Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
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Bezugspreis: 
Vierteljährlich 2 Ji—, frei ins Haus geliefert 
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Wo- 284. 
Aeltestes wrd gelesenstes KlaLL im Kreise Kendsdurg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
—^ B2. fitv Jahrgang. 
Druck und Verlag von dem verantwortlichen Herausgeber H. Möller (H. Gütlein Nächst.), Rendsburg, Mühlenstraße 18. 
Aienstcig, den 5. Aecernver 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Dem Rendsburger Wochenblatt rvird 
„Der Landwirth" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen 
der Landwirthschast) gratis beigegeben. 
1899. 
mußten zahlreiche Schutzleute einschreiten, 
um die Ruhe wieder herzustellen. 
Rom, 2. Dec. Hier wird z. Ft. ein 
sog. Maffia-Prozeß verhandelt, in welchem 
der Abg. Pallizolo verwickelt ist. Wahrend 
der gestrigen Verhandlung wurde dessen 
Hauptwerkzeug zur Verschleierung des 
Thatbestandes, Polizei-Inspektor 
Diblasi wegen Meineids unter dröhnen 
dem Beifall des Publikums verhaftet. 
Paris, 3. Dez. Aus Nantes wird ge 
meldet : Die ausständigen Arbeiter bei 
der Staats-Tabakfabrik, 5000 an der 
Zahl, organisirten gestern einen Umzug. 
Sie wollten vor das Präftktur-Gebäude 
ziehen^ und daselbst manifestiren. Eine 
Abtheilung Kavallerie verhinderte sie 
daran. Die Demonstranten warfen 
/As\ rs. 'i ' on\ Vrr' v ^• ^«Steine auf das Militär und verwundeten 
(40 Setten 8°) an,erttgen lassen und wtrdL itien Offizier, worauf der Befehl er- 
derselbe zum Presse von 3Ä Pfg. (in.heilt wurde, gegen die Menge vor 
Parthten von 10 Stuck und mehr fur zugehen. Mehrere Verhaftungen wurde 
Wrederverkauser a 25 Pfg.) abgegeben. vorgenommen. 
Expedition 
d. Reņdsb. WocherrblaLies. 
für Miether M Ņemiether! 
Bekanntlich treten mit dem 1. Jan. 
1900 neue wichtige Bestimmungen nach 
dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch in 
Kraft. Au? Grund derselben haben wir 
deshalb den Entwurf eines 
Rķchiîkckķļlîtè 
A0.ch dem Menen Biirgex- 
licherr ĢesetzbNch 
nebst 
Hrrrrsoŗdņrmģ Zr. Mrethe- 
^XnUhnwßbnd) 
MoLgen-Beņchte. 
Berlin, 2. Dez. Wie aus Karlsruhe 
gemeldet wird, lehnte die badische Re 
gierung die Beantwortung der Interpellati 
on der Sozialdemokraten über die neuen 
Flottenpläne ab. 
Halle, 2. Dez. Der B. L.-A. meldet: 
Wegen Salzsteuerhinterziehung verurtheilte 
die Strafkammer den Kaufmann Sonntag 
aus Merseburg zu 204)16 Mark Geld 
strafe. Sonntag hatte statt Kochsalz 
billigeres denaturirteê Viehsalz jahrelang 
bei der Fabrikation von sauren Gurken 
benutzt. 
Posen, 2. Dez. Der Ģ. L.-A. meldet: 
Der Fleischermeister Risto aus Schotten 
wurde auf seinem Wagen zwischen 
Lovuchowo und Stawica durch Hammer- 
schläge auf den Kops ermordet. 400 Mk 
wurden ihm geraubt. 300 Mk., die in 
einer anderen Tasche steckten, fand der 
Raubmörder nicht. Der Mord wurde 
erst entdeckt, als Pferd und Wagen 
führerlos vor dem Hause Ristos eintrafen. 
Von dem Raubmörder wurde noch keine 
Spur .gefunden, obgleich die gesammte 
Gendarmerie alarmirt worden ist. 
