Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

mmm 
Oesterreich-Ungarn. 
Ob die Ausschreitungen, welche 
seit einigen Tagen aus einer ganzen Reihe 
von Städten in Böhmen und Mäh 
ren gemeldet werden, mehr aus anti 
semitischen oder czechisch-nationalen Beweg 
gründen zu erklären sind, läßt sich einstwei 
len noch nicht klar erkennen. Anscheinend 
haben beide Momente bei den Ruhestörun 
gen mitgewirkt, jenes in Anknüpfung an 
die Proceßverhandlung wegen des Polnaer 
Mädchenmordes, dieses im Anschluß an die 
Aufhebung der Sprachenverordnungen. Die 
Bewegung, der nun schon elf Menschenle 
ben zum Opfer gefallen sind, nimmt im 
mer größere Dimensionen an. In H ol 
le s ch a u sammelten sich, wie nun von dort 
telegraphirt wird, nach dem Leichenbegäng 
nisse der bei den letzten Ausschreitungen 
Getödteten etwa 3000 Personen auf dem 
Hauptplatze an. Erst nach wiederholten 
Mahnungen des Bezirkshauptmanns und 
des Stadtvorstandes gelang es, die Menge 
durch Militär zu zerstreuen. 
Inland. 
— Die England - Reise des 
Kaisers wird, wie der Berliner Be> 
richterstatter des „Standard" meldet, 
jedenfalls stattfinden. Die „Times" rust 
bereits dem Kaiser ein herzliches „Will 
kommen!" zu; er komme nach England 
als allseitig geehrter Gast. — Dagegen 
berichtet die „Germania" von angeblich 
authentischer Seite: „Die angeblich pro- 
jektirte Reise des Kaisers nach England 
unterbleibt." 
— Ueber Vorträge von Staatssekretären 
beim Kaiser pflegt das „Wolfs'sche Tele 
graphenbureau" gewöhnlich Mittheilungen 
nicht zu verbreiten. Um Z so bemerkens 
werther ist folgende Nachricht, welche das 
offiziöse Bureau am Mittwoch den Zeitun 
gen zugehen ließ: Am Dienstag Abend 
war der Staatssekretär des Reichs- 
Marineamts, Admiral Tirpitz, gleichzeitig 
mit dem Staatssekretär des Auswärtigen 
Amts, Staatsminister Grafen von Bülow, 
zum gemeinschaftlichen Vortrag bei dem 
Kaiser nach Potsdam befohlen. Der 
Staatssekretär des Reichs-Marineamts 
hat sich Mittwoch früh nach Baden-Baden 
begeben, um dort dem Reichskanzler 
Fürsten zu Hohenlohe Vortrag zu erstatten. 
Es ist kaum anzunehmen, sagt die „Frs. 
Ztg.", daß, nachdem erst vor 48 Stunden 
offiziös eine neue Flottenvorlage für die 
bevorstehende Session in Abrede gestellt 
worden ist, nunmehr ganz plötzlich alle 
bisherigen Dispositionen über den Hausen 
geworfen werden sollen. 
— In sonst wohl unterrichteten politi- 
schen Kreisen ist die Meinung verbreitet, 
daß der Reichstag noch in diesem 
Winter in irgend einer Form mit der 
Flottenfrage besaßt werden soll, wenn 
auch vorläufig vielleicht nur in Form 
einer Denkschrift über den voraussichtlichen 
Mehrbedarf von Schlachtschiffen nach 
Erreichung des im Flottengesetz vorge- 
sehenen Sollbestandes. Es wird ange- 
nommen, daß eine Verständigung zwischen 
dem Kaiser und den Staatssekretären Gras 
Bülow und Tirpitz bereits stattgefunden 
hat und daß auch der Reichskanzler der- 
selben beitreten wird. 
