Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

gesehen teerten bürfe, wir ber Herr ftinatu- 
Dunifter in ber Sitzung vom 14. April b. I. 
aussprach, muß entschieben bestritten werben. 
Wohl aber sollte man meinen, baß bie 
Staatsregierung an und für sich berufen 
wäre, zunächst die Wasserstraße von bem 
westfälischen Kohlenrevier nach den großen 
Norbseehäfen, bie mit dem Dortmunb-Ems- 
Kanal offenbar erst zum Theil durchgeführt 
ist, zum Abschluß zu bringen. 
In der Begründung des vorliegenden 
Gesetzentwurfs, betreffend den Mittelland 
Kanal, ebenso wie in den beigegebenen 
Denkschriften fehlt jede Andeutung darüber, 
welche Gründe die Königliche Staats-Re 
gierung veranlaßt haben, von der Fort 
führung des Dortmund-Ems-Kanals nach 
der Unterweser und der Unterelbe abzusehen 
und statt dessen die Mittellandlinie in Vor 
schlag zu bringen. 
Es liegt auf der Hand, daß der große 
nationale Gesichtspunkt, den Verkehr des 
westlichen Industriegebiets unab 
hängig zu machen von den holländ i- 
schenHäfen und eine großeWasser- 
straße nach den Nordseehäfen und 
damit zugleich nach den Ostseehäfe n 
Kiel und Lübeck zu schaffen, vor 
läufig zurückgeschoben ist. Statt 
dessen wird ein Kanalbau in Aussicht ge 
nommen, durch den der mitteldeutsche Ver 
kehr von Hamburg und den Elbhäfen ab 
geleitet und großentheils den ausländischen 
Häfen zugewendet wird. In der Begrün 
dung des Gesetzentwurfs wird bemerkt, daß 
Bremen einen Zugang zu dem binnen 
ländischen Wasserstraßennetz erlangt, „welcher 
den der Elbhäfen, die Elbe, an Leistungs 
fähigkeit übertrifft". Hiermit ist ausge 
sprochen, daß von Magdeburg aus der 
Mittellandkanal eine leistungsfähigere Wasser 
straße liefert als selbst die Elbe. In Folge 
dessen muß der Verkehr zum großen Theil 
dem Mittellandkanal und damit, neben 
Bremen, besonders den niederländischen Häfen 
zufallen. Es wird also eine Stärkung des 
Handels von Rotterdam und Antwerpen 
erreicht auf Kosten Hamburgs und der an 
deren deutschen Elbhäfen; also das Gegen 
theil von dem, was ursprünglich durch den 
Dortmund-Ems-Kanal angestrebt wurde. 
(Schluß folgt.) 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Ueber die neue Hungers noth, die 
Deutsch.Ostafrika betroffen hat, schreibt die 
Sansibar-Gazetta": „Die Hungersnoth in 
Bondet ist schwerer als je in den letzten 
30 Jahren. Die Haupternte ist letztes 
Jahr aus Mangel an Regen mißrathen, 
ebenso die kleinere Ernte, die um das 
Weihnachtsfest fällt, zum größten Theil. 
Die Folge ist, daß die Masse des Volkes 
außer Wurzeln und Gras nichts zu leben 
hat. Auch wenn Regen eintritt, kann 
unter keinen Umständen vor Ende Juli 
oder August Linderung der Noth erwartet 
werden. Biele haben auch kein Saatkorn, 
um es dann auszusäen, oder keine Kraft, 
um den Acker zu bestellen." 
Die größten Wälder derWelt 
zu besitzen, können sich ohne Zweifel die 
Amerikaner und Afrikaner rühmen. Nach 
neueren Vermessungen hat der Wald von 
Ouebec und Ontario in Kanada eine 
Länge von 2700 Kilom. und eine Breite 
von 1000 Kilom. In den Niederungen 
an den Ufern des Amazonenstromes bedeckt 
der Wald einen Komplex von 3300 Kilom 
Länge und 2000 Kilom. Breite. Den 
mächtigsten Wald hat aber jedenfalls das 
Innere Afrikas aufzuweisen mit einer 
ausgemessenen Länge von 4800 Kilom. 
und einer auf 2—3000 Kilom. geschätzten 
Breite. 
