mmm
Oesterreich-Ungarn.
Ob die Ausschreitungen, welche
seit einigen Tagen aus einer ganzen Reihe
von Städten in Böhmen und Mäh
ren gemeldet werden, mehr aus anti
semitischen oder czechisch-nationalen Beweg
gründen zu erklären sind, läßt sich einstwei
len noch nicht klar erkennen. Anscheinend
haben beide Momente bei den Ruhestörun
gen mitgewirkt, jenes in Anknüpfung an
die Proceßverhandlung wegen des Polnaer
Mädchenmordes, dieses im Anschluß an die
Aufhebung der Sprachenverordnungen. Die
Bewegung, der nun schon elf Menschenle
ben zum Opfer gefallen sind, nimmt im
mer größere Dimensionen an. In H ol
le s ch a u sammelten sich, wie nun von dort
telegraphirt wird, nach dem Leichenbegäng
nisse der bei den letzten Ausschreitungen
Getödteten etwa 3000 Personen auf dem
Hauptplatze an. Erst nach wiederholten
Mahnungen des Bezirkshauptmanns und
des Stadtvorstandes gelang es, die Menge
durch Militär zu zerstreuen.
Inland.
— Die England - Reise des
Kaisers wird, wie der Berliner Be>
richterstatter des „Standard" meldet,
jedenfalls stattfinden. Die „Times" rust
bereits dem Kaiser ein herzliches „Will
kommen!" zu; er komme nach England
als allseitig geehrter Gast. — Dagegen
berichtet die „Germania" von angeblich
authentischer Seite: „Die angeblich pro-
jektirte Reise des Kaisers nach England
unterbleibt."
— Ueber Vorträge von Staatssekretären
beim Kaiser pflegt das „Wolfs'sche Tele
graphenbureau" gewöhnlich Mittheilungen
nicht zu verbreiten. Um Z so bemerkens
werther ist folgende Nachricht, welche das
offiziöse Bureau am Mittwoch den Zeitun
gen zugehen ließ: Am Dienstag Abend
war der Staatssekretär des Reichs-
Marineamts, Admiral Tirpitz, gleichzeitig
mit dem Staatssekretär des Auswärtigen
Amts, Staatsminister Grafen von Bülow,
zum gemeinschaftlichen Vortrag bei dem
Kaiser nach Potsdam befohlen. Der
Staatssekretär des Reichs-Marineamts
hat sich Mittwoch früh nach Baden-Baden
begeben, um dort dem Reichskanzler
Fürsten zu Hohenlohe Vortrag zu erstatten.
Es ist kaum anzunehmen, sagt die „Frs.
Ztg.", daß, nachdem erst vor 48 Stunden
offiziös eine neue Flottenvorlage für die
bevorstehende Session in Abrede gestellt
worden ist, nunmehr ganz plötzlich alle
bisherigen Dispositionen über den Hausen
geworfen werden sollen.
— In sonst wohl unterrichteten politi-
schen Kreisen ist die Meinung verbreitet,
daß der Reichstag noch in diesem
Winter in irgend einer Form mit der
Flottenfrage besaßt werden soll, wenn
auch vorläufig vielleicht nur in Form
einer Denkschrift über den voraussichtlichen
Mehrbedarf von Schlachtschiffen nach
Erreichung des im Flottengesetz vorge-
sehenen Sollbestandes. Es wird ange-
nommen, daß eine Verständigung zwischen
dem Kaiser und den Staatssekretären Gras
Bülow und Tirpitz bereits stattgefunden
hat und daß auch der Reichskanzler der-
selben beitreten wird.
