Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

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T'"' f 'v , 
nick, wodurch, er es an weiteren Angriffen 
verhinderte. Tie Verletzte mußte sofort in 
eine Heilanstalt gebracht werden. 
In New-Aork-Brooklyn hat man einen 
Schwindel entdeckt, der wohl zu den 
gigantischesten Betrugsfällen dieses Jahr 
hunderts gehört. Die dortige Polizei 
verfolgt den Chef eines unter dem 
Namen Franklin - Syndicat errichteten 
Privat-Bankhauses, William F. Miller, 
und dessen Agenten Cecil Leslie. Das 
Franklin-Syndikat verstand es buch 
stäblich, zehntausende von Clienten durch 
die Ankündigung anzulocken, daß diesem 
Bankhause anvertraute Gelder sich mit 
zehn Prozent wöchentlich, also mit 520 
Prozent jährlich verzinsen, und zahllose 
Agenten waren für das Unternehmen in 
den ganzen Bereinigten Staaten thätig 
Thatsächlich hat Miller die versprochenen 
Dividenden gezahlt, aber an einen Kreis 
von Personen, die er sich mit größter 
Geschicklichkeit unter seinen Committenten 
aussuchte und die natürlich wegen der 
unverhältnißmäßig großen Gewinne seine 
freiwilligen und eifrigsten Agenten wurden. 
Eine flüchtige Durchsicht der Bücher des 
Syndicats hat ergeben, daß nicht weniger 
als 20 000 Personen allwöchentlich per 
Post durch Leslie ihre Dividenden zu 
geschickt bekamen. Die großen Beträge, 
die Miller auf diese Weise aufwendete, 
rühren aber durchaus nicht aus irgend 
welchen glücklichen Finanzoperationen her, 
sondern er entnahm einfach das Geld den 
Einlagen anderer Klienten. Eine große 
Zahl von Klienten hatte das Syndicat 
unter Briefträgern, Feuerwehrleuten und 
Polizisten von Brooklyn. Das Bank 
haus zählte zu den bestbewachten von 
ganz New-Iork, denn fast jeder Polizist, 
der vor dem Hause auf Posten stand, 
hatte dort eine Einlage. Dieses Ver 
trauen der Polizisten zu Miller hat am 
Sonntag, als durch die Blätter die 
Nachricht von dem Betrüge verbreitet 
worden war, eine sehr merkwürdige Folge 
gehabt. Bor dem Bankhause nämlich 
sammelte sich eine große Menschenmenge 
an, und die Leute verlangten alle ihr 
Geld. Und da waren die zur Aufrecht 
erhaltung der Ordnung berufenen Wach 
leute eifrig bemüht, dem Publikum zu er 
klären, Miller werde sofort kommen, das 
Geschäft und seine Kassen ösinen und 
jeden befriedigen", der da sein Geld ver 
langen werde. Was eigentlich mit den 
Einlagen geschehen ist — die Gesammt- 
höhe der Schadenssumme ist noch nicht 
bekannt — konnte bisher nicht festgestellt 
werden. 
Im Nachlaßgericht zu Newyork wurde 
vor einigen Tugen das in Berlin aus 
dem amerikanischen Konsulat von General 
Graf W a l d e r s e e ausgefertigte Attest 
hinterlegt, durch welches der Graf be 
scheinigt, daß er der Ausfertigung des 
Testaments seiner Schwiegermutter, der 
im März d. I. im Alter von 95 Jahren 
verstorbenen Frau Anna Lee aus Newyork, 
als Zeuge beiwohnte, und daß die Erb 
lasserin bei Aussetzung ihres letzten 
Willens bei klarem Verstände war. Frau 
Lee hinterläßt den größten Theil ihres 
Vermögens ihrem Sohne David Bradley. 