Dänemark. 
In den journalistischen Kreisen Kopen 
hageuS erregt folgender Vorfall großes 
Aussehen: Ein hiesiges Blatt. „Forposten", 
das sich freilich des besten Rufes nicht 
erfreut, hatte dem Direktor des Circus 
Ducander vorgeschlagen, gegen ein ge- 
wisses monatliches Honorar die Vorstellun- 
gen günstig zu besprechen. Da aber die 
Direktion sich auf dieses „Geschäft" nicht 
ermaßen wollte, veröffentlichte das genannte 
Blait eine Reihe Artikel, in denen die 
Privaten Verhältnisse des Directors in 
unerhörter Weise behandelt wurden. Gleich 
zeitig erklärte diese treffliche Redaction, 
die Angriffe würden erst dann aufhören, 
wenn die verlangte Summe ausgezahlt 
werden würde. Der Director erhob nun 
eine Klage wegen Erpressung und nach 
mehreren Verhören wurde der veraniwort- 
liche Redacteur des Blattes, der Redactions- 
secretär, der die betreffenden Verhandlungen 
geführt, und der Mitarbeiter, der die Ar 
er, bann war's ihm schon recht, wenn Sie 
beide in Gesellschaft zur großen Aruiee ab 
rückten^ was ich aber nicht gelten ließ, denn 
mein Herr Hauptmann ergiebt sich nicht so 
leicht. Na, wenn ich heimkomme, will ich 
Alles genau erzählen, aber daß der Räuber 
mir meine Uhr und meinen Geldbeutel ge 
nommen hat, ist mir doch eine arge Demüthi 
gung. Gott tröste den Schelm, wenn 
ulir unter die Fäuste komvit." 
(Fortsetzung folgt.) 
er 
tikel geschrieben hatte, verhaftet. Die Er- 
presier werden nun ihrem Schicksal nicht 
entgehen. 
Aus Kopenhagen wird geschrieben: In 
einem fashionable» Viertel der Hauptstadt 
wohnt eine Dame, die wenigstens sechs 
Stunden jeden Tag an ihrem Flügel ver- 
bringt. Neben ihr, jedoch in einer anderen 
Wohnung, lebte ein Herr, dessen Arbeits- 
zimmer nur durch eine dünne Mauer vom 
Boudoir der Claviervirtuosin getrennt ist. 
Der Herr war durch die unaufhörliche 
Musik in seiner Arbeit sehr gestört. Eines 
Tages begab er sich nun zu seiner Nach, 
darin und bat sie sehr höflich, so liebens. 
würdig sein zu wollen, ihren Flügel in 
einem anderen Zimmer unterzubringen. 
Leider könne er nicht, fügte er hinzu, 
ein eigenes Arbeitszimmer verändern, 
weil die Bücher und Möbel gerade zu 
diesem Zimmer abgepaßt wären. Ein be- 
kimmtes „Nein" war die Antwort; die 
Dame war zu keinem Zugeständniß zu 
bewegen. Nun entschloß sich der Herr, 
ein zwar recht theures, aber sehr eneraj. 
ches Mittel anzuwenden. Er kaufte ein 
Orchestrion mit Trommeln und Panken 
und stellte es in seinem Arbeitszimmer 
auf. Am nächsten Morgen zog er das 
Instrument auf und verließ das Haus, 
während die Töne einer Tanzmelodie ihn 
bis auf die Straße verfolgten. Als er 
Abends wieder zurückkehrte, wurde er von 
derselben Musik empfangen. Das Jnstru- 
ment hatte den ganzenTag dieselbe Melodie 
„mit Trommeln und Pauken" gespieltI 
Tie Wirkung blieb nicht aus: Die Dame 
hat bereits ihre Wohnung gekündigt. 