Berlin, 26. Okt. Ungewöhnlich scharf 
antwortet auf den Flottenartikel der 
„Norddeutschen" das Organ des Bundes der 
Landwirthe, die „Deutsche Tages 
zeitung". Sie meint, es sei richtig, 
daß eine Beschleunigung des Flottengesetzes 
erwünscht sein könne, damit wir recht bald 
unseren Vettern jenseits des Kanals und 
des Ozeans gegebenen Falles kräftig die 
Zähne zeigen können. Wenn sich eine Be 
schleunigung der Schiffsbauten . zwingend 
unb unwiderleglich als nothwendig erweise, 
dann müsse die Regierung erklären, daß sie 
unklug und unvorsichtig gehandelt habe, als 
sie den Flottenbauplan auf Jahre hinaus 
festlegte. Dieses Bekenntniß müsse die Re 
gierung ablegen, ehe sie ernstlich an neue 
Forderungen denken könne, und ob eine Re 
gierung, die zu einem derartigen Selbstzeug 
niß über ihre mangelnde Voraussicht ge 
zwungen wäre, noch geeignet er 
scheinen könne, weiter die Verantwor 
tung für die Geschicke des Reiches zu tra 
gen, sei eine naheliegende Frage. Dann 
bleibe aber die Leistungsfähigkeit des Volkes 
noch zu berücksichtigen, und da unterliege 
es kaum einem Zweifel, daß der Mittelland 
kanal und die beschleunigte Ausführung des 
Flottenplanes nicht zusammen getragen 
werden können. Werth habe eine starke 
Flotte nur als Werkzeug einer starken und 
großen Staatskunst. Wenn wir aber weiter 
nichts wollen, als uns überall hinausdrän 
gen zu lassen, keinen anderen Ehrgeiz haben, 
als im Kielwasser Englands zu segeln, wenn 
die Ausnützung günstiger Gelegenheit zur 
Stärkung unserer Weltmacht offiziös als 
Schnapphahnpolitik bezeichnet würde, dann, 
du lieber Himmel, brauchen wir dann über 
haupt noch eine Flotte? 
die unteren rechtsseitig — oben befanden 
sich die Festsäle, in denen getafelt und ge 
tanzt werden sollte — waren hergerichtet. 
Einhnndertfünfzig Personen hatten Ein 
ladungen empfangen, und schon wehten von 
den Thürmen die Lavard'schen Fahnen in 
den blutrothen Farben, inmitten das Fa 
milienwappen: die Faust mit dem Dolch, 
gezückt gegen einen sich wild auflehnenden 
Geier! 
(Fortsetzung folgt.) 
- Eine Reihe von Blättern erblickt in 
dem auch von uns wiedergegebenen Arti 
kel der „Nordd. Allgem. Ztg." einen 
Schachzug gegen den abwesenden 
Fürsten Hohenlohe. — Allerdings 
stehen die Ausführungen in dem zweiten 
Theil des Artikels der „Nordd. Allg. Ztg.", 
in denen auf die Möglichkeit einer Ab 
änderung des Flottengesetzes in den näch> 
len Jahren hingewiesen wird, in schnei 
dendem Widerspruch mit dersE r- 
k l ä r u n g, welche bei der ersten Lesung 
des Flottengesetzes am 6. December 1897 
Für st Hohenlohe im Reichstag 
abgab: 
„Nehmen Sie den Gesetzentwurf an, so binden 
Sie sich nicht nur bis zu einem gewiffen Grade 
die Hände, Sie binden sie auch den ver 
bündeten Regierungen. Was diese erstre 
ben, zeigt Ihnen der Gesetzentwurs in vollkom 
mener Klarheit; die jetzt erhobenen Forderungen 
ind so bemessen, daß ihnen gegenüber die Aeuße 
rungen über die angeblich uferlosen Marinepläne 
endlich ein Ende finden sollten " 
Tags darauf betheuerte der Staats 
ekretär des Marineamts Tirpitz gegenüber 
len Bedenken, daß der Reichstag sich für 
echs Jahre binden solle: 
„Ja, meine Herren, binden sich denn die 
verbündeten Regierungen nicht auch? 
Giebt es eine größere Bindung, als daß 
man eine Gesetzesvorlage für die Flotte, die auf 
organisatorischer Grundlage beruht, frei vorlegt? 
Ist es nicht erforverlich, daß, wenn man eine 
andere Flotte schaffen wollte, die verbündeten 
Regierungen und die Marmeverwaltung zu einem 
ganz neuen Gesetz den Beweis liefern müßten, 
daß diese Grnndlagen für die Flotte falsch sind 
und eine neue Grundlage erforderlich ist?" 
In einer späteren Ausführung hat Herr 
Tirpitz noch deutlicher das Vorhandensein 
einer Bindung für die Regierung anerkannt. 
bei der zweiten Berathung am 24. 
