Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

MägticherfGsinendes WLcrtt. 
Wendsbsrger 
(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
Bezugspreis: 
MerteljährRch 2 Ji—, frei ins Haus geliefert 
2 Ji 15 $, 
für Auswärtige, durch die Post bezogen 
2 Ji 25 
iucl. Postprovision rc., jedoch ohne Bestellgeld. 
Ae'Lrşies rrrrd gete lenstes Klatt im Kreise Nendsvnrg. 
Anzeigen für die Tagesnununer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
Be' Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist ore regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
JnfertionSprelS: pro Petitzeile 15 <J. 
112 siet 4 Jahrgang. 
Druck und Verlag von dem verantwortlichen Herausgeber H. Möller (H. Gütlern Nächst.,) Rendsburg, Mühlenstraße 18. 
Dem Rendsburger Wochenblatt wird 
„Der LanSwirth" 
(Zeitschrift für oie politischen u. socialen Interesse« 
der Landwirthschast) gratis beigegeoen. 
WO. 301. 
Sonntag, den 24. Aecenröer 
1899. 
Des Weihnachtsfeftes 
wegen erscheint die nächste 
Nummer des Wochenblattes 
erst wieder am Mittwoch- 
Abend. 
Die Expedition. 
An unsere 
ocdirtcit Postàiiiià. 
Wiederholt erhalten wir Klagen über 
unregelmäßige Zustellung des „Rends- 
burger Wochenblattes" im Landbestell 
bezirk. Diesen Klagen gegenüber müssen 
wir daraus verweisen, daß Reklamationen 
bei den Postämtern resp. Posthülfs 
stellen geschehen müssen, da von uns 
aus die Expedition aller bestellten Blätter 
regelmäßig geschieht. 
Auch können Abonnements Mw bei den 
nöchstgelegencn Postämtern geschehen, 
nicht bei uns in Rendsburg. 
Die ExpeMisn 
des Reudsburger Wochenblattes. 
Morgen-Berichte. 
München, 23. Dez. (Orig.-Dep d 
Rendsb. Wochenbl.) Der vnn. Ludwig H. 
bereits projektirte Bau eines Wagner- 
Feşispèel-Hcruses in München ist so 
eben vom Vrinzregenten genehmigt. 
Das Theater wird in den Gasteig, 
anlagen etwas unterhalb der Prinz- 
regentenbrücke erbeut und erhält den 
Namen „Prinzregenten-Theater. Die 
Kosten sind auf £'/2 Millionen Mark 
veranschlagt. 
Brüssel, 22. Dez. Das Blatt „Peuple" 
meldet: Eine Menge Kinder yergnügten 
sich gestern auf der Eisdecke des Lys- 
flusses in der französischen Grenzgemeinde 
Frelinghien, als Plötzlich das Eis brach 
und viele Kinder versanken. 3 3 L e i ch e n 
wurden bisher geborgen. 
Heidelberg, 22. Dez. Banquier Cuntz 
wurde heue gegen 90 000 Mk. Caution 
aus der Hast entlassen. 
Dorpat, 23. Dez. Auf der hiesigen 
Universität sollen 208 Studenten wegen 
völligerMittellosigkeitausgeschlossen werden. 
©filer»», 22. Dez. Durch eine Erd 
senkung in Amalfi wurden heute Nach 
mittag mehrere Häuser und das Hotel 
Cappucini verschüttet, sowie mehrere 
Segelschiffe, die im Hasen vor Anker 
lagen, zum Sinken gebracht. Einige 
Menschen büßten ihr Leben ein. 
Rom, 23. Dezember. Bon einem 
Selbstmörder im P e ! e r s d 0 m 
schreibt man dem „B. L. A." : Einen 
eigenartigen Platz suchte sich ein Selbst 
mörder aus, ein armer Teufel, der keinen 
Freund auf der Welt hatte und arbeitslos 
und ohne Geld seinem schauerlich traurigen 
Dasein ein Ende machen wollte. Er hing 
sich an einem Gitter auf hinter der 
Konfession von St. Peter, gegenüber der 
Statue Paul's III., der ihm segnend seine 
Hand entgegenzustrecken schien. Als die 
Gläubigen des Morgens die Kirche 
betraten, starrte ihnen von dem Altar 
das entsetzlich verzerrte Gesicht des Todten 
entgegen. Der Dom wurde sofort 
geschlossen und, nachdem er geweiht war, 
um 2 Uhr den Gläubigen wieder geöffnet. 
