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HägLich erscheinendes WL-atL.
(Außer an Sonn- und Festtagen.)
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AeLtrstes und gelesenstrs Klatt im Kreise Uendsvnrg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden dis 12 Uhr Mittags erbeten.
—^ Ş2 stee Jahrgang.
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Liefemng
dieses Blattes vorbehalten.
Dem Rendsburger Wochenblatt lvird
„Der Landwirth"
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen
der Landwirthschast) gratis beigegeben.
Wo. 159.
Dienstag, den 11. Juli
1899.
Morgett-Gerichte.
Köln, 9. Juli. Die „Köln. Ztg."
schreibt zu dem Besuch des Kaisers auf der
„Iphigenie", sowie dem daran geknüpften
Depeschenwechsel zwischen dem Kaiser und
Loubet: Dieser Vorgang sei als eine hoch
erfreuliche Ergänzung der Friedenskonfe
renz im Haag zu betrachten; obgleich man
auch diesem Ereignisse gegenüber die Ruhe
nicht verlieren und auf weit ausgreifende
politische Kombinationen verzichten soll, so
sei doch unverkennbar, daß durch dies Zu
sammentreffen die staatsmännischen, weisen
Kundgebungen, welche aus Herstellung
sreundschaftlicher Beziehungen zwischen
Deutschland und Frankreich abzielen, um
ein neues gewichtiges Glied vermehrt wor
den ist, sind.
Paris, 8. Juli. Die gesammte re
publikanische Presse bespricht den gestrigen
Depeschenwechsel zwischen Kaiser Wilhelm
Und dem Präsidenten Lvtibet und konstatirt
uiit großer Genugthuung die friedliche Ge
sinnung des deutschen Kaisers gegenüber
Frankreich.
Ulm, 9. Juli. Die „Frkf. Ztg." mel
det: Ein gestern früh eingetroffenes kai
serliches Telegramm genehmigt die Schlei
fung der inneren Umwallung, worauf die
städtischen Kollegien zu einer außerordent-
juchen Sitzung zusammentraten und den
des freiwerdenden Festungsterrains
beschlossen. Der Kaufpreis beträgt 41/2
Millionen Mark, den das Reich 20 Jahre
Unverzinslich überläßt. Der bisherige Fe
stungsgouverneur General D. R. Zingler
^urde wegen seiner Verdienste um die Ent-
sestungsangelegenheit zum Ehrenbürger er
nannt. Die Stadt ist geflaggt.
! Kiel, 9. Juli. Der Panzer „Baden"
schlug, als er bei Stagen ankern wollte,
iAit dem Heckanker aus eine Schraube, wel
che brach. Der Panzer brachte sich mit der
anderen Schraube nach Kiel und ging zur
Reparatur in die Kaiserliche Werft. Nach
»er Wiederherstellung der Schraube wird
°as Schiff zum Geschwader zurückkehren.
Wien, 9. Juli. Heute wurden die so
zialdemokratische „Arbeiter-Zeitung", die
beutsch-nationale „Ostdeutsche Rundschau"
^nd das klerikale „Vaterland", vermuthlich,
^eil sie die Entgegnung des Innsbrucker
Hereins auf das Hirtenwort des Fürstbi
schofs von Brixen abgedruckt hatten, be
schlagnahmt.
Berlin, 9. Juli. Das „Berliner Ta-
àblatt" wurde gestern in Wien wegen der
teuer Depesche über das Vorgehen der
Polizei bei der Arbeiterdemonstration kon-
fiscirt.
Köln, 9. Juli. Ein Beinleiden des
Weihbischofs Dr. Schwartz stellt sich als
eine bösartige Knochengeschwulst heraus,
die nach der Ansicht eines Arztes, der an
der . Operation tzheilgenommen hat, wahr
scheinlich später an einer anderen Stelle
wieder hervorkommen wird. Die Operation
(Abnahme des Beines oberhalb des Knies)
nahm einen ziemlich glatten Verlauf. Dr.
Schmitz befindet sich als Kandidat arcs der
Liste für den erledigten Kölner Erzbischofs-
Haag, 9. Juli. Die „Frkf. Ztg." mel
det: Die 3. Kommission der Friedenskon
ferenz, die allein noch nicht mit ihren Ar
beiten fertig ist, hat sich gestern aus 10
Tage vertagt, um den Delegirten Gelegen
heit zu geben, vor der endgiltigen Fest
stellung des Schiedsgcrichtsentwurses mit
ihren Regierungen zu konferiren. Das Ende
der Konferenz ist also keinesfalls vor dem
21. d. M. zu erwarten.
Haag, 9. Juli. Die offizielle Schluß
sitzung der Friedenskonferenz ist auf den
38. Juli festgesetzt.
Petersburg, 9. Juli. Aus Baku
wird telegraphirt, daß die Naphthaqucllen
von Rylski seit zwei Tagen in Flammen
stehen. Der Schaden ist unabsehbar.