König Christian von Däne 
mark hat aus Anlaß des Zusammen 
treffens eines deutschen und eines 
französischen Schulschiffes im Hafen von 
Bergen und der bekannten Beziehungen, 
die seitens der beiderseitigen Offiziere 
und Mannschaften bei dieser Gelegenheit 
angeknüpft wurden, einige Ordensver. 
leihungen vollzogen. Wie aus Kopen- 
Hagen telegraphirt wird, wurde den Cor- 
vettenkapitänen der deutschen Flotte Kalau 
vom Hofe und Walther, sowie dem 
Schiffskapitän der französischen Flotte 
Mauceron und dem Fregattenkapitän der- 
selben Flotte Rouyer das Commandeur- 
kreuz zweiten Grades des Danebrog- 
Ordens und den deutschen Capitän- 
leutnants Pook und Berger das Ritter 
kreuz desselben Ordens verliehen. 
Italien. 
Das Hagelschießen nimmt in 
Oberitalien immer größere Dimensionen 
an und zeitigt auch immer günstigere 
Resultate. So berichtet das „Giornale 
d'Udine vom 7. Juli. Zwischen dem 
4. und 6. Juli wurde unsere Zone von 
heftigen Gewittern heimgesucht, die aber 
alle glücklich bekämpft wurden. Auf ein 
gegebenes Signal machten alle unsere 
Hagelstationen mobil, die Glocken läuteten 
und gleich darauf ertönten auch die 
ersten Schüsse. In Feletto feuerten die 
43 Stationen jede etwa 90 Schüsse ab, 
im ganzen also über 1100. Vierzig 
andere Stationen in Collalto, Mandre, 
Barco :c. feuerten über 3000 ab und in 
gleichem Verhältniß arbeiteten die übrigen 
Stationen. Obschon die schweren Wolken 
alle Hagel enthielten, fiel dock kein 
einziges Korn. D i e W o l k e n"w u r d e n 
vielmehr durch die Schüsse 
zerrissen und sandten nur sanften 
aber anhaltenden Regen hernieder. 
Rußland. 
Der Tod des russischen Thron, 
folgers ist nach amtlicher Mittheilung 
„in Folge eines plötzlichen, heftigen Blut- 
ergusses aus den Luftwegen" eingetreten. 
Das ist richtig; aber schon die Mittheilung, 
daß an der Stelle, wo der Tod 
erfolgte, ein Kreuz errichtet worden sei, 
mußte die Vermuthung erregen, daß in 
der amtlichen Todesnachricht wichtige 
Nebenumstände nicht erwähnt waren. Der 
„Schles. Ztg." wird nunmehr aus Peters 
burg geschrieben: 
Großfürst Georg ist in der Frühe des 
Sonntags bei einem Ausflug in die 
reizende Berglandschaft, welche Abbas 
Tuman umgiebt, vom Rade gestürzt und 
so unglücklich zu Fall gekommen, daß er 
nach heftigem Blutverlust aus den Lungen 
an Ort und Stelle seinen Geist ausgab. 
Der Prinz wiederholte die ihm ärztlich 
gestatteten Ausflüge auf dem Zweirad 
jetzt täglich und fuhr trotz aller Mahnungen 
zu schnell. Dabei kam er denn Sonntag 
in ein solches Tempo, daß ein Hinderniß 
genügte, ihn aus dem Sattel zu schleudern, 
seine Begleitung konnte das Unglück 
nicht verhüten; der Großfürst achtete in 
letzter Zeit überhaupt nicht sonderlich auf 
die Rathschläge seiner Aerzte. Er hatte 
öfters tief melancholische Augenblicke und 
schien sein Leiden bereits als unheilbar 
anzusehen. 