Köln, 21. Dezember. Der Kohlen 
mangel macht sich außer im westfälischen 
auch in den größeren mittelrheinischen 
Jndustriecentren in empfindlichster Weise 
bemerkbar. Mehrere größere hiesige 
Werke mußten den Betrieb einschränken, 
die Kölner Eisenröhren - Bleiwalzwerke 
Aktien - Gesellschaft zu Köln - Ehrenseld 
sogar den Betrieb vollständig 
einstellen, wodurch über 300 Arbeiter 
vorläufig beschäftigungslos wurden. 
Fliest aas krsti! 
Wieder fällt in das tiefste Dunkel der 
winterlichen Sonnenwende, dürch wallende 
Nebel und ziehende Wolken hindurch das 
Leuchten des pfadweisenden Sterns von 
Bethlehem. Wieder Uingt in den lauten 
Lärm des Tages, in die hurtige Hast des 
Geschäfts hinein der himmlische Gruß aus 
Engelsmunde: Friede auf Erden! 
Kaum eine Zeit war dunkler und düsterer, 
ärmer an Friede und Freude als die unsere. 
Immer schwärzer und schwerer ballen sich 
die drohenden Wetterwolken am Himmel der 
Zeit, immer tiefer senken sie fiel) ans das 
bange harrende Land. Das starke Gerüst, 
das den Weltfrieden zu stützen schien, ist 
in's Wanken gekommen. Die Mißverstände 
nisse und Mißhelligkeiten, die Trübungen 
und Verschiebungen zwischen den Reichen 
und Völkern mehren und vertiefen sich: Die 
Zeit ist ernst. Das zu leugnen, gelingt auch 
dein besten Optimisten nicht mehr. Der 
Zündstoff hat sich gewaltig gehäuft und 
harrt nur noch des brandweckenden Fun 
kens. Darüber vermag weder die scheinbare 
Ruhe hinwegtäuschen, noch auch die fried 
lichen Versicherungen, die nur ehrliche Wün 
sche sind. Dazu kommt der nie rastende, son 
dern immer wilder und heftiger entbren 
nende Kampf im Innern. Es ist, als ob die 
Volksgemeinschaft in feindliche Heerlager ge 
spalten sei, die nichts Gemeinsames, kein 
Friedensbedürfniß mehr haben. Es ist, als 
ob Menschen eines Stammes und einer 
Sprache sich gegenseitig zu verstehen ver 
lernt hatten. Trübes Dunkel, freudeleere 
Friedlosigkeit allerwärts! 
Was will in solchem Wolkendüster das 
Gefunkel des Weihnachtssterns? Kann es 
eine andere Wirkung haben, als die, die un 
heimliche Finsterniß nur noch tiefer und 
schwärzer erscheinen zu lassen? Was will 
in diesem Kämpfen und Ringeil die Frie 
densbotschaft himmlischer Heerschaaren? 
Klingt sie nicht wie ein Gruß aus frem 
dem Lande, das wir niemals erreichen wer 
den? Scheint es nicht, als ob die hoch 
vom Himmel her gekommene gute neue Mär 
für unser Geschlecht zunr Märchen gewor 
den sei? 
Schier zwei Jahrtausende sind vergangen, 
seitdem Stern und Engelschaaren den Hir 
ten bei den Hürden erschienen. Die Tage 
von damals ähnelten denen von heute. Es 
waren Tage äußeren Glanzes, prunkvoller 
Machtentfaltung; — aber auch Tage, in de 
nen die Welt elektrischer Spannung voll 
war. Es waren Tage der Genußübersätti- 
gung, der Kunsthöhe, Tage des Protzen 
thums von Bildimg und Besitz; — aber 
auch Tage, da die Armuth vergebens nach 
Brod schrie, Tage, da man bei Hexen und 
Zauberern, bei fremden und unbekannten 
Göttern die Herzensteere zu füllen suchte. 
Es waren Tage des Hochstands der Kultur, 
aber auch Tage des Tiefstandes der Gesit 
tung. Die alte Welt hatte sich ans gelebt 
und war nahe daran, sich zu über leben. 