März 1898 der Abg. Richter betont hatte, 
daß das Gesetz keinen Abschluß bedeute 
und gar keine Sicherheit gegen weitere 
Flottenpläne biete, da beklagte sich der 
Staatssekretär über das ihm entgegenge 
brachte Mißtrauen und sagte: „Was giebt 
es Besseres, die Marineverwaltung zu 
binden, als ein Gesetz?" 
— Der „Gewerkverein" citirt nach den 
Protokollen des Erfurter Parteitags der 
Sozialdemokratie von 1891 eine Aeuße 
rung von Bebel über das Endziel, 
welche an Offenherzigkeit nichts zu Mün 
chen übrig läßt. Bebel sagte damals, daß 
auch er den Werth praktischer Forderun 
gen der Opposition gegenüber stets verthei 
digt habe. „Aber wenn wir unser schö 
nes Ziel (Zukunftsstaat) in nebelhafte 
Ferne rücken und immer betonen, daß erst 
künftige Generationen es erreichen wer 
den, dann läuft uns die Masse mit vollkom 
menem Recht auseinander." 
— Gegen Professor Ern st von 
5palle war von Verwandten der Familie 
von Halle Strafanzeige wegen wider 
rechtlicher Führung des Adels 
titels bei der Staatsanwaltschaft einge 
reicht worden. Nach der „Staatsbürger- 
ztg." hat der erste Amtsanwalt am Land 
gericht I Berlin den Strafantrag ab 
gelehnt mit der Begründung, daß das 
Heroldsamt amtlich die Auskunft ertheilt 
habe, daß, „soweit vorliegend zu verfolgen", 
die Familie sich stets von Halle und nicht 
van Halle genannt habe und daß den Prof. 
Ernst von Halle die Führung des Familien 
namens von Halle behördlicherseits gestattet 
worden ist. Das Heroldsamt habe dabei 
ausdrücklich hinzugefügt, daß die Präposi 
tion „von" in diesem Falle keinesfalls ein 
Adelsprädikat sei, weshalb unbefugte Füh 
rung des Adelsprädikats nicht angenom 
men werden könne. 
- Wie der „Voss. Ztg." berichtet 
wird, ist von städtischen Laternenanzündern 
gemeldet worden, daß in der Nacht vom 
Sonntag zum Montag, in der die Be 
schädigungen an den Denkmälern in der 
Stegesallee verübt wurden, fast sämmt 
liche Laternen der Charlottenburger 
Chaussee sowie der angrenzenden nach 
dem Kroll'schen Lokale führenden Wege 
von unberufenenPerfonen ausgelöscht waren, 
Zu der Wiederherstellung der 
zerstörten Büsten in der Sieges 
allee zu Berlin erklärt Prof. Unger, daß 
eine bloße Reparatur allerdings möglich, 
aber nicht empsehlenswerth sei. Er sei, 
soweit die von ihm geschaffene Gruppe in 
Betracht komme, zu einer Neuanfertigung 
bereit, die er für den Selbstkostenpreis 
übernehmen würde. Hierzu würden fünf 
tausend Mark als Höchstbetrag für beide 
Büsten genügen. 
— Eine kindliche Anschauung 
hat jener Theil der Presse, welcher an 
läßlich des großen Spieler-Pro 
zesses wieder einmal eine Verschärfung 
der strafgesetzlichen Bestimmungen anregt. 
Als ob damit etwas gebessert werden 
könnte! Es ist auch schwerlich anzu 
nehmen, daß die verbündeten Regierungen 
einer solchen Anregung stattgeben werden. 
Vielmehr glaubt man, daß die bestehenden 
Bestimmungen ausreichen und auch die 
Rechtsaufsassung des Reichsgerichts vom 
gewerbsmäßigen Glücksspiel den Straf 
richter keineswegs unzulässig beenge. Der 
Staatsanwalt habe ja auch aus Grund 
dieser Auffassung den Thatbestand der 
Gewerbsmäßigkeit als vorliegend erachtet, 
welchem Standpunkte auch der Gerichts 
Hof sich hätte anschließen können. Ebenso 
wenig werde man wohl daran denken 
können, weitere Beschränkungen des Ver- 
sügungsrechts der Hotelbesitzer u. s. w 
über ihre Räume vorzuschlagen oder gut 
zuheißen. 
