mitglieder der Sparvereine zu
Nienstedten und Dockenhuden sind am
Schluß des Jahres 11 888 Mark bezw.
5143 Mark zurückgezahlt.
Folgende Geschichte, die buchstäblich
wahr sein soll, macht augenblicklich in
Altona die Runde. Zwei Musiker, gute
Freunde, fahren zusammen auf Ver- ,
gnügungsdampfern. Vor einigen Tagen
befand sich einer von ihnen in Helgoland,
der andere in seiner Wohnung in Altona.
Um nun seinem Freunde ein Lebenszeichen
zu geben, sandte der Altonaer dem
Helgoländer unfrankirt eine Cigarrenkiste,
die jedoch außer Papier nur eine Cigarre
enthielt; dazu wurde die Kiste per Eilgut
gesandt. Der Empfänger zahlte 1,80 Mk.
Porto und durfte die Pfälzer 5 Pfennigs-
Cigarre mit dem Bewußtsein rauchen,
daß er für dasselbe Geld mehrere herrliche
Importen hätte haben können. Im
ersten Moment raste und tobte der
Gefoppte in seinem Helgoländer Logis
herum, dann wurde er ruhiger. Vor
einigen Tagen kehrte er nach Altona
zurück. Bis zum späten Abend lief er
trübe und tiefsinnig in den Straßen
herum. Er wollte und mußte Rache
nehmen — aber wie? Da durchzuckte
ein teuflischer Gedanke das Hirn des
Rachebrütenden. Er ging in eine Wirth-
chaft, ließ sich einige Schoppen bringen
und wartete bis die Uhr die Mitternachts,
stunde verkündete. Dann lenkte er die