Der Gräfin Waldersee, ihrer Tochter, 
vermachte sie ihr Mobiliar, Gemälde und 
verschiedene Werthsachen, die sich z. Zt. 
in einem ihr gehörenden Haus e in Ham 
bürg befinden. Ihre anderen Töchter, 
Josephine, verehelichte Baronin Wächter, 
und Frau Abby Murray, Gattin eines 
Engländers, sind in dem Testament gar 
nicht erwähnt, haben aber das Testament 
anerkannt. 
Holland. 
In Amsterdam amüsirt man sich jetzt 
im Zirkus über die allabendlich in 
Dressur vorgeführten Maulesel. Die 
Thiere sind so angezogen wie Menschen 
und spazieren auch wie solche gravitätisch 
einher. Aus den Farbenzusammen 
stellungen der Kleidungsstücke erkennt man 
unschwer die Landesfarben verschiedener 
europäischer Nationen. Nachdem die 
Maulesel ihr Pensum abgearbeitet haben, 
werden sie der Reihe nach von ihrem 
Dresseur gefragt, ob sie nun in ihren 
Stall wollten. Auf zustimmendes Kopf 
nicken erhalten sie hierzu die Erlaubniß 
und trollen sich einer nach dem anderen 
davon. Nur der bis zuletzt gebliebene 
Meister Langohr mit dem vielverh ißenden 
Namen „Dum-Dum" in seinem die 
englischen Farben tragendem Kostüm will 
vor der Erlaubniß, die Manege zu ver 
lassen, keinen Gebrauch machen. Selbst 
Drohungen mit der sonst Respekt ein 
lößenden Peitsche imponiren ihm heute 
nicht. Das Publikum wird ungednldig 
Da ruft der anscheinend in Verlegenheit 
gerathene Dresseur, wie einer Ein 
gebung folgend: „Dum-Dum, die Buren 
kommen!" Wie von einer Tarantel 
gestochen, jagt der,- Esel davon, und 
grenzenloser Jubel lohnt den Artisten 
: ür seinen neuen Trick. 
Oesterreich-Ungarn. 
Aus Budapest wird geschrieben: Der 
Maschinist Georg David scheint der Treue 
einer Geliebten, der Cigarrettenarbeiterin 
MLßäros nicht sehr getraut zu haben. 
Er sollte für längere Zeit in die Provinz 
ehen und veranstaltete aus diesem 
Anlasse in einem Gasthause eine Abschieds 
pier, an welcher auch mehrere Bekannte 
des Mädchens theilnahmen. Um Mitter 
nacht machte sich sodann das Paar allein 
auf den Heimweg. Man sprach von der 
Trennung und dem baldigen Wiedersehen. 
In der Herzengasse, vor der Wohnung 
des Mädchens angelangt, stellte David an 
die Geliebte plötzlich die Frage: „Wirst 
Du mir aber auch bis zu meiner Rückkehr 
treu bleiben?" Das Mädchen wollte den 
Geliebten ein wenig ärgern und ant 
wortete schnippisch: „Nun, wenn Du 
lange wegbleibst, dann werde ich mir 
wahrscheinlich einen anderen Geliebten 
uchen müssen." David gerieth über 
riese Worte in großen Zorn. Er zog 
ein aufgeklapptes Taschenmesser hervor 
und schnitt mit einer raschen Hand 
bewegung dem Mädchen die Nase ab 
Das Wehegeschrei der Mößäros 
beantwortete David mit der cynischen 
Bemerkung: „Niemand wird Dich ohne 
Nase lieben." Inzwischen waren mehrere 
Passanten herbeigekommen, die David 
estnahmen und ihn einem Schutzmann 
übergaben. Das verunstaltete Mädchen 
wurde auf die Universitätsklinik gebracht, 
wo ihr die im Straßenschmutz aufgelesene 
Nase angenäht wurde. 
den Fuchs noch ein paar Mal im Kreise 
herum, rieb ihn dann eifrigst mit der Decke 
ab und brachte ihn darauf in den Stall. 
Indessen erschien Minna im Wohnzimmer 
mit dem bestellten Frühstück und ein paar 
Augenblicke später trat Fräulein Lucy herein, 
noch im grauen Reisemantel, das hübsche 
Gesicht mit einem mißmuthigen Ausdruck 
und heftig geröthet. 