Ihr Lebensinhalt war erschöpft, war auf 
gebraucht. Deshalb barg die glänzende 
Form ein ödes Nichts, deshalb ivar die ge 
rühmte Macht, die gepriesene Bildung, — 
alles teer und hohl. Es mußte etwas Neues, 
etwas ganz Neues kommen — groß und ge 
waltig ; aber von anderer Art, nicht aus 
der Tiefe her, sondern von oben herab, 
nidjit eine Uebertrumpfung des Bisherigen, 
sondern ein Ersatz dafür. Die Zeit war 
erfüllt. Des Götterberges strahlender 
Gipfel war in schwarze Wolken gehüllt, der 
leuchtende Himmel griechischer Schöne durch 
Nebelschwaden verdüstert. Die olympische 
Welt war längst dem Gespötte verfallen, 
und in dem Dunkel friedloser Gottarmuth 
suchte mau sich vergebens mit den spukhaf 
ten, schwelenden Lichtstrümpfen asiatischen 
Zaubertrugs zurecht zu finden. Die ge 
sammle alte Welt hatte die fürchterlichsten 
Kriege durchlebt und stand unmittelbar vor 
Kämpfen, gegen die jene Kinderspiel waren. 
Ein lechzendes Schreien nach Frieden ging 
durch die Völker. Da klang es vom Osten 
her, von wo die alte Welt in ihren Träu 
men und Sagen das Heil erwartete: 
Friede auf Erden! Der Friedefürst, 
der lang verkündete, der heißersehnte ist ge 
boren, nicht in augusteischer Pracht, sondern 
in armseliger Dürftigkeit, nicht aus den 
Kreisen von Bildung und Besitz, sondern 
aus der niedersten Schicht des Volkes, kein 
Herrenmensch, sondern zum Dienen be 
stimmt. Wohl war der Stern über dem 
Stalle zunächst wenigen eine Leuchte, wohl 
haben nur einige sofort die Engelsbotschaft 
vernommen und verstanden; aber das große 
Neue war doch in jener Decembernacht erd 
wärts gekommen. Die Welt ward umgestaltet, 
ob auch: das Alte sich mit dem Muthe der 
Verzweiflung wehrte. Niedergerungen ward, 
das sonst auf gebieterischer Höhe stand. Die 
römische Kultur mußte der christlichen wei 
chen, die strahlenden Tempel machten den 
kreuzgeschmückren Kirchen Platz; und be 
iegt am Boden sich windend, bekannte das 
ersterbende Heidenthum: Du hast gesiegt, 
Galiläer! 
Gesiegt? Hat der Stern wirklich leuch 
tende Helle gebracht? Ist die Engelsbot 
schaft That und Wahrheit geworden? Wo 
ist der Friede, der uns verheißen ward? 
Schreien wir nicht ebenso noch, wie die 
Völker damals nach Frieden? Drohen die 
Wetter nicht jetzt ebenso schwer und schlimm, 
wie damals zu des Augustus Zeiten? Wo 
ist der Stern, der alles das Düster, das 
uns lastend und hemmend umwogt, durch 
breche und vertreibe? Wo ist der Friede- 
fürst, der uns ganz frei mache von dieser 
Tage bitterbösem Streite? Haben nicht die 
jenigen Recht, welche sagen, das Christen 
thum habe zwei Jahrtausende Zeit gehabt, 
seine leuchtende, Frieden bringende Macht 
zu beweisen, und es nicht gethan, somit sei 
seine Ohnmacht bewiesen? Sie würden 
Recht haben, wenn das Christenthum überall 
schon die bestimmende Macht im Leben der 
Völker und Staaten wäre und hätte sein 
wollen. Wir sind aber noch! nicht am Ende 
der Entwickelung. 
Der zu Bethlehem geborene Friedefürst 
hat zunächst nicht gesagt, daß Er den Frie 
den bringen würde, sondern im Gegentheil, 
das Schwert. Der Friede, der zu erwarten 
steht, ist noch zukünftig. Noch ist die Welt 
banger Erwartung voll und wird es bleiben, 
bis die verheißene Zukunft sich enthüllt. 
Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, wissen 
wir nicht, eines aber wissen wir sicher: Es 
kann nicht eher Friede werden, bis die ewige 
Liebe, hie jetzt im Streite der Völker noch 
unterliegende, siegt. Die großen Güter des 
Geistes können und werden nicht verloren 
sein, denn sie sind des Ursprungs von Dem, 
Der die ewige Liebe ist. Vor ihm sind tau 
send Jahre wie ein Tag und ein Tag wie 
tausend Jahre. Geschlechter entstehen und 
Geschlechter vergehen, aber im Rathschlusse 
Dessen, der die Ewigkeit trägt, käme keine 
gegebene Verheißung zur Unwahrheit wer 
den, denn der Mund Dessen, der vor Jahr 
tausenden im Stalle zu Bethlehem geboren 
ward, hat es gesagt. 
