Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

einen immer größeren Umfang an. In 
Antwerpen sind 700 Schleifer arbeitslos; 
in Amsterdam feiern wegen Mangels an 
Arbeit nngefähr 3000 Arbeiter. 
Dänemark. 
Nachdem hohe Prämien für den Ratten 
fang in Kopenhagen ausgesetzt wurden, 
sind dort nicht weniger als 100 000 Rat 
ten eingeliefert worden. Die Plage muß 
also eine sehr große gewesen sein. 
Inland. 
•— Eine feierliche Beglückwünschung Ru 
dolf Virchow's durch die Berliner 
Universität fand heute Mittag statt. Der 
Akt galt dem 50jährigen Jubi 
läum des berühmten Forschers als Or 
dinarius, das an der Berliner .Hoch 
schule nur ganz vereinzelt — so z. B. von 
Boekh — begangen worden ist. Die Univer 
sität wird ihre Glückwünsche durch den Ge- 
sammtsenat unter Führung des Rektors 
Prof. Dr. Fuchs entbieten. Die Beglück 
wünschung erfolgt im Sitzungssaale des 
neuen Pathologischen Instituts. 
— An die Reichs Verwaltung 
ist neuerdings vielfach die Frage gerichtet 
worden, jvb die Reichsbank Wechsel 
diskontiren werde, in deren Ausstellungs 
datum die formularmäßig vorgedruckte 
Jahrhundertziffer 18 gestrichen, verändert, 
überschrieben oder eingeklammert und durch 
19 ersetzt ist. Offiziös wird hierzu bemerkt: 
Die Frage läßt sich nur von Fall zu 
Fall beantworten. Allerdings heben Korrek- 
turen in wesentlichen Bestandtheilen des 
Wechsels die Gültigkeit des letzteren dann 
nicht auf, wenn sie vor der Begebung mit 
Wissen und Willen der sämmtlichen Be- 
theiligten vorgenommen sind. Indessen 
wäre der Wechselverpflichtete immerhin in 
der Lage, aus dem Vorhandensein einer 
Korrektur einen Einwand herzuleiten, der 
im Prozeß durch einen vielfach nur 
schwer erbringbaren Gegenbeweis entkräftet 
werden müßte. Unter diesen Umständen 
könnte die Reichsbank einen derartigen 
Wechsel nur ankaufen, wenn die zuständigen 
Beamten bei vorsichtiger und sorgfältiger 
Prüfung es für zweifellos erachten, daß 
die fragliche Korrektur vor der Begebung 
mit Wissen und Willen der sämmtlichen 
Betheiligten ausgeführt ist, und wenn sie 
weiterhin die Ueberzeugung gewinnen, daß 
die Wechselverpflichteten aus jder Korrektur 
einen Zahlungseinwand nicht entnehmen 
werden. Ob die Prüfung zu diesem Er 
gebnisse führt, hängt selbstverständlich von 
der Lage des einzelnen Falles ab. Behufs 
Vermeidung von Weiterungen und Bean 
standungen kann hiernach der Verwendung 
derartig korrigirter Wechselsormulare im 
Allgemeinen nur widerrathen werden. 
An der Börse verlautet betreffs der Re- 
fusirung von Wechseln, daß die See- 
Handlung ihre Agenten angewiesen habe, 
neue Wechsel dreier Berliner Banken erst 
wieder zu kaufen, wenn die alten abge 
laufen seien. 
— Die Kartoffelernte ist über 
all in Mitteldeutschland reichlich ausge 
fallen. Aber die Preise können nicht be 
friedigen, denn die Händler wollen nicht 
einmal mehr 1,80 Mk für 50 Kilo be 
zahlen, frei an die Bahn geliefert. Der 
Landwirth wird auf diese Weise seines 
höheren Ertrages nicht froh. ES ist 
überhaupt wunderlich, daß alle Bedarfs 
artikel, die der Landmann kaufen muß, 
stetig im Preise steigen, wie Kohlen. Eisen, 
Bauholz u. dergl., während diejenigen 
Artikel, welche der Landwirth verkauft, 
wie Kartoffeln und Getreide, im Preise 
immer noch sinken, trotzdem der Land- 
mann mehr Arbeitslohn und mehr Kunst 
dünger anwenden muß, um günstige Ern 
ten zu erzielen. Daß dadurch die Ar 
beitsfreudigkeit des Landmannes leidet, ist 
selbstverständlich, zumal der Konsument 
doch keinen Vortheil davon hat. 