Frau von Pahlen, die nun am Frühstücks 
tische Platz genommen hatte, setzte eine sehr 
strenge, ernsthafte Miene auf. „Muß 
zu Hause gleich wieder mit Dir losgehen?" 
sagte sie — „noch im Mantel und so au 
das Thier? Hals und Beine wirst Du Dir 
noch mal brechen." 
Fräulein Lucy streifte ihren Mantel her 
ab. Ihre rothen Lippen zuckten verächtlich 
und schnippisch. 
„Mit einer Damenziege, wie der Hans. 
Das ist doch lachhaft, Mama", versetzte sie 
So gefreut hat er sich. Mit den Ohren 
hat er gewackelt! Natürlich der Petermann 
hat ihn verritten. Eh' er blos losgeht 
Hinter den Kehlricmen muß man ihn schlagen! 
Und dann glitten Fräulein Lucy's Augen 
nut einer Miene, als ob sie soeben einen 
Eßlöffel voll Ricinusöl zu schlucken bekommen 
hätte, über die sie umgebenden vier Wände. 
„Nu ist man wieder zu Hause, sagte sie — 
,wie das einem blos vorkommt. Ordentlich 
dumm!" Bei diesen Worten hatte ^ sich 
Fräulein Lucy auch ihrer übrigen Reise 
requisiten entledigt. 
„Ich denke, wir sind lange genug nun 
fortgewesen", sagte Frau von Pahlen mit 
erhöhter Stimme. 
„O", erwiderte Fräulein Lucy, „man 
eben wieder in Garnison. Aber Berlin 
Berlin! Mama, na, ich finke in die Kniee 
vor Berlin." 
(Fortsetzung folgt.) 
Inland. 
— Im Reichstage gelangte bei 
wiederum sehr schwach besetztem Hause die 
Vorlage über das M ü n z w e s e n zur 
Verhandlung. Eine bemerkenswerthe De 
batte fand nicht statt. 
Wie dem „B. L.-A." versichert 
wird, steht die Aufhebung des sog. 
Verbindungsverbots in aller 
nächster Zeit zu erwarten. Man wird 
nicht fehlgehen in der Annahme, daß die 
neuliche Audienz des Reichskanzlers 
Fürsten Hohenlohe beim Kaiser mit dieser 
Frage in Zusammenhang stand. Der 
Reichskanzler hatte bekanntlich die Aus 
hebung dieses Verbots bis zum Jnkraft 
treten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 
1. Januar 1900 zugesagt; er wird nun 
mehr in den Stand gesetzt, sein Ver 
brechen einzulösen. 
- Im Gegensatz zu den bisher von 
unterrichteter Seite ausgegangenen An 
kündigungen will ein bayerisches Blatt 
erfahren haben, daß die Regierung in der 
Frage der Flottenvermehrung 
einen eigentlichen Gesetzentwurf im Laufe 
dieser Session im Januar nicht vorzulegen 
ondern dem Reichstage nur eine Denk 
christ zu unterbreiten gedenke, die die 
Nothwendigkeit einer vergrößerten Flotte 
darlege. Die Erörterungen über diese 
Denkschrift im Reichstage dürften demnach 
vorläufig nur akademischer Natur sein 
Eine Wirkung aus den Etat dieser Session 
hat die Denkschrift nicht. Die ersten 
neuen Marineforderungen werden erst im 
Etat 1901/1902 erscheinen. Der jetzige 
Etat bewegt sich nur im Rahmen des 
Flottengesetzes von 1898. Es würden 
deshalb, da über eine Denkschrift selbst 
verständlich nicht abgestimmt werden kann 
und auch für diesen Winter keine Marine 
Mehrsorderungen auftreten, für diesen 
Winter die bedrohlichen Wolken einer 
Reichstagsauflösung schwinden. Dieser 
augenblickliche Stand der Dinge zur 
geplanten Flottenvermehrung werde zweifel 
los bei der Generaldebatte zum Etat zur 
Sprache kommen. Ob nach deren Verlau 
die verbündeten Regierungen die Ermuthi 
gung finden, auf die Denkschrift alsbald 
die eigentliche Folottenvorlage vorzulegen 
bleibt abzuwarten. 
