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Menüsburger M Wochenblatt
Arrestes und gelesenstes KiatL im Kreils Ueudsirrrrg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
92 stev Jahrgang.
Druck und Verlag von dem verantwortlichen Herausgeber H. Möller (H. Gütlein Nächst.), Rendsburg, Mühlenstraße 18.
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Dem Rendsburger Wochenblatt wird
„Der Landwirth"
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen
der Landwi-rthschast) gratis beigegeben.
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Wo. 247.
Sonnabend, öen 21. Hctober
1899.
Morgen-Berichte.
Berlin, 19. Oct. Der Kaiser tra ;
heute Morgen um 7 '/ 2 Uhr hier ein
und hörte von 9 Uhr ab die Vorträge
des Kriegsministers v. Goßler und des
Chefs des Militärkabinets v. Hahnke.
Später nahm der Kaiser u. A. die Meldung
des Staatsministers Dr. Bosse entgegen.
Bonn, 19. Oct. Meldungen aus
Kairo zufolge wird der Vermittelung
Englands die Beseitigung der letzten
Differenzen zwischen Menelik und der
italienischen Regierung gelingen. Der
Abschluß einer Einigung bezüglich der
Grenze sowie eines Handelsvertrages
zwischen Abessinien und Italien wird
demnächst erwartet. Man glaubt, daß
der Graf von Turin, welcher sich äugen
blicklich auf Erythräa aufhält, Menelik
sowie dem Bas Makonnen Besuche ab
statten und im Namen des Königs die
Regulirung der Grenze sowie den Handels
vertrag abschließen werde.
Petersburg, 19. Oct. Unter den Bahn
arbeitern der mandschurischen Bahn ist
die Pest ausgebrochen; von hier ist ein
Sanitätskorps von dreißig Personen ab
sankt worden.
Wien, 19. Oct. Sämmtliche Morgen
blätter besprechen die gestrige Regierungs
erklärung im Abgeordnetenhause, vorwiegend
in wohlwollendem Sinne. Die „N. Fr. Pr."
schreibt: Die bisherige Regierung hatte viel
versprochen, aber wenig geleistet. Hoffentlich
wird das Kabinet Clary, welches wenig
versprochen hat, dafür desto mehr leisten.
Prag, 19. Oct. Die Polizei machte
bekannt, daß sie die schärfsten Maßregeln
anwenden werde, falls die Demonstrationen
nicht aufhören sollten. Die Regierung
beabsichtigt, wie verlautet, den Ausnahme
zustand über Prag zu verhängen.
Paris, 19. Oct. In dem Duell, welches
gestern zwischen dem Sohne des Generals
Mercier und dem Redacteur der „Aurore",
Gohier, stattfand, wurde Mercier durch eine
4 Ctm. tiefe Stichwunde in die Brust ver
letzt. Die Aerzte haben sich über seinen
Zustand noch nicht geäußert.
Paris, 19. Oct. Den Blättern zu
folge dürften von den 22 des Komplotts
gegen die X Sicherheit des Staates An-
geschuldigten 14 vor den Staatsgerichts.
Hof kommen und gegen die üb rigen das
Strafverfahren eingestellt werden
Der Krieg in Südafrika.
Jetzt wirdes ernst. Vorposten der Boercn
haben sich dem englischen Lager bei Glen
coe genähert, und bei Actonhomes, 16 Mei
len von Ladysmith, hat sich ein Gefecht ent
wickelt, das noch fortdauert und sich viel
leicht zu einer entscheidenden Schlacht aus
wachsen wird.
Nach Meldungen aus Ladysmith wird
dort eine entscheidende Schlacht heute oder
morgen erwartet. Die Freistaater avanciren
in zwei Eolonneu von Tintwa und durch
den Van Reenenpaß gegen Ladysmith. Jou-
berts Armee marschirt gegen Glenco und
gegen Besters an der Harrismith-Zweig,
bahn. Die Boeren kommen vom Van Ree.
nenspaß über Blaawbank. Ihre Patrouil
len feuerten gestern auf die englischen Vor
posten. 300 Boeren versuchten vergeblich,
kleinere Abtheilungen abzuschneiden, doch
die Nataltruppen zogen sich feuernd zurück.