— An eine S p i e l s e u ch e, welche 
vor einer Reihe von Jahren unter den 
Regierungsreferendaren zu 
Potsdam unter Herrn v. Puttkammer als 
Minister des Innern ausgebrochen war, 
erinnert die „Voss. Ztg.". Die damalige 
Spielseuche habe schwere Opfer gekostet 
Die Vorgesetzten konnten dagegen nicht 
blind bleiben, sondern schritten ein. Aber 
sie entfernten nicht die Schuldigen, sondern 
bestrebten sich, deren kostbare Kräfte dem 
Staatsdienst zu erhalten, und — „arran- 
girten" sie. Das gelang damals so gut, 
daß die ganze Angelegenheit, die gewaltige 
Dimensionen angenommen hatte, vertuscht 
wurde. — Und dann wundert man sich 
hinterher, wenn die Ruchlosigkeit im Volke 
zunimmt, — bei solchen Vorbildern I 
- Die sozialdemokratische Ge 
werkschaftsbewegung in Berlin hat 
ich gespalten. Aus der alten „Gewerk- 
chaftskommission" hat sich eine Gruppe 
abgesondert, die „Gewerkschaftskartell für 
Berlin und Umgegend" benannt worden ist. 
Diese Gruppe verspricht den Arbeitern viel 
mehr, als jemals gehalten werden kann. 
- Ein Theil der b illigen Zeitu n> 
gen in der Provinz wird jetzt zum größ 
ten Theil mit Berliner Platten 
druck ausgefüllt, der natürlich veraltete 
Nachrichten enthält. Der Transport dieser 
Platten von Berlin in die Provinz er- 
prdert eben Zeit und die rasch fortschrei 
tenden Ereignisse haben daher längst diese 
Platten - Nachrichten überholt, ehe sie in 
der Provinz solchergestalt veröffentlicht 
werden können. Das Traurige liegt nur 
darin, daß der Laie fast immer diese dürf 
tige Herstellung übersieht; nur die Bil 
ligkeit dieser Zeitungen müßte ihn 
'luhig machen. Diese nun sehr dürftigen 
Zeitungen werden dann etwas mit Loka 
lem vom Herausgeber in der Provinz- 
tadt nachgefüllt und find dann pracht 
volle „Lokalzeitungen". Wenn ein vier- 
eilig bedrucktes weißes Blatt Papier schon 
eine Zeitung ist, dann allerdings trifft 
diese Bezeichnung zu. Diese „Zeitungen" 
preisen sich dann ob ihrer „Billigkeit" an. 
In Wahrheit aber sind sie 
ehr theuer, denn was sie für diesen 
Preis liefern, ist zum größten Theil 
aufgewärmte Waare. Es wird 
Zeit, daß das Publikum darüber aufge 
klärt wird, denn diese Zeitungen werden 
gern speciell auf dem Lande vertrieben, 
in der Annahme, daß die Landleute nicht 
orientirt wären und auf den Leim gingen. 
Glücklicher Weise sind die Landbewohner 
aber heutzutage nicht so weit zurück, daß 
sie zu Denen gehören, die nicht alle werden! 
Eine etwas dunkle Geschichte 
weiß eine Berliner Korrespondenz zu er 
zählen : In einem Irrenhause bei 
Berlin will der 61 Jahre alte Deutsch- 
Amerikaner Ferdinand Holzendorf 
15 Monate lang festgehalten worden 
sein, obwohl er niemals irrsinnig ge 
wesen sei. Aus dresem Grunde hat er 
jetzt in Washington beim Staatsdepartement 
eine Entschädigungssorderung gegen die 
deutsche Regierung anhängig gemacht 
Holzendors machte, nach seiner Darstellung, 
bei den Behörden von Berlin eine 
Forderung wegen einer früheren Ein 
sperrung geltend, die erfolgt war, nachdem 
man ihn wegen Majestätsbeleidigung zur 
Verantwortung gezogen hatte. Als er 
dafür später Entschädigung verlangte, 
wurde er zum zweiten Male einem 
Irrenhause überantwortet. Es ist die 
zweite Einsperrung, worauf er seine in 
Washington erhobene Beschwerde gründet. 