Berlin, 26. Okt. Ungewöhnlich scharf
antwortet auf den Flottenartikel der
„Norddeutschen" das Organ des Bundes der
Landwirthe, die „Deutsche Tages
zeitung". Sie meint, es sei richtig,
daß eine Beschleunigung des Flottengesetzes
erwünscht sein könne, damit wir recht bald
unseren Vettern jenseits des Kanals und
des Ozeans gegebenen Falles kräftig die
Zähne zeigen können. Wenn sich eine Be
schleunigung der Schiffsbauten . zwingend
unb unwiderleglich als nothwendig erweise,
dann müsse die Regierung erklären, daß sie
unklug und unvorsichtig gehandelt habe, als
sie den Flottenbauplan auf Jahre hinaus
festlegte. Dieses Bekenntniß müsse die Re
gierung ablegen, ehe sie ernstlich an neue
Forderungen denken könne, und ob eine Re
gierung, die zu einem derartigen Selbstzeug
niß über ihre mangelnde Voraussicht ge
zwungen wäre, noch geeignet er
scheinen könne, weiter die Verantwor
tung für die Geschicke des Reiches zu tra
gen, sei eine naheliegende Frage. Dann
bleibe aber die Leistungsfähigkeit des Volkes
noch zu berücksichtigen, und da unterliege
es kaum einem Zweifel, daß der Mittelland
kanal und die beschleunigte Ausführung des
Flottenplanes nicht zusammen getragen
werden können. Werth habe eine starke
Flotte nur als Werkzeug einer starken und
großen Staatskunst. Wenn wir aber weiter
nichts wollen, als uns überall hinausdrän
gen zu lassen, keinen anderen Ehrgeiz haben,
als im Kielwasser Englands zu segeln, wenn
die Ausnützung günstiger Gelegenheit zur
Stärkung unserer Weltmacht offiziös als
Schnapphahnpolitik bezeichnet würde, dann,
du lieber Himmel, brauchen wir dann über
haupt noch eine Flotte?
die unteren rechtsseitig — oben befanden
sich die Festsäle, in denen getafelt und ge
tanzt werden sollte — waren hergerichtet.
Einhnndertfünfzig Personen hatten Ein
ladungen empfangen, und schon wehten von
den Thürmen die Lavard'schen Fahnen in
den blutrothen Farben, inmitten das Fa
milienwappen: die Faust mit dem Dolch,
gezückt gegen einen sich wild auflehnenden
Geier!
(Fortsetzung folgt.)
- Eine Reihe von Blättern erblickt in
dem auch von uns wiedergegebenen Arti
kel der „Nordd. Allgem. Ztg." einen
Schachzug gegen den abwesenden
Fürsten Hohenlohe. — Allerdings
stehen die Ausführungen in dem zweiten
Theil des Artikels der „Nordd. Allg. Ztg.",
in denen auf die Möglichkeit einer Ab
änderung des Flottengesetzes in den näch>
len Jahren hingewiesen wird, in schnei
dendem Widerspruch mit dersE r-
k l ä r u n g, welche bei der ersten Lesung
des Flottengesetzes am 6. December 1897
Für st Hohenlohe im Reichstag
abgab:
„Nehmen Sie den Gesetzentwurf an, so binden
Sie sich nicht nur bis zu einem gewiffen Grade
die Hände, Sie binden sie auch den ver
bündeten Regierungen. Was diese erstre
ben, zeigt Ihnen der Gesetzentwurs in vollkom
mener Klarheit; die jetzt erhobenen Forderungen
ind so bemessen, daß ihnen gegenüber die Aeuße
rungen über die angeblich uferlosen Marinepläne
endlich ein Ende finden sollten "
Tags darauf betheuerte der Staats
ekretär des Marineamts Tirpitz gegenüber
len Bedenken, daß der Reichstag sich für
echs Jahre binden solle:
„Ja, meine Herren, binden sich denn die
verbündeten Regierungen nicht auch?
Giebt es eine größere Bindung, als daß
man eine Gesetzesvorlage für die Flotte, die auf
organisatorischer Grundlage beruht, frei vorlegt?