— Bon Herrn Viktor Schwein 
bürg, dem Regisseur der bisherigen 
Flottenpropaganda, rücken jetzt 
die Flottenfreunde selbst immer mehr ab. 
Die „Tägl. Rundschau" veröffentlicht eine 
Zuschrift von Prof. Hans Delbrück, 
worin dieser folgende Mittheilung macht: 
Als der Flotten-Berein gegründet 
wurde, trat er auch an einige Berliner 
Professoren mit der Aufforderung heran, 
ch ihm anzuschließen. Eine Gruppe 
berathschlagte darüber gemeinschaftlich, 
erklärte sich bereit, stellte aber die 
Bedingung, daß der Verein keinen ein- 
eitigen Charakter tragen dürfe, sondern 
im Vorstand wie in seinem geschäfts- 
Phrenden Ausschuß Mitglieder aller 
politischen Gruppen, die für die Flotte 
eintreten wollten, vereinigen müsse. Der 
Vorstand wie der geschästsführende Aus 
chuß waren bis dahin ausschließlich aus 
der Gruppe der Konservativen, der Groß 
industriellen und was ihnen nahesteht, 
zusammengesetzt. Meine Kollegen beauf 
lagten mich, darüber mit Herrn Schwein 
burg zu verhandeln, der einmal oder 
mehrfach deshalb bei mir gewesen ist. 
Die Verhandlungen zerschlugen sich 
endlich, da der Flottenverein es ablehnte, 
auf unsere Bedingung einzugehen, und 
darauf ist, so viel ich weiß, kein einziger 
Professor der Berliner Universität ihm 
beigetreten. Wir waren der Ansicht, daß 
mit Absicht von vornherein die Leitung 
des Vereins so zusammengesetzt war, daß 
Herr Schweinburg Alles in 
er Hand behielt und das ganze 
Unternehmen keinen weiteren Zweck hatte, 
ls diesem Herrn und seinen 
Hintermännern an der Aller 
höchsten Stelle das Relief 
roß er Patrioten zu ver- 
ch a f f e n. Da nun, wie ich seitdem 
erfahren habe, viele Leute grundsätzlich 
nicht mit einem von so wunderbaren 
Geheimnissen umgebenen Herrn, wie 
Herrn Schweinburg, zusammenzuarbeiten 
wünschen, so ist es nur zu natürlich, 
daß der „Flotten-Berein" einen für eine 
so große nationale Sache beschämend 
geringen Erfolg gehabt hat." — Eines 
weiteren Kommentars bedarf es nicht. 
Auch der Hurrah-Patriotismus, der sich 
überall breit macht, ist verwerflich, 
mindestens ebenso verwerflich, als jene 
Sorte von Opposition, die sich breit 
macht, nur um zu opponiren und 
alles zu verneinen. 
Berlin, 4. Dec. Herr Schwein- 
u r g veröffentlicht in den „Berl. Pol. 
Nachr." folgendes Telegramm des Für 
ten zu Wied von gestern: „Auf Ihr 
erneutes Entlassungsgesuch aus Ihrem 
Ehrenamte als Sekretär des Deut s ch e n 
Flottenvereins erwidere ich, daß ich 
mich durch einen diesbezüglichen Beschluß 
des ausführenden Ausschusses gebunden 
Ahle. Ich behalte mir die Entscheidung bis 
zu meiner nächsten Anwesenheit in Berlin 
am 10. d. M. vor. Ich ersuche Sie, den 
ausführenden Ausschuß zum 10. d. M. 