Das Kopenhagener Blatt „Politiken" 
berichtet: Großfürst Georg fühlte sich 
lebensmüde; er war fast immer sehr ver- 
stimmt, und seine Umgebung erhielt den 
Eindruck, daß es sein höchster Wunsch sei, 
daß Alles bald vorbei wäre. Trotz der 
Warnungen der Aerzte beging er die 
größten Unvorsichtigkeiten, genoß starke 
Getränke, rauchte beständig Cigaretten und 
ichühte sich nicht gegen die Kühle des 
Abends. Natürlich wurde ihm die sorg 
fältigste Pflege zu Theil, und eine junge 
Kaukasierin, Tochter eines eingeborenen 
Fürsten, war immer bei ihm und trug 
bedeutend dazu bei, seine Schwermuth zu 
erheitern. Das „Neue Wiener Tageblatt" 
will aus Kreisen der Wiener russischen 
Kolonie erfahren haben, daß der 28jährige 
Großfürst Thronfolger von Rußland eine 
morganatisch angetraute Gattin, sowie dre: 
Kinder hinterlassen habe. 
Petersburg, 13. Juli. Ein ungeheures 
Land, welches ganz abseits von der Kultur 
Jahrhunderte lang dagelegen hat, wird 
nunmehr durch die Fürsorge der russischen 
Regierung in eine großartige Entwickelung 
treten. Das Riesengebiet, welches mit 
„Sibirien" bezeichnet wird, ist in vielen 
Theilen noch wenig erforscht, und es wird 
der größten Anstrengung bedürfen, ehe 
man genaue Kenntniß über ein Länder 
gebiet besitzen wird, das den dreizehnten 
Theil der kontinentalen Oberfläche der 
Erdkugel ausmacht. Die Landwirthschaft 
Sibiriens wächst schon jetzt in einem außer- 
ordentlichen Tempo, so daß es sich bereits 
in naher Zeit zur größten „Kornkammer" 
für Europa gestalten wird. Abgesehen 
von dem ungeheuren Getreideexport den 
Sibirien schon nach Rußland macht'—es 
waren im letzten Jahre mehr als 30 Mill. 
Pud — sind in der Frist von kaum einem 
Jahre auf der sibirischen Bahn nach Ruß 
>land 600,000 Pud Fleisch, 300,000 Pud 
ļ Talg und 160,000 Pud Butter zum Ver 
sand gekommen. Und dabei befindet sich 
die Landwirthschaft noch in den ersten 
Anfängen. Es ist zum größten Theil 
noch jungfräulicher Boden, der die Arbeit 
glänzend lohnen wird. Wenn auch ein 
großer Theil dieses Landes nur durch 
energische ķ Arbeit urbar gemacht werden 
kann, so ist mit Sicherheit anzunehmen 
daß der allergrößte Theil sehr fruchtbar 
sein wird. Bei den jetzigen Verhältnissen 
da auf den Kopf der Bevölkerung 12 
Quadratwerst, also etwa 13 Quadratkilo 
meter kommen, wäre freilich eine baldige 
Urbarmachung kaum zu erwarten, aber die 
Kolonisation dieses ungeheuren ! Landes 
schreitet mit jedem Tage fort. Jeden Tag 
dringt immer weiter das Schienengeleise 
ş vor, und wo noch nie eine menschliche 
Stimme früher erschallt ist, wird bald ein 
dahinbrausender Eisenbahnzug laut und 
schrill die Todtenstille unterbrechen, die 
seit undenklichen Zeiten in jenen Gegenden 
geherrscht hat. 
Inland. 
— Die verstärkte Justizkommision des 
Herrenhauses hat gestern die Berathung des 
Entwurfes des Preußischen Gesetzes über 
die Freiwillige Gerichtsbar 
ke i t zu Ende geführt. Am Mittwoch wird 
die Kommission schließen. 