Ist es nicht erforverlich, daß, wenn man eine
andere Flotte schaffen wollte, die verbündeten
Regierungen und die Marmeverwaltung zu einem
ganz neuen Gesetz den Beweis liefern müßten,
daß diese Grnndlagen für die Flotte falsch sind
und eine neue Grundlage erforderlich ist?"
In einer späteren Ausführung hat Herr
Tirpitz noch deutlicher das Vorhandensein
einer Bindung für die Regierung anerkannt.
bei der zweiten Berathung am 24.
März 1898 der Abg. Richter betont hatte,
daß das Gesetz keinen Abschluß bedeute
und gar keine Sicherheit gegen weitere
Flottenpläne biete, da beklagte sich der
Staatssekretär über das ihm entgegenge
brachte Mißtrauen und sagte: „Was giebt
es Besseres, die Marineverwaltung zu
binden, als ein Gesetz?"
— Der „Gewerkverein" citirt nach den
Protokollen des Erfurter Parteitags der
Sozialdemokratie von 1891 eine Aeuße
rung von Bebel über das Endziel,
welche an Offenherzigkeit nichts zu Mün
chen übrig läßt. Bebel sagte damals, daß
auch er den Werth praktischer Forderun
gen der Opposition gegenüber stets verthei
digt habe. „Aber wenn wir unser schö
nes Ziel (Zukunftsstaat) in nebelhafte
Ferne rücken und immer betonen, daß erst
künftige Generationen es erreichen wer
den, dann läuft uns die Masse mit vollkom
menem Recht auseinander."
— Gegen Professor Ern st von
5palle war von Verwandten der Familie
von Halle Strafanzeige wegen wider
rechtlicher Führung des Adels
titels bei der Staatsanwaltschaft einge
reicht worden. Nach der „Staatsbürger-
ztg." hat der erste Amtsanwalt am Land
gericht I Berlin den Strafantrag ab
gelehnt mit der Begründung, daß das
Heroldsamt amtlich die Auskunft ertheilt
habe, daß, „soweit vorliegend zu verfolgen",
die Familie sich stets von Halle und nicht
van Halle genannt habe und daß den Prof.
Ernst von Halle die Führung des Familien
namens von Halle behördlicherseits gestattet
worden ist. Das Heroldsamt habe dabei
ausdrücklich hinzugefügt, daß die Präposi
tion „von" in diesem Falle keinesfalls ein
Adelsprädikat sei, weshalb unbefugte Füh
rung des Adelsprädikats nicht angenom
men werden könne.
- Wie der „Voss. Ztg." berichtet
wird, ist von städtischen Laternenanzündern
gemeldet worden, daß in der Nacht vom
Sonntag zum Montag, in der die Be
schädigungen an den Denkmälern in der
Stegesallee verübt wurden, fast sämmt
liche Laternen der Charlottenburger
Chaussee sowie der angrenzenden nach
dem Kroll'schen Lokale führenden Wege
von unberufenenPerfonen ausgelöscht waren,
Zu der Wiederherstellung der
zerstörten Büsten in der Sieges
allee zu Berlin erklärt Prof. Unger, daß
eine bloße Reparatur allerdings möglich,
aber nicht empsehlenswerth sei. Er sei,
soweit die von ihm geschaffene Gruppe in
Betracht komme, zu einer Neuanfertigung
bereit, die er für den Selbstkostenpreis
übernehmen würde. Hierzu würden fünf
tausend Mark als Höchstbetrag für beide
Büsten genügen.
— Eine kindliche Anschauung
hat jener Theil der Presse, welcher an
läßlich des großen Spieler-Pro
zesses wieder einmal eine Verschärfung
der strafgesetzlichen Bestimmungen anregt.
Als ob damit etwas gebessert werden
könnte! Es ist auch schwerlich anzu
nehmen, daß die verbündeten Regierungen
einer solchen Anregung stattgeben werden.