Ein evangelischer M i l i t ä r geist 
licher von auswärts, der früher in 
Danzig als Militärpfarrer wirkte und 
dort auf Besuch weilte, hatte die Absicht, 
einen Abstecher nach Neufahrwasser zu 
unternehmen. Da die Zeit zur Abfahrt 
des Dampfers jedoch noch nicht herange 
kommen war, begab sich der Pfarrer in 
ein in der Nähe gelegenes Restaurant. 
Mehrere dort anwesende Gäste glaubten 
nun in dem Fremden einen wegen Unter 
schlagung von 10 000 Mark steckbrieflich 
verfolgten Buchhalter zu erkennen. In 
Folge dessen wurde ein Schutzmannspvsten 
herbeigeholt, der den Geistlichen als seinen 
Arrestanten erklärte. Der Fremde erhob 
zwar Einspruch, indem er dem Beamten 
seine Papiere vorlegte, doch dieser gab 
sich hiermit nicht zufrieden, da die Papiere 
ja gestohlen sein könnten. Auch die Bitte 
des Verhafteten, nach dem Kgl. Konsistorium 
geführt zu werden, wo er reeognoscirt 
werden würde, blieb unerfüllt, und so 
mußte denn der Pfarrer dem Beamten 
auf die Polizeiwache folgen. Hier war 
zufällig der Kriminalinspektor Richard 
anwesend, welcher den Geistlichen von 
früher her kannte und diesen unter dem 
Ausdruck lebhaften Bedauerns über den 
Vorfall sofort in Freiheit setzen ließ. 
Eine aufregende Scene spielte sich in 
dem Case Carolos zu Stettin ab, in 
welchem Specialitäten-Vorstelleungen statt, 
finden. Die Vorträge des Komikers Max 
Lehmann gefielen den Zuhörern nicht, so 
daß der Vortragende verhöhnt und ausge. 
pfiffen wurde. Hierüber gerieth Lehmann 
in solche Wuth, daß er einen Revolv er 
ausderTaschezogundzweiSchüsse 
auf dieZuschauer abgab. Es wurde 
jedoch durch die Schüsse niemand getroffen. 
Es scheint deshalb, daß der Revolver nur 
blind geladen war. Nachdem die Schüsse 
gefallen waren, stürzten sich die Zuschauer 
auf den Schützen; er wurde festgenommen 
und einem Schutzmann übergeben, welcher 
ihn zur Haft brachte. 
Vor dem Schöffengericht in Frankfurt 
a. M. stand der 35jährige Handelsmann 
Berger. Plötzlich, nachdem die Ver. 
Handlung in ruhiger Weise vor sich ge 
gangen, schrie Berger auf einmal: „Schnau 
zen Sie mich 'mal nicht so an, das ver 
kitt' ich mir, Sie, Sie . . .!" Der Vor 
sitzende winkte dem Vorführer, den reni 
tenten Angeklagten abzuführen. Berger 
bekam darauf einen förmlichen Tobsuchts- 
anfall, er brüllte wie ein Wahnsinniger 
und beschimpfte den Amtsrichter mit rohen 
Worten. Der Vorführer und der Ge 
richtsdiener sprangen hinzu, um den Ra 
senden festzunehmen. Berger aber schleu 
derte beide ab und drang brüllend gegen 
den Richtertisch vor, wobei er Tische und 
Stühle umstieß. In diesem Augenblick 
eilten Schutzleute herein, Berger wurde 
von einem halben Dutzend Polizisten ge 
faßt und nach dem Ausgang gedrängt, 
er wehrte sich aufs heftigste, verletzte zwei 
Schutzleute durch Fußtritte, schlug andern 
die Helme vom Kopf und zerriß ihnen 
die Kleider. Endlich wurde er überwäl 
tigt und nach dem Untersuchungsgefäng 
niß zurückgebracht. 