Dtt Lkitß i» SfiMfrifsi 
Ich habe Unterredungen mit ihm gehabt, 
in denen er mich verblüfft hat. 
Aus der Schlacht bei Magersfontain 
berichtet der „Central-News"-Korrespon- 
dent einige noch unbekannte Details. 
„Fast während des ganzen Tages," sagt 
er, „konnten wir durch unsere Fcldgläser 
genau das milde Gesicht eines kleinen 
Mannes sehen, der die Reihen des Feindes 
abschritt und die Buren beständig anfeuerte. 
Der kleine Mann — sagte man uns — 
war der berühmte „Feuerfresier" Cronje. 
Die Burenoffiziere waren ebenso wie die 
gemeinen Soldaten, in eine Art Khaki- 
Uniform gekleidet, und es war deshalb 
sehr schwer, sie herauszukennen und immer 
zur rechten Zeit ihre taktischen Absichten 
zu errathen. Die Gardisten wären ein 
mal im Verlaufe des Tages fast in eine 
Falle gegangen. Der Feind erwartete 
offenbar einen Nachtangriff und war voll 
ständig darauf vorbereitet. Außerdem 
war der Spionage- und Postendienst der 
Feinde in ausgezeichneter Weise geordnel. 
Lord Methuen dachte offenbar, er könne 
Magersfvntein so angreifen wie Tel-el- 
Kebir." 
Wiederschwirrcn Gerüchte über Friedens- 
Vermittelungen durch die Luft, doch scheinen 
sie ebenso unbegründet zu sein wie früher. 
Das Hirsch'fche Telegraphenbureau bringt 
eine Petersburger Meldung, wonach der 
Zar bereit fei, zu interveniren, wenn Eng. 
land alle Forderungen gegenüber Trans 
vaal fallen lasse und dessen Unabhängig 
keit auf immerwährende Zeiten anerkennt. 
Das wird England aber schwerlich thun. 
Die Eastern Telegraph-Company erklärt, 
das östliche Südafrilakabel ist noch unter 
brochen, und auf dem westlichen Kabel, 
findet ein Verzug für Privatdepeschen 15™ 
wegen enormen Andranges offizieller 
Depeschen statt. Aus dieser Mittheilung 
schließt man, daß sich in Südafrika wichtige 
Vorgänge abspielten, welche die Regierung 
verschweigt. 
Fürst Bismarck über Ohm Krüger. 
Octave Uzanne hat, wie er im „Echo de 
Paris" berichtet, mit einem hervorragen 
den Mitglied des englischen Parla 
ments eine Unterredung über die Er 
eignisse in Südafrika gehabt. Uzanne 
nennt dies Mitglied des Parlaments Sir 
Charles D ... (wahrscheinlich Sir Dilke?) 
und läßt es die folgenden bemerkens- 
werthen Aussprüche thun: „Krüger ist 
einer der hervorragendsten Menschen dieses 
Jahrhunderts; als er damals in England 
war, hat man eine große Dummheit be 
gangen, daß man die Königin verhinderte, 
ihn zu empfangen. Er hat diese Be 
schimpfung nicht vergessen, die man ihm 
in Deutschland sicherlich nicht angethan 
hätte. Ich erinnere mich, mit wie auf 
richtiger Bewunderung Fürst Bismarck 
von ihm sprach, als ich diesen eines Tages 
als den ersten Diplomaten des neunzehnten 
Jahrhunderts bezeichnete. „Ach!" sagte 
der Fürst, „der erste . . glauben Sie das 
nicht; erstlich war Cavour zweifellos feiner, 
charfsinniger, besser diplomatisch veran- 
lagt, als ich es bin; und dann giebt es 
einen Mann, der noch stärker und schlauer 
als Cavour und ich ist: das ist der Prä 
ident Krüger. Er hat nicht wie ich ein 
mächtiges Heer, ein bedeutendes Kaiser 
reich hinter sich, das ihn stützt; er ist 
allein mit einem kleinen Volk ackerbau 
treibender Soldaten, und durch sein Ge 
nie könnte er uns allen überlegen sein. 
Arrslaud. 
Außereuropäische Gebiete. 