Die Boeren deckten sich hinter Hügeln rc.,
konnten aber nicht vorgehen. Sie benutzten
Artillerie gegen die englischen Füsiliere,
welche trotz heftigem Feuer kräftig wider
standen. Zweitausend Boeren nahmen an
diesem bei Actonhomes stattfindenden Ge
fecht Theil. Sie gebrauchten viele Maxi
malgeschütze und Kanonen gegen die bei
Besters aufmarschierenden Carabiniere. Es
gab viele Todte und Verwundete. Die
Bahnverbindung zwischen Ladysmith und
Glencoe ist unterbrochen, der Telegraph
noch intact.
Die Einberufung der Miliz
hat in England eine förmliche Panik
erzeugt, die wie ein Mchlthau auf die fa
natische Kriegsbegeisterung fällt. Das ist
echt englisch. Unbedenklich schreiten die
Britten dazu, die Freiheit eines kleinen,
friedlichen Volkes zn vernichten, aber das
soll alles ganz glatt von Statten gehen,
sie wollen sich dabei nicht einmal ein wenig
incommodiren lassen.
Nach den letzten Milizlisten beträgt die
Gesammtzahl der Milizen 120 439 Mann
einschließlich 31000 Mann Milizreserven.
Davon sind ca. 73 000 englisch, 13 000
chottisch, 26 000 irisch. Schwere Störun
gen des Arbeitsmarktes in den Midland-
Grafschaften werden erwartet. In Birming
ham allein werden fünftausend Arbeiter ein
gezogen. In den Kohlendistrikten herrscht
Consternation, und zum Winter wird Koh
lenfeuerung erlvartet. Tausende von Kauf
leuten aus den Londoner Cityfirmen müssen
ihre Stellungen verlassen.
London, 19. Okt. Nach einem Tele
gramm der „Daily Mail" aus Ladysmith
landen die Dinge gestern Abend folgender
maßen: Die Oranje-Boeren, die jüngst den
Vorstoß in der Richtung von Actonhomes
machten, begannen die Feindseligkeiten, die
wahrscheinlich die Vorläufer des großen
Kampfes auf der ganzen Linie bilden wer
den. Die Boeren, die aus dem Tintwa-Paß
vordrangen, feuerten mit Kanonen auf
einige kleine britische Kavallerie-Abthei-
gen. Das Feuer erwies sich als wirksam.
Im Laufe des Tages fand ein Geplänkel
zwischen den Boeren und britischen Vorpo
sten statt, die häufig heftigem Feuer ausge.
setzt waren. Inzwischen näherte sich Ion
bert's Vorhut Clencoe, wo 4000 britische
Truppen unter General Pule eine ver
schanzte Stellung innehaben. Ob sich die
Boeren in dem ziemlich offenen Gelände in
einen Kampf einlassen werden, ist noch
zweifelhaft.
Es liegen noch keine vollständige Mel
düngen über die angebliche Uebergabe von
Mafeking vor. Die Blätter erwarten aber
stündlich eine solche Nachricht. Stimmt
liche Telegramme des „Times"-Korrespon-
denten erfahren 2—4 Stunden Verspätung.
Daily Telegraph erfährt, daß die Eng.
länder 2000 Mann bei Aktenhoven auf
gestellt haben und daß kleinere Detache
ments englischer Truppen sich bei Besters
befinden.
Ein Telegramm von 5 Uhr Nachmittags
vom Berichterstatter des Daily Telegr. mel
det, daß die Buren aus dem Vanncencn-
und Tintwa-Paß vorgedrungen sind. Die
Truppen unter dem Befehl des Generals
Joubert dringen in der Gegend von Glencoe
und Bester vor, ein Telegramm aus Glen
coe von gestern Nachmittag meldet, daß eine
englische Patrouille die Boeren bei Hal-
dingspruit, sieben Meilen von Ladysmith,
gesehen hat.
Die englische Regierung beschlagnahmte
in Kapstadt eine für die Transvaalregierung
bestimmte Summe von 150 000 Pfund. Die
Boeren konzentriren sich in Swaziland; sie
haben sämmtliche Engländer ausgewiesen.