(Die Geschichte klingt wenig glaubhaft) 
Durch Kohlendunst vergiftet 
sind in der Nacht zum Mittwoch zwei 
Klempnerlehrlinge in Charlot 
te n b u r g. Es sind dies der 17 Jahre alte 
Eugen Knrtzner und der 16 Jahre alte Wab 
ther Kirschnick. Sie schliefen bei dem Klemp 
nermeister Franz in einem Raum über der 
Werkstatt. Knrtzner lag, als man am Mitt 
woch-Morgen Nachforschungen anstellte, 
todt in seinem Bette, Kirschnick noch lebend 
mit dem Gesicht nach unten vor dem Bette 
auf dem Fußboden. Nur der Umstand, daß 
er tiefer lag, nachdem er aus dem Bette 
herausgefallen war, hatte ihn gerettet. Sein 
Zustand giebt indessen nur wenig Hoffnung 
auf Erhaltung seines Lebens. Das Unglück 
ist durch den umgekommenen Knrtzner an 
gerichtet worden. Dieser holte Dienstag- 
Abend, um den Schlafraum etwas zu wär 
men, einen Blechkasten mit Glühkohlen aus 
der Werkstatt und schob ihn, nachdem er die 
Kohlen angezündet hatte, in den Ofen, ohne 
das Abzugsrohr zu öffnen. 
Ein Musterwohnhaus der militär 
fiskalischen Arbeiterkolonie in Haselhorst 
bei Spandau wird aus der Pariser 
Weltausstellung aufgeführt; es wird 
aus leichterem Material, in Umfang und 
Form dem Original genau gleichend, 
zusammengestellt und dann, in einzelne 
Theile zerlegt, nach Paris geschafft, wo 
die Wiederaufstellung stattfindet. Mit 
der Ausführung ist der Zimmermeister 
Bastian in Spandau beauftragt worden 
Leipzig, 24. Oct. Der Gastwirth 
Panier hatte feinen Besuchern Lager 
bier als „Echt Baerisch" vorsetzen und 
sich auch den Preis für das letztere 
zahlen lasten. Dafür wandert er wegen 
Betrugs auf sieben Tage ins Gefängniß I 
Rasfinirte Fälschungen von Postan 
Weisungen werden aus Halle berichtet: 
Ein der Postbehörde und der Polizei der 
Beschreibung nach wohlbekannter, bisher 
aber noch nicht ergriffener junger Mensch 
hat sich auf die Fälschung von Moskau- 
Weisungen verlegt, und zwar bis jetzt stets 
mit Glück. Der Gauner hat in verschiedener 
Weise von ihm gefälschte, mit Stempeln 
versehene, über ganz ansehnliche Beträge 
lautende, an ihn unter falschem Namen 
adressirte Postanweisungen bei dem Auf 
gabepostamt einzuschmuggeln gewußt. Zu 
meist adressirte der Bursche die Postan 
weisungen nach dieser oder jener Stadt 
an eine bestimmte Adresse, dort erschien 
er, legitimirte sich durch gefälschte Papiere 
und erhielt das Geld anstandslos ausge» 
zahlt. In einem Falle, wo ihm das 
Einschmuggeln einer gefälschten Postan 
weisung über einen namhaften Betrag 
glückte, beauftragte er ein bayerisches 
Bankhaus, für den Betrag Papiere zu 
kaufen. Nach einigen Tagen erschien er 
bei dem betr. Bankier, legitimirte sich 
und erhielt die Effekten und den Restbetrag 
in Baar. So hat er es in verschiedenen 
Städten, so auch in Halle getrieben, wo 
es der Kriminalpolizei bald geglückt wäre, 
ihn zu ergreifen. Der geriebene Bursche 
hat indessen jedenfalls Unrath gemerkt und 
ist unter Zurücklassung des Koffers ver- 
chwunden. 
Würzburg, 24. Oct. Das Unglück 
der Ueberschwemmten in Alt 
bayern beuten gegenwärtig reisende Künstler 
aus. <sie versprechen, den Reinertrag 
ihrer Konzerte für die Ueberschwemmten 
abzuliefern, erhalten zu dem guten 
Zwecke von den Stadtmagistraten freie 
Lokale nebst Gratis-Beheizung und Be 
leuchtung, haben auch einen starken Be- 
uch ihrer Konzerte und liefern dann 
nichts oder fast nichts von den Einnahmen 
ab. In Kitzingen gab vorige Woche der 
ungarische Violinvirtuose Bela Kiraly 
ein solches Wohlthätigkeitsconzert; er 
nahm ca. 200 Mk. ein, für die Ueber 
schwemmten gab er aber nur 2 M k. 