Aus Johannesburg erzählt die „Süd 
afrikanische Zeitung" folgende drollige 
Episode; der Stadtverordnete Jul. Jeppe, 
der zum Kriegsschanplatz bei Narvals- 
Pont abgereist ist, machte vor Wochen, 
als er seinem Bruder, dem General 
konsul für Transvaal, in Kapstadt einen 
Besuch abstattete, die Bekanntschaft des 
englischen Husaren-Obersten 
Möller. Des letzteren Abschiedsgruß: 
„Auf Wiedersehen in Pretoria in drei 
Wochen!" beantwortete Herr Jeppe mit 
den Worten: „Sie natürlich als Ge 
fangener!", und, merkwürdige Ironie des 
Schicksals, Herr Jeppe hatte zu Anfang 
dieser Woche Gelegenheit, seine spaßhafter 
Weise geäußerte Prophezeiung erfüllt zu 
sehen, denn der Oberst hat mit seinen 
Reitern als Gefangener seinen Einzug in 
Pretoria gehalten. 
Oesterreich-Ungarn. 
Ein entsetzlicher Unglüctsfall ereignete 
sich auf dem Hochofen „Sophienhütte" 
der Wittkowitzer Eisenwerke in Mährisch- 
Ostran. Einer der auf dem Hochofen 
mit dem Anfahren von Erz beschäftigten 
Arbeiter kam der sogenannten Gichlöffnung 
in dem Angenblick nahe, als gerade der 
die Oeffnung verschließende Trichter herab 
wurde, um das Erz in den 
Hochofen stürzen zu lassen. Durch einen 
unaufgeklärten Zufall stürzte der Arbeiter, 
jedenfalls infolge seiner Unvorsichtigkeit, 
sammt dem angefahrenen Wagen in die 
Trichteröffnung und verschwand mit den 
Erzmaffen sofort in der glühenden Tiefe 
des Hochofens. Selbstverständlich blieb 
von dem Verunglückten keine Spur übrig, 
da er sofort völlig verbrannte und seine 
Knochen in die Schlacke verschmolzen 
wurden. Bei den noch während der 
Nacht eingeleiteten gerichtlichen Erhebungen 
wurde konstatirt, daß ein Verschulden 
irgend eines Anssichtsorgans nicht vorliege. 
Doch konnte auch die Ursache des Unglücks 
falles mit Sicherheit nicht festgestellt 
werden. 
Inland. 
— Die „Deutsche Zeitung" schreibt: 
Der „etwas plötzliche" Anfang 
des neuen Jahrhunderts, der 
wider alles Erwarten für das Deutsche Reich! 
bereits auf den kommenden 1. Januar fest 
gesetzt ist, wird auf königlichen Befehl auch 
von der evangelischen Landeskirche begangen 
werden. Auf Veranlassung des Königs als 
des Bischofs der Landeskirche hat der Evan 
gelische Oberkirchenrath bestimmt, daß zum 
1. Januar 1900 (als zum „Beginn des 
neuen Jahrhunderts") in allen evangelischen 
Kirchen ein festliches Sylvester-Geläute ver 
anstaltet werde, und, wo die örtlichen Ver 
hältnisse es gestatten, in der Morgenfrühe 
des 1. Januar Choräle von den Thürmen 
geblasen werden. Auch ist auf besonders 
ìierliche Ausgestaltung der Jahresschluß- 
andacht Bedacht zu nehmen. Für den 
.Hauptgottesdienst am Neujahrstage wird 
als Epistelspruch: Ebräer 13, 8 bestimmt 
und als Schlußgesang, soweit dies ausführ 
bar erscheint, das „Herr Gott, dich loben 
wir", in den übrigen Gemeinden das „Nun 
danket Alle Gott". Schließlich ist für das 
allgemeine Kirchengebet an diesem Tage 
(der von der Kirche als Anfang des neuen, 
20. Jahrhunderts, angesehen wird), eine 
bestimmte Fassung vorgeschrieben. — Dazu 
sei bemerkt, daß auch Hamburg 1801 als 
Anfang des Jahrhunderts gefeiert hat. Im 
Schaufenster des Herrn L ö p t h i e n in 
der Königsstraße in hiesiger Stadt Rends 
burg liegt eine einem Hiesigen gehörige gol 
dene Schaumünze aus, die sich auf den An 
fang des Jahrhunderts bezieht und die Zahl 
1801 trägt. 
Berlin, 21. Dec. Seit einigen Tagen 
zeichnet Schweinburg die „Berl. 