Vielmehr glaubt man, daß die bestehenden
Bestimmungen ausreichen und auch die
Rechtsaufsassung des Reichsgerichts vom
gewerbsmäßigen Glücksspiel den Straf
richter keineswegs unzulässig beenge. Der
Staatsanwalt habe ja auch aus Grund
dieser Auffassung den Thatbestand der
Gewerbsmäßigkeit als vorliegend erachtet,
welchem Standpunkte auch der Gerichts
Hof sich hätte anschließen können. Ebenso
wenig werde man wohl daran denken
können, weitere Beschränkungen des Ver-
sügungsrechts der Hotelbesitzer u. s. w
über ihre Räume vorzuschlagen oder gut
zuheißen.
— An eine S p i e l s e u ch e, welche
vor einer Reihe von Jahren unter den
Regierungsreferendaren zu
Potsdam unter Herrn v. Puttkammer als
Minister des Innern ausgebrochen war,
erinnert die „Voss. Ztg.". Die damalige
Spielseuche habe schwere Opfer gekostet
Die Vorgesetzten konnten dagegen nicht
blind bleiben, sondern schritten ein. Aber
sie entfernten nicht die Schuldigen, sondern
bestrebten sich, deren kostbare Kräfte dem
Staatsdienst zu erhalten, und — „arran-
girten" sie. Das gelang damals so gut,
daß die ganze Angelegenheit, die gewaltige
Dimensionen angenommen hatte, vertuscht
wurde. — Und dann wundert man sich
hinterher, wenn die Ruchlosigkeit im Volke
zunimmt, — bei solchen Vorbildern I
- Die sozialdemokratische Ge
werkschaftsbewegung in Berlin hat
ich gespalten. Aus der alten „Gewerk-
chaftskommission" hat sich eine Gruppe
abgesondert, die „Gewerkschaftskartell für
Berlin und Umgegend" benannt worden ist.
Diese Gruppe verspricht den Arbeitern viel
mehr, als jemals gehalten werden kann.
- Ein Theil der b illigen Zeitu n>
gen in der Provinz wird jetzt zum größ
ten Theil mit Berliner Platten
druck ausgefüllt, der natürlich veraltete
Nachrichten enthält. Der Transport dieser
Platten von Berlin in die Provinz er-
prdert eben Zeit und die rasch fortschrei
tenden Ereignisse haben daher längst diese
Platten - Nachrichten überholt, ehe sie in
der Provinz solchergestalt veröffentlicht
werden können. Das Traurige liegt nur
darin, daß der Laie fast immer diese dürf
tige Herstellung übersieht; nur die Bil
ligkeit dieser Zeitungen müßte ihn
'luhig machen. Diese nun sehr dürftigen
Zeitungen werden dann etwas mit Loka
lem vom Herausgeber in der Provinz-
tadt nachgefüllt und find dann pracht
volle „Lokalzeitungen". Wenn ein vier-
eilig bedrucktes weißes Blatt Papier schon
eine Zeitung ist, dann allerdings trifft
diese Bezeichnung zu. Diese „Zeitungen"
preisen sich dann ob ihrer „Billigkeit" an.
In Wahrheit aber sind sie
ehr theuer, denn was sie für diesen
Preis liefern, ist zum größten Theil
aufgewärmte Waare. Es wird
Zeit, daß das Publikum darüber aufge
klärt wird, denn diese Zeitungen werden
gern speciell auf dem Lande vertrieben,
in der Annahme, daß die Landleute nicht
orientirt wären und auf den Leim gingen.
Glücklicher Weise sind die Landbewohner
aber heutzutage nicht so weit zurück, daß
sie zu Denen gehören, die nicht alle werden!