Nach Meldungen der Boeren hätten diesel
ben den ersten Panzerzug von Mafeking
vollständig zerstört und dabei 31 Mann
unter einem Hauptmann zu Gefangenen ge
macht. Zum Entsätze Mafekings eilt mit
Truppen aus Rhodesia auf einen: Panzer-
zuge Oberst Plumer herbei. Die Boeren
haben diesmal Geschütze bereitgestellt, um
den Panzerzug zu beschießen. — Bei dem
gestrigen Zusammenstoß der englischen Vor
posten mit den Boeren bei Besters soll es
viele Todte und Verwundete gegeben haben.
Zweitausend Boeren nahmen an dem Ge
sichte theil. Sie gebrauchten viele Maxim-
geschütze und Kanonen. Die Bahnverbin
dung zwischen Ladysmith und Glencoe ist
unterbrochen, der Telegraph noch intakt.
London, 19. Okt. Die „Times" ver
öffentlich ein Telegramm, wonach sich die
Boeren der Festung Makaard bemächtigt
haben.
Johannesburg, 19. Okt.. Die
Stadt ist fast von der gesammten Bevölke
rung verlassen. Die Kohlen- und Nah-
rungsvorräthe in einigen Minen sind mit
Beschlag belegt.
„Globe" berichtet aus Newyork von einer
wachsenden Parteinahme gegen England.
Der frühere amerikanische Major Armes sei
im Begriffe, ein großes Freiwilligenkorps
zu organisiren und es zur Unterstützung der
Boeren nach Südafrika zu führen.
Aus Antwerpen wird vom Allgemeinen
Niederländischen Verband ein Aufruf ans
deutsche Volk verbreitet, der in der schärf
sten Form gegen Englands Vorgehen in
Südafrika protestirt und zur Theilnahme
an der Entsendung von Aerzten und Pfle
gern für die Boerenarmee auffordert.
Hundertjahrfeier
der Technischen Hochschule Berlirr-
Charlottenburg.
Berlin, 19. Okt.
Anläßlich der heutigen Jubelfeier der
Technischen Hochschule in Charlottenburg
hatte sich die Nachbarstadt Charlottenburg
prächtig geschmückt. Gegen i/ 2 10 Uhr nah
men die Chargirten der Studentenschaft mit
ihren Fahnen in weitem Kreise auf dem
Festplatze Aufstellung. Bald fanden sich
auch die Ehrengäste ein. Es erschienen u.
A.: Die Minister Studt und Thielen,
Staatssekretär Graf Posadowsky und zahl
reiche^ Räthe der Staatsämter und der Mi
nisterien. Die Stadt Charlottenburg hatte
die beiden Bürgermeister Schustehrus und
Matting, die Stadt Berlin den Bürger
meister Kirschner entsandt. Auch Geh. Rath
Krupp war erschienen. Pünktlich um 10
Uhr eröffnete der Chor aus Händels „Ju
das Maccabäus" den Akt der Enthüllung
der Denkmäler von Siemens und Krupp.
Die beiden Standbilder haben ihren Platz
im Vorgarten der Hochschule erhalten. Nach
dem die Musik verklungen war, nahm der
Vorsitzende des deutschen Jngenicurvereins,
Baurath Bissinger aus Nürnberg, das Wort
zu einer Ansprache, in welcher er auf die
ungeheuren Fortschritte hinwies, welche die
Technik im verflossenen Jahrhundert ge
macht hat und Werner v. Siemens und Al
fred Krupp feierte. Beiden Männern müsse
besonders die Jngenieurwelt Dank und An
erkennung zollen. Inzwischen war die Hülle
des Siemens-Denkmals gefallen, die Stu
denten senkten ihre Fahnen. Nunmehr nahm
als Vertreter der nordwestlichen Gruppe des
Vereins deutscher Eisen- und Stahlindu
strieller und zugleich auch als Vertreter des
Vereins deutscher Eisenhüttenleute, Kom-
merzienrath Servaes aus Ruhrort, das
Wort,.um im Namen seiner Auftraggeber
das Denkmal Alfred Krupps der Technischen
Hochschule zu übergeben. In längerer Rede
siierte er Krupp nicht nur als großen In
dustriellen, sonoern auch als den bedeuten-
dcn Menschen, als den Wohlthäter und vä-
10
Grevirrde.
Roman von Hermann Heiberg.
(Nachdruck verboten.)
