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T'"' f 'v ,
nick, wodurch, er es an weiteren Angriffen
verhinderte. Tie Verletzte mußte sofort in
eine Heilanstalt gebracht werden.
In New-Aork-Brooklyn hat man einen
Schwindel entdeckt, der wohl zu den
gigantischesten Betrugsfällen dieses Jahr
hunderts gehört. Die dortige Polizei
verfolgt den Chef eines unter dem
Namen Franklin - Syndicat errichteten
Privat-Bankhauses, William F. Miller,
und dessen Agenten Cecil Leslie. Das
Franklin-Syndikat verstand es buch
stäblich, zehntausende von Clienten durch
die Ankündigung anzulocken, daß diesem
Bankhause anvertraute Gelder sich mit
zehn Prozent wöchentlich, also mit 520
Prozent jährlich verzinsen, und zahllose
Agenten waren für das Unternehmen in
den ganzen Bereinigten Staaten thätig
Thatsächlich hat Miller die versprochenen
Dividenden gezahlt, aber an einen Kreis
von Personen, die er sich mit größter
Geschicklichkeit unter seinen Committenten
aussuchte und die natürlich wegen der
unverhältnißmäßig großen Gewinne seine
freiwilligen und eifrigsten Agenten wurden.
Eine flüchtige Durchsicht der Bücher des
Syndicats hat ergeben, daß nicht weniger
als 20 000 Personen allwöchentlich per
Post durch Leslie ihre Dividenden zu
geschickt bekamen. Die großen Beträge,
die Miller auf diese Weise aufwendete,
rühren aber durchaus nicht aus irgend
welchen glücklichen Finanzoperationen her,
sondern er entnahm einfach das Geld den
Einlagen anderer Klienten. Eine große
Zahl von Klienten hatte das Syndicat
unter Briefträgern, Feuerwehrleuten und
Polizisten von Brooklyn. Das Bank
haus zählte zu den bestbewachten von
ganz New-Iork, denn fast jeder Polizist,
der vor dem Hause auf Posten stand,
hatte dort eine Einlage. Dieses Ver
trauen der Polizisten zu Miller hat am
Sonntag, als durch die Blätter die
Nachricht von dem Betrüge verbreitet
worden war, eine sehr merkwürdige Folge
gehabt. Bor dem Bankhause nämlich
sammelte sich eine große Menschenmenge
an, und die Leute verlangten alle ihr
Geld. Und da waren die zur Aufrecht
erhaltung der Ordnung berufenen Wach
leute eifrig bemüht, dem Publikum zu er
klären, Miller werde sofort kommen, das
Geschäft und seine Kassen ösinen und
jeden befriedigen", der da sein Geld ver
langen werde. Was eigentlich mit den
Einlagen geschehen ist — die Gesammt-
höhe der Schadenssumme ist noch nicht
bekannt — konnte bisher nicht festgestellt
werden.
Im Nachlaßgericht zu Newyork wurde
vor einigen Tugen das in Berlin aus
dem amerikanischen Konsulat von General
Graf W a l d e r s e e ausgefertigte Attest
hinterlegt, durch welches der Graf be
scheinigt, daß er der Ausfertigung des
Testaments seiner Schwiegermutter, der
im März d. I. im Alter von 95 Jahren
verstorbenen Frau Anna Lee aus Newyork,
als Zeuge beiwohnte, und daß die Erb
lasserin bei Aussetzung ihres letzten
Willens bei klarem Verstände war. Frau
Lee hinterläßt den größten Theil ihres
Vermögens ihrem Sohne David Bradley.
Der Gräfin Waldersee, ihrer Tochter,
vermachte sie ihr Mobiliar, Gemälde und
verschiedene Werthsachen, die sich z. Zt.
in einem ihr gehörenden Haus e in Ham
bürg befinden. Ihre anderen Töchter,
Josephine, verehelichte Baronin Wächter,
und Frau Abby Murray, Gattin eines
Engländers, sind in dem Testament gar
nicht erwähnt, haben aber das Testament
anerkannt.
Holland.