— Die Reichspostverwaltung hatte An 
fang März Anlaß genommen, die in der 
Druckschrift des Afrikareisenden Dr. Karl 
Peters „Mißbrauch gegen die Amts 
gemalt" gegen die Reichspost ausgesproche 
nen Beschuldigungen für unwahr zu er 
klären und strafgerichtliche Verfolgung zu 
beantragen. Dr. Karl Peters hat nun 
mehr an das Reichspostamt von Jnjaka 
fura im Macombe-Land ein Schreiben ge 
richtet, in welchem er anerkennt, daß seine 
Verdächtigungen der Reichspost jeder Grund 
läge entbehren. 
— Der bisherige dritte Hof- und Dom 
Prediger, Konsistorialrah Kritzinger ist 
zum zweiten, der bisherige vierte Hof- und 
Domprediger Sch niewind zum dritten 
und der Pfarrer Oh ly in Elberfeld zum 
vierten Hof- und Domprediger am Dom 
zu Berlin ernannt worden. 
" „Die Sozialdemokratie 
wird salonfähig", so beginnt das 
westfälische Centrumsblatt, der „Wests. 
IMerk.", einen Artikel und sucht diesen 
Ausspruch zu beweisen durch Vorgänge in 
Belgien, Frankreich, Oesterreich und in 
Berlin. Die Landtagswahlen in München I 
aber, obgleich dies für das Centrums- 
Iblatt besonders nahe gelegen hätte, zieht 
der „Wests. Merk.", nicht heran. Am 
Schluß des Artikels heißt es: „Die 
Sozialdemokratie bleibt hochgefährlich 
für die religiös-sittliche und für die 
staatlich-gesellschaftliche Ordnung, wenn 
sie auch in Glacehandschuhen mit dem 
Claque-Hut auftritt. Aber zurückweisen 
läßt sich diese „neue Macht" nicht mehr 
durch Polizeimaßregeln oder sonstige 
Kunstgriffe, sondern nur durch die Einig 
keit aller sogenannten Ordnungsparteien." 
— Eine hiesige Korrespondenz meldet: 
Da die Polizeibehörden für diejenigen 
Angaben, die in die Nachweisungen über 
die Streiks und Aussperrungen 
aufzunehmen sind, im Wesentlichen aus 
die Erkundigungen bei den betheiligten 
Factoren angewiesen sind, so ist vom 
Ministerium des Innern aus, damit ein 
^möglichst den thatsächlichen Verhältnissen 
entsprechendes Bild des jeweiligen Sach 
Verhaltes gewonnen werden könne, die 
Verfügung erlassen worden, daß bei dieser 
die Interessen beider Theile berührenden 
Erkundigungen sowohl Arbeitnehmer als 
auch Arbeitgeber berücksichtigt werden. 
Auf der Rückkehr von einer militärischen 
Hebung, die bei enormer Hitze von des 
Morgens früh bis Mittags 12 Uhr am 
Mittwoch stattfand, brachen nach dem 
„Fränk. Kur." vom 39. Jnfanterie-Regi- 
ment in Düffeldorf mehrere Soldaten er 
schöpft zusammen und mußten mittels 
Wagen in die Garnison zurückbefördert 
werden. Ueber 30 Mannschaften befinden 
sich im Lazareth. 
