Sind weder Verwandte I. oder II. Ord
nung, noch Großeltern vorhanden, so erhält
der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
A 1939. Der Erblasser kann durch
Testament einem Andern, ohne ihn als
Erben einzusetzen, einen Vermögensvortheil
zuwenden. (Verm ächt ni ß.)
§ 1940. Der Erblasser kann durch
Testament den Erben oder einen Vermächt-
nißnehmer zu einer Leistung verpflichten,
ohne einem Andern ein Recht auf die Lei
stung zuzuwenden. (Auflage.)
§ 1941. Der Erblasser kann durch Ver
trag einen Erben einsetzen, sowie Vermächt
nisse und Auflagen anordnen. (Erbver-
t r a g.)
§ 1944. Die Erbschaft kann binnen
6 Wochen ausgeschlagen werden,
falls Erbe oder Erblasser im Auslande war:
binnen 6 Monaten. Die Ausschlagung er
folgt durch Erklärung dem Nachlaßge-
richt gegenüber in öffentlich beglaubig
ter Form.
§ 1960. Bis zur Annahme der Erb
schaft hat das Nachlaßgericht für die Siche
rung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein
Bedürfniß besteht. (NachlaßPfleger.)
§ 1967. Der Erbe haftet für die Nach
laßverbindlichkeiten, er trägi die Kosten der
standesmäßigen Beerdigung des Erblassers
und ist verpflichtet, Familienangehörigen des
letzteren, die zur Zeit des Todes zum Haus
stände gehörten, in den ersten 30 Tagen in
demselben Umfange Unterhalt zu gewähren
und Benutzung der Wohnung zu gestatten,
§ 1970. Die Nachlaßgläubiger können
im Wege des Aufgebotsverfahrens
zur Anmeldung ihrer Forderungen aufge
fordert werden.
8 1993. Der Erbe ist berechtigt, ein
Verzeichniß des Nachlasses bei
dem Nachlaßgericht einzureichen. Das
Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag
eines Nachlaßgläubigers zur Errichtung des
Inventars eine Frist (mindestens 1 Monat,
höchstens 3 Monate) zu bestimmen. Nach
dem Ablauf der Frist haftet der Erbe für
die Nachlaßverbindlichkeitcn unbeschränkt. Das
Nachlaßgericht hat die Einsicht des Inventars
Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Inter
esse glaubhaft macht.
8 2032 flg. Hinterläßt der Erblasser
mehrere Erben, so wird der Nachlaß ge
meinschaftliches Vermögen der Erben.
Jeder Erbe kann über seinen Antheil an dem
Nachlasse verfügen.
K 2058. Die Erben haften für die ge
meinschaftlichen Nachlaßverbindlichkeiten als
Gesammtschuldner.
§ 2064 flg. Der Erblasser kann ein
T e st a m e n t nur persönlich errichten.
Ein Testament kann in ordentlicher Form
errichtet werden vor einem Richter oder
vor einem Notar und durch eine
von dem Erblasser unter Angabe des Orts
und Tages eigenhändig ge- und unter
schriebene Erklärung.
Z 2233. Zur Errichtung des Testaments
muß der Richter einen Gerichtsschreiber oder
2 Zeugen, der Notar einen zweiten Notar
oder 2 Zeugen zuziehen.
8 2238. Die Errichtung des Testaments
erfolgt in der Weise, daß der Erblasser dem
Richter oder dem Notar seinen letzten Willen
mündlich erklärt oder eine Schrift mit der
mündlichen Erklärung übergiebt, daß die
Schrift seinen letzten Willen enthalte. Sie
kann von dem Erblasser oder von einer an
deren Person geschrieben sein.
§ 2249. Ist zu besorgen, daß der Erb
lasser früher sterben werde, als die Errich
tung eines Testaments vor einem Richter
oder einem Notar möglich ist, so kann er
das Testament vor dem Vor st eher
der Gemeinde unter Zuziehung von
2 Zeugen errichten.
H 2253. Ein Testament kann jederzeit
widerrufen werden. Der Widerruf er
folgt durch Testament.
8 2260. Das Nachlaßgericht hat, sobald
es von dem Tode des Erblassers Kenntniß
erlangt, zur Eröffnung eines in
seiner Verwahrung befindlichen Testa
ments einen Termin zu bestimmen und
zu demselben die gesetzlichen Erben und die
sonstigen Bctheiligten, soweit thnnlich, zu
laden Im Termin ist das Testament zu
öffnen, den Betheiligtcn zu verkünden und
ihnen auf Verlangen vorzulegen. War das
Testament verschlossen, so ist in dem Proto
koll festzustellen, ob der Verschluß unversehrt
war. Das Nachlaßgericht erhält eine be
glaubigte Abschrift und hat die Betheiligten,
welche bei der Eröffnung des Testaments
nicht zugegen gewesen sind, von dem sie be
treffenden Inhalte des Testaments in Kennt
niß zu setzen.