In Amsterdam amüsirt man sich jetzt
im Zirkus über die allabendlich in
Dressur vorgeführten Maulesel. Die
Thiere sind so angezogen wie Menschen
und spazieren auch wie solche gravitätisch
einher. Aus den Farbenzusammen
stellungen der Kleidungsstücke erkennt man
unschwer die Landesfarben verschiedener
europäischer Nationen. Nachdem die
Maulesel ihr Pensum abgearbeitet haben,
werden sie der Reihe nach von ihrem
Dresseur gefragt, ob sie nun in ihren
Stall wollten. Auf zustimmendes Kopf
nicken erhalten sie hierzu die Erlaubniß
und trollen sich einer nach dem anderen
davon. Nur der bis zuletzt gebliebene
Meister Langohr mit dem vielverh ißenden
Namen „Dum-Dum" in seinem die
englischen Farben tragendem Kostüm will
vor der Erlaubniß, die Manege zu ver
lassen, keinen Gebrauch machen. Selbst
Drohungen mit der sonst Respekt ein
lößenden Peitsche imponiren ihm heute
nicht. Das Publikum wird ungednldig
Da ruft der anscheinend in Verlegenheit
gerathene Dresseur, wie einer Ein
gebung folgend: „Dum-Dum, die Buren
kommen!" Wie von einer Tarantel
gestochen, jagt der,- Esel davon, und
grenzenloser Jubel lohnt den Artisten
: ür seinen neuen Trick.
Oesterreich-Ungarn.
Aus Budapest wird geschrieben: Der
Maschinist Georg David scheint der Treue
einer Geliebten, der Cigarrettenarbeiterin
MLßäros nicht sehr getraut zu haben.
Er sollte für längere Zeit in die Provinz
ehen und veranstaltete aus diesem
Anlasse in einem Gasthause eine Abschieds
pier, an welcher auch mehrere Bekannte
des Mädchens theilnahmen. Um Mitter
nacht machte sich sodann das Paar allein
auf den Heimweg. Man sprach von der
Trennung und dem baldigen Wiedersehen.
In der Herzengasse, vor der Wohnung
des Mädchens angelangt, stellte David an
die Geliebte plötzlich die Frage: „Wirst
Du mir aber auch bis zu meiner Rückkehr
treu bleiben?" Das Mädchen wollte den
Geliebten ein wenig ärgern und ant
wortete schnippisch: „Nun, wenn Du
lange wegbleibst, dann werde ich mir
wahrscheinlich einen anderen Geliebten
uchen müssen." David gerieth über
riese Worte in großen Zorn. Er zog
ein aufgeklapptes Taschenmesser hervor
und schnitt mit einer raschen Hand
bewegung dem Mädchen die Nase ab
Das Wehegeschrei der Mößäros
beantwortete David mit der cynischen
Bemerkung: „Niemand wird Dich ohne
Nase lieben." Inzwischen waren mehrere
Passanten herbeigekommen, die David
estnahmen und ihn einem Schutzmann
übergaben. Das verunstaltete Mädchen
wurde auf die Universitätsklinik gebracht,
wo ihr die im Straßenschmutz aufgelesene
Nase angenäht wurde.
den Fuchs noch ein paar Mal im Kreise
herum, rieb ihn dann eifrigst mit der Decke
ab und brachte ihn darauf in den Stall.
Indessen erschien Minna im Wohnzimmer
mit dem bestellten Frühstück und ein paar
Augenblicke später trat Fräulein Lucy herein,
noch im grauen Reisemantel, das hübsche
Gesicht mit einem mißmuthigen Ausdruck
und heftig geröthet.
Frau von Pahlen, die nun am Frühstücks
tische Platz genommen hatte, setzte eine sehr
strenge, ernsthafte Miene auf. „Muß
zu Hause gleich wieder mit Dir losgehen?"
sagte sie — „noch im Mantel und so au
das Thier? Hals und Beine wirst Du Dir
noch mal brechen."
Fräulein Lucy streifte ihren Mantel her
ab. Ihre rothen Lippen zuckten verächtlich
und schnippisch.
„Mit einer Damenziege, wie der Hans.
Das ist doch lachhaft, Mama", versetzte sie
So gefreut hat er sich. Mit den Ohren
hat er gewackelt! Natürlich der Petermann
hat ihn verritten. Eh' er blos losgeht
Hinter den Kehlricmen muß man ihn schlagen!
Und dann glitten Fräulein Lucy's Augen
nut einer Miene, als ob sie soeben einen
Eßlöffel voll Ricinusöl zu schlucken bekommen
hätte, über die sie umgebenden vier Wände.
