e vor einem
mernd aufgefunden. In der rechten Hand Warum denn nicht die Summe, die der Qualifikationen mehr als bisher ins Ge- Proben mit gefrorenem Kalb-, Ochsen- und führung war eingerichtet, i
hielt sie krampfhaft ein großes, rostiges, Kanalbau verschingen würde, wicht fallen. Kuhfleisch unternommen. Dieses „rufsische" die Kommanditisten irre zu führen.
mernd aufgefunden. In der rechten Hand
hielt sie krampfhaft ein großes, rostiges,
blutbespritztes Tischmeffer und daneben
lag ein Theil der linken Hand,
die sie sich mit dem Messer nach und
nach abgehackt hatte. Die Un
glückliche wurde sterbend in das Kranken
haus gebracht. Man kann nur vermuthen,
daß die Bedauernswerthe in einem An
falle von Geistesgestörtheit sich das Leben
nehmen wollte.
Dänemark.
Kopenhagen, 22. Oct. Die Gräber
zweier dänischer Berühmtheiten, die im
Auslande beerdigt sind, befinden sich im
verwahrlosten Zustande. Nun ist hier
eine Bewegung im Zuge, um diese Ruhe
stätten zu konserviren. Das eine Grab
ist jenes von Tycho B r a h e , des be-
rühmten Astronomen, der in Prag, wo
er feine letzten Lebensjahre verbrachte,
bestattet wurde. Das andere ist das
Grab des Dichters Jens B a g g e f e n ,
der in Kiel beerdigt ist. Baggefen, der
im Auslande lebte, wollte, als er sein
Ende herannahen fühlte, nach feiner
Heimath zurückkehren, um dort zu sterben;
in Kiel jedoch wurde er vom Tode er-
ereilt, und dort wurde er begraben.
(Brockhaus' Konversationslexikon läßt den
Dichter in Hamburg sterben. D. Red.)
Da die Zeit, für welche die Grabstelle
erworben ist, im nächsten Jahre abläuft,
beabsichtigt man, die Leiche des Dichters
hierherzuführen. — Eine internationale
Ausgabe der Märchen H. C. Andersens
ist dieser Tage hier und gleichzeitig in
Deutschland, Frankreich, England, Ruß
land und Holland erschienen. Das
Prachtwerk ist vom Prof. T e g n e r mit
Illustrationen und von Georg Brandes
mit einer Charakteristik des Märchen-
dichters versehen. — Eine Millionen-
Erbschaft, die angeblich über 20
Millionen Dollars beträgt, ist einer
hiesigen, in sehr bescheidenen Verhältnissen
lebenden Familie zugefallen. In den
fünfziger Jahren reiste ein Däne Namens
M a u r i tz e n nach Kalifornien, um
sein Glück zu versuchen. Er erwarb ein
großes Vermögen, das er seinem Bruder
hinterließ, und von diesem, der kürzlich
unverheirathet gestorben ist, stammt die
riesige Erbschaft, die unter sechs hier
lebenden Verwandten vertheilt werden
soll.
Inland.
— Die „Kreuzzeitung" schreibt zur
Flottenfrage: Es find auch wirth-
schaftliche Rücksichten zu nehmen,
wenn wir nicht mit dem Flottenplan
zuletzt auf einem todten Punkt
anlangen wollten. Man kann nicht
wünschen, daß die durch die Entwickelung
des Handelsverkehrs und der Ausfuhr be
dingten Aufwendungen sich so vorwiegend
auf die Pflege des Verkehrsinteresses
stützen, wie das manchen Leuten gefällt,
die die „Flottenbegeisterung" zu Zwecken
höchst persönlicher Art ausnutzen
möchten. Wenn der Sache die höhere
Grundlage des nationalen Wohlstandes
gegeben werden soll, dann müssen auch
die Interessen des inneren Marktes vor
allem die der Landwirthschast und des
Kleingewerbes sammt Verwandtem besier
wahrgenommen werden als bisher . .