Folgender kleine Vorfall ist nicht etwa 
als Carnevals-Ulk ausgedacht, sondern 
hat sich, wie die F.-Z. berichtet, in 
Köln genau in der angegebenen Weise 
zugetragen: Ein elegant gekleideter 
junger Mann betrat in den letzten Tagen 
einen stark frequentirten Münchener Bier 
palast und bestellte einen Krug Münchener. 
Nachdem der Kellner ihm das Gewünschte 
gebracht hatte, öffnete der Gast den 
Deckel des Kruges und begann dann so 
fürchterlich zu brüllen, daß die Gäste be 
stürzt aufsprangen und die Damen sich 
ängstlich in die Ecken drückten. Bald 
darauf trat der Inhaber des Ausschanks 
herzu und fragte mit theilnehmenden 
Worten den unausgesetzt Brüllenden, ob 
er plötzlich krank geworden sei und ob 
vielleicht schnell zu einem Arzt geschickt 
werden solle. Der Brüllende hielt nun 
einen Augenblick rune, verzog das Ge 
sicht zu einem Lächeln und zeigte auf 
einen Sinnspruch an der Wand hin, der 
also lautete: 
„Brülle, wie der Löwe brüllt, 
Wenn der Krug nicht ganz gefüllt!" 
„Und hier überzeugen Sie sich", sagte 
der Herr dann lächelnd, „es fehlen noch 
zwei Querfinger unter dem Aichstrich in 
meinem Kruge!" 
Düsseldorf, 13. Nov. Der s. Zt. bei 
einem Infanterie.'Regiment in Mainz 
stehende, vom Kriegsgericht der 19. Divi 
sion wegen Urkundenfälschung mit drei 
Monaten Gefängniß und Dienstentlassung 
bestrafte frühere Sekondeleutnant Ernst 
Mehlburger (Sohn eines verstorbenen 
Oberstleutnants gleichen Namens vom 
39. Jnfanterie-Regimente) wurde heute 
von der hiesigen Strafkammer zu weiteren 
sechs Monaten Gefängniß verurtheilt. 
M. hatte sich hierorts in mehrfachen 
Fällen des Betruges und des Diebstahls 
eines Brillantringes zum Nachtheil von 
Privatpersonen schuldig gemacht. 
An T o l l w u t h sind dem Besitzer in 
Rederitz (Kreis Deutsch-Krone) binnen 
Jahresfrist 14 Kühe eingegangen. 
Auch jetzt ist wieder unter seinem Rindvieh 
bestände die Tollwuth ausgebrochen, der 
bereits eine Kuh erlegen ist. 
Io. Ludwigslust, 13. Novbr. Eltern 
möge folgender Fall zur Warnung dienen. 
Das vierjährige Töchterchen des Bahn- 
beamten L. hatte anläßlich des Jahr 
marktes am Donnerstag voriger Woche 
einen L n f t b a l l o n zum Geschenk er 
halten, wie solche von italienischen Händ 
lern feilgeboten werden. Am Sonnabend 
Nachmittag erkrankte das Kind plötzlich. 
Der Arzt vermochte sich den Grund ver 
Krankheit jedoch nicht gleich zu erklären. 
Der Zustand des Kindes wurde immer 
schlimmer, und gestern früh ist die Kleine 
gestorben, und zwar an Blutvergif 
tung. Es hat sich herausgestellt, daß 
das Kind mit der Lippe,, an der es eine 
kleine Wunde gehabt, den Luftballon be 
rührt hat und in Folge dessen eine 8lu 
Vergiftung eingetreten ist. 
Ueber einen Brand im f ü r st l i ch e n 
Schlosse zu Bückeb urg wird der 
„Mind. Ztg." Folgendes mitgetheilt: Der 
Verlust wird auf 100 000 Mk. geschätzt. Es 
sind nicht nur die Möbel im betroffenen 
Zimmer zerstört, die ganze Zimmerflucht 
ist mehr oder weniger beschädigt, so ist u. a. 
ein werthvolles Bild, das allein einen 
Werth von 30 000 Mk. repräsentirt, bis zur 
Unkenntlichkeit angeraucht und verbrannt. 