Oporto, 1. Dez. Der B. L.-A. meldet: 
In den.letzten drei Tagen sind sieben 
Pesterkrankungen und drei Todesfälle vor 
gekommen. Im Gefängniß .kam eine 
Erkrankung vor, in Folgen derer die 
Insassen in äußerste Aufregung und alle- 
sammt anderswo untergebracht werden 
wollten. Da eine Meuterei ausbrach, 
Shätzeäm. 
Selten hat ein Minister von der ganzen 
Welt einschließlich seines eigenen Landes 
solche Grobheiten zu hören bekommen, wie 
jetzt Herr Chamberlain wegen seiner Lcice- 
ster-Rede. Nach Meldungen aus Newyork 
und Washington bespricht die amerikanische 
Presse diese Rede durchwegs abfällig. Eve 
ning Sun sagt, es. sei wahrhaftig überra 
schend, Chamberlain von der Wahrung des 
Welffriedens weben zu hö ren. Evening Post 
meint, einem solchen politischen Wetterhahn 
brauche man nicht ernstlich zu folgen. 
Chamberlain schmeichle der Königin wohl 
nur, um den Adclstitel zu erhalten. Die 
World tadelt Chamberlain, daß er die Ge 
heimnisse Kaiser Wilhelms und des Präsi 
denten Mc. Kinley bloßstelle und dem 
Staatssekretär Hay Verlegenheiten bereite, 
der bei der Ohio-Wählcampagne gezimmgen 
war, die Existenz eines englisch-amerikani 
schen Bündnisses in einem Brief an die re 
publikanischen Wahlagenten ausdrücklich ab 
zuleugnen. Me Newyork Times erklärt, es 
sei nicht währ, daß ein geheimes Bünd 
nis; existire. Nachdem Chamberlain . den 
Krieg .in Südafrika unvermeidlich gemacht 
habe, wende er jetzt. die. Methode einer in 
Europa ganz neuen Diplomatie an. 
Der Berliner Korrespondent des Daily 
Telegraphl behauptet, ..bei den Conferenzen 
des Kaisers in Windsor wurde von...der 
Möglichkeit eims schriftlichen Bündnisses 
überhaupt nicht gesprochen, doch wurden an 
dere wichtige Resultate. erreicht. Der Zweck 
derselben ist, zu verhindern, daß bei irgend 
welchen Differenzen England oder Deutsch 
land versuche, eine Annäherung an andere 
Länder zu bewirken, um einen Truck auf 
einander auszuüben. Hiernach werde stets 
zuerst zu freundschaftlichen Verhandlungen 
gegriffen werden, um eine Reibung, oder 
Spannung zu verhüten. Der Kaiser denke 
jedoch nicht daran, seine europäische Poli 
tik abzuändern, sondern bleibe bei den Ver 
pflichtungen gegen den Dreibund und bei 
der traditionellen Freundschaft für Ruß 
land. 
Auch die russische Presse stimmt 
mit den übrigen continentalen Organen in 
der Mißbilligung der letzten Rede Cham 
berlains überein. Tie Petersburger 
Nowosti schreibt, wie man aus der russischen 
Hauptstadt meldet, die Rede hätte die eine 
gute Seite, daß sie Zweifel hinsichtlich der 
Ziele des Krieges in Südafrika zerstreute. 
Die Mächte wüßten jetzt, daß es sich um die 
Eroberung zweier Staaten handele, und 
könnten ihre Politik dieser Thatsache anpas 
sen. Die Nowoje Wremja bespricht die 
Stelle in der Rede Chamberlains, in wel 
cher dieser die Ausfälle der ausländischen 
Presse gegen die Königin von England er 
wähnt, und nennt diesen Passus inopportun, 
weil dadurch, der Name der Königin in die 
politische Debatte hineingezogen worden sei. 