„Die Flottenfrage steht uns ungleich höher
als die Kanalfrage, das brauchen wir nicht
erst zu sagen, und die wir mit allen ge
eigneten Mitteln fördern möchten. Gerade
deßhalb aber müssen wir vor allzu großer
Anspannung des Bogens warnen. K a -
nal u n d F l o t t e z u g l e i ch — d a s
könnte über die Kräfte gehen.
Warum denn nicht die Summe, die der
analbau verschingen würde,
der Flotte zuwenden?
— Die Verstümmelung d er
Markgrafen st andbilder in der
Siegesallee ist Gegenstand eingehen
der Ermittelungen nach allen Richtungen
hin. Die Persönlichkeit der Thäter hat sich
noch nicht feststellen lassen. Es ist bekannt
geworden, daß in der fraglichen Nacht eine
Gesellschaft von zehn bis zwölf jungen Leu
ten, die angetrunken waren, johlend und
lärmend die Sieges-Allee von der Sieges
säule her, durchzogen hat. Mit schweren
Stöcken könnten einzelne Mitglieder dieser
Gruppe im Vorbeigehen und ohne sich auf
zuhalten, die verhängnißvollen Hiebe ge
führt haben. Der Marmor weist nämlich
an zahlreichen Stellen Spuren von Hieben
auf, die zu Absplitterungen nicht geführt
haben. Ferner hat ein Herr kurz nach Mit
ternacht auf dem Bahnhof Bellevue drei
junge Leute beobachtet, von denen der eine
den beiden anderen zurief: „Wenn ihr
L.... nicht schon so schlapp gewesen wäret,
so hätten wir noch weit mehr zerhauen kön
nen. Als der Herr von der Schandthat
las, da erinnerte er sich sofort seiner Be
gegnung am Bahnhöfe Bellevue. Einer der
Burschen ist ihm durch eine große Narbe
ausgefallen. Ob auf Grund dieser Beob
achtungen die Bemühungen zur Ermittelung
der Thäter eine genügende Grundlage ha
ben, muß dahingestellt bleiben.
— Der Berliner Spieler
prozeß hat mit der Freisprechung der
Angeklagten geendet. Das war zu er
warten und entspricht dem allgemeinen
Empfinden. Aber das gilt auch insofern,
als die Freisprechung keineswegs einer
Ehrenerklärung gleichkommt. Nur
die Anklage des F a l s ch s p i e l s ist
vollständig in sich zusammengefallen; in
der Frage des gewerbsmäßigen
Glücksspiels hatte der Staatsanwalt
das Schuldig beantragt. Thatsächlich hat
auch die Beweisaufnahme ergeben, daß
das Treiben der Angeklagten zum minde
sten hart an die Grenze des gewerbs
mäßigen Glücksspiels streifte. Wenn man
trotzdem der Freisprechung zustimmen kann,
so beruht das wesentlich auf der Er
wägung, daß die Angeklagten durch die
achtmonatige Untersuchungshaft und die
ganze Verhandlung aufs Empfindlichste
gestraft sind und daß der Prozeß auch
ohne Verurtheilung nicht nur für die un
mittelbar betroffenen jungen Herren, son
dern auch für die ganze vornehme Spie
lerwelt eine nachhaltige Warnung sein
dürfte. Der Oberstaatsanwalt Dr. Jsen-
biel hat das moralische Facit des Prozesses
in eindringlichster Weise gezogen. Möch
ten seine Worte das Ehrgefühl der sitt
lichen fraglichen Kreise wecken und somit
dazu beitragen, daß dem heillosen Unfug
des Spieles der aristrokratischen Jugend
gesteuert werde. Wird auch diese Lehre
wieder in den Wind geschlagen, dann i st
diese Gesellschaft werth, daß sie zu Grunde
geht, keinesfalls aber berufen und im
Stande, den hohen Anforderungen zu ge
nügen, die unsere ernste Zeit an den Nach
wuchs unseres hohen Beamtenthums und
unseres Osfizierkorps stellt. Wir haben
schon vielfach betont, daß heutzutage viel
zu viel auf Connexion und gute Examens-
Nota Werth gelegt wird. Ob die so Be
günstigten sittlich und moralisch werth