Das Feuer ist dadurch! entstanden, daß die 
Wandverschalnng am Kamine ans Holz zu 
schwelen angefangen hat. Das Feuer ist 
dann auf den Parkettboden übergesprungen. 
Die festverschlossenen Fenster und Thüren 
hinderten jeden Luftzutritt, sodaß das Feuer 
zuletzt erstickt ist. 
Dem Inhaber der Firma Blohm & Voss, 
Kommanditgesellschaft auf Aktien, Herrn 
Hermann Blohm in Hamburg, ist der 
Rothe Adlerorden dritter Klasse, dem In 
genieur und Mitinhaber der gleichen Firma 
Herrn Ernst Voss zu Hamburg der 
Königl. Kronenorden dritter Klasse ver 
liehen worden. 
Ein musterhaftes Dienstmäd- 
ch e n in Hamburg hatte wegen Diebstahls 
seine Entlassung erhalten Aus Rache 
zerschlug das Mädchen eine Masse Küchen 
geschirr und schnitt ein werthvolles Sopha 
total entzwei. Natürlich wurde es ver 
haftet. 
Provinzielles. 
In den letzten Tagen sind in Altona 
außerordentlich zahlreicheTyphns- 
fälle vorgekommen. Im städtischen 
Krankenhause liegen z. Z. 17 Personen 
an dieser gefährlichen Krankheit darnieder, 
darunter 3 Wärterinnen. Die Ursache 
des heftigen Auftretens des Typhus ist 
nicht festgestellt. 
Ein in der Prinzenstraße in Altona 
wohnender Handwerker wollte einige große 
Balken zu Feuerholz zerschlagen. Hierbei 
verfehlte plötzlich das Beil sein Ziel und 
drang dem Manne oberhalb des Fußes 
ins Bein. Der Schlag war mit solcher 
Wucht ausgeführt, daß der Knochen glatt 
durchschlagen wurde. Der Verunglückte 
mußte ins Krankenhaus gebracht werden, 
wo der Fuß wahrscheinlich ampuiirt wird. 
Bei der Hauptkirche in Altona sind die 
Ratten so zahlreich, daß sie das Erdreich 
unterwühlen und Löcher entstehen. Eine 
radikale Vertilgung dieser Nager ist wohl 
kaum möglich. 
In den städtischen Kollegien zu Elms 
horn machte der Bürgermeister die Mit 
theilung, daß eine von dem Provinzial 
schulkollegium erbetene Beihülfe von jähr 
lich 10000 Mk. zu den Unterhaltungs 
kosten der städtischen Realschule seitens 
dieser Behörde abgelehnt sei. 
In Dithmarschen florirt z. Z. der Boh 
nenhandel. Es werden dieselben zum 
Preise von 13,70—14 Mk gehandelt. 
Oldesloe, 15. Nov. Ein E r b p r o - 
zeß, der fünf Jahre andauerte, 
wird hier in diesen Tagen seine endgültige 
Erledigung finden. Im Jahre 1893 er 
stand der seinerzeit in Hamburg in weitesten 
Kreisen auf's Vortheilhafteste bekannte Ren 
tier und langjährige Armenpfleger I. H. F. 
Boss im Konkursverfahren als letzter Gläu 
biger das hiesige, im vorigen Herbst von 
dem Besitzer des hiesigen Soolbades N. 