Nachmittags zu einer Sitzung einzuberu- 
ien." — Man darf annehmen, daß der 
Ausschuß sich den Gründen, die für die 
Trennung des Sekretariats des Flottenver 
eins von der Person des Herrn Schwein- 
burg sprechen, nicht verschließen wird. Wie 
letzterer s elbst mittheilt, hat er bereits mehr 
fach sein Entlassungsgesuch eingereicht, noch 
vor wenigen Wochen habe aber der Aus 
schuß einstimmig seine Bitte abgelehnt. Er 
hat nunmehr die Konsequenzen der Ueber 
zeugung, daß er zur Weiterführung jenes 
Ehrenamtes ungeeignet sei, gezogen, indem 
er sich beurlaubt und die Geschäfte des Se 
kretariats dem stellvertretenden Sekretär 
Kapitän a.D. Gercke übergeben hat. 
— Ein neuer Retter der Land 
wirthschaft ist ein ostpreußischer 
Rittergutsbesitzer, Namens Mack. Nach 
der „Königsb. Hart. Ztg." hat dieser Herr 
cine Schrift verfaßt, in der er den Nach 
weis geführt haben soll, daß der A ck e r- 
au nicht mehr lohnend sei; 
er kommt infolgedessen zu dem Schluffe, 
daß die E r z e u g u n g s k o st e n des 
Getreides durch Einführung der Maschinen 
arbeit in Verbindung mit der Elcctrizität 
er billigt werden müßten; als Heiz 
material empfiehlt er die neuerfundenen 
Briketts aus Torf. Abgesehen 
hiervon, ist der Gedanke nicht im minde- 
len neu. Daß er eine gewisse Berechti 
gung habe, bestreitet kein Mensch; daß er 
aber ein Allheilmittel sei, wird 
niemand behaupten wollen. Maschinen 
und Elektrizität können im Kleinbetriebe 
nur ausnahmsweise angewandt werden. 
Wer also kein anderes Heilmittel für die 
Landwirthschaft kennt, der giebt den Klein 
besitz preis und arbeitet der Latifundien- 
bildung vor. Und das ist nicht gut. 
Die mehrfach erwähnten Erd 
schwankungen in Spandau, die 
vor einiger Zeit in der Umgebung der 
königlichen Geschützgießerei vorkamen und 
bei den Bewohnern der in Mitleidenschaft 
gezogenen Häuser Besorgnisse hervorriefen, 
wurden, wie mitgetheilt, zufolge der vom 
Prosessor Gerland aus Straßburg i. E 
Vorsitzender der deutschen Erdbeben 
kommission, an Ort und Stelle vor 
genommenen Untersuchung auf die 
ganz gewaltigen Einwirkungen einer 
hydraulischen Presse in jener Fabrik 
zurückgeführt. Nachdem gleichzeitig auch 
eine Militärkommission die Angelegenheit 
einer Prüfung unterzogen, sind au 
Anordnung der Feldzeugmeisterei sowohl 
im Betriebe jener Presse als auch in 
ihrer unmittelbaren Umgebung Vor 
kehrungen getroffen worden,-durch die die 
mächtigen Erschütterungen beträchtlich 
herabgemindert sind. Häuserschwankungen 
sind seitdem auch nicht wieder wahr- 
genommen worden. 
Der Student Wilhelm Riemann 
aus Nordhanse», Sohn des Rentners, 
früheren Fleischermeisters, Ferd. Riemann, 
ist in Berlin das Opfer eines Säbel 
duells geworden. Er erhielt bei dem 
Zweikampf so schwere Verletzungen, daß 
er bald darauf gestorben ist. 
Bezeichnend für das Gezänk, das 
gegenwärtig unter den Sozialdemokraten 
Dortmunds um Dr. L ü t g e n a u herrscht, 
ist folgende Aeußerung Dr. Lütgenau's, 
die die Dortmunder „Tremonia" ver 
öffentlicht : 
„Abermals bitte ich Sie um etwas 
Raum; die Zustände in der sozialdemo 
kratischen Presse zwingen mich für jetzt 
noch, mich wieder an Sie mit Dank im 
Voraus zu wenden. Ich will mir 
noch einen kaufen. Herr Auer 
schweigt. Dafür aber wird jetzt mündlich 
kolportirt, ich hätte während meiner 
parlamentarischen Zeit für gegnerische 
Berliner Blätter geschrieben. Das ist 
nun, ich räume es ein, in einem Falle 
wirklich geschehen; indeß möchte ich mir 
erlauben, den Sachverhalt klarzustellen. 