volle Menschen sind, ist ziemlich gleich
gültig für ihr Fortkommen. In erster
Linie wird danach gefragt, ob ihre Quali
fikationen den Anschauungen der Aristo
kratie entsprechen. Wir werden noch
Vieles erleben, wenn diese Sucht nicht
wenigstens nach der Seite hin eine Ein
schränkung erfährt, daß neben der Tüchtig
keit im Wissen auch die sittlich-moralischen
Qualifikationen mehr als bisher ins Ge
wicht fallen
Berlin, 24. Oct. Der im „Harmlosen-
Prozeß" vielgenannte Spieler Wolff
hat sich in Begleitung seines Rechtsbeistandes,
Rechtsanwalt Wroncker, dem Untersuchungs
richter, Landgerichtsrath Herr, aus freien
Stücken gestellt und um Aufnahme in's
Untersuchungs-Gefängniß gebeten. Es hat
somit die Erklärung, die Rechtsanwalt
Wronker als Zeuge im Spielerprocesse ab
gegeben hat, nämlich, daß er felsenfest über
zeugt sei, Wolff würde sich nach Fällung des
Urtheils unverzüglich stellen, sich sehr schnell
als begründet erwiesen.
— Auf derbrandenburgischenPro-
vinzialsynode stellte der Synodale
Jacobi folgenden Antrag: „Im Anschluß
an die Verhandlungen über den Jugendschutz
spricht die Synode ihr ernstes Bedauern
über die in dem jüngst beendeten Spieler-
Prozeß hervorgetretenen leichtfertigen
sittlichen Anschauungen in den Kreisen
der höheren Stände aus. Sie richtet
an die Eltern und Erzieher die dringende
Aufforderung, im Hinblick auf das ver
antwortliche Beispiel ihrer Jugend die
Grundsätze strenger christlicher Zucht
und häuslicher Sitte, Einschränkung der
jugendlichen Vergnügungen, insonderheit
des Sports, dagegen Pflege idealer
geistiger Genüsse bei ihren Söhnen
und Töchtern im Auge zu behalten. Für
diese Bewahrung und Förderung ihrer
Konfirmirten ruft die Synode die praktische
Unterstützung der Seelsorger und der Lehrer
höherer Schulen auf."
Zur Begründung des Antrages führte
Jacobi Folgendes aus: Ter Spieler-
prozeß hat eine Laxheit der sittlichen
Anschauungen in unseren höheren Kreisen
an's Licht gebracht, daß man an den
christlichen Adel deutscher Nation einen
lauten Apell richten sollte. (Sehr wahr!)
Diese Erscheinung geht aber nicht bloß
den Adel selbst an, sie weist auch auf die
sittliche Noth unserer Jugend überhaupt,
insbesondere unserer Gymnasiasten hin
Der immer mehr sich ausbreitende Sport
zu Wasser und zu Lande, so außer«
ordentlich wohlgemeint seine Einführung
bei der Jugend gewesen sein mag, bereitet
doch den Lehrern auch viel Verdruß (Sehr
richtig I), denn er zieht die jungen Leute
vielfach von ernstem Studium und von
höheren Idealen ab. Man darf dabei
allerdings nicht vergessen, daß auch die
Erziehung viel Schuld an dieser Ent
wickelung hat. Es ist nicht genug, ein
bischen Französisch parliren zu können,
wenn eine gewisse Rohheit der Ge
sinnung sich bei den jungen Leuten
festsetzt, es genügt nicht, Jagden zu be-
zu besuchen, sondern es ist auch dringend
nöthig, höhere Ideale zu Pflegen. Auch
die Fürsorge für die Töchter muß eine
größere werden. Wie weit verbreitet die
laxen Sittenanschauungen sind, das beweist
auch das Plaidoyer des Vertheidigers im
Spielerprozeß Wenn der Vertheidiger es
so hinstellt, als ob in den Kreisen, in
denen sich die Angeklagten bewegen,
schließlich Alle es so machen und
daß ja auch ein Blücher, ein Lessing und
andere Größen leidenschaftlich gespielt
haben, so kann man doch nur sagen:
wenn in dieser Beziehung jenen Größen
ein Makel anhaftete, so soll man diesen
nicht der Jugend als Vorbild hinstellen.