Die „Times" schreiben heute: Die Aeuße 
rungen der amerikanischen, deutschen und 
französischen Presse seien der Kritik der 
eigenen Landsleute Chamberlains äußerst 
ähnlich In England wisse man vollkom 
men, daß Chamberlain nicht die Er 
ziehung eines D.i p l v m a t e n habe, 
doch könne man nicht von anderen Nationen' 
verlangen, daß sie darauf Rücksicht nähmen 
glauben, daß die Zerstörung der Brücken 
Clerys Vormarsch ans Ladysmith bedeutend 
erschweren. Man glaubt, Clery werde eine 
Abtheilung an einer anderen Stelle des Tu- 
gelaflusses übersetzen lassen, um Joubert in 
die Flanke zu fallen, während White ihm 
in den Rücken fällt und Clery mit seiner 
Hauptmacht ihn in der Front angreift. Al 
les ist einig darin, daß schwere Kümpfe be 
vorstehen. — Nach in Brüssel eingetroffenen 
Meldungen errichten die Boeren ein befestig 
tes Lager am Modderfluß. Entgegen den 
englischen Angaben wird in Brüssel versi 
chert, daß von den Truppen Methuens 1500 
Mann kampfunfähig sind. 
Während der Modder-River den Vor 
marsch Methuens zweimal aufgehalten hat 
und vielleicht einen verhängnißvollen Wen 
depunkt auf dem westlichen Kriegsschauplatz 
bezeichnet, ist der Tugelafluß für die in Na 
tal stehenden englischen Truppen zur Zeit 
nicht zu forciren. General Buffer kann an 
eine Entsetzung von Ladysmith nicht vor 8 
bis 10 Tagen denken, bis zu welcher Zeit 
die Stadt bereits kapitulirt haben dürfte. 
— General Hildyard erließ einen Armeebe 
fehl, worin er seinen Truppen Dank ab 
stattet, und der Hoffnung Raum giebt, dem 
Feinde nächstens die Schläge zu verabfolgen, 
d-.e er verdient habe. Die Truppen sind 
darüber erfreut, unter Zelten einige Zeit 
sich der Ruhe hingeben zu können. — 
./Daily News" zufolge, sind die Truppen 
Lord Methuens um ein halbes Bataillon 
Hochländer, ein Regiment Kavallerie und 
Irr fkitg ii Sikfrifi. 
Es bestätigt sich, daß die Kmegsopera- 
tioncn im Norden der.Kapkolonie nur von 
nebensächlicher Bedeutung sind. General 
Buffer wird nunmehr .seinen Hauptschlag in 
Natal führen müssen .und eventuell nur 
durch die Ereignisse gezwungen werden 
könne, das Gefecht auf dem Gebiete anzu- 
nehmen, welches General Joubert gewühlt 
habe. Der Sieg Lord Methuens ist sehr 
theuer erkauft, wen n überhaupt von einem 
Sieg die Rede sein kann. In London wirkt 
die Nachricht, daß er beim Forciren des 
Modderflusses 73 Todte und 943 Berwnn- 
dete, ganz abgesehen von den Offizieren, 
verloren hat, geradezu niederschmetternd. 
Weit und breit ist tiefe Trauer in den Häu 
sern eingekehrt. 
Die „Times" meldet aus dem englischen 
Lager von Frere, daß d.ie Boeren Lie Eisen 
bahnbrücke bei Colenso in die Luft. gesprengt 
haben. Tie Reparatur d.er Brücke uvird vor 
bereitet. Tie militärischen Sachverständigen 
eine Feldbatterie verstärkt worden. Man 
werde jetzt weiter vorrücken können. Die 
Eisenbahn nach seiner Basis sei völlig of 
fen. 
Außereuropäische Gebiete. 
Kairo, 1. Dez. Offiziere der Sudan- 
Armee erzählen, daß der Khalif, als er 
sah, daß es unmöglich sei, zu entkommen, 
seine Emire aufgefordert habe, bei ihm 
zu bleiben und mit ihm zu sterben. Er 
habe sodann ein Schaffell auf den Boden 
ausgebreitet und sich, seine Emire zur 
Rechten und Linken, darauf niedergesetzt. 
Die Schüsse trafen seinen Kopf, sein 
Herz, den einen Arm und seine Beine. 
Seine Emire und seine Leibgarde starben 
an seiner Seite. Die Truppen Oberst 
Wingates stürmten über den Khalifen 
und die Emire hinweg und Oberst Win 
gate kehrte erst zurück, um die Leiche zu 
suchen, als er die Meldung vom Tode 
des Khalisen erhalten hatte. (B. L.-A.) 
England. 
London, 2. Dez. In diplomatischen 
Kreisen tritt neuerdings das Gerücht 
Da KmZeDmM-UHer. 
Eine vergnügte Garnison-Geschichte. 