88 2265—2272. Ein gemeinschaft
liches Testament kann nur von Ehegatten
errichtet werden und auch nur von beiden
Ehegatten zurückgenommen werden.
8 2274. Der Erblasser kann einen
Erbvertrag nur persönlich schließen und
muß unbeschränkt geschäftsfähig sein. Die
Errichtung desselben kann nur vor einem
Richter oder Notar erfolgen.
8 2303. Ist ein Abkömmling des Erb
lassers durch Verfügung von Todeswegen von
der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von
dem Erben den Pflichttheil verlangen,
welcher in der Hälfte des Werthes des
gesetzlichen Erbtheils besteht. Das gleiche
Recht steht Eltern und Ehegatten zu.
8 2310. Bei der Feststellung des für
die Berechnung des Pflichtthcils maßgebenden
Erbtheils werden diejenigen mitgezählt, welche
durch letztwillige Verfügung von der Erb
folge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft
ausgeschlagen, oder für erbunwürdig erklärt
sind.
8 2332. Der Pflichttheilsanspruch ver
jährt in 3 Jahren von dem Eintritt des
Erbfalls an.
8 2333. Der Erblasser kann einem Ab
kömmlinge den Pflichttheil entziehen:
1. wenn der Abkömmling dem Erblasser,
dem Ehegatten oder einem anderen Ab
kömmlinge des Erblassers nach dem
Leben trachtet;
2. Wenn der Abkömmling sich einer vor
sätzlichen körperlichen Mißhandlung des
Erblassers oder des Ehegatten desselben
schuldig macht;
3. Wenn der Abkömmling sich eines Ver
brechens gegen Erblasser oder dessen
Ehegatten schuldig macht;
4. wenn der Abkömmling die ihm dem
Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende
Unterhaltungspflicht böswillig verletzt;
5. wenn der Abkömmling einen ehrlosen
oder unsittlichen Lebenswandel wider
den Willen des Erblassers führt.
8 2336. Die Entziehung des Pflicht-
theils erfolgt durch lctztwillige Verfügung.
Der Grund der Entziehung muß zur Zeit
der Errichtung bestehen und in der Verfü
gung angegeben werden. Das Recht zur
Entziehung erlischt durch V e r-
z e i h u n g.
8 2339. Erbunwürdig ist, wer den
Erblasser vorsätzlich gelobtet oder zu tobten
versucht hat, wer ihn vorsätzlich oder wider
rechtlich verhindert hat, eine Verfügung von
Todcswcgen zu errichten oder aufzuheben usw.
8 2346. Verwandte, sowie der Ehegatte
des Erblassers können durch Vertrag auf ihr
gesetzliches Erbrecht verzichten.
8 2353. Das Nachlaßgcricht hat dem
Erben auf Antrag ein Zeugniß über sein
Erbrecht zu ertheilen. (Erbschein.) Der
Erbschein wird auf Grund einer vor Ge
richt oder einem Notar an Eidesstatt abge-
gegcbcn Versicherung ertheilt, daß dem Erben
nicht bekannt sei, was der Richtigkeit seiner
Angaben entgegensteht. Diese Angaben er
strecken sich auf die Zeit des Todes des
Erblassers, auf das Verhältniß, auf dem das
Erbrecht beruht, ob und welche Verfügungen
von Todesmcgen und ob welche Personen
als Erben vorhanden sind usw. Die An
gaben sind durch vorzulegende Urkunden nach
zuweisen.
8 2357. Ein Vertrag, durch den der
Erbe die ihm angefallene Erbschaft verkauft,
bedarf der gerichtlichen oder notariellen Be
urkundung. (Erbschafts kauf.)
Gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetz-
buche tritt am l. Januar 1900 in Kraft
ein Gesetz betreffend Abänderungen des Gc-
richtsverfassungsgesctzes, der Civilprozcß- und
der Konknrsordnung, ferner über die Zwangs
versteigerung und Zwangsvcrwaltung, einer
Grundbuchordnung und über die Angelegen
heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Auf diese Abänderungen, sowie auf das
Einsührungsgesetz und die Ausführungs
bestimmungen zum Bürgerlichen Gesctzbuche
werden wir in einem späteren Artikel zurück
kommen.