(Sehr richtig))
Mainz, 22. Oct. Die Versuche mit
gefrorenem russischen Fleisch
bei den hiesigen Infanterie-Regimentern werden
fortgesetzt, obgleich sie mit Schweinefleisch
schlechte Resultate ergaben. Ein Versuch mit
gefrorenem Hammelfleisch war erfolgreich,
das Fleisch konnte von frischem Fleisch kaum
unterschieden werden. Demnächst werden
Proben mit gefrorenem Kalb-, Ochsen- und
Kuhfleisch unternommen. Dieses „russische"
gefrorene Fleisch kommt übrigens aus Thorn,
es macht also dem amerikanischen Fleisch
Konkurrenz.
Mainz, 24. Oct. In einer gestern
Abend abgehaltenen Vorstandssitzung der
hiesigen Ortskran kenkasfen krachte
plötzlich ein Schuß. Ein Fabrikant, der
einen geladenen Revolver in der Hosen
rasche mit sich führte, hatte mit der Waffe
gespielt und diese ging los. Der Schuß
verletzte den Unvorsichtigen schwer am
Bein und streifte ein anderes Vorstands
mitglied.
Als die R e k r u t e n für das Bran
de,iburgische Fußartillerie-Regiment Nr. 3
(G. F. Z.) dieser Tage aus Elsaß - Loth
ringen in Mainz eintrafen und im Hofe
der dortigen Bauhoskaserne abgezahlt
wurden, stellte es sich heraus, daß e i n
Mann zu viel war. Die Sache
klärte sich bald dahin auf, daß ein junger
Mann aus Mülhausen, der keine Gestel
lungsordre hatte und feine Freunde an
die Bahn begleitete, auch als Rekrut an-
gesehen und mitgenommen wurde. Der
angehende militärdienstetfrige Vaterlands-
vertheidiger, der noch mehrere Tage in
der Stadt verblieb, wurde auf Kosten des
Regiments wieder nach seiner Heimath
zurü ckbesördert.
Die Stadtverordneten von Gießen be
schlossen, den die Volksschule besuchenden
Kindern, deren Eltern bis zu 900 Mk.
Einkommen haben, freie Lehrmittel zu
bewilligen. Die Bewilligung soll auf
Antrag der Eltern, ohne Erhebung über
deren Bedürftigkeit, erfolgen.
Von dem Domkapitel in Köln wurde
der Bischof von Paderborn, Dr. Hubertus
Simar, zum Erzbischof von Köln ge
wählt. Der neue Erzbischof von Köln
hat sich bisher vom öffentlichen politischen
Leben vollständig ferngehalten, seiner
Natur entspricht das stille Wirken des
Gelehrten ungleich mehr als die Betheili
gung an den geräuschvollen Kämpfen der
Politik.
Ein furchtbares Familien«
drama hat sich am Sonntag in
Schmiedefeld bei Stolpen ereignet. Man
fand den Maurer und Wirthschaftsbesitzer
Herrn. Winter erhängt auf dem
Heuboden, seine Frau erwürgt im
Bette, die beiden Kinder im Alker von
einem Jahre und vier Jahren mit e i nj
geschlagenen Köpfen gleichfalls
auf dem Boden. Keines gab mehr ein
Lebenszeichen von sich. Da die Frau
gegen Abend Personen, die bei ihr
waren, aufgefordert hatte, sie zu verlassen,
um allein zu sein, nimmt man an, daß
sie erst die Kinder und dann sich selbst
getödtet, und- daß Winter, der später erst
vom Felde kam, aus Verzweiflung über
das Geschehene sich ebenfalls das Leben
genommen hat.