Er wolle, hub er an, sprechen über die
Gefahren, einen Himmel zu eröffnen, statt
als Mensch beim Irdischen zu bleiben. Bei
allem, was der Vernunftbegabte thue, muffe
er sich nach seiner Mutter, der Erde, richten.
Sie müsse ihm ein Vorbild sein und bleiben.
Sie lehre ihn zwar auch täglich und stünd
lich das Bestreben nach Ausgleich und einer
immer höheren Vervollkommnung, aber auch
fortwährend das ewige Gesetz des Rechtes
des Stärkeren und Begabteren über den
von der Natur minder Bevorzugten. Er
stelle sich mit den Vorrednern auf denselben
Standpunkt, daß werkthätiges Christenthum
zu üben, nicht nur Jedermanns Pflicht,
sondern daß es auch weise sei, da alle im
Grunde nur einer großen, durch gemeinsame
Interessen verbundenen Familie angehörten.
Insofern seien die Vorschläge, die gemacht
worden, werthvoll und deren teilweise Aus
führung durchaus wünschenswerth. Aber
eben dabei müffe es sein Bewenden haben,
und auch dieses Bessere sei in einer ruhigen
Weise zu erstreben. Das Geschlecht, das
heute lebe, ergehe sich in einem völligen
Irrthum, wenn es glaube, daß es zu etwas
anderem berufen sei, als zunächst Opfer zu
bringen. Die Resultate würden erst, weil
sie nur allmählich reifen könnten, den späteren
Generationen zugute kommen können. Und
nochmals weise er auf die Natur hin, wenn
er vor jeder Ueberstürzung warne. Brauche
sie, die große Zauberin, nicht auch für alles
Zeit und Vorsicht? Bedürfe nicht jedes
Blatt am Baume Licht, Sonne und Regen?
Würde es nicht durch Stürme und Kälte,
also durch Gewalt, vernichtet? Eine Per
spektive zu eröffnen, wie es der erste Redner
gethan, sei ein Unrecht. Er verheiße etwas,
das eben mit dem Hinblick auf sie, deren
Sein und Wesen den Menschen die Gesetze
für ihr Thun vorschreibe, unerreichbar sei.
Der Staat der völlig Gleichberechtigten
werde nach einem Tage zerfließen. Der Adler
herrschte in der Natur über den Sperber.
Bei den Menschen habe die höhere Intelligenz
und das kräftigere Ringen der Vorwärts
strebenden das Ucbergewicht über den Trägen.
Wie denn? Solle der Fleißige und Rührige
das Ergebniß seiner Anstrengungen den
Müßigen in den Schooß werfen? Er werde
sich bedanken! Der Fleißige besitze Ehrgeiz
und habe den Drang nach Erfolg, Fort
kommen und nach gesondertem Besitz. —
„Meine Freunde! Wenn Ihr heute eine
Erbschaft macht, oder wenn Ihr durch eine
Erfindung, die Euch Jahre lang beschäftigte,
ein großes Vermögen erwerben könnt, wollt
Ihr das ohne Weiteres hingeben, wollt Ihr
Euch mit einem Tausendstel begnügen? Nein,
das wollt Ihr nicht, und Niemand wird's
Euch verdenken, daß Ihr Euch dcffen weigert.
Die Zukunft, eine bessere, liegt nur in der
Pflege der Vervollkommnung des sittlichen
Menschen, in der Hebung der Schulen,
in der Ausübung einer Religion, die zu
Thaten der Pflicht und Thaten der Liebe
und Duldsamkeit gegen die Mitmenschen
auffordert. Wo war heute hier von Nächsten
liebe die Rede? Nirgend! Selbst die Be
fürwortung der Fördernng des Humanismus
und der Wohlfahrt in Gestalt von Arbeits
stätten, Krankenhäusern, NächtigungSanstalten,
öffentlichen Speifehäusern, Unfallcntschädigun-
gen und Altersversorgungen ward nur aus dem
Gesichtspunkt einer Forderungsberechtigung
an den Geldbeutel der Gutsherrn erörtert!