Eine etwas dunkle Geschichte
weiß eine Berliner Korrespondenz zu er
zählen : In einem Irrenhause bei
Berlin will der 61 Jahre alte Deutsch-
Amerikaner Ferdinand Holzendorf
15 Monate lang festgehalten worden
sein, obwohl er niemals irrsinnig ge
wesen sei. Aus dresem Grunde hat er
jetzt in Washington beim Staatsdepartement
eine Entschädigungssorderung gegen die
deutsche Regierung anhängig gemacht
Holzendors machte, nach seiner Darstellung,
bei den Behörden von Berlin eine
Forderung wegen einer früheren Ein
sperrung geltend, die erfolgt war, nachdem
man ihn wegen Majestätsbeleidigung zur
Verantwortung gezogen hatte. Als er
dafür später Entschädigung verlangte,
wurde er zum zweiten Male einem
Irrenhause überantwortet. Es ist die
zweite Einsperrung, worauf er seine in
Washington erhobene Beschwerde gründet.
(Die Geschichte klingt wenig glaubhaft)
Durch Kohlendunst vergiftet
sind in der Nacht zum Mittwoch zwei
Klempnerlehrlinge in Charlot
te n b u r g. Es sind dies der 17 Jahre alte
Eugen Knrtzner und der 16 Jahre alte Wab
ther Kirschnick. Sie schliefen bei dem Klemp
nermeister Franz in einem Raum über der
Werkstatt. Knrtzner lag, als man am Mitt
woch-Morgen Nachforschungen anstellte,
todt in seinem Bette, Kirschnick noch lebend
mit dem Gesicht nach unten vor dem Bette
auf dem Fußboden. Nur der Umstand, daß
er tiefer lag, nachdem er aus dem Bette
herausgefallen war, hatte ihn gerettet. Sein
Zustand giebt indessen nur wenig Hoffnung
auf Erhaltung seines Lebens. Das Unglück
ist durch den umgekommenen Knrtzner an
gerichtet worden. Dieser holte Dienstag-
Abend, um den Schlafraum etwas zu wär
men, einen Blechkasten mit Glühkohlen aus
der Werkstatt und schob ihn, nachdem er die
Kohlen angezündet hatte, in den Ofen, ohne
das Abzugsrohr zu öffnen.
Ein Musterwohnhaus der militär
fiskalischen Arbeiterkolonie in Haselhorst
bei Spandau wird aus der Pariser
Weltausstellung aufgeführt; es wird
aus leichterem Material, in Umfang und
Form dem Original genau gleichend,
zusammengestellt und dann, in einzelne
Theile zerlegt, nach Paris geschafft, wo
die Wiederaufstellung stattfindet. Mit
der Ausführung ist der Zimmermeister
Bastian in Spandau beauftragt worden
Leipzig, 24. Oct. Der Gastwirth
Panier hatte feinen Besuchern Lager
bier als „Echt Baerisch" vorsetzen und
sich auch den Preis für das letztere
zahlen lasten. Dafür wandert er wegen
Betrugs auf sieben Tage ins Gefängniß I
Rasfinirte Fälschungen von Postan
Weisungen werden aus Halle berichtet:
Ein der Postbehörde und der Polizei der
Beschreibung nach wohlbekannter, bisher
aber noch nicht ergriffener junger Mensch
hat sich auf die Fälschung von Moskau-
Weisungen verlegt, und zwar bis jetzt stets
mit Glück. Der Gauner hat in verschiedener
Weise von ihm gefälschte, mit Stempeln
versehene, über ganz ansehnliche Beträge
lautende, an ihn unter falschem Namen
adressirte Postanweisungen bei dem Auf
gabepostamt einzuschmuggeln gewußt. Zu
meist adressirte der Bursche die Postan
weisungen nach dieser oder jener Stadt
an eine bestimmte Adresse, dort erschien
er, legitimirte sich durch gefälschte Papiere
und erhielt das Geld anstandslos ausge»
zahlt. In einem Falle, wo ihm das
Einschmuggeln einer gefälschten Postan
weisung über einen namhaften Betrag
glückte, beauftragte er ein bayerisches
Bankhaus, für den Betrag Papiere zu
kaufen. Nach einigen Tagen erschien er
bei dem betr. Bankier, legitimirte sich
und erhielt die Effekten und den Restbetrag
in Baar. So hat er es in verschiedenen
Städten, so auch in Halle getrieben, wo
es der Kriminalpolizei bald geglückt wäre,
ihn zu ergreifen. Der geriebene Bursche
hat indessen jedenfalls Unrath gemerkt und
ist unter Zurücklassung des Koffers ver-
chwunden.