Leipzig, 24. Oct. Die Verhaftung des
Chefs und Leiters der Buntpapierfabrik
Neuer u. Co. steht noch immer im
Vordergründe der Diskussion. Außer den
bisher bekannt gewordenen Wechselver
Kindlichkeiten in Höhe von über 500,000
Mk., für welche Berliner, Leipziger und
ein Plauener Bankhaus engagirt sind,
sollen sich noch Waaren-, Maschinen- rc
Schulden für über eine halbe Million
herausgestellt haben, so daß mehr als
eine Million Mark in Frage kommen
Neuer hat die ganze Buntpapierbranche
durch Schleuderkonkurrenz arg geschädigt,
durch Abgabe der Waaren unter dem Fa
brikationspreis aber selbstverständlich große
Umsätze erzielt, so daß das Fabriketabliffe-
ment in den fünf Jahren mehrfach ver
größert werden mußte. Eine v o l l st ä n
dig geheime, falsche Buch
führung war eingerichtet, um
die Kommanditisten irre zu führen.
Dresden, 24. Oct. Die hiesigen Na«
tionalliberalen haben in einer auch von
Großindustriellen stark besuchten Ver
sammlung eine Resolution gefaßt, in der
betont wird, daß der Terrorismus
der Sozialdemokratie allerdings
einen weiteren Schutz der Arbeits
willigen nothwendig mache; doch der
Gesetzentwurf der Reichsregierung sei dazu
nicht geeignet, auch könne ernichtdie
Grundlage weiterer Berathungen bilden.
Der Schutz der Arbeitswilligen sei viel
mehr durch einen weiteren Ausbau des
A 153 der Gewerbeordnung anzustreben.
Der Regierungseniwurf wurde ganz all
gemein verurtheilt; vielfach wurde auch
betont, daß das Koalitionsrecht der Ar
beiter nicht angetastet werden dürfe.
Darmstadt, 23. Oct. Auf der Neben
buhnstrecke Griesheim-Darmstadt wurde ein
Attentat auf den von Griesheim nach
Darmstadt fahrenden und zum größten Theil
mit Arbeitern stark besetzten Zug verübt.
Der Bahnmeisterwagen, welcher neben dem
Geleise an einer Stelle stand, an der Aus
besserungen vorzunehmen sind, wurde in der
Nacht quer über das Geleise geschoben und
noch durch Steine befestigt. Infolge des
dichten Nebels konnte der Lokomotivführer
das Hinderniß nicht bemerken und fuhr auf
den Wagen auf, der zertrümmert wurde.
Menschenleben sind nicht zu beklagen. Die
Direktion der Süddeutschen Eisenbahn
gesellschaft hat eine Belohnung auf die Ent
deckung der Attentäter ausgesetzt.
Darmstadt, 24. Oct. Hier wurden vier
junge Burschen verhaftet, welche ein
gestanden haben, die bei Griesheim statt
gehabte Zugentgleisung verursacht haben. Die
Eisenbahnverwaltung hatte auf die Gefangen
nahme der Thäter eine hohe Belohnung
ausgesetzt.
KottbuS, 24. Okt. Eine große Bauern
hochzeit fand am letzten Sonntag im Dorfe
B. bei Senftenberg statt. Sie währte
vier Tage, und um die Hochzeitsgäste
mit Speise und Trank zu versorgen,
waren gewaltige Vorbereitungen getroffen
worden Zu Kuchen wurden 5 und zu
Brod 4 Centner Mehl verbacken Ge
schlachtet wurden 1 Rind, 3 Schweine,
2 Kälber, 1 Hammel, 12 Gänse und
8 Enten. Außerdem wurden 12 Hasen
gebraten. Auch 5 Schock Eier wurden
verbraucht. Um den Durst der Gäste zu
löschen, waren 5 Tonnen bayrisches und
2 Tonnen Braunbier, 140 Liter Wein,
50 Liter Kottbuser Korn und 16 Liter
Liqueur beschafft worden. Zum Rauchen
waren 1 Mille Cigarren angefahren. Das
ist mehr greßfest als Hochzeitsfest.
