Zweites Blatt.
Zweittndnermzigster Jahrgang.
Druck und Verlag von dem verantwortlichen Herausgeber H. Möller (H. Gütlein Nachf.), Rendsburg.
No. 248
Sonntag, dm 22. October
1889.
11
Grrvivde.
Roman von Hermann Heiberg.
(Nachdruck verboten.)
Aber schöner als je erschien sie dem
Manne, dem sie fortgesetzt mit solcher Nicht
achtung begegnete. Dieses Uebermaaß von
finsterer Verschlossenheit, verbunden mit
Reizen, wie verschwenderischer die Natur sie
nicht austheilen kann, machte sie für ihn
unwiderstehlich; gerade diese Kälte entflammte
sein Inneres nur noch mehr.
Er schaute mehrmals verstohlen zu ihr
hinüber, während nun das Gespräch einen
regelmäßigen Fortgang nahm, oder auch von
den Anwesenden eifrig den Speisen zuge
sprochen wurde.
Heute lag auf ihren Wangen ein zartes
Roth, ein fast fieberhaftes, das die Er
regung zufolge der heutigen Erlebnisse dar
auf zurückgelaffen hatte. In ihren Augen
aber glühte ein stilles, dunkles Feuer, jenes
der Begeisterung für die Ideale, welche ihre
Brust erfüllten.
Dabei waren ihre Körperlinien so un
schuldig, ihre Erscheinung und ihr ganzes
Wesen so jungfräulich, so unnahbar, ihr
Wuchs so edel, die kleinen Hände trotz der
zarten Farben so fest, so energisch gebildet.
Mit ihrem schlichten, auf die weiße Stirn
fallenden rothblonden Haar glich sie einem
mit höchster Schönheitsvollendung geschmückten
Weibe.
Und dieser überwältigende Eindruck ihrer
gesammten Erscheinung machte Axel nach
denklich und schweigsam, so völlig anders,
daß Lucile, die gleich beide argwöhnisch be
obachtet hatte, nunmehr wiederholt auf ihre
Schwester einredete.
„Wo warst Du, Jmgjor? Bist Du die
ganze Zeit unterwegs gewesen?" warf sie
forschend hin.
Jmgjor erwiderte mit einem kurzen, ton
losen Ja. Da eben von Frederik eine
Pastete herumgereicht wurde, nahm sie die
Gelegenheit wahr, sich den Anschein zu
geben, als ob sie das Auffüllen dieses Lecker
bissens auf ihren Teller zu ausschließlich be
schäftige.
„Willst Du keinen Fisch vorher?" fiel
nun die Gräfin ein, da eben einer der
Diener mit diesem Gericht zur nachträglichen
Darreichung erschien.
„Nein, ich danke! — Ich habe sehr
wenig Hunger —"
Und zu jenem, der sich ihr inzwischen
ehrerbietig genähert, mit der ihr eigenen,
steten Freundlichkeit gegen Untergebene:
„Vielen Dank, Christian! — Ich nehme
nicht —"
Nun trat eine Pause ein. Alle waren
mit sich beschäftigt, und die Herren tranken
auf des Grafen Aufforderung einen von
Frederik soeben eingeschenkten alten, besonders
vorzüglichen Rothwcin.
Dann sagte die Gräfin: „Nun, Jmgjor?
Wo warst Du also den ganzen Morgen?
Lucile fragte Dich, und Du antwortetest
nicht."
Wie aus einem Traume erwachend, erhob
Jmgjor, die kaum von der Pastete gekostet,
den Kopf, sammelte sich aber, verfinsterte
die Stirn und sagte in einem launenhaft
ungeduldigen Ton: „Ich bin doch kein
Schulkind mehr, das man fortwährend
examiniren muß, Mama! Deshalb gab ich
Lucile keine Antwort —"
„Nun ja! Aber wo warst Du? Jetzt
frage ich Dich!
Jmgjor zog mit einer Geberde der Auf
lehnung die Schultern und spreizte die
Lippen, cntgegncte aber nichts. Eine Lüge
widerstrebte ihr, jedoch zu bekennen, worum
cs sich handelte, — gewann sie nicht über
sich.
„Nun, antworte doch, wenn Deine Mutter
mit Dir spricht!" herrschte jetzt heftig, un
geduldig der Graf. Jmgjors zu Tage
tretender Trotz nahm alle und auch ihn
gegen sie ein, und nur Fräulein Merville
stand — Axel sah's — auf Jmgjors Seite.
In ihrem Angesicht erschien ein unruhiger,
besorgter Ausdruck.