6 0 P f g. ab! Das Gleiche wird jetzt 
aus Bamberg gemeldet, wo die Kon 
zertsängerin Teresa Tosti mit ihrem 
Gatten, dem Klaviervirtuosen Rudolf 
Panzer, ein Konzert veranstaltet yatte, 
nr das ihr das Stadttheater zur Ver 
fügung gestellt worden war. Das Künstler- 
oaar hatte 257 Jl Einnahme und ist ab 
gereist, ohne einen Pfennig ab 
zuliefern. (Sollte Frau Tosti vielleicht 
den Reinertrag direkt an das Münchener 
Centralcomitee gesandt haben?) Die an- 
gekün digten Konzerte Tosti-Panzer in 
Kitzingen und Würzburg wurden ab 
gesagt. 
Man berichtet aus Elberfeld, 25. Okt.: 
Zu einem regelrechten Theaterfkan- 
v a l kam es gestern während der Auf- 
nhrung des „Trompeter von Säckingen", 
in der der bayrische Kammersänger 
Brucks aus München den Werner sang 
Gleich zu Anfang schon siel dem überaus 
zahlreichen Auditorium das eigenthümliche 
Benehmen des Herrn Brucks auf: er stand 
ganz apathisch auf der Bühne, verpaßte 
Einsätze u. s. w Das Publikum ver 
folgte mit wachsendem Erstaunen die Vor 
gänge auf der Bühne, und als der Gast 
im dritten Akte gar zu lallen an 
fing, da wußte man aus einmal, aus 
welcher Ursache das Verhalten des Sängers 
zu erklären sei. Es erhob sich ein ein- 
müthiges Zischen, und selbst die Mitthei 
lung des Regiffeurs, daß Herr Brucks 
unter einer „starken Indisposition" zu 
leiden habe, konnte den Entrüstungssturm 
nicht beschwören. Der größte Theil der 
Zuhörer verließ vor Schluß der Oper 
unter heftigem Protest das Theater. Herr 
Brucks war „angeheitert" und hatte ein 
Gläschen über den Durst getrunken! 
Dortmund, 25. Oct. Nach einer langen 
und erregten Debatte beschloß gestern 
Abend eine sozialistische Parteiver 
sammlung den Ausschluß Lütgenau's 
mit unerheblicher Mehrheit. Die Gründe 
für den Ausschluß wurden nicht bekannt 
gegeben. 
Hamburg, 26. Okt. Ohne weitere Ver 
anlassung rempelten gestern auf offener 
Straße drei Männer, anscheinend dem 
Arbeiterstande angehörend, einen Kupfer 
schmied an, fodaß er zur Erde stürzte 
Nicht genug damit, traten sie dann mit 
den Füßen auf seinen Kopf, sodaß das 
Blut ihm aus Nase und Ohren spritzte. 
Glücklicher Weise ist einer dieser Misse 
thäter gefaßt und wird hoffentlich einer 
exemplarischen Strafe entgegengehen 
Mit ein paar Tagen Fütterung auf 
Staatsunkosten ist solche Niederträchtig 
keit nicht gesühnt! 
Provinzielles. 
Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die 
Namen einer großen Anzahl vonPerfonen, 
denen vom Kaiser die Rothe Kreuz 
Medaille verliehen worden ist. In 
Schleswig-Holstein erhielten die Medaille 
folgende Personen: die 2. Klasse: Baronin 
Cäcilie v. Brockdorf in Annettenhtzh' be 
Schleswig und Etatsräthin Helene Donner 
in Altona; die 3 Klasse: Bäckermeister, 
und Stadverordneter H. C. I. Stechel in 
Neumünster; Fräulein Julie Beeck in Kiel; 
Frau Marie v. Buchwaldt-Rögen auf 
Hagen bei Probsteierhagen; Frau Amts 
gertchtsrath Mathilde KlaraFrie- 
derike Sophie Dau in Rendsburg; 
Frau Oberlehrer Dr. Emma Hansen in 
Oldesloe; Frau Kirchenpropst Marie Reu 
ter in Apenrade; Fräulein Antonie Ottilie 
Schmidt in Altona; Fräulein Agnes 
Truelfen in Schleswig; Ober-Regierungs 
rath Dr. Osterrath in Schleswig; Oberst 
leutnant und Bezirks-Kommandeur a. D. 