Würzburg, 24. Oct. Das Unglück
der Ueberschwemmten in Alt
bayern beuten gegenwärtig reisende Künstler
aus. <sie versprechen, den Reinertrag
ihrer Konzerte für die Ueberschwemmten
abzuliefern, erhalten zu dem guten
Zwecke von den Stadtmagistraten freie
Lokale nebst Gratis-Beheizung und Be
leuchtung, haben auch einen starken Be-
uch ihrer Konzerte und liefern dann
nichts oder fast nichts von den Einnahmen
ab. In Kitzingen gab vorige Woche der
ungarische Violinvirtuose Bela Kiraly
ein solches Wohlthätigkeitsconzert; er
nahm ca. 200 Mk. ein, für die Ueber
schwemmten gab er aber nur 2 M k.
6 0 P f g. ab! Das Gleiche wird jetzt
aus Bamberg gemeldet, wo die Kon
zertsängerin Teresa Tosti mit ihrem
Gatten, dem Klaviervirtuosen Rudolf
Panzer, ein Konzert veranstaltet yatte,
nr das ihr das Stadttheater zur Ver
fügung gestellt worden war. Das Künstler-
oaar hatte 257 Jl Einnahme und ist ab
gereist, ohne einen Pfennig ab
zuliefern. (Sollte Frau Tosti vielleicht
den Reinertrag direkt an das Münchener
Centralcomitee gesandt haben?) Die an-
gekün digten Konzerte Tosti-Panzer in
Kitzingen und Würzburg wurden ab
gesagt.
Man berichtet aus Elberfeld, 25. Okt.:
Zu einem regelrechten Theaterfkan-
v a l kam es gestern während der Auf-
nhrung des „Trompeter von Säckingen",
in der der bayrische Kammersänger
Brucks aus München den Werner sang
Gleich zu Anfang schon siel dem überaus
zahlreichen Auditorium das eigenthümliche
Benehmen des Herrn Brucks auf: er stand
ganz apathisch auf der Bühne, verpaßte
Einsätze u. s. w Das Publikum ver
folgte mit wachsendem Erstaunen die Vor
gänge auf der Bühne, und als der Gast
im dritten Akte gar zu lallen an
fing, da wußte man aus einmal, aus
welcher Ursache das Verhalten des Sängers
zu erklären sei. Es erhob sich ein ein-
müthiges Zischen, und selbst die Mitthei
lung des Regiffeurs, daß Herr Brucks
unter einer „starken Indisposition" zu
leiden habe, konnte den Entrüstungssturm
nicht beschwören. Der größte Theil der
Zuhörer verließ vor Schluß der Oper
unter heftigem Protest das Theater. Herr
Brucks war „angeheitert" und hatte ein
Gläschen über den Durst getrunken!
Dortmund, 25. Oct. Nach einer langen
und erregten Debatte beschloß gestern
Abend eine sozialistische Parteiver
sammlung den Ausschluß Lütgenau's
mit unerheblicher Mehrheit. Die Gründe
für den Ausschluß wurden nicht bekannt
gegeben.
Hamburg, 26. Okt. Ohne weitere Ver
anlassung rempelten gestern auf offener
Straße drei Männer, anscheinend dem
Arbeiterstande angehörend, einen Kupfer
schmied an, fodaß er zur Erde stürzte
Nicht genug damit, traten sie dann mit
den Füßen auf seinen Kopf, sodaß das
Blut ihm aus Nase und Ohren spritzte.