11 Bon Heinrich Lee. 
(Nachdruck verboten.) 
1. Kapitel. 
Große Ereignisse werfen ihre 
Schatten voraus. 
Ueber der guten Stadt Sudenheim blaute 
der Himmel eines heiteren Herbstmorgens. 
Sudenheim, eine Garnison nahe am Rhein, 
erfreute sich trotz seiner nicht beträchtlichen 
Einwohnerziffer in der Armee einer gewissen 
Beliebtheit. Es galt für ein behagliches 
Nest, die^Umgegcnd mit ihren wohlhabenden 
Gutsfamilien übte eine anerkennenswerthe 
Gastfreundschaft und die Offiziere der drei 
Schwadronen Ulanen wünschte« sich schließ 
lich nickt mehr aus Sudenheim heraus. 
Die Manöver waren vorüber, die Urlauber 
zurück und wieder regte sich das altgewohnte 
Leben in der Garnison. 
An der Promenade, von einem blühenden, 
jetzt schon mit Astern geschmückten Vorgarten 
umgeben, die eine Front der Landstraße zu 
gekehrt, lag das kleine schmucke Haus der 
Frau von Pahlen. Seit Monaten deuteten 
die herabgelassenen weißen Jalousien darauf 
hin, daß die Herrschaft verreist war. Frau 
von Pahlen wurde in der gesammten Garnison, 
selbst bei den Damen, stets nur ungern ver- 
Uiißt. Gesegnet mit einem ansehnlichen er 
erbten Vermögen, eine schöne späte Dreißigerin, 
die junge Wittwe eines Offiziers, die Mutter 
eines heranwachsenden sechzehnjährigen Fräu 
leins, und eine liebenswürdige Frau, stellte 
şie ihr Haus, wenn es des männlichen 
Schützers auch beraubt war, doch mit her 
vorragendem Eifer in den Dienst der Suden- 
heimer Geselligkeit, ohne daß der öffentliche 
Takt, gestützt auf die in der Sudenheimer 
Garnison althergebrachte Munterkeit, irgend 
einen Anstoß an ihrer isolirten Stellung 
deshalb genommen hätte. 
Indessen war« in den letzten Tagen die 
Jalousien wieder aufgezogen worden, und 
aus dem Innern dieses Hauses drang ein 
Poltern und Klopfen. Im Augenblick, wo 
diese wahrhaftige Geschichte beginnt, sich in 
Fluß zu versetzen, stand Minna, die un 
muthige Stubenfee des Pahlen'schen HauseS, 
mitten im Salon auf einer Stehleiter, um 
nach dem Kronleuchter hinaufzulangen und 
den daran baumelnden Kampferbeutel her 
unterzunehmen. Die Möbel und in der Ecke 
eine Clytiabüste hatten sich ihrer Leinwand- 
und Tüllhüllen bereits prunkend entledigt. 
Auf einem Tischchen am Fenster stand ein 
großes feierliches Bouquet von Veilchen und 
gelben Rosen. 
Minna begleitete ihre Arbeit mit Gesang: 
„Stolz zieht das Regiment einher, 
Das schönste ist's vom ganzen Heer, 
An Liebchens Fenster geht's entlang, 
Trompeten schmettern kling und klang, 
Taratabumdara, Taratabumdara. . 
Plötzlich wurde sie in dieser musikalischen 
Produktion unterbrochen. Es klopfte. 
„Herein!" rief Minna. 
In der Thür erschien die Gestalt eines 
Ulans. Schüchtern, treuherzig und redlich 
blickten Minna zwei blaue Augen an und 
zwar aus einem gesund geratheten, wenn 
auch nicht völlig durchgeistigten Gesicht. DaS 
strohblonde und an den Schläfen zu einer 
strammen nassen Sechse geformte Haar voll 
endete den sympathischen und martialischen 
Eindruck deö Ankömmlings. 
„Guten Tag", sagte er laut und freund 
lich, von dem Anblick des holden Weiblichen 
berührt. 
, „Ein Ulan", dachte Minna mit einem 
nicht unangenehmen Erstaunen und fügte 
àt bei: „Was wollen Sie denn?" 