„Bitte! Rede doch — gieb keinen An
laß zum Verdruß!" stand in ihrem auf
Jmgjor gerichteten Blick geschrieben, während
sich in Luciles Mienen Unwille und jene
stolze Auflehnung bemerkbar machte, das
ihre Schönheit zwar beeinträchtigte, aber die
Majestät ihrer Erscheinung jederzeit hob.
Was jedoch die Anwesenden erwarteten,
geschah auch jetzt nicht.
Zuerst erschien ein hilfloser Ausdruck in
Jmgjors Kindergeficht. Dann schob sie den
Teller und die Serviette zurück, erhob sich
und verließ, während sie durch Zusammen
beißen der Zähne ihre Bewegung und auch
die aus ihren Augen strömenden Thränen
vergeblich zu bannen suchte, das Zimmer.
Offenbar erlag sie einer durch die Ge
walt der starken Eindrücke des Tages her
vorgerufenen, krankhaften Abspannung der
Nerven, und nicht Trotz und böser Wille,
sondern die Unfreiheit und die Auflehnung
dagegen, daß man ihr in Gegenwart des
Gastes und der Dienerschaft so begegnete,
ließen sie so handeln.
Wenn Graf Dehn vordem durch Schwei
gen für sie Partei genommen, so geschah's
jetzt mit Worten.
Er wollte als ihr guter Freund handeln,
wie sie ihm auch begegnen mochte.
Im Saal des Landhofes hatten sich ein
mal während seiner Rede ihre Blicke ge
troffen, und beide hatten sich, wie ertappt,
abgewendet. Aber eben diese Beachtung von
ihrer Seite hatte Axel belehrt, daß sie ihm
gegenüber nicht völlig gefühllos war.
„Comtesse Jmgjor ist offenbar nicht wohl",
hub er in einem versöhnlichen Tone an.
„Ich sah, während Comtesse Jmgjor die
Suppe aß, daß sie mehreremals auffallend
die Farbe wechselte —"
So — so — In der That?" fiel der
Graf, der offenbar seine Schroffheit bereute,
mit gutherziger Anbequemung ein.
Und als Axel den Blick auf die übrigen
richtete, begegnete er in dem Angesicht des
Fräulein Merville einem dankbaren Aus
druck, während in den Zügen der Gräfin
ein unbiegsamer, in denen Luciles ein solcher
von höchstem Unwillen haftete.
Freilich wich er in Luciles Antlitz so
gleich. Er verwandelte sich, während sie
erst einen tiefen, träumerischen Blick auf den
Gast richtete, in einen Axel zugewendeten
still hingebenden.
Graf Dehn entging das nicht, und er
wurde davon so stark berührt, daß sich seine
Gedanken eine Weile ganz auf Lucile richteten.
Aber ebenso rasch schüttelte er den Kopf,
und ein erneuter Blick auf sie bestätigte
auch eine von ihm offenbar nur genährte
Illusion.
Umsomehr aber beschäftigten sich seine
Gedanken mit Jmgjor.
Er würde eine Welt darum gegeben haben,
sie jetzt sprechen, mit seinen Augen in ihre
Seele einmal hinabtauchen zu können.
Die Stunden zwischen dem Essen und
dem kleinen Feste nahm sich Graf Dehn
vor, allein in seinen Gemächern zuzubringen.
Er erklärte, daß er Briefe schreiben müffe,
und man erhob auch keinen Widerspruch.
Auch die übrigen schienen von demselben
Verlangen beherrscht zu werden, sich zu ver
einsamen.
Als Axel sein Wohngemach betrat und
bevor er sich niederließ, arglos Umschau hielt,
fand er auf dem Schreibtisch ein kleines,
mit goldenen Linien umrändertes Couvert.
Er griff hastig danach, und da ihm ein
unbestimmtes Gefühl sagte, daß cs mit
Jmgjor zusammenhänge, öffnete er es in
fiebernder Spannung. In der That fand
er einige Worte von ihrer Hand.
Aber freilich brachten sie nicht, was er
ersehnt, was er fast gehofft hatte.
Auf einer zierlichen Karte standen die
Worte: „Ich wiederhole, eS giebt keinen
We^, der uns zusammenführen kann. So
lassen Sie mich! Ich bitte, ich beschwöre
Sie! Für Ihre Discretion meinen Dank. I."
So war also doch nichts gewonnen! Axel
ließ sich entmuthigt in seinen Sessel sinken
und saß lange, abwesend, seinen Gedanken
hingegeben.
Stark benommen und nichts weniger als
zu einem Zusammensein mit Menschen auf
gelegt, nahm er sodann in späterer Stunde
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