Dürkopp käuflich erworbene'Hotel „Harmo 
nie" und setzte seinen Neffen Emil Ebers 
bach, den er zu diesem Zweck veranlaßte, 
eine gute Lebensstellung im Haag auszuge 
ben, als Wirth und Leiter jenes Hotels ein 
und zwar in der wiederholt in bündiger 
Form ausgesprochenen Absicht, es ihm nach 
Fertigstellung der Renovirnngsarbeiten ge 
gen die eingetragenen mäßigen Hypothek- 
schulden als Eigenthum zu überlassen. Im 
Jahre 1894 starb der Besitzer Voss, ohne 
seinem Neffen Ebersbach das genannte Ho 
tel in aller Form testamentarisch vermacht 
zu haben. Dies wurde der Anlaß zu einem 
langwierigen Civilprozeß, der alle Instan 
zen durchgemacht hat und schließlich zu dem 
Resultate führte, daß das Landgericht 
Ebersbach ausgab, eidlich zu erklären, daß 
Boss ihm versprochen habe, ihm die „Har 
monie" gegen einen mäßigen Preis zuschrei 
ben zu lassen. E. erklärte sich zur Leistung 
dieses Eides bereit. Gegen das Erkenntniß 
legten jedoch die Gegner Berufung beim 
Reichsgericht ein, zogen sie jedoch in diesen 
Tagen zurück, sodaß nun E., sobald er den 
von ihm verlangten Eid geleistet haben wird, 
endgültig als Sieger aus diesem Rechtsstreit 
hervorgegangen ist. 
Auf Alsen waren stellenweise während 
des Gewitters am 11. d. M. die Blitzschläge 
überaus heftig. In Stevning schlug der 
Blitz in das Abnahmehans der Wittwe Ahl- 
mann und zwar mit solcher Wucht, daß 
mehrere Nachbarn vor Schreck zu Boden 
sanken. Das Hans brannte schnell nieder. 
S® Kiel, 15 Nov. Bei der heutigen 
Wahl zweier Stadtveroidiieten wurden die 
Kandidaten des Liberclen Vereins, die 
bisherigen Stadtverordneten Rektor S t ol - 
ley und G-cheimrath Prof. Dr Hensen, 
mit großer Majorität wiedergewählt. Die 
Betheiligung war nur schwach und die 
Wahl ging ohne jegliche Erregung von 
Starten, da fast alle Parteien für die 
Gewählten eintraten. Morgen wird der 
Wahlkampf lebhafter werden, denn den 
Kandidaten des Liberalen Vereins, Kauf 
mann Muss und Konsul Amtrup, welche 
seit 6 Jahren dem Siadtverordnetenkolle- 
gium angehören, werden von dem national- 
liberalen Haus- und Grundbesitzer- und 
dem Bürgerverein die Kandidaten Apo 
theker Dr. Rudel und Töpfermeister Biekel 
gegenübergestellt. 
□ Kreis Eckernförde, 15. Nov. Unter 
dem Rindviehbestande des Hufenpächters 
Brammer zu Bredland — Dorsschaft 
Kl.-Waabs — ist nach amtlicher Anzeige 
der Milzbrand ansgebrochen. 
Erschossen hat sich mit seinem Dienst- 
gewehr der Unteroffizier Abel von der 
2. Kompagnie des Regiments von Manstein 
in Schleswig, und zwar, wie aus den 
vorgefundenen Aufzeichnungen hervorgeht, 
wegen schwerer Zerwürfnisse in seiner 
Familie. 
Junten, 14. Nov. Gestern Abend hielt 
in Siebenbaums Gasthof der B u n d der 
Land Wirthe eine Versammlung ab, 
an der sich der Geschäftsführer des Bundes 
und ein Vertreter desselben aus Berlin 
betheiligten. Der Bund hatte in hiesiger 
Gegend bisher kein einziges Mitglied, 
doch sind jetzt verschiedene Herren einge 
treten. 
/V Amt Hütten, 14. Nov. Wie sehr 
sich die Füchse im hiesigen Gehege Silber- 
berg vermehrt haben, beweist der Umstand, 
das der Jagdpächter Hufner Hass aus 
Bistensee in der Zeit von August vorigen 
Jahres bis jetzt 16 Füchse geschossen hat. 
/X Kirchspiel Büusdorf, 14. Nov. Seit 
einiger Zeit treibt ein stellenloser Knecht 
hier sein Unwesen. In Bünsdorf, Holz 
bunge, Bistensee und Ahlefeld ist er aus 
verschiedenen Stellen eingeschlichen. Mit 
genommen hat dieser nächtliche Gast jedoch 
nirgends etwas. 