Pueschel in Schleswig; Fischkaufmann 
H. W. Schulze in Eckernförde; Ober- 
Bibliothekar Dr. Wetzel in Kiel. 
Wegen unlauteren Wettbewerbs 
ist auf Veranlassung des Manufakturisten- 
verein von Altona und Umgegend gegen 
den Inhaber eines hiesigen Manufaktur- 
waarengeschäfts eine Untersuchung eingeleitet 
worden. Der Manufakturistenverein hat den 
Antrag gestellt, den Ausverkauf vorläufig zu 
inhibiren. 
Bei einem Einbruch bei einem Instru 
mentenmacher in der Adolf-Straße in Al- 
t v n a Ş wurden elf Geigen, fünf Klarinetten, 
drei Pistons nebst Kasten und mehrere Gei 
genstege gestohlen. 
In der Mohr'schen Margarinefabrik in 
Bahrenseld stürzte der Kesselreiniger 
Bumka in einen Haufen glühender Asche. 
Er erlitt so schwere Brandwunden, daß er 
bald nach seiner Einlieferung in's Kranken 
haus denselben erlag. 
Die Stadt Krempe will sich nun von 
der Firma Gerling in Altona einen 
Kostenanschlag bezüglich einer Beleuchtung 
der Stadt mit Acetylengas ausarbeiten 
lasten. Außerdem will man Erkundigun 
gen über die Rentabilität elektrischer Be 
leuchtung einziehen. 
Meldorf, 26. Oct. Zum Bau des 
Dusenddüwelswarf-Denkmals haben die 
Arbeiten nunmehr voll begonnen, sie liegen 
in den Händen der Meldorfer Baufirma 
Albers & von Drathen. Der mit einem 
Kostenaufwand von reichlich 6000 Mark 
von dem Gudendorfer Wirth nach dem 
Denkmalsplatze transportirte große 70000 
Pfund schwere Feldstein wird nämlich auf 
einem 35 Fuß hohen Hügel, getragen von 
vier gemauerten Säulen, das Denkmal 
bilden, ein treffendes Bild der dasselbe 
umgebenden flachen, einförmigen Marsch. 
Der Besitzer der Bredstedter Wasser 
mühle, betreibt in dem zur Mühle gehö 
renden Müblenteich seit Jahren eine ren 
table Karpfenzüchterei. So konnte er z. 
B. vor 2 Jahren reichlich 2000 Pfund 
verkaufen. Bisher kaufte Herr Jochimsen 
die Setzkarpfen auswärts. Nun hat er 
zum ersten Male versucht, selbst die jungen 
Karpfen in besonders dazu hergerichteten 
Teichen, welche mit einem ziemlich großen 
Teich in Verbindung stehen, zu züchten. 
Der Versuch ist vortrefflich gelungen. 15 
große Laichkarpsen haben soviel Setzlinge 
geliefert, daß Jochimsen in diesen Tagen 
22,000 Stück für 30 Mk. das Tausend 
verkaufen konnte. 
Ein Viehhändler in Husum wurde 
heute von einem plötzlichen Tode 
ereilt. Er stürzte im Gastzimmer von 
Schumanns Gasthof Plötzlich um und gab 
bald darauf seinen Geist auf. Ein Schlag 
anfall hatte seinem Leben ein Ende gemacht. 
Kurz vor seinem Ende hatte er noch auf 
dem Markte gehandelt. 
rt? Husum, 26. Octbr. Am heutigen 
Ferkelmarkt waren 381 Ferkel einschließ 
lich einiger Jungschweine zum Verkauf 
gestellt. Der Handel verlief etwas langsa 
mer, wie in derVorwoche. Die Preise stellten 
ich im Allgemeinen auf 5—7 Mk., ganz 
ausnahmsweise auch etwas niedriger, 
bessere Waare kostete 8—9 Mk. — 
Jungschweine im Alter von 12—13 
Wochen wurden mit 18 bis 20 Mark 
das Stück bezahlt. In der vorigen Woche 
wurden für fette Schweine in der Umgegend 
32—34 M. pro 100 Pfund Lebendgewicht 
gezahlt. Der Markt wurde fast geräumt. 