Glücklicher Weise ist einer dieser Misse
thäter gefaßt und wird hoffentlich einer
exemplarischen Strafe entgegengehen
Mit ein paar Tagen Fütterung auf
Staatsunkosten ist solche Niederträchtig
keit nicht gesühnt!
Provinzielles.
Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die
Namen einer großen Anzahl vonPerfonen,
denen vom Kaiser die Rothe Kreuz
Medaille verliehen worden ist. In
Schleswig-Holstein erhielten die Medaille
folgende Personen: die 2. Klasse: Baronin
Cäcilie v. Brockdorf in Annettenhtzh' be
Schleswig und Etatsräthin Helene Donner
in Altona; die 3 Klasse: Bäckermeister,
und Stadverordneter H. C. I. Stechel in
Neumünster; Fräulein Julie Beeck in Kiel;
Frau Marie v. Buchwaldt-Rögen auf
Hagen bei Probsteierhagen; Frau Amts
gertchtsrath Mathilde KlaraFrie-
derike Sophie Dau in Rendsburg;
Frau Oberlehrer Dr. Emma Hansen in
Oldesloe; Frau Kirchenpropst Marie Reu
ter in Apenrade; Fräulein Antonie Ottilie
Schmidt in Altona; Fräulein Agnes
Truelfen in Schleswig; Ober-Regierungs
rath Dr. Osterrath in Schleswig; Oberst
leutnant und Bezirks-Kommandeur a. D.
Pueschel in Schleswig; Fischkaufmann
H. W. Schulze in Eckernförde; Ober-
Bibliothekar Dr. Wetzel in Kiel.
Wegen unlauteren Wettbewerbs
ist auf Veranlassung des Manufakturisten-
verein von Altona und Umgegend gegen
den Inhaber eines hiesigen Manufaktur-
waarengeschäfts eine Untersuchung eingeleitet
worden. Der Manufakturistenverein hat den
Antrag gestellt, den Ausverkauf vorläufig zu
inhibiren.
Bei einem Einbruch bei einem Instru
mentenmacher in der Adolf-Straße in Al-
t v n a Ş wurden elf Geigen, fünf Klarinetten,
drei Pistons nebst Kasten und mehrere Gei
genstege gestohlen.
In der Mohr'schen Margarinefabrik in
Bahrenseld stürzte der Kesselreiniger
Bumka in einen Haufen glühender Asche.
Er erlitt so schwere Brandwunden, daß er
bald nach seiner Einlieferung in's Kranken
haus denselben erlag.
Die Stadt Krempe will sich nun von
der Firma Gerling in Altona einen
Kostenanschlag bezüglich einer Beleuchtung
der Stadt mit Acetylengas ausarbeiten
lasten. Außerdem will man Erkundigun
gen über die Rentabilität elektrischer Be
leuchtung einziehen.
Meldorf, 26. Oct. Zum Bau des
Dusenddüwelswarf-Denkmals haben die
Arbeiten nunmehr voll begonnen, sie liegen
in den Händen der Meldorfer Baufirma
Albers & von Drathen. Der mit einem
Kostenaufwand von reichlich 6000 Mark
von dem Gudendorfer Wirth nach dem
Denkmalsplatze transportirte große 70000
Pfund schwere Feldstein wird nämlich auf
einem 35 Fuß hohen Hügel, getragen von
vier gemauerten Säulen, das Denkmal
bilden, ein treffendes Bild der dasselbe
umgebenden flachen, einförmigen Marsch.
Der Besitzer der Bredstedter Wasser
mühle, betreibt in dem zur Mühle gehö
renden Müblenteich seit Jahren eine ren
table Karpfenzüchterei. So konnte er z.