„Eine Empfehlung vom Herrn Oberst 
und ob die gnädige Frau für den Herrn 
Oberst um zwölf Uhr zu sprechen ist", fuhr 
der junge Mann mit einem noch freund 
licheren, aber immer bescheidenen Lächeln fort. 
. „Die gnädige Frau? Da ist sic noch 
nicht. Um elfe kommt der Zug", erwiderte 
Minna und fügte fragend hinzu: „Sie sind 
wohl vom neuen Herrn Oberst der Bursche?" 
Man ersieht aus dieser Frage, welche 
wichtige Veränderung inzwischen sich in 
Sudenheim ereignet hatte. 
„Jawohl" schmunzelte der Ulan. 
„Na, ist's denn wahr, daß er nicht ver- 
heirathet ist?" forschte Minna weiter. 
„Nee. verheirathet ist er nicht." 
„Ein Oberst und nicht verheirathet! Das 
ist ja eine ganz neue Sorte. Wie haben 
Sie's denn bei ihm?" 
„Schon schöne." 
„Bei welcher Schwadron sind Sie denn?" 
„Bei der zweiten." 
„Bei der zweiten. Die haben alle was 
Propperes. Wie heißen Sie denn?" 
Schüchtern wie ein junges Mädchen, die 
Mütze drehend, antwortete der Ulan auf 
diese Frage: „Stcrzke!" 
„Sterzke? Ich heiße Minna. Was find 
Sie denn ins Civil?" 
„Kutscher." 
„Kutscher? Ist bei die schlechten Zeiten 
aus von dem erfolgten Abschlüsse eines 
japanisch'chinesischen offensiven und defen 
siven Bündnisses. 
Spanien. 
Madrid, 30. Nov. In Sabadelle in 
Catalonien ist der Ausstand der Fabrik 
arbeiter allgemein. Zwölftausend Streikende 
durchziehen die Straßen der Stadt, zahlreiche 
Gendamerie ist dort zusammengezogen zur 
Verhütung von Unordnung. 
Nußland. 
Odessa, 1. Dez. seit einigen Tagen 
wüthen heftige Stürme auf dem Schwarzen 
Meere. Nach bisherigen Meldungen sind 
zwölf Segelschiffe zertrümmert und drei 
untergegangen, wobei auch Menschen 
ertranken. Der Dampferverkehr ist unter 
brochen. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 3. Dezember. König 
Christian von Dänemark ist zwar nicht 
der älteste unter den regierenden Fürsten, 
aber wohl der gesündeste und rüstigste. 
Er steht im 8 2. Jahre, und als 
kürzlich sein Unwohlsein gemeldet wurde, 
ist dieser Nachricht heftig widersprochen 
worden mit dem Zusatze, daß er bei 
seiner Lebensweise gar nicht krank werden 
könnte, wenn er auch wollte. Er schläft 
ans Seegras bei offenen 
Fenstern, nimmt früh ein kaltes 
Bad, treibt Zimmergymnastik 
mit 10 Kilo schweren Hanteln, 
reitet zwischen erstem und zweitem Früh^ 
stück ein paar Dänenroffe zu, wohnt dann 
einer Probe des Balletcorps bei u. s. w. 
Aber König Christian ist geschlagen, zwar 
nickt von einem gekrönten Haupte, aber 
von einem, das den Bischofshut trägt. 
Der 87 Jahre alte Bischof 
M o m s o n aus Manchester ist nach der 
Schweiz und Tyrol gereist und hat die 
schwierigsten Höhen genommen. Wenn er 
auch schließlich abgefallen ist und einige 
Knochenbrüche noch Hause gebracht hat, 
so ist doch sein Rekord unanfechtbar. 
Kopenhagen, 2. Dec. Die hiesige Gros- 
sisten-Sozietät bewilligte einen Beitrag 
von 100,000 Kronen zur Gründung einer 
Handelsakademie für lOOOSchüler; 
die Gesommtkosten werden mit 700,000 ' 
Kronen veranschlagt. 200,000 Kronen will 
man durch Miethseinnahmen verzin sen und 
je eine Viertelmillion hofft man vom 
Staate und von Privaten zu erhalt en. 
Oesterreich-Ungarn. 