O Rade, 16. Nov. Bei der am gestrigen 
Tage in dem hiesigen Gemeindebezirke abge 
haltenen Treibjagd wurden 5 Stück Reh 
wild, 76 Hasen, mehrere Rebhühner und 
1 Fasan erlegt. 
chp Rickert, 15 Nov. In Rickert 
war es am 3. Sept. d. Js. gelegentlich 
einer Abschiedsfeier, wobei reichlich 
Kümmel und Bier getrunken wurde, zu 
unbedeutenden Wortklaubereien gekommen. 
Ehe man sichs versah, hatte der Arbeiter 
P. ans Rendsburg das Messer gezogen 
und hieb und stach damit draus los. Der 
Dienstkuecht P. wurde durch mehrere 
Messerstiche erheblich verletzt. Später 
erhielt der Messerstecher von, den übrigen 
Knechten eine gehörige Tracht Prügel, 
wobei er wieder mit dem Messer um 
sich stach und dem Verletzten 4 weitere 
Messerstiche beibrachte. Nach Annahme 
der Kieler Strafkammer, vor welcher der 
Fall heute zur Verhandlung stand, hatte 
der Angeklagte im letzten Falle in Nothwehr 
gehandelt, wegen der vorher ausgeführten 
Körperverletzung erhielt er aus Antrag 
des Staatsanwalts zwei Monate Gefäng 
niß. 
V Rendsburg, 16. Nov. Mehrere 
hiesige Rektoren haben, eine Eingabe gemacht 
an die Polizeiverwaltnng wegen des Anto 
matenwesens, dessen Ueberhandnahme zwei 
fellos nicht ohne sittliche Gefahren für die 
Jugend ist. Die Fälle, daß Schulkinder 
ihren Angehörigen bezw. auch fremden Per 
sonen Geld entwenden, um es den Auto 
maten zuzuführen, haben sich in der letz 
ten Zeit zusehends gemehrt. Dabei ist zu 
bedenken, daß nur diejenigen Fälle bekannt 
werden, die entweder bei der Polizei oder 
den Lehrern gemeldet werden. Wünschens- 
werth wäre es jedenfalls, wenn gegen das 
düsteren Klang hatten die Worte. Aber als 
sie in Jmgjors Zügen forschte und dort 
einen Ausdruck sanfter Ergebung begegnete, 
zerstreuten sich ihre Gedanken. 
Noch wenige Sekunden, dann hatten sich 
beide getrennt. 
(Fortsetzung folgt.) 
Cine Fahrt auf den 
Hamburger Zukunftsbahnen. 
(Nachdruck verboten.) 
Hamburgs sämmtlicher innerer Bahnver 
ehr geht einer Umwälzung entgegen. Die 
lmgestaltnng der bisherigen geradezu tran 
igen Bahnhofsanlagen zu einem modernen 
iahnhofssystem, wie es sich für eine Groß- 
tadt von der Bedeutung Hamburgs gebührt, 
nacht damit den Anfang und zu ihr und 
er Stadt- und Verbindungsbahn wird 
ann noch die Borortsringbahn treten, 
welche jetzt von der Hamburger Bürger- 
chaft im Princip einstimmig beschlossen 
oorden ist. Sie vollendet das klug aus- 
bedachte, wohl centralisirte Verkehrssystem 
md ergänzt die Straßenbahnen und die auf 
!er mitten in der Stadt gelegenen 200 Hekt. 
großen seeartigen Außenalster den Perso 
nenverkehr vermittelnden Alsterdampfer, die 
nnsichtlich Schnelligkeit und Leistnngsfähig- 
eit dem Verkehr der stetig wachsenden, jetzt 
'00 000 Einwohner zählenden Stadt, nicht 
uehr genügen. Tie zunehmende Verlegung 
ier Wohnungen aus der einen Stadt, welche 
ich zu einer reinen Geschästsstadt mit 
ïomptoiren, Lagerhäusern und Läden ent- 
oickelt, macht eine Verbesserung der Verbin- 
mngen nöthig. Sie wird dem Verkehre in 
wr Stadt Hamburg ein ganz anderes Bild 
geben. Eine Rundfahrt auf diesen Bahnen 
der Zukunft mag dies veranschaulichen. 
Versetzen wir uns acht Jahre vorwärts, 
dann wird ja wohl die Umgestaltung vol 
lendet sein. 