Bützfleth, 14. Juli. Durch alle Nachbar 
zeitungen macht augenblicklich ein aus 
Bützfleth geschriebener Artikel aus den 
„Walsroder Nachr.", unabhängige Zeitung 
Nr. 77, Dienstag, den 4. Juli 1899,' 
d:e Runde, den wir unsern Lesern nicht 
vorenthalten wollen: „Seit einigen Wochen 
haben wir Kehdinger ein a l l e r l i e b st es 
k l e i n e s B ä h n ch e n, das zwar viel 
Unheil anrichtet — z. B. seine eigenen 
Bahnhofsgebäude umstößt, Heuwagen in 
den Graben wirft, Pferde und Menschen 
vom Leben zum Tode befördert, im 
übrigen aber — wie Sorgenkinder ja so 
oft — wirklich recht niedlich ist. Nicht 
ganz so niedlich erscheint der Betrieb des 
Bähnleins, das sich „K. K. B." — 
Kehdinger Kreisbahn — nennt. Da „wir" 
hier alle Agrarier sind, so pfeifen" wir 
wie unsere Lokomotive auf Reichskursbuch, 
Interesse des reisenven Publikums u. s. w' 
Reisen thun nur Freisinnige, Welfen 
u. bergt., „wir" Agrarier trüben unsere 
Einfalt nicht durch das so schädliche 
Reisen. „Wir" reisen nur einmal im 
Jahre zur Vorstellung der Herren von 
Wangenheim, Rösicke und Hahn im Cirkus 
Buch. Was kümmern uns also die 
Reisenden? Am letzten Sonntag war 
Schützenfest in Freiburg. „Wir" amüsirten 
uns so gut, daß „wir" den fahrplanmäßig 
7 Uhr aus F. gehenden Zug nicht fahren 
ließen. Die Bahn gehört ja „uns". 
Zwar standen an allen Halteplätzen 
Schaaren von Reisenden, die auf die 
Bahnverwaltung schimpften, weil sie in 
Stade den Anschluß versäumen mußten; 
aber dies reisende Publikum nörgelt ja 
immer. Die Hauptsache ist: „Wir" haben 
uns drei Stunden länger „fein amüsirt." 
— Möglich, daß dieser gepfefferte Artikel 
kark übertreibt. Sonst würde die Bahn 
den Zeichnern der „Fliegenden Blätter" 
ja eine unbezahlbare Quelle zu ihren 
lustigen Vizinalbahnscherzen bieten. 
Strelitz (Mecklenburg), 16. Juli. Die 
Direktion des Technikums ist 
nach dem Ableben des Direktors Hitten- 
kofer auf den bisherigen stellvertretenden 
Direktor Bennewitz übergegangen. Das 
Technikum wird im Sinne des Verstorbe 
nen weitergeleitet. 
Brovinziettes. 
In Altoua galloppierte dieser Tage das 
Pferd eines Pferdehändlers am Schulter 
blatt in das Schaufenster eines Fischräu 
cherers. Die Spiegelscheibe wurde völlig 
zertrümmert, die Ladeneinrichtung und die 
darin befindlichen Waaren arg beschädigt. 
Das durch die zersplitternde Ladenscheibe 
stark verletzte Pferd stand ganz plötzlich 
mit den Vorderbeinen auf der Tonbank, 
so daß die im Laden anwesende Frau des 
Geschäftsinhabers vor Schreck ohnmächtig 
wurde. Der entstandene Schaden ist sehr 
beveutend. Der Besitzer des Pferdes selbst 
hat der Frau 800 Mk. als Schadenersatz 
angeboten, doch erklärte sie sich damit nicht 
zufrieden. Das schwer verletzte Pferd 
wurde zu einem Thierarzte gebracht. 
Glückstadl, 15. Juli. Der Provinzial 
verband freiwilliger Feuerwehren Schles- 
wig-Holsteins blickt in diesem Jahre au' 
eine 25jährige erfolgreiche Thätigkeit zurück. 
Daraufhin hat die Leitung des Verbandes 
beschlossen, den diesjährigen Verbandstag 
zu einer Jubiläumsfeier des Verbandes 
zu gestalten. Die Feier wird vom 9 
bis 11. September hier in Glückstadt statt 
finden. Kommers, Verhandlungen, Feuer 
Wehrübung, Elbfahrt und dergleichen mehr, 
umfassen, und sind bereits die Einladungen 
an alle Berbandswehren versandt; Anträge 
und Anmeldungen von Vorträgen sind bis 
zum 10. August einzureichen. Einladun 
gen werden edenfas an Provinzial- und 
Kreisbehörden ergehen, und darf man an 
nehmen, daß, da voraussichtlich das Gros 
des über 400 Wehren zählenden Verban 
des durch Abordnungen vertreten sein 
werden, daß Fest sich zu einem großarti 
gen gestalten werde. 