„Nu ist man wieder zu Hause, sagte sie —
,wie das einem blos vorkommt. Ordentlich
dumm!" Bei diesen Worten hatte ^ sich
Fräulein Lucy auch ihrer übrigen Reise
requisiten entledigt.
„Ich denke, wir sind lange genug nun
fortgewesen", sagte Frau von Pahlen mit
erhöhter Stimme.
„O", erwiderte Fräulein Lucy, „man
eben wieder in Garnison. Aber Berlin
Berlin! Mama, na, ich finke in die Kniee
vor Berlin."
(Fortsetzung folgt.)
Inland.
— Im Reichstage gelangte bei
wiederum sehr schwach besetztem Hause die
Vorlage über das M ü n z w e s e n zur
Verhandlung. Eine bemerkenswerthe De
batte fand nicht statt.
Wie dem „B. L.-A." versichert
wird, steht die Aufhebung des sog.
Verbindungsverbots in aller
nächster Zeit zu erwarten. Man wird
nicht fehlgehen in der Annahme, daß die
neuliche Audienz des Reichskanzlers
Fürsten Hohenlohe beim Kaiser mit dieser
Frage in Zusammenhang stand. Der
Reichskanzler hatte bekanntlich die Aus
hebung dieses Verbots bis zum Jnkraft
treten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am
1. Januar 1900 zugesagt; er wird nun
mehr in den Stand gesetzt, sein Ver
brechen einzulösen.
- Im Gegensatz zu den bisher von
unterrichteter Seite ausgegangenen An
kündigungen will ein bayerisches Blatt
erfahren haben, daß die Regierung in der
Frage der Flottenvermehrung
einen eigentlichen Gesetzentwurf im Laufe
dieser Session im Januar nicht vorzulegen
ondern dem Reichstage nur eine Denk
christ zu unterbreiten gedenke, die die
Nothwendigkeit einer vergrößerten Flotte
darlege. Die Erörterungen über diese
Denkschrift im Reichstage dürften demnach
vorläufig nur akademischer Natur sein
Eine Wirkung aus den Etat dieser Session
hat die Denkschrift nicht. Die ersten
neuen Marineforderungen werden erst im
Etat 1901/1902 erscheinen. Der jetzige
Etat bewegt sich nur im Rahmen des
Flottengesetzes von 1898. Es würden
deshalb, da über eine Denkschrift selbst
verständlich nicht abgestimmt werden kann
und auch für diesen Winter keine Marine
Mehrsorderungen auftreten, für diesen
Winter die bedrohlichen Wolken einer
Reichstagsauflösung schwinden. Dieser
augenblickliche Stand der Dinge zur
geplanten Flottenvermehrung werde zweifel
los bei der Generaldebatte zum Etat zur
Sprache kommen. Ob nach deren Verlau
die verbündeten Regierungen die Ermuthi
gung finden, auf die Denkschrift alsbald
die eigentliche Folottenvorlage vorzulegen
bleibt abzuwarten.
— Bon Herrn Viktor Schwein
bürg, dem Regisseur der bisherigen
Flottenpropaganda, rücken jetzt
die Flottenfreunde selbst immer mehr ab.
Die „Tägl. Rundschau" veröffentlicht eine
Zuschrift von Prof. Hans Delbrück,
worin dieser folgende Mittheilung macht:
Als der Flotten-Berein gegründet
wurde, trat er auch an einige Berliner
Professoren mit der Aufforderung heran,
ch ihm anzuschließen. Eine Gruppe
berathschlagte darüber gemeinschaftlich,
erklärte sich bereit, stellte aber die
Bedingung, daß der Verein keinen ein-
eitigen Charakter tragen dürfe, sondern
im Vorstand wie in seinem geschäfts-
Phrenden Ausschuß Mitglieder aller
politischen Gruppen, die für die Flotte
eintreten wollten, vereinigen müsse. Der
Vorstand wie der geschästsführende Aus
chuß waren bis dahin ausschließlich aus
der Gruppe der Konservativen, der Groß
industriellen und was ihnen nahesteht,
zusammengesetzt. Meine Kollegen beauf
lagten mich, darüber mit Herrn Schwein
burg zu verhandeln, der einmal oder
mehrfach deshalb bei mir gewesen ist.