„Hamburg, Hauptbahnhof Steinthor!" 
ruft der Schaffner. Wir steigen aus, um 
uns den Ban näher anzusehen. Das eigen 
artige Halbdunkel der großen Bahnhofs 
glashalle umfängt uns, und wir stehen ans 
einem der fünf Perrons, welche zwischen den 
Geleisen liegen und die von allen Richtun 
gen kommenden Züge aufnehmen. Die vom 
Norden kommenden drei Bahnlinien haben 
sich bereits im Altonaer Hauptbahnhof ver 
einigt und werden auf einem Geleiscpaar 
bis zum Hamburger Hauptbahnhof durch 
geführt. Tie vom Westen und Süden kom 
menden Linien haben sich bereits in Ham 
burg vereinigt und laufen über die Brücken 
der Norderelbe und der Süderelbe ans einem 
gemeinsamen Geleisepaar im Hauptbahnhof 
ein und aus. Tie von Osten kommende Lü 
becker Bahn hat wie die von Berlin kom 
mende Linie ein eigenes Geleisepaar. Das 
fünfte Geleisepaar aber dient dem Lokal 
verkehr der Stadtbahn, welche in Altona 
beginnend, erst die beiden Hamburger Fern 
bahnhöfe Tammthor und Schanzenstraße 
berührt, über welche sämmtliche auf dem 
Hamburger Hanptbahnhofe ankommenden 
Züge bis Altona durchgeführt werden und 
umgekehrt. Quer über die Geleise, auf 
denen wir anlangten legt sich nun wie eine 
Brücke unter welcher die Züge in Wölbun 
gen hinwegfahren, der Hauptperron, zu dem 
breite Treppen und Fahrstühle hinauffüh 
ren. Wir könnten hier den Bahnhof ver 
lassen, wenn wir die Stadt Hamburg in 
Augenschein nehmen wollten, denn >vir be 
enden uns hier .im Centrum der Stadt. 
Aber wir wollen ja heute eine Rundfahrt 
unternehmen. Wir begeben uns deshalb aus 
den Perron der Lokalbahn. Sobald wir auf 
ihr den Thaleinschnitt am Glockengießer 
wall, in dem der Centralbahnhof liegt, bei 
der Kunsthalle verlassen, gelangen wir auf 
die verbreiterte Lombardsbrücke und werfen 
von der erhöhten Lage der Bahn aus einen 
Blick hinüber nach dem breiten Jungfern- 
stieg und nach der andern Seite auf die von 
Dampfern und Segelbooten belebte Außen- 
alster, die wir mit ihrem Villenkranze hier 
fast völlig übersehen können. Noch einige 
hundert Meter und wir laufen in die Halle 
des Dammthorbahnhofs ein, der mit nur 
zwei Geleisepaaren und Perrons hochgele 
gen ist, sodaß man, um zum Straßenniveau 
zu gelangen, eine Treppe vom Perron hin 
absteigen muß. Hier liegen die vornehmen 
Wohnviertel Hamburgs, Rotherbaum und 
Harvestehude uns zur Rechten; zur Linken 
der Wallanlagen der inneren Stadt der 
botanische und der zoologische Garten. Wir 
fahren aber noch weiter bis zu dem nur 
einen Kilometer entfernten Bahnhof Schan 
zenstraße, der ähnlich angelegt ist, wie der 
Dammthorbahnhof und verlassen hier un 
seren Zug. Wir sind am westlichsten Bahn 
höfe Hamburgs und klettern die Treppen 
hinab zur Vorortsringbahn, welche hier den 
Bahndamm der Fern- und Stadtbahn 
kreuzt. 
Wir steigen ein in die modernen elegan 
reu Wagen, denn die Ringbahn ist als elek 
trische Kleinbahn angelegt, und nordwärts 
geht unsere Fahrt immer ans erhöhtem 
Bahndamm, sodaß sie niemals das Stra 
ßenniveau berührt. Mit der Geschwindig 
keit der Eisenbahnzüge bringt uns unsere 
elektrische Lokomotive vorwärts, der Auf 
enthalt an den Stationen ist nur kurz, ge 
rade genügend zum Ans- und Einsteigen. 