Dem Eisenbahn > Komitee Barmstedt- 
Oldesloe ist durch den Oberpräsidenten 
der Bescheid geworden, daß diese Strecke 
als Kleinbahn nicht genehmigt werden 
kann, da nach Ansicht der Staatsbehörde 
die Strecke im Anschluß an die Kleinbahn 
Elmshorn-Barmstedt für den Durchgangs 
verkehr von eminenter Bedeutung werden 
kann. Sollte für eine solche Eisenbahn 
ein allgemeines Verkehrsbedürfniß vor 
liegen, so würde Bau und Betrieb der 
selben nicht der Privatindustrie zu über 
lassen, sondern dem Staate vorzuhalten 
sein. 
DersocialdemokratischePar- 
t e i l a g der Provinz Schleswig-Holstein, 
des Herzogthums Lauenburg, des Fürsten 
thums Lübeck und der freien Hansastadt 
Hamburg ist zum 10. September 1899, 
Nachmittags 3 Uhr, nach Neumünfter 
einberufen. — Als Tagesordnung ist fest- 
gestellt: 1) Berichterstattung der Agitations- 
Kommission ; 2) Berichterstattung über die 
Preffe; 3) Stellungnahme zu den Kom 
munalwahlen in den Städten der Provinz 
Schleswig-Holstein; 4) Der internationale 
Arberter-Kongreß 1900 in Paris; 5) Be- 
rathung und Beschlußfassung über ein 
gegangene Anträge unb Resolutionen, 
sofern fie uicht schon durch die ersten 
f ^ er ^5siksordnung erledigt sind; 
6) Wahl der sitze der Agitations- und 
Preß-Kommission. — Die Wichtigkeit der 
Tagesordnung läßt einen zahlreichen 
Besuch des Parteitages erwarten. Der 
Parteitag wird voraussichtlich zwei Tage 
dauern. 
Kellinghuse«, 12. Juli. Die gestern 
Abend abgehaltene gut besuchte Bürger- 
Versammlung beschäftigte sich eingehend mit 
der Abänderung des Bahnprojekts Hohen- 
westedt-Itzehoe. Es wurde eine drei- 
gliedrige Kommission gewählt, der man 
Mittel zur Verfügung stellte, um die Sache 
m die Wege zu leiten. In derselben Ber- 
°^àng theilte der Administrator der 
»lŞrsttftung mit, daß die letztere 
- 0'"00 zur Verfügung gestellt habe 
fur den Bau einer Volksbadeanstalt und 
zur Einrichtung einet Krankenstation şim 
Werkhause. MmrPegrüßte den Bau einer 
Badeanstalt mit Jreuden, war jedoch ge 
theilter Meinung über den Platz für die- 
elbe. 
-? I tz e h o e, 15. Juli. Heute Vor 
mittag scheuten die Pferde eines mit Holz 
beladenen Fuhrtverkes des Landmannes v. 
Leesen ans Kronsmoor und gingen durch. 
Bon der Kirchenstraße aus liefen die Pferde 
durch die Breitestraße und hier prallte der 
-ragen mit großer Wucht mit dem Ge- 
chaffswagen des Selterfabrikanten Wismar 
zusammen, so daß das Pferd des Letzteren 
aus das Trottoir geschleudert wurde und 
viele gaschen zertrümmert lvurden. Tie 
durchgehenden Pferde wurden nun durch 
diesen heftigen Anprall nach der andern 
Seite geschleudert und mit einem Ruck hatte 
sich, der Hintertheil des Wagens losgelöst 
und die Pferde rasten nunmehr mit dem 
Vorderthcil durch die Breitenburgerstraße 
wahrscheinlich nach Kronsmoor, ivenn die-- 
elbcn nicht vorher aufgegriffen iverden soll 
en. — Eine alte Gluckhenne des Herrn 
Peter Voss in Sude hat unter ihren Nach- 
kommen ein Ä'ücfeu mit vier Beinen und 
vier Flügeln. 