Die Verhandlungen zerschlugen sich
endlich, da der Flottenverein es ablehnte,
auf unsere Bedingung einzugehen, und
darauf ist, so viel ich weiß, kein einziger
Professor der Berliner Universität ihm
beigetreten. Wir waren der Ansicht, daß
mit Absicht von vornherein die Leitung
des Vereins so zusammengesetzt war, daß
Herr Schweinburg Alles in
er Hand behielt und das ganze
Unternehmen keinen weiteren Zweck hatte,
ls diesem Herrn und seinen
Hintermännern an der Aller
höchsten Stelle das Relief
roß er Patrioten zu ver-
ch a f f e n. Da nun, wie ich seitdem
erfahren habe, viele Leute grundsätzlich
nicht mit einem von so wunderbaren
Geheimnissen umgebenen Herrn, wie
Herrn Schweinburg, zusammenzuarbeiten
wünschen, so ist es nur zu natürlich,
daß der „Flotten-Berein" einen für eine
so große nationale Sache beschämend
geringen Erfolg gehabt hat." — Eines
weiteren Kommentars bedarf es nicht.
Auch der Hurrah-Patriotismus, der sich
überall breit macht, ist verwerflich,
mindestens ebenso verwerflich, als jene
Sorte von Opposition, die sich breit
macht, nur um zu opponiren und
alles zu verneinen.
Berlin, 4. Dec. Herr Schwein-
u r g veröffentlicht in den „Berl. Pol.
Nachr." folgendes Telegramm des Für
ten zu Wied von gestern: „Auf Ihr
erneutes Entlassungsgesuch aus Ihrem
Ehrenamte als Sekretär des Deut s ch e n
Flottenvereins erwidere ich, daß ich
mich durch einen diesbezüglichen Beschluß
des ausführenden Ausschusses gebunden
Ahle. Ich behalte mir die Entscheidung bis
zu meiner nächsten Anwesenheit in Berlin
am 10. d. M. vor. Ich ersuche Sie, den
ausführenden Ausschuß zum 10. d. M.
Nachmittags zu einer Sitzung einzuberu-
ien." — Man darf annehmen, daß der
Ausschuß sich den Gründen, die für die
Trennung des Sekretariats des Flottenver
eins von der Person des Herrn Schwein-
burg sprechen, nicht verschließen wird. Wie
letzterer s elbst mittheilt, hat er bereits mehr
fach sein Entlassungsgesuch eingereicht, noch
vor wenigen Wochen habe aber der Aus
schuß einstimmig seine Bitte abgelehnt. Er
hat nunmehr die Konsequenzen der Ueber
zeugung, daß er zur Weiterführung jenes
Ehrenamtes ungeeignet sei, gezogen, indem
er sich beurlaubt und die Geschäfte des Se
kretariats dem stellvertretenden Sekretär
Kapitän a.D. Gercke übergeben hat.
— Ein neuer Retter der Land
wirthschaft ist ein ostpreußischer
Rittergutsbesitzer, Namens Mack. Nach
der „Königsb. Hart. Ztg." hat dieser Herr
cine Schrift verfaßt, in der er den Nach
weis geführt haben soll, daß der A ck e r-
au nicht mehr lohnend sei;
er kommt infolgedessen zu dem Schluffe,
daß die E r z e u g u n g s k o st e n des
Getreides durch Einführung der Maschinen
arbeit in Verbindung mit der Elcctrizität
er billigt werden müßten; als Heiz
material empfiehlt er die neuerfundenen
Briketts aus Torf. Abgesehen
hiervon, ist der Gedanke nicht im minde-
len neu. Daß er eine gewisse Berechti
gung habe, bestreitet kein Mensch; daß er
aber ein Allheilmittel sei, wird
niemand behaupten wollen. Maschinen
und Elektrizität können im Kleinbetriebe
nur ausnahmsweise angewandt werden.
Wer also kein anderes Heilmittel für die
Landwirthschaft kennt, der giebt den Klein
besitz preis und arbeitet der Latifundien-
bildung vor. Und das ist nicht gut.