Was aus dieser Klasse der Gesellschaft wird,
ist Herrn Doktor Prestö glcichgiltig. Sic
mag untergehen. Ja, Freunde, seid Ihr
Heilige? Nehmt Ihr nicht auch einmal ein
Gläschen mehr? Seid Ihr allezeit voll
Christenthum gegen Eure Umgebung? Liegt
ihr nicht auch lieber auf einem weichen Bett
als auf Steinen? Wird einer von Euch das
Anerbieten abschlagen, mehr zu werden und
mehr zu verdienen, und ist er nicht auch
ein Streber in seiner Art, in solcher Art,
daß er sich möglichst gut betten will? Sprecht
Ihr allezeit die Wahrheit? Erfüllt Euch
niemals der Neid gegen Eure Nachbarn?
Seid Ihr nicht ebenso hochmüthig wie die
sogenannten Großen? Hand aufs Herz!
Haltet Ihr Euch nicht für beffer, als sie?
Habt Ihr nicht Euren Bauernstolz? Ein
Unglück für das Volk ist ein Redner wie
der Herr Doktor Prestö. Er möchte Euch
— ich muß cs seiner Rede entnehmen —
am liebsten anführen, damit alles vernichtet
werde, die Güter und die Bauergehöfte da
zu! Ja, was dann? Die Einöde bietet
doch nichts als Hunger und Jammer und
Elend! Und wie will der Bauer und Feld
arbeiter leben, wenn er den Gutsherrn in
den Brunnen versenkt? Ihr könnt alles
kaufen für Geld. Aber wenn Ihr keines
habt, und wenn . Ihr dem Staat die Mög
lichkeit nehmt, durch den Wechsclverkehr
zwischen Angebot und Nachfrage die Lebens
frage und somit die Existenzfrage zu regeln
was erblüht Euch dann Gutes? Elend
Elend ist Euer Loos! Was uns heute
terlichen Freund seiner Arbeiter. Wieder
senkten sich die Fahnen, als die Hülle von
Krupp's Denkmal fiel. Alsdann hielt der
Direktor der Technischen Hochschule, Geh.
Rath Riedler, eine Erwiderungsrede, in
welcher er den Stiftern der beiden Stand
bilder Namens der Technischen Hochschule
tiefgefühlten Dank aussprach und betonte,
daß beide Denkmäler das begeisternde Vor
bild der Technischen Hochschule sein werden.
Der Chor aus Haydn's Schöpfung schloß
den offiziellen Akt. Hierauf sprach Geh.
Rath Krupp dem Minister Studt seine leb
hafte Freude über das wohlgelungene
Standbild aus. An beiden Denkmälern
wurden Kränze niedergelegt. Die Denk
malsenthüllung war bannt beendet. Die
Festtheilnehmer nahmen jetzt im Lichthofe
Aufstellung, wo der Kaiserthron errichtet
war. Um V2I2 Uhr rückte die vom Garde-
Pionierbattaillon gestellte Ehrencompagnie
an; gleichzeitig stellten sich auch neue
Ehrengäste ein: Tie Minister v. Miguel,
Botfeld, v. Goßler und v. Wedel und zahl
reiche andere hohe Staatsbeamte und Offi
ziere. Gegen 12 Uhr kam das Kaiserpaar,
dem die fünf ältesten Söhne, sowie Prinz
Joachim Albrecht folgten. Die hohen Herr
schaften begaben sich in die Festhalle. Nach
einem Fanfarengruß trat Kultusminister
Studt vor, um, eine Ansprache zu halten
an den Kaiser, an deren Schluffe er die an
den Kultusminister gerichteten kaiserlichen
Erlasse verkündete.
Als zweiter Redner nahm sodann aber
mals der Rektor der Technischen Hoch
schule, Geh. Rath Prof. Riedler, das
Wort. Nach Beendigung dieser Rede hielt
der Kaiser selbst mit klarer, markiger
Stimme eine Ansprache, in der er lebhaft
der Feier gedachte, durch die sein Groß-
vater vor 15 Jahren diesem Hause die
Weihe gegeben hat. Die Hoffnung und
der Wunsch, die damals der unvergeßliche
Herrscher ausgesprochen, daß diese Anstalt
allezeit ruhmvoll ihre Aufgabe lösen und
den ihr gebührenden Rang unter den
Hochschulen behaupten möge, hätten sich
glänzend erfüllt. Die Charlottenburger
Technische Hochschule wie die Technischen
Hochschulen überhaupt hätten sich eben
bürtig den obersten Bildungsstätten des
Landes, den Universitäten, an die Seite
gestellt. Daß durch die wissenschaftlichen
Bestrebungen der Hochschulen der innige
Zusammenhang mit der Praxis nicht be
einträchtigt werden dürfe und die Techni-
schen Hochschulen bemüht sein würden,
aus der anregenden Berührung mit dem
Leben fortdauernd neue Kraft und Nah
rung zu ziehen, dafür dienten als Wahr
zeichen die Standbilder v. Siemens' und
Krupp's. In dem Verhältniß der techni.