B. vor 2 Jahren reichlich 2000 Pfund
verkaufen. Bisher kaufte Herr Jochimsen
die Setzkarpfen auswärts. Nun hat er
zum ersten Male versucht, selbst die jungen
Karpfen in besonders dazu hergerichteten
Teichen, welche mit einem ziemlich großen
Teich in Verbindung stehen, zu züchten.
Der Versuch ist vortrefflich gelungen. 15
große Laichkarpsen haben soviel Setzlinge
geliefert, daß Jochimsen in diesen Tagen
22,000 Stück für 30 Mk. das Tausend
verkaufen konnte.
Ein Viehhändler in Husum wurde
heute von einem plötzlichen Tode
ereilt. Er stürzte im Gastzimmer von
Schumanns Gasthof Plötzlich um und gab
bald darauf seinen Geist auf. Ein Schlag
anfall hatte seinem Leben ein Ende gemacht.
Kurz vor seinem Ende hatte er noch auf
dem Markte gehandelt.
rt? Husum, 26. Octbr. Am heutigen
Ferkelmarkt waren 381 Ferkel einschließ
lich einiger Jungschweine zum Verkauf
gestellt. Der Handel verlief etwas langsa
mer, wie in derVorwoche. Die Preise stellten
ich im Allgemeinen auf 5—7 Mk., ganz
ausnahmsweise auch etwas niedriger,
bessere Waare kostete 8—9 Mk. —
Jungschweine im Alter von 12—13
Wochen wurden mit 18 bis 20 Mark
das Stück bezahlt. In der vorigen Woche
wurden für fette Schweine in der Umgegend
32—34 M. pro 100 Pfund Lebendgewicht
gezahlt. Der Markt wurde fast geräumt.
Bon dem heutigen Marktbestand an Ferkeln
wurden größere und kleinere Partien nach
Hademarschen, Neumünster, Elmshorn,
Tönning, Tondern, Schleswig und Ber>
genhusen
Ä? Kiel, 26. Okt. Die Unsicher
heit in den Straßen derStadt
nimmt mit dem früheren Eintritt der
Dunkelheit in beängstigender Weise zu.
Gestern wurde an der Ecke des Eisen
bahndammes und der Jensenstraße ein
bewußtlos in seinem Blute liegender
junger Mann aufgefunden, der durch einen
M e s s e r s ch n t t t a m H a l s e schwer
verletzt war. Aus den bei ihm Vor
gefundenen Papieren war ersichtlich, daß
es ein hier in Arbeit stehender Schuh-
machergeselle war. Da der Verwundete
noch nicht vernehmungsfähig ist, so fehlt
über die Ursache der Verwundung jeder
Anhalt. — Mehrere hiesige Gelegenheits
arbeiter lockten einen Schneider, der etwas
angetrunken war und etwa 30 Mk. in
feinem Portemonnaie hatte, in mehrere
Wirthschaften und machten ihn vollends
betrunken. Dann zerrten sie ihn in der
Falkstraße in einen Thorweg, nahmen ihm
mit Gewalt und unter Drohungen den
Rest seiner Baarschast ab und suchten das
Weite. Sie konnten sich aber ihres
Raubes nicht lange erfreuen, denn auf die
Anzeige des Beraubten wurden sie bald
in einer Wirthschaft aufgefunden und ver
haftet. 7 Mark hatte der Schneider vor
her mit seinen Angreifern vertrunken.
Die Meliorations - Arbeiten aus dem
Bargstedter Moor haben in der letzten
Zeit einen Abschluß erreicht; das erste
Colonat ist fertig gestellt und ist man jetzt
damit beschäftigt, um dasselbe herum einen
Streifen Land mit Sand zu beschütten.
Auch beginnt man jetzt damit, nach Süden
einen gleichen Colonatsweg wie nach den
Norden zu ziehen. Wie mitgetheilt wir -
sollen im Ganzen 15 Cslonate auf
Moor angelegt werden.
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