Provinzielles.
Einen Spürhund hat sich die Al
to n a e r Kriminalpolizei angeschafft, der
bei den Patrouillengängen auf der Elb-
chaussee Verwendung finden soll. Falls die
Versuche sich bewähren, dürfte die Anschaf
fung weiterer Hunde erfolgen.
Die Frau eines Elmshorner Händ
lers fand auf dem Hörster Markt ein
Portemonnaie mit ca. 700 Mk. Inhalt.
Für ihre Ehrlichkeit erhielt sie von dem
Verlierer, einem Hofbesitzer, baare — 50
Pfennig.
Elmshorn, 23. Okt. Ein frecher
Raubanfall wurde den „Flensb.
Nachr." zufolge, heute am hellen Tage auf
der Chaussee zwischen Neuendorf und hier
auf den Hausirer Hilgen aus Osterbofsel
bei Heide, der mit seinem Waarenpacket auf
der Schulter auf dem Wege nach hier sich
befand, gemacht. Kurz hinter Neuendorf
gesellte sich ein Strolch zu ihm, der ihm
mehrmals aus seiner Schnapsflasche zum
Trinken anbot. Als Hilgen sein Packet
einen Augenblick ablegen wollte, ergriff ihn
wiederhole damit eine schon früher aus
gesprochene Bitte!"
Lange wanderte Graf Dehn nach dem
Lesen dieses Schriftstückes auf und ab und
erging sich sowohl in Vorstellungen über die
Umstände, die seine Entdeckung herbeigeführt
haben konnten, als auch in Gedanken über
dieses ihn täglich mehr fesselnde und doch
für ihn verlorene, junge Geschöpf.
Ein Roman spielte sich zwischen ihnen
ab, in dem beide Theile ohne mündlichen
Austausch und persönlichen Verkehr handelten
und einer Lösung zustrebten.
Aber vorläufig stand eine solche noch in
weiter Ferne.
Graf Dehn wollte nicht weichen und nicht
verzichten. Er wollte dem Mädchen, das
mit scharfer Logik den Kern aus den Dingen
zu ziehen, und was sie zu sagen hatte, mit
solcher lakonischen, von allem überflüssigem
Beiwerk befreiten Kürze von sich zu geben
wußte, den Beweis liefern, daß der von
ihr begehrte Mann nichts anderes sei
jetzt stimmte er Luciles Auffaffung bei
als ein kaltherziger Selbstling, ein zugleich
so dünkelhafter Mensch, daß er sogar die
ihm zu Gebote stehende Verstellungskunst,
sofern sie nicht seinen Götzen, Macht und
Geld, zu dienen hatte, verschmähte.
Nach längerer, sorgfältiger Ueberlegung
schrieb Graf Dehn die nachfolgenden Zeilen
an Jmgjor:
„Gewähren Sie mir mit Ihrem großen,
guten Herzen, das sich nur mir gegenüber
so kaltherzig versteckt, dennoch die Erlaubniß,
noch einige Zeit in Ihrer Nähe weilen zu
dürfen! Meine Liebe und meine Bewunder
ung für Sie erhalten in mir den Drang,
Sie zu begehen im Begriff stehen. Ich wage
zu sagen: Mißtrauen Sie dem Charakter
und den Beweggründen des Mannes, an
den Sie, ein so vollendetes Wesen, alle
Ihre reichen Schätze verschwenden wollen,
aufs Aeußerste! Rechnen Sie mit der Er
fahrung und der Menschenkenntniß dessen,
der Ihr wahrhafter Freund ist, der auf
seine eigenen Hoffnungen verzichtet, Sie aber
wenigstens glücklich wiffen möchte! Ziehen
Sie, wenn Sie ein Zusammengehen mit mir
zu dem Zwecke ablehnen, wenigstens, ich
bitte, Graf Knut zu Rathe. A. D."