der Staat Schützendes und Förderndes
bietet, ist ein Ergebniß des Ringens der
Jahrhunderte. Allmählich hat sich die Er-
kennntniß des Zweckmäßigen entwickelt. Wir
müssen säen, die Saat behüten, indem wir
das Unkraut von der Frucht scheiden, und
müssen zur rechten Zeit ernten. Nur eine
verständige Volkswirthschaftslchre giebt es:
Daß Jeder durch strenge Pflichterfüllung
seinen Theil zum Allgemcinbcsten beiträgt,
daß wir unsere engeren Aufgaben darin
erkennen, unsere Kinder zu tüchtigen Menschen
zu erziehen, sie sowohl etwas Ausreichendes
lernen lassen, als auch sie anzuweisen suchen,
solches fürs Leben praktisch und möglichst
günstig zu verwerthen, vamit sie dadurch
und lediglich dadurch befähigt werden, mög
lichst sichere materielle Vortheile zu erzielen;
daß wir unö fühlen als größere und kleinere
Glieder eines Ganzen; daß wir endlich
stets alle erst vor unserer eigenen Thür
fegen und dann erst den Besen in die Hand
nehmen, um unseres Nachbars Schwelle zu
säubern! Und so scblicße ich: Laßt Euch
nicht bethören durch Hinweise auf Para
diese, die sich nie eröffnen, die sich nie er
öffnen können! Bleibt auf der Erde
und helfet, daß schon durch gutes Beispiel
Eucrn Kindern und Kindeskindern das werde,
was zu erstreben möglich ist! Eines schickt
sich nicht für alle. Den Sieg, den materi
ellen und moralischen, trägt allezeit der da
von, der einfach tüchtig und weise ist, der
etwas im besten Sinne, im Umfang seiner
Kräfte — leistet!"
Graf Dehn hatte nach Beendigung seiner,
von eisigem Schweigen begleiteten Rede
große Mühe, den Saal zu verlaffen.
Niemand machte ihm bei seinem Versuch,
durchzudringen, gutwillig Platz; Jeder zeigt
vielmehr feindselige Mienen, oder drängt
ihn wie zufällig zur Seite, in der Art, da
er zweimal fast gestolpert und hingestür;
wäre. Aber er wußte seine Erregung dar
über zu bemeistcrn, er that, als ob er'
nicht bemerke.
Draußen angelangt, stieg er rasch die Ar
höhe hinab und begab sich auf direkte!
Wege ins Wirthshaus. Und hier ang:
kommen, ließ er sogleich satteln, berichtigt
seine Rechnung und ritt, rasch trabend, na:
Rankholm zurück.
Zartfinn hielt ihn ab, vorher noch ein
Begegnung mit Jmgjor herbeizuführen, auc
wünschte er dem Doktor, der ihm noc
widerwärtiger geworden, unter allen Um
ständen auszuweichen.
Er hatte ihn genau beobachtet. Diesem
Menschen verzehrte ein wilder Fanatismus
Die Begierde, sich zu rächen an der Ge
sellschaftsklaffe, von der einst ein Mitglic'
seine Eltern in die Fesseln der Abhängig
feit geschlagen, durchglühte ihn allein. Un!
neben dem Rachegefühl verzehrte ihn de
Ehrgeiz.
Er wollte herrschen, und daß er «1
Herrscher einen Stab aus Eisen schwingen
daß er ein weit größerer Tyrann sein würde
als jener, gegen den er schon während seine
Knabenzeit Haß und Verachtung eingesogen
bewies seine schroffe Ueberhebung, seine kalt
herzige Art.
Und diesem Menschen wollte sich Jmgjo:
mit ihrer, wenn auch äußerlich rauhen, dock
von lauterer Menschenliebe erfüllten Brus
zueignen! —
Als Axel ein halbes Stündchen vor Tisck
nach Rankholm zurückkehrte, berichtete ihn