Die mehrfach erwähnten Erd
schwankungen in Spandau, die
vor einiger Zeit in der Umgebung der
königlichen Geschützgießerei vorkamen und
bei den Bewohnern der in Mitleidenschaft
gezogenen Häuser Besorgnisse hervorriefen,
wurden, wie mitgetheilt, zufolge der vom
Prosessor Gerland aus Straßburg i. E
Vorsitzender der deutschen Erdbeben
kommission, an Ort und Stelle vor
genommenen Untersuchung auf die
ganz gewaltigen Einwirkungen einer
hydraulischen Presse in jener Fabrik
zurückgeführt. Nachdem gleichzeitig auch
eine Militärkommission die Angelegenheit
einer Prüfung unterzogen, sind au
Anordnung der Feldzeugmeisterei sowohl
im Betriebe jener Presse als auch in
ihrer unmittelbaren Umgebung Vor
kehrungen getroffen worden,-durch die die
mächtigen Erschütterungen beträchtlich
herabgemindert sind. Häuserschwankungen
sind seitdem auch nicht wieder wahr-
genommen worden.
Der Student Wilhelm Riemann
aus Nordhanse», Sohn des Rentners,
früheren Fleischermeisters, Ferd. Riemann,
ist in Berlin das Opfer eines Säbel
duells geworden. Er erhielt bei dem
Zweikampf so schwere Verletzungen, daß
er bald darauf gestorben ist.
Bezeichnend für das Gezänk, das
gegenwärtig unter den Sozialdemokraten
Dortmunds um Dr. L ü t g e n a u herrscht,
ist folgende Aeußerung Dr. Lütgenau's,
die die Dortmunder „Tremonia" ver
öffentlicht :
„Abermals bitte ich Sie um etwas
Raum; die Zustände in der sozialdemo
kratischen Presse zwingen mich für jetzt
noch, mich wieder an Sie mit Dank im
Voraus zu wenden. Ich will mir
noch einen kaufen. Herr Auer
schweigt. Dafür aber wird jetzt mündlich
kolportirt, ich hätte während meiner
parlamentarischen Zeit für gegnerische
Berliner Blätter geschrieben. Das ist
nun, ich räume es ein, in einem Falle
wirklich geschehen; indeß möchte ich mir
erlauben, den Sachverhalt klarzustellen.
Ich gehörte der Kommission zur Be
rathung eines Reichsvereinsgesetzes an.
Da erschien einmal in einer Sitzung der
Abg. Frohme und bat mich, ihm einen
kurzen Bericht zu schreiben. Ich fragte:
„Für das „Hamburger Echo" ?" Frohme
ist nämlich Chefredakteur dieses im Ber
lage von Auer & Co. erscheinenden
Blattes. Frohme antwortete: „So'n
kleine Skizze." Es ist nun an Frohme
nichts Neues, daß seine Antworten auf
die Frage passen wie die Faust auf's
Auge; ich hielt es auch für eigentlich
selbstverständlich, daß Frohme den Bericht
für sein eigenes Blatt wünsche,
und so entsprach ich denn seinem Verlan
gen. Am selben Abend las ich meinen
Bericht in Berliner gegnerischen Blättern,
aber mit einigen Spitzen gegen unseren
Standpunkt versehen. Wie ich hörte, war
er den Blättern von dem Parlaments
berichterstatter Hamburger zugegangen.
Das „Hamburger Echo", Auer & Co.
treibt es, wie ich höre, in unfaßbaren
Verdächtigungen gegen mich am ärgsten.
Es erreicht damit, daß ich hiermit seinen
Chefredakteur Frohme neben Herrn Auer
stelle. Da mag sie denn das Publikum
ein Weilchen stumm, wie ertappte Buben,
nebeneinander stehen sehen: Auer & Co.
Hochachtungsvoll! Dr. Fr. Lütgenau."
Freiburg i. R., 1. Dez. Biel besprochen
wird hier eine Untersuchung, die z. Zt
regen den Bankier E. Mayer schwebte
Vor einiger Zeit gerieht der Gypser
Rösch hier, der bei Rheinfelden eine
größere Anzahl Bauten ausführte, in
Konkurs. Er hatte mit dem genannten
Bankier „gearbeitet". In dem Auszuge,
den der Konkursverwalter von Mayer
einforderte, sehlte ein Ha den Posten
von 5000 Mark, der auch nicht gebucht
war. Daß die Zahlung erfolgt ist,
unterliegt keinem Zweifel, da sie durch
den Inhaber eines hiesigen Hypothekar-
geschäftes vermittelt wurde. Aus dens
elben Konkurse ist auch eine Untersuchung
anhängig gegen den Agenten und Güter
Makler Josef Meier, der dem Rösch
unter etwas eigenartigen Umständen nicht
etwa Bauterrain, sondern für einen
großen Betrag — alte Möbel verkauft
hat. Auf den Ausgang dieser Doppel
Untersuchung ist man hier sehr gespannt
!!! Hannover, 4. Tee. Der Kai
e r trifft am Sonnabend 12 Uhr 45 Min.