Dieses Schreiben trug Axel selbst zu
Jmgjors Gemächern hinauf. Er hoffte, ihre
Zimmer offen zu finden. Aber sie waren
verschloffen, und der Schlüssel hing nicht
mehr auf dem Haken von damals.
Noch im Zögern, wie er es beginnen
sollte, ihr das Billet zu übermitteln, hörte
er Schritte auf der Treppe, und da es
keinen Ausweg gab, nahm er kurz entschlossen
feine Zuflucht zu einer Portiere, hinter der
er sich verbarg.
Es widerstrebte ihm ein solches Verstecken,
aber die Vorstellung, hier angetroffen zu
werden, machte ihm das Blut heiß.
Gleich darauf erschien einer der Diener
des Schlosses, der sonst nur im Souterrain
beschäftigt war, und klopfte, während er
einen Brief aus der Tasche zog, an Jmgjors
Thür. Und noch einmal, da ihm keine Ant
wort wurde, und nun schon unschlüssig um
sich spähend. Zuletzt schob er, rasch über
legend, mit kräftigem Nachdruck das Schrei
beu durch die Thürspalte, und nachdem das
geschehen, stieg er vorsichtig wieder die Treppe
hinab. Das war also der Mann, der auch
ihm, Axel, die Briefe von Jmgjor aufs
Zimmer legte! Und das eben von ihm
besorgte Schreiben war — Axel zweifelte
nicht daran — von Presto!
Während Graf Dehn noch so überlegte,
trat er hinter seinem Versteck hervor, machte
es mit seinem Brief wie der Diener und
nahm auch, wie der, lautlos den Weg in
sein Zimmer zurück. Sehr begierig war er,
wie ihm Jmgjor bei Tisch begegnen werde.
Freilich, er konnte es sich mit Sicherheit
vorhersagen. Sie verstand es, wenn sie
mußte, ihre Gefühle meisterhaft zu verbergen.
Bei Tisch ereignete sich nichts Besonderes.
S wurde vom Grafen über die Scharlach-
Epidemie in Kneedeholm gesprochen. Dann
wurde über das bevorstehende Fest geredet
und zuletzt wurde auch der Reise nach Kopen
hagen und zugleich stets in dem Sinne Er
wähnung gethan, daß es Lavards als selbst
verständlich betrachteten, daß Graf Knut und
Graf Dehn sich ihnen anschließen würden.
Jmgjor war ernst und für sich wie immer,
sie gab aber durch ihr Verhalten keinen An
laß zu irgend welcher Verstimmung. Graf
Dehn begegnete sie — wie er es voraus
gesetzt hatte, — mit der gewohnten völligen
Unpersönlichkeit in Blick und Wesen.
Erst nach Tisch fand Axel Gelegenheit,
die Gräfin zu sprechen. Sie ergänzte, selbst
damit beginnend, ihren jüngsten Bericht
durch die Mittheilung, daß Jmgjor auf die
Frage ihres Vaters, ob sie Beziehungen zu
Presto unterhalte, erwidert habe, es sei mög
lich, daß sich ernste Beziehungen zwischen
ihnen entwickeln würden. Vor der Hand
tausche sie mit ihm, dem sie Sympathie, Ver
trauen und freundschaftliche Gefühle entgegen
trage, nur ihre gemeinsamen Ideen aus.
„Und was erwiderten Sie beide, gnädigste
Gräfin?"
„Wir erklärten ihr, daß wir nicht nur
niemals einer Verbindung zwischen ihr und
dem fatalen Menschen zustimmen, sondern
alles thun würden, um ihn — wie es schon
gesagt sei — sobald wie möglich aus dem
Gutsgebiet zu entfernen."