Ich gehörte der Kommission zur Be 
rathung eines Reichsvereinsgesetzes an. 
Da erschien einmal in einer Sitzung der 
Abg. Frohme und bat mich, ihm einen 
kurzen Bericht zu schreiben. Ich fragte: 
„Für das „Hamburger Echo" ?" Frohme 
ist nämlich Chefredakteur dieses im Ber 
lage von Auer & Co. erscheinenden 
Blattes. Frohme antwortete: „So'n 
kleine Skizze." Es ist nun an Frohme 
nichts Neues, daß seine Antworten auf 
die Frage passen wie die Faust auf's 
Auge; ich hielt es auch für eigentlich 
selbstverständlich, daß Frohme den Bericht 
für sein eigenes Blatt wünsche, 
und so entsprach ich denn seinem Verlan 
gen. Am selben Abend las ich meinen 
Bericht in Berliner gegnerischen Blättern, 
aber mit einigen Spitzen gegen unseren 
Standpunkt versehen. Wie ich hörte, war 
er den Blättern von dem Parlaments 
berichterstatter Hamburger zugegangen. 
Das „Hamburger Echo", Auer & Co. 
treibt es, wie ich höre, in unfaßbaren 
Verdächtigungen gegen mich am ärgsten. 
Es erreicht damit, daß ich hiermit seinen 
Chefredakteur Frohme neben Herrn Auer 
stelle. Da mag sie denn das Publikum 
ein Weilchen stumm, wie ertappte Buben, 
nebeneinander stehen sehen: Auer & Co. 
Hochachtungsvoll! Dr. Fr. Lütgenau." 
Freiburg i. R., 1. Dez. Biel besprochen 
wird hier eine Untersuchung, die z. Zt 
regen den Bankier E. Mayer schwebte 
Vor einiger Zeit gerieht der Gypser 
Rösch hier, der bei Rheinfelden eine 
größere Anzahl Bauten ausführte, in 
Konkurs. Er hatte mit dem genannten 
Bankier „gearbeitet". In dem Auszuge, 
den der Konkursverwalter von Mayer 
einforderte, sehlte ein Ha den Posten 
von 5000 Mark, der auch nicht gebucht 
war. Daß die Zahlung erfolgt ist, 
unterliegt keinem Zweifel, da sie durch 
den Inhaber eines hiesigen Hypothekar- 
geschäftes vermittelt wurde. Aus dens 
elben Konkurse ist auch eine Untersuchung 
anhängig gegen den Agenten und Güter 
Makler Josef Meier, der dem Rösch 
unter etwas eigenartigen Umständen nicht 
etwa Bauterrain, sondern für einen 
großen Betrag — alte Möbel verkauft 
hat. Auf den Ausgang dieser Doppel 
Untersuchung ist man hier sehr gespannt 
!!! Hannover, 4. Tee. Der Kai 
e r trifft am Sonnabend 12 Uhr 45 Min. 
von Bückeburg kommend hier ein. Er früh 
lückt ini Offizierskasino der Königsulauen 
(Nr. 13) und fährt dann um 3 Uhr 25 
Min. nach Potsdam. 