von Bückeburg kommend hier ein. Er früh
lückt ini Offizierskasino der Königsulauen
(Nr. 13) und fährt dann um 3 Uhr 25
Min. nach Potsdam.
Breme», 2. Dez. Die Bürger
ch a fts wählen auf Grund des all
gemeinen Stimmrechts wurden heute be
endet; die Sozialisten gewannen noch
drci Sitze, sodaß sie einschließlich zweier
alten Sitze zählen; außerdem sind sie an
zwei Stichwahlen betheiligt.
lc. Friedrichsruh, 4 Dez. Fürst
Herbert von Bismarck, der in
folge der Verwundung und der Stra
pazen im Feldzuge 1870/71 seit längerer
Zeit an Gichlschmerzen in den Füßen
leidet, ist, nachdem er mit seiner Ge
mahlin vor einigen Tagen aus Süd
irankreich hierher zurückgekehrt ist, jetzt
ohne die Fürstin wieder fortgereist, wahr
scheinlich, weil er die feuchte Winterluft
des Waldes, die für sein Uebel nicht
heilsam ist, mit einer höheren trockenen
Luft zu vertauschen beabsichtigt. Der ge
plante Bau eines sommerlichen Lust
schlosses in weiterer Entfernung von der
Unruhe des Eisenbahnbetriebes an einem
besonders romantischen Ort des Sachsen
waldes soll, wie es heißt, im nächsten
Jahre in Angriff genommen und von
demselben Baumeister entworfen und
ausgeführt werden, der jetzt für den
Grafen Wilhelm von Bismarck ein groß
artiges Schloß in Varzin baut.
Provinzielles,
le. Altoua, 4. Dezember.
B a h r e n f e l d, sowie in sämmtlichen
deutschen Artillerie-Garnisonen wird heute
wie alljährlich am 4. Dezember, das Fest
der heiligen Barbara, der Schutzpatronin
versehene
Barbara"
Die hier
der Artillerie gefeiert. Das Fest ve
heiligen Barbara stammt aus Spanien,
aus der Mitte des XIII. Jahrhunderts,
Das Bildniß der heiligen Schutzpatronin
rndet man häufig an Kasernen, Zeug
häusern und Pulvermagazinen, ebenso wie
auf besonders großen Kanonen. So
befindet sich z. B im Zeughause zu
Berlin mit dem Bildniß der heiligen
Barbara „die faule Grete" ein 24-
Pfünder im Dienste des Kurfürsten
Friedrich von Brandenburg und in dem
Artillerie-Museum zu Woolwich in Eng
land ist eine in Deutschland gegossene
und mit deutscher Inschrift
Kanone mit Namen die „große
genannt.
Io. Altona, 4. Dezember,
wohnende Wittwe Reissner, deren Sohn
vor etwa 2 Jahren nach Transvaal
auswanderte, erhielt einen Brief vom
airikanischen Kriegsschauplatz, worin ihr
mitgetheilt wurde, daß ihr Sohn, der als
Freiwilliger in den Reihen der Buren
mitkämpfte, in einem Borpostengefecht
r s ch o s s e n sei. Dieser harte Schicksals
schlag hat die unglückliche Mutter auf
das Krankenlager geworfen.
Der 88 Jahre alte Milchhändler Jacob
Struß von der Elbinsel Altenwärder
eierte am 1. December ein seltenes Bor-
kommniß, nämlich den Tag, an welchem
er nunmehr seit 75 Jahren (!) ununter
brochen täglich in der Häringshandlung
von Schots im Dingsgang in Altona-
Milch liefert.
Ein jähes Ende fand der 34jährige
Schachtmeister Burmester jun. In der
Dunkelheit gerieth er Abends in den
Bahrenfelder See, stürzte kopfüber hinein
und blieb mit dem Kopf im Morast stecken,
einen jämmerlichen Erstickungs-
o daß er
tod fand.