P 0 l. N a ch r. n i ch t m e h r. Es wird 
der „D. T." mitgetheilt, daß Herrn Vik 
tor Schweinburg von verschiedenen für 
ihn recht maßgebenden Stellen nahegelegt 
worden sei, sich im Klagewege von den 
gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu reinigen. 
Augsburg, 21. Dez. Seit langer Zeit 
führte ein in der Augsburger Buntweberei 
vorm. Ridinger beschäftigter Arbeiter aus 
Kriegshaber einen lebhaften Handel mit 
Waaren, die er in der Weberei ge 
stohlen hatte. Durch eine Kundin, die 
sich benachtheiligt fühlte, erhielt die Fabrik- 
leitung Kenntniß von der angeblichen 
Verkaufsstelle. Eine Untersuchung förderte 
ein richtiges Waarenlager zu Tage, das 
einen Werth von etwa 4000 Mk. besaß. 
Der Dieb und seine Helfershelfer wurden 
verhaftet. 
Io Waren (Mecklenburg), 22. Dez. Herr 
0. T i e l e - W i » k l e r hat das Mißge 
schick gehabt, seine sämmtlichen Vollblut 
fohlen diesjähriger Auszucht zu verlieren. 
Durch eine im letzten Sommer angekaufte 
Stute wurde der Husten aus Hoppegarten 
in Blücher eingeschleppt und fast sämmt 
liche Insassen des Gestütes, Stuten wie 
Fohlen, davon ergriffen. Während sich 
nun die Mutterstuten verhältnißmäßig 
rasch erholten, und die Halbblutfohlen, 
die unmittelbar neben den Bollblutfohleu 
standen, sogar gesund blieben, entwickelte 
sich bei den letzteren eine bösartige Bräune, 
die den Tod sämmtlicher Fohlen zur Folge 
hatte. 
Hamburg, 22. Dez. Die Hinrichtung 
des Raubmörders Fischer ist nunmehr 
auf den 30. d. M, Morgens 8% Uhr 
festgesetzt. Der Vertheidiger, Herr Rechts 
anwalt Dr. Heckscher, der-sich pflichtgemäß 
unendliche Mühe gegeben hat, den Raub 
mörder vor der Hinrichtung zu bewahren, 
hat noch ein Gnadengesuch an den Senat 
eingereicht. Uebrrgens ist der Raubmörder 
voll Humors und machte wiederholt die 
cynische Bemerkung: „Datt jetzt aber nich, 
datt ihr mir die Riebe abhackt (Riebe für 
Rübe—Kops)." Man erwartet von dem 
Gnadengesuch indeß keinen Erfolg. 
Provinzielles. 
Än die Mitglieder der Sparvereine zu 
Nienstedten und Dockenhuden sind am 
Schluß des Jahres 11 888 Mark bezw. 
5143 Mark zurückgezahlt. 
Folgende Geschichte, die buchstäblich 
wahr sein soll, macht augenblicklich in 
Altona die Runde. Zwei Musiker, gute 
Freunde, fahren zusammen auf Ver- , 
gnügungsdampfern. Vor einigen Tagen 
befand sich einer von ihnen in Helgoland, 
der andere in seiner Wohnung in Altona. 
Um nun seinem Freunde ein Lebenszeichen 
zu geben, sandte der Altonaer dem 
Helgoländer unfrankirt eine Cigarrenkiste, 
die jedoch außer Papier nur eine Cigarre 
enthielt; dazu wurde die Kiste per Eilgut 
gesandt. Der Empfänger zahlte 1,80 Mk. 
Porto und durfte die Pfälzer 5 Pfennigs- 
Cigarre mit dem Bewußtsein rauchen, 
daß er für dasselbe Geld mehrere herrliche 
Importen hätte haben können. Im 
ersten Moment raste und tobte der 
Gefoppte in seinem Helgoländer Logis 
herum, dann wurde er ruhiger. Vor 
einigen Tagen kehrte er nach Altona 
zurück. Bis zum späten Abend lief er 
trübe und tiefsinnig in den Straßen 
herum. Er wollte und mußte Rache 
nehmen — aber wie? Da durchzuckte 
ein teuflischer Gedanke das Hirn des 
Rachebrütenden. Er ging in eine Wirth- 
chaft, ließ sich einige Schoppen bringen 
und wartete bis die Uhr die Mitternachts, 
stunde verkündete. Dann lenkte er die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.