Breme», 2. Dez. Die Bürger 
ch a fts wählen auf Grund des all 
gemeinen Stimmrechts wurden heute be 
endet; die Sozialisten gewannen noch 
drci Sitze, sodaß sie einschließlich zweier 
alten Sitze zählen; außerdem sind sie an 
zwei Stichwahlen betheiligt. 
lc. Friedrichsruh, 4 Dez. Fürst 
Herbert von Bismarck, der in 
folge der Verwundung und der Stra 
pazen im Feldzuge 1870/71 seit längerer 
Zeit an Gichlschmerzen in den Füßen 
leidet, ist, nachdem er mit seiner Ge 
mahlin vor einigen Tagen aus Süd 
irankreich hierher zurückgekehrt ist, jetzt 
ohne die Fürstin wieder fortgereist, wahr 
scheinlich, weil er die feuchte Winterluft 
des Waldes, die für sein Uebel nicht 
heilsam ist, mit einer höheren trockenen 
Luft zu vertauschen beabsichtigt. Der ge 
plante Bau eines sommerlichen Lust 
schlosses in weiterer Entfernung von der 
Unruhe des Eisenbahnbetriebes an einem 
besonders romantischen Ort des Sachsen 
waldes soll, wie es heißt, im nächsten 
Jahre in Angriff genommen und von 
demselben Baumeister entworfen und 
ausgeführt werden, der jetzt für den 
Grafen Wilhelm von Bismarck ein groß 
artiges Schloß in Varzin baut. 
Provinzielles, 
le. Altoua, 4. Dezember. 
B a h r e n f e l d, sowie in sämmtlichen 
deutschen Artillerie-Garnisonen wird heute 
wie alljährlich am 4. Dezember, das Fest 
der heiligen Barbara, der Schutzpatronin 
versehene 
Barbara" 
Die hier 
der Artillerie gefeiert. Das Fest ve 
heiligen Barbara stammt aus Spanien, 
aus der Mitte des XIII. Jahrhunderts, 
Das Bildniß der heiligen Schutzpatronin 
rndet man häufig an Kasernen, Zeug 
häusern und Pulvermagazinen, ebenso wie 
auf besonders großen Kanonen. So 
befindet sich z. B im Zeughause zu 
Berlin mit dem Bildniß der heiligen 
Barbara „die faule Grete" ein 24- 
Pfünder im Dienste des Kurfürsten 
Friedrich von Brandenburg und in dem 
Artillerie-Museum zu Woolwich in Eng 
land ist eine in Deutschland gegossene 
und mit deutscher Inschrift 
Kanone mit Namen die „große 
genannt. 
Io. Altona, 4. Dezember, 
wohnende Wittwe Reissner, deren Sohn 
vor etwa 2 Jahren nach Transvaal 
auswanderte, erhielt einen Brief vom 
airikanischen Kriegsschauplatz, worin ihr 
mitgetheilt wurde, daß ihr Sohn, der als 
Freiwilliger in den Reihen der Buren 
mitkämpfte, in einem Borpostengefecht 
r s ch o s s e n sei. Dieser harte Schicksals 
schlag hat die unglückliche Mutter auf 
das Krankenlager geworfen. 
Der 88 Jahre alte Milchhändler Jacob 
Struß von der Elbinsel Altenwärder 
eierte am 1. December ein seltenes Bor- 
kommniß, nämlich den Tag, an welchem 
er nunmehr seit 75 Jahren (!) ununter 
brochen täglich in der Häringshandlung 
von Schots im Dingsgang in Altona- 
Milch liefert. 
Ein jähes Ende fand der 34jährige 
Schachtmeister Burmester jun. In der 
Dunkelheit gerieth er Abends in den 
Bahrenfelder See, stürzte kopfüber hinein 
und blieb mit dem Kopf im Morast stecken, 
einen jämmerlichen Erstickungs- 
o daß er 
tod fand. 
Wegen 
üngnifles 
Ueberfüllung des Gerichtsge- 
in Altona langte ein größerer 
Gefangenentransport in Glückstadt an; die 
42 Personen wurden in dem Strafgefäng» 
niß untergebracht, wo augenblicklich recht 
viel Platz ist. Seit Verlegung der Frauen- 
btheilung von Glückstadt nach Kiel ist 
die Strafanstalt selten besetzt. 