Man muß deshalb selbst darauf achten, daß 
man die richtige Haltestelle nicht verpaßt, 
denn wie auf der Stadtbahn in Berlin, 
meldet kein Schaffner die Stationen: Wir 
kümmern uns darum zunächst nicht, denn 
wir wollen ja den ganzen Ring vollenden. 
Zuerst sehen wir links Eimsbüttel, vor 40 
Jahren ein Dorf mit 3000 Einwohnern, 
Heute ein Stadttheil mit 80 000 rührigen 
Menschen. Eine Zweigbahn verbindet von 
der ersten Station des Ringes, auf der wir 
halten, den westlichen Theil des Ortes mit 
unseren Geleisen. Weiter geht es. Rechts 
liegt jetzt der vornehme Stadttheil Harveste 
hude, und um seine eleganten Straßenzüge 
nicht zu durchbrechen, folgt unsere Bahn 
der Richtung des Jsebeckkanals. Tort wo 
zur Linken nun der Stadttheil Hoheluft her 
antritt, überschreitet sie die von Flußfahr- 
zeugen belebte Wasserstraße und durchschnei 
det Eppendorf parallel mit dessen vornehm 
ster Straße, der Landstraße. Die Richtung 
wird jetzt östlich. Wir fahren auf langer 
Brücke über den Alsterfluß, der sich nachher 
zu dem Becken der Außenalster erweitert und 
halten noch einmal in Winterhude, dem 
nördlichsten Vorort. Nach. Südosten sich 
wendend geht es nun einige Kilometer durch 
noch wenig bebaute Gegenden, die aber zu 
Arbeiterstadttheilen bereits in Aussicht ge 
nommen sind, und deren völlige Besetzung 
mit Häusern nicht mehr lange wird arcs sich 
warten lassen, denn der dichtbebaute Stadt 
theil Barmbeck, auch ein Arbeiterviertel, 
dem sich der Zug jetzt nähert, war vor 30 
Jahren auch noch ein kleines Dorf. Ueber 
zahlreiche Straßen geht es hier auf Brücken 
hinweg, und manches Hans hat fallen müs- 
en um dem Bahnkörper Platz zu machen. 
Haltestelle liegt hier an Haltestelle, denn 
hier wird die Ringbahn von der am Hasen 
beschäftigten Bevölkerung am stärksten be 
nutzt. Südlich geht es weiter über den 
Mnndsbnrger Kanal in den Villentheil Eil- 
becks hinein, der den sausenden Gast, der 
seine Ruhe stört, nur ungern sieht. Nur 
einmal hält der Zug deshalb hier. So 
gleich ist nun der Nordring zu Ende, wir 
nähern uns dem Bahndamm der von Osten 
kommenden Lübecker Bahn und der ihr sich 
anschmiegenden Stadtbahn, die vom Haupt- 
bahnhof nach Osten ja bis Wandsbeck jetzt 
weiterläuft. Bei der Haltestelle Landwehr, 
auf der Grenze der Stadttheile Hohenfelde 
und Hasselbrook, fahren wir unter den Ge 
leisen hinweg zum Südring in Hammer 
brook hinein mitten durch dicht bebaute 
Gegenden und über Kanäle hinweg bis zu 
der Süderstraße, wo wir auf den neuen 
Bahndamm der Berlin-Hamburger Bahn 
treffen. Auch unter ihm ist unser Bahn 
damm unterführt, sodaß weiter fahren kön- 
neu bis zu dem alten Bahnkörper der Ber 
liner Bahn. Ihm schließt sich die Ring 
bahn an, nach Westen sich wendend, und 
begleitet ihn bis fast zu der Stelle des al 
ten Berliner Bahnhofs. Hier ist es, wo sich 
die Vorortsbahn dem Centralbahnhofe bis 
auf einige hundert Meter nähert. Die Ge 
leise der von Harburg kommenden Züge 
überschreiten wir dann an der Stelle des 
alten Berliner Bahnhofs ans eisernen Bo 
gen und berühren hier zum ersten Male
	        
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