Wien, 1. Dez. Marie Kutschera, die 
grausame Mutter, welche ihr Stiefkind 
durch systematische Mißhhandlungen tödtete 
wurde heute Nacht um %12 Uhr zum 
Tode verurtheilt. Eine Ueberraschung 
bot das Zurückziehen der Anklage gegen 
auch besser als eine Profession. Haben Sie 
denn eine?" 
Sterzke verneinte die Gewiffensfragc mit 
einem Grinsen. 
„Meiner war der Michalski", erläuterte 
Minna ihre Verhältnisse — „er war bei 
der ersten, wenn Sie ihn gekannt haben. 
Ein ordinärer Mensch. Nu ist er zur Re 
serve. Da hat er mir sitzen lassen. Ein 
Sparkassenbuch hab' ich, hunvertsechzig Thaler 
und 's Tischzeug und 's Bettzeug. Nächsten 
Sonntag hab' ich Ausgeh. Ich geh' immer 
in den Adler. Wenn Sie da find, es soll 
mir angenehm sein." 
Abermals antwortete Sterzke auf diese 
Einladung mit einer Verzerrung seiner 
Mundwinkel. 
„Sie können sich gleich nützlich machen", 
agte Minna. „Hier von der Krone den 
Kampferbentel, wenn Sie den runterkriegen. 
Ich glaub', ich bin zu kurz." 
Mit militärischem Murr klomm Sterzke 
die Leiter empor, nachdem Minna herunter 
gestiegen war. 
„Man aber vorsichtig, pianoforte, daß 
die Prismas nicht entzwei gehen", rief Minna 
noch,^ da klopfte cs zum zweiten Mal. 
„Herein", kommandirte Minna. 
Auf der Schwelle stand ein junger Mann, 
gleichfalls Ulan, mit den Unteroffizicrstresien 
und am Säbel dem silbernen Portepee. Der 
Säbel raffelte hörbar. Im rechten Auge 
hielt der junge Mann ein Monocle ge 
klemmt, das er mit der Hand von Zeit zu 
Zeit wieder in die richtige Lage zu setzen 
bemüht war. Ueber seiner Oberlippe keimten, 
einem geschärften Blick wohl erkennbar, einige 
blonde Haare, nach denen er zuweilen be 
tastend die Finger ausstreckte, wie um sich 
zu überzeugen, daß sie inzwischen nicht ver 
schwunden waren. Ueber seinem ganzen 
weiteren Gebühren lag ein' Gemisch von 
Schuldigkeit und — denn das muß. zu 
unserm Bedauern gesagt sein — auch von 
Unbeholfenheit. Ferner hatte er die Ge 
wohnheit, seltsam mit den Schultern 4 zu 
zucken. ° 
Sterzke. knallte auf der Stehleiter beim 
Anblick dieser Erscheinung disziplingemäß 
mit den Absätzen zusammen und stand stramm. 
„Jemine!" stieß Minna mit einem Jubel 
ruf aus, der Herr Karl. Und mit's Portepee 
Nanu werden Sie wohl bald auch Lieutenant?" 
„Meine Tante schon da?" fragte Karl 
mit einem Schnarren in der Stimme und 
der schon angedeuteten Bewegung nach dem 
schatten auf der Oberlippe. 
„Gleich müssen sie kommen, Herr Karl, 
und wie ein Offizier sehen Sie aus. Schon 
blos die langen Sporen. Daß Sie man 
nicht stolpern." 
, Ohne auf diese Warnung auch nur mit 
einem Wimpcrzuckcn zu reagiren, versetzte 
Karl: „Dann bitte meiner Tante zu sagen 
bin von Potsdam zurück. Muß jetzt zum 
Re'mentsbureau, komme dann wieder Mor 
gen!" 
Karl wandte sich wieder zur Thür, nicht 
ohne doch noch mit seinen Sporen, die aller 
dings sich eines auffälligen Maaßes zu er 
freuen hatten, in einen Konflikt zu gerathen 
so daß er ins Stolpern kam, schließlich aber 
glücklich den Ausgang erreichte. 
„Will's ausrichten. Herr Karl", rief 
Minna ihm nach. 
Karl, ein Neffe der Frau von Pahlen, 
hatte in Sudenheim seine soldatische 
bahn als Avantaguer begonnen. Die
	        
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