Am nächsten Sonntag feiern die Ehe 
leute P. H. Krüger und Frau in Heide 
das Fest ihrer goldenen Hochzeit. Der 
Ehemann ist 75 Jahre alt und war von 
1837' bis 1891 ununterbrochen in dem 
Geschäft von A. H. Huesmann dort thätig, 
wofür ihm in Anerkennung der treuen 
Dienste in einem Arbeitsverhältnisse ein 
kaiserliches Gnadengeschenk zugewiesen 
worden ist. 
Nach langem Hin- und Herberathen ist 
von der Stadt- und Landgemeinde-Ver 
tretung Wessclburen unter Vorsitz des 
Landraths beschlossen worden, die Kirch- 
piels-Sparkasse als gemeinsames Institut 
izubehalten. Der ca. 170,000 Mk. be 
tragende Reservefonds geht zu 2 /i an die 
Stadt und zu % an das Land über. 
Die Ueberschüsse sollen später gleichmäßig 
vertheilt werden. 
£3 Reumünster, 4. Dec. In der Ma- 
chinenfabrik von Rohwer & Ehlers ent 
laub am Sonntag-Morgen ein großer 
Brand, der etwa den 5. Theil der Fabrik 
in Asche legte. Der Schaden dürfte ius> 
gesammt 100,000 Mk. nicht erreichen. 
Die Betriebs-Dampfmaschine und der 
Dampfkessel werden wieder in Ordnung 
gesetzt und damit der Betrieb im vollen 
Umfange wieder aufgenommen. 
Ein junger unverheiratheter Post 
beamter von Nenmünster, welcher auf 
dem dortigen Bahnhöfe dienstlich thätig 
mar, wurde auf dem Bahnsteig vom 
Herzschlag getroffen und sank todt nieder. 
Im Zusammenhang mit dem gestrigen 
Brandunglück in Neumünster steht ein 
trauriger Unglücksfall, der eine Nortorser 
Familie schwer betroffen hat. Ein junger 
Mann, welcher durch den Feuerlärm aus 
’einer Ruhe gestört dorthin eilen wollte, 
muß in der Dunkelheit so unglücklich 
gegen einen Laternenpfahl gerannt sein, 
daß er todt niederfiel. Dieser traurige 
Vorfall hat in unserm Orte allgemeine 
Theilnahme erweckt. 
!!! K i e l, 4. Dec. Die Passage im Kai 
ser Wilhelm-Kanal hat seit dem letzten 
- Jahre einen weiteren Auffchwung genom 
men. Besonders jetzt, wo Wind und Wetter 
manchen Schiffsführer von dem Weg um 
Skagen abhält, nimmt die Frequenz erheb 
lich zu. Dies war am gestrigen Sonntage 
sehr fühlbar, schon in den ersten Morgen 
stunden waren sämmtliche Lootsen in Hol- 
tenau vergriffen. Das Personal der Loot 
sen hat augenblicklich, şşen schweren Dienst, 
trotzdem ist es nicht.silöglich, daß alle Schiffe 
eine prompte Expedition finden. An man 
chen Tagen liegen mehrere Dampfer ander 
Kanalmündung, die stundenlang auf Loot- 
sen warten müssen. Im Interesse des Ver 
kehrs ist eine baldige Erhöhung dieses 
Etats sehr erwünscht. 
Ein erheblicher Verlust entstand für den 
Inhaber des Waarenhauses Jakobsen in 
Kiel dadurch, daß eine Stellage, auf wel 
cher für reichlich 1000 Mark Porzellan 
stand. Tie Waaren stürzten zur Erde und 
sind nahezu alle zertrümmert. 
Ein in Flensburg im Bau begriffe 
ner Dampfer erhält eine Schiffsschraube iw 
Gewichte von 27 000 Pfund. 
Eckernförde, 4. Dec. In der letz 
ten Sitzung der städtischen Kollegien wurde, 
wie die „Fl. Nachr." von hier melden, 
über die Gültigkeit der letzten drei Stadt- 
Jn
	        
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