„Und dann? Was sagte Ihre Fräulein
Tochter hierzu?"
„Dann eben forderte sie ihr Erbtheil und
ihre Freiheit. Sie schlug, da ihre Ansichten
mit den unsrigen nicht mehr zusammen
stimmten, eine friedliche Trennung vor. Als
mein Mann sie fragte, ob sie denn gar kein
Zusammenhangsgefühl für die Ihrigen leite,
entgegnete sie: Gewiß! Aber ich muß mein
großes Ziel verfolgen; ihm gegenüber bin
ich gezwungen, diesen Regungen meines
Herzens zu gebieten. Ich gehöre der Mensch
heit im Großen an, nicht im Einzelnen. Ich
bin hier ein nutzloser Esser, der weder be
friedigt und erfreut, noch selbst glücklich ist."
„Sie wolle", schaltete ich ein, „aber doch
nicht auf eine Verbindung mit Presto ver
zichten, mit einem Manne, von dem Jeder
ihr sage, daß er nichts weniger als ideale,
sondern nur selbstsüchtige Gedanken verfolge,
der sie sicher, wenn der erste Rausch ver
flogen, grenzenlos unglücklich machen werde.
Dieses Kleben an einer einzelnen unwürdigen
Persönlichkeit, zumal auf Kosten der natür
lichen Rücksichten, gegen die Ihrigen, wider
streite doch den von ihr ausgesprochenen
Grundsätzen durchaus."
„Und die Logik entwaffnete sie nicht, Frau
Gräfin?"
„Nein. Sie erklärte, daß kein Wider
sprach vorhanden sei, weil sich für sie in
Prestö der Träger der neuen Ideen ver
körpere. Zu ihm ziehe sie die überein
stimmende Ueberzeugung, aber auch der
Wunsch nach einem kräftigen Halt und einer
männlichen Unterstützung für ihre Pläne.
Ihre Herzensempfindungen kämen erst in
zweiter Linie in Betracht. Würde sich her
ausstellen, daß sie sich nicht angehören könnten,
würde sie zu verzichten wiffen. Eine Ent
scheidung darüber erstrebe sie. Wenn sie
sich entschlösse, ihn zu heirathen, bäte sie um
gutwillige Zustimmung von unserer Seite.
Wenn nicht, müsse sie ohne diese handeln.
Ihr Gewissen spreche sie von jedem Pflicht
mangel frei. Sie sei kein lehloser Gegen
stand, kein Ding, über daö man ein ganzes
oder beschränktes Verfügungsrecht besitze."
(Fortsetzung folgt.)
Literatur.
— „Cbopin und die Frauen" behandelt
C. Gerhardt in einem anziehend geschriebenen
Artikel, der im neuesten (4.) Heft der „Moderueu
Kunst (Verlag von Richard Bong, Berlin. Leip
zig, Wien, Stuttgart — Preis einer Nummer 60
Pf.) veröffentlicht wird. Allen Verehrern Chopins
wird es von höchstem Interesse sein, die vielfachen
Beziehungen des Klavierkomponisten zu den Frauen
seiner Zeit an der Hand einer genauen Kennerin
der Lebensumstände Chopins kennen zu lernen.
In einer amüsant geschriebenen Abhandlung
über „Theater - Carriàren" setzt Robert Misch
mit genauester Sachkenntniß die Forderungen,
Leistungen und Aussichten in dieser Laufbahn
auseinander. Auch der Bilderschmuck des Heftes
ist ein ganz hervorragend schöner.
— Eine Bauernauffüyrung von eigenem
Reiz findet neuerdings im Riesengebirge statt.
Bewohner des Gebirgsdorfes Hain haben sich
ein Stück einstudirt, das in volksthümlicher
Weise das Leben und Treiben der Bauern rn
alter Zeit wiedergiebt. Ein mit hübschen Bilder«
versehener Artikel in dem neuesten Heft (4) der