& Kiel, 16. Juli. Das von der 
Bereinigung Norddeutscher Rennfahrer 
veranstaltete Straßenrennen Hamburg- 
Kiel hatte zahlreiche Theilnehmer, darunter 
in der Sportwelt berühmte Fahrer, ge 
funden. Kurz vor 9 Uhr trafen die 
ersten Wettfahrer, von dem mit Spannung 
harrenden Publikum mit Hochrufen be 
grüßt, bei dem Etablissement „Zur 
Waldwiese" an der Hamburger Chaussee, 
dem Wendepunkt und der Haupterholungs 
station für das interessante Rennen, ein, 
in kurzen Zwischenräumen gefolgt von 
dem Gros der konkurrirenven Fahrer. 
Alle loaren in Schweiß gebadet, bestäubt 
und sonnenverbrannt, aber sonst in guter 
Verfassung und frohen Muthes, trotz der 
in der brennenden Hitze in wilder Hetz 
jagd zurückgelegten 12 Meilen, die sie 
auf der Rückfahrt unter der Mittags 
sonne noch einmal zu durchmessen haben. 
Ein paar Nachzügler, die es trotz i^rer 
Verspätung garnicht besonders eilig zu 
haben schienen, waren am wenigsten an 
gegriffen und nahmen sich ruhig Zeit zu 
einer gründlichen Stärkung. Freilich, 
auf die letzten l 2 Merlen kommt es 
hauptsächlich an und ist es nicht eben 
unwahrscheinlich, daß die Letzten die 
Ersten am Ziele sein werden. — Im 
Erholungspark der Kaiserlichen Werft 
führten heute Nachmittag die Werft 
lehrlinge zum ersten Male die in den 
letzten Wochen unter sachkundiger Leitung 
eingeübten Jugendspiele aus. Die inter- 
eff anten Wettspiele hatten außer den Be 
amten und Arbeitern der Werft einen 
so zahlreichen Zuschauerkreis aus der Be- 
völkerung Kiels und Gaardens gesunden, 
daß der umfangreiche Park fast zu klein 
war. 
—? Pom Norde»- Es hat 
ich vielfach herausgestellt- daß. das von 
Dänemark nach Deutschland eingeführte 
rische Fleisch bei Ankunft am Bestimmungs- 
orte während der tagelangen Bahnbesör- 
derung an Güte erngebugt und somit 
minderwerthitl geworden rst, was für den 
Versender in jedem einzelnen Falle immer 
hin einen nicht zu unterschätzenden peku 
niäre» Verlust bedeutete. Hin wiederhol 
ten Klagen hierüber gerecht zu werden, 
hat die dänische Er,enhahnverwaltung nun- 
mehr die Anschaffung von 10 Stück der 
Neuzeit entsprechende und für den Fleisch, 
transport geeignete Güterwcwen beschlossen. 
Bon diesen Wagen sollen 7 Stück mit Eis- 
abkühlung und 3 mit Ammonialapparate 
versehen werden. Eine besondere Ver 
packung erfordert das in diesen Wagen zu 
versendende Fleisch nicht; dasselbe kann in 
denselben vielmehr nur lose ausgehängt 
werden. 
—? Nordschleswig, 16. Juli. Daß die 
Regierung sich nicht hinters Licht führen 
läßt, sondern auf alle Vorkommnisse in 
Nordschleswig stets ein wachsames Auge
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.