Wegen
üngnifles
Ueberfüllung des Gerichtsge-
in Altona langte ein größerer
Gefangenentransport in Glückstadt an; die
42 Personen wurden in dem Strafgefäng»
niß untergebracht, wo augenblicklich recht
viel Platz ist. Seit Verlegung der Frauen-
btheilung von Glückstadt nach Kiel ist
die Strafanstalt selten besetzt.
Am nächsten Sonntag feiern die Ehe
leute P. H. Krüger und Frau in Heide
das Fest ihrer goldenen Hochzeit. Der
Ehemann ist 75 Jahre alt und war von
1837' bis 1891 ununterbrochen in dem
Geschäft von A. H. Huesmann dort thätig,
wofür ihm in Anerkennung der treuen
Dienste in einem Arbeitsverhältnisse ein
kaiserliches Gnadengeschenk zugewiesen
worden ist.
Nach langem Hin- und Herberathen ist
von der Stadt- und Landgemeinde-Ver
tretung Wessclburen unter Vorsitz des
Landraths beschlossen worden, die Kirch-
piels-Sparkasse als gemeinsames Institut
izubehalten. Der ca. 170,000 Mk. be
tragende Reservefonds geht zu 2 /i an die
Stadt und zu % an das Land über.
Die Ueberschüsse sollen später gleichmäßig
vertheilt werden.
£3 Reumünster, 4. Dec. In der Ma-
chinenfabrik von Rohwer & Ehlers ent
laub am Sonntag-Morgen ein großer
Brand, der etwa den 5. Theil der Fabrik
in Asche legte. Der Schaden dürfte ius>
gesammt 100,000 Mk. nicht erreichen.
Die Betriebs-Dampfmaschine und der
Dampfkessel werden wieder in Ordnung
gesetzt und damit der Betrieb im vollen
Umfange wieder aufgenommen.
Ein junger unverheiratheter Post
beamter von Nenmünster, welcher auf
dem dortigen Bahnhöfe dienstlich thätig
mar, wurde auf dem Bahnsteig vom
Herzschlag getroffen und sank todt nieder.
Im Zusammenhang mit dem gestrigen
Brandunglück in Neumünster steht ein
trauriger Unglücksfall, der eine Nortorser
Familie schwer betroffen hat. Ein junger
Mann, welcher durch den Feuerlärm aus
’einer Ruhe gestört dorthin eilen wollte,
muß in der Dunkelheit so unglücklich
gegen einen Laternenpfahl gerannt sein,
daß er todt niederfiel. Dieser traurige
Vorfall hat in unserm Orte allgemeine
Theilnahme erweckt.
!!! K i e l, 4. Dec. Die Passage im Kai
ser Wilhelm-Kanal hat seit dem letzten
- Jahre einen weiteren Auffchwung genom
men. Besonders jetzt, wo Wind und Wetter
manchen Schiffsführer von dem Weg um
Skagen abhält, nimmt die Frequenz erheb
lich zu. Dies war am gestrigen Sonntage
sehr fühlbar, schon in den ersten Morgen
stunden waren sämmtliche Lootsen in Hol-
tenau vergriffen. Das Personal der Loot
sen hat augenblicklich, şşen schweren Dienst,
trotzdem ist es nicht.silöglich, daß alle Schiffe
eine prompte Expedition finden. An man
chen Tagen liegen mehrere Dampfer ander
Kanalmündung, die stundenlang auf Loot-
sen warten müssen. Im Interesse des Ver
kehrs ist eine baldige Erhöhung dieses
Etats sehr erwünscht.
Ein erheblicher Verlust entstand für den
Inhaber des Waarenhauses Jakobsen in
Kiel dadurch, daß eine Stellage, auf wel
cher für reichlich 1000 Mark Porzellan
stand. Tie Waaren stürzten zur Erde und
sind nahezu alle zertrümmert.
Ein in Flensburg im Bau begriffe
ner Dampfer erhält eine Schiffsschraube iw
Gewichte von 27 000 Pfund.
Eckernförde, 4. Dec. In der letz
ten Sitzung der städtischen Kollegien wurde,
wie die „Fl. Nachr." von hier melden,
über die Gültigkeit der letzten drei Stadt-
Jn