Bon dem heutigen Marktbestand an Ferkeln 
wurden größere und kleinere Partien nach 
Hademarschen, Neumünster, Elmshorn, 
Tönning, Tondern, Schleswig und Ber> 
genhusen 
Ä? Kiel, 26. Okt. Die Unsicher 
heit in den Straßen derStadt 
nimmt mit dem früheren Eintritt der 
Dunkelheit in beängstigender Weise zu. 
Gestern wurde an der Ecke des Eisen 
bahndammes und der Jensenstraße ein 
bewußtlos in seinem Blute liegender 
junger Mann aufgefunden, der durch einen 
M e s s e r s ch n t t t a m H a l s e schwer 
verletzt war. Aus den bei ihm Vor 
gefundenen Papieren war ersichtlich, daß 
es ein hier in Arbeit stehender Schuh- 
machergeselle war. Da der Verwundete 
noch nicht vernehmungsfähig ist, so fehlt 
über die Ursache der Verwundung jeder 
Anhalt. — Mehrere hiesige Gelegenheits 
arbeiter lockten einen Schneider, der etwas 
angetrunken war und etwa 30 Mk. in 
feinem Portemonnaie hatte, in mehrere 
Wirthschaften und machten ihn vollends 
betrunken. Dann zerrten sie ihn in der 
Falkstraße in einen Thorweg, nahmen ihm 
mit Gewalt und unter Drohungen den 
Rest seiner Baarschast ab und suchten das 
Weite. Sie konnten sich aber ihres 
Raubes nicht lange erfreuen, denn auf die 
Anzeige des Beraubten wurden sie bald 
in einer Wirthschaft aufgefunden und ver 
haftet. 7 Mark hatte der Schneider vor 
her mit seinen Angreifern vertrunken. 
Die Meliorations - Arbeiten aus dem 
Bargstedter Moor haben in der letzten 
Zeit einen Abschluß erreicht; das erste 
Colonat ist fertig gestellt und ist man jetzt 
damit beschäftigt, um dasselbe herum einen 
Streifen Land mit Sand zu beschütten. 
Auch beginnt man jetzt damit, nach Süden 
einen gleichen Colonatsweg wie nach den 
Norden zu ziehen. Wie mitgetheilt wir - 
sollen im Ganzen 15 Cslonate auf 
Moor angelegt werden. 
Orgel 
gen 7 
aufgeb 
eingett 
6500 
Die a 
also t 
ist als 
für z 
worde 
io 
fisch 
Gegen 
recht c 
mer ir 
man ! 
len- u 
gut e 
lichen 
Durch 
reicht 
sandt 
gesetzt 
Als i 
pinen, 
und § 
ist aus 
sehr Ï 
fische 
Besatz 
kleine 
wahre 
abgefi 
Wintc 
Nährt 
tilgt 
wärtil 
tionsf 
Pfunb 
V S 
die tel 
das 
„Alid 
gestra 
loren. 
V 
äugen 
Kanal 
noch I 
Die n 
fest u 
feitigt 
den !i 
bend 
Kanal 
1 9‘ 
nigl. 
Schla 
nebe 
Schill 
einen 
wegen 
den tu 
geborl 
Mart 
gen h 
in Ci 
Körpe 
friede: 
Wo, 
zwermļ 
erholt 
Halten 
suhren 
weisen 
fehlern 
nicht 
Zufuhi 
Die La 
gesund 
Kopenl 
Hambr 
veränd 
T« 
d.Roci! 
Ten 
Ruffis 
Bauer 
Ameri 
Sch mi 
Zug 
viel) I 
fanden 
Es hl 
Eiders 
fordert 
zu ma- 
Landol 
300—l 
230—: 
1 jäh, 
sehr I 
quien 
und tl 
lichen 
5957 
führt. 
Berlin. 
Verlag 
des Pi 
erstaun 
Buche 
aus d- 
halb u 
ansang 
eiu Kl 
ist selb 
reich il
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.