Newport, 9. Juli. Eine Depesche
aus Austin (Texas) besagt: 1000 Personen,
die sich vor der Ueberschwemmung auf eine
kleine Anhöhe drei Meilen von Sealy ge
flüchtet halten, und mit mehreren hundert
Stück Bieh zusammengedrängt waren, gin
gen dem Hungertode entgegen. Biele
seien den Schlangenbissen erlegen.
nachdrückliche Besteuerung der
W a n d e r l a g e r baten. Unsere Gemein
devertretung hat bewiesen, daß sie nur ihre
Pflicht und Schuldigkeit thut, wenn sie das
heimische Gewerbe in nachdrücklichster Weise
schützt. So wurde denn eine Wanderlager
steuer in Höhe von 10 0 Mark pro
Tag beschlossen und an den Beschluß die
Bestimmung geknüpft, daß ein Aufschlag
von 50 Prozent eintreten kann, sobald mehr
als ein Gehülfe beschäftigt wird. Nach den
bisherigen Bestimmungen waren für Wan-
derlagcr für die ganze Woche nur 30 Mark
zu zahlen.
Die Bewohnerschaft weiß dafür dem Ma
gistrat nur großen Dank, denn die Detail
listen sollen Kommunalsteuern bezahlen und
haben einen Anspruch darauf, daß sie denn
auch von den städtischen Behörden nach
drücklichst geschützt werden gegen das Un
glück der fliegenden Wandcrlager. Bei die
ser Gelegenheit möge folgende Satyre des
„Lujt. Allerlei" als köstliche Schilderung
der geschäftlichen Lage unserer Detaillisten
Platz finden:
Gutes Geschäft. Detaillist: „Na,
viel zu thun gewesen?" Kommis: „O ja,
es waren viele Leute hier!" Detallist: Wie
viel haben Sie denn eingenommen?" Kom
mis: „So gut wie nichts!" Detaillist:
lînsere DeteMişierŗ.
Durch ein Wanderlager aus El
berfeld wurden in letzter Zeit nicht nur
Eisenach, sondern eine ganze Reihe Städte
Thüringens mit emaillirtem Geschirr be
glückt. Die bekannten Reklamen: „Kommet,
Jşi, şàņà!" hatten wirklich fast über
all die Käufer zu Hunderten herbeigelockt,
"âch Schätzungen Sachkundiger hat
t. (io /vbcuibcxlctgei; hier ctïseitt 15 dis 20 000
Mk. umgesetzt. Da die einheimischen Ge
schäftsleute durch dies Unternehmen auf
„Nichts?" Kommis: „Ich habe hier auM
schrieben, was die Leute gewollt haben."
Tetaillist (liest): Ein. Herr, der sich das
Adreßbuch leihen wollte. — Ein Herr, der
einen Hundertmarkschein wechseln wollte. —
Ein Junge, der Mausefallen verkaufen
wollte. — Ein Unfall-Versicherungsagent.
— Eine Dame, die telephoniren ivollte.
— Ein junges Mädchen, das eine Brief-
marke kaufen ivollte. — Ein Beitragsamm
ler für Ferienkolonien. — Ein Häussrer.
— Ein Freund des Chefs. — Ein Bettler.
— Ein Herr, der sich erkundigte, wieviel
Treppen hoch Krause wohnt. — Ein Kind,
welches für 2 Pfennige Senf holte und
einen Bonbon zum Geschenk dabei bean
spruchte. — Die Reinmachefrau
(spricht): „Sonst Niemand?" Kommis:
.Ach ja, richtig, der Gerichtsvollzieher war
ja auch noch hier; er sagte, wenn Sie den
Wechsel bis morgen 12 Uhr nicht.bezahlen,
muß er pfänden!"
Jahre hinaus empfindlich geschädigt sind) v m I "
wandte sich der Vorstand des Gewerbever- 'ôïÛlUJ Hit t!ÌÎI§ļf(ļ|îîli§ flî HßlßfiL
eins mit 75 hiesigen Gewerbetreibenden und ' *' ~~ - --
Kaufleuten mit einer Eingabe an den Ge
meindevorstand, in welcher sie um eine
Die elektrische Ausstellung in Como, die
mit einer großen Seiden-Äusstellung ver
bunden war, sit gänzlich niedergebrannt.
Nichts oder nur sehr wenig konnte von die
ser herrlichen Ausstellung, an der auch
deutsche Firmen betheiligt waren, gerettet
werden.
Zu dem Brande der Ausstellung wird
noch gemeldet: Als die Flammen die
Maschinenausstellung erreichten, zerspran
gen zwei Gasometer unter gewaltigem Kra
chen und mit ihnen zahlreiche eben in Be
trieb genommene Gasmaschinen, deren
Eisenstücke hoch in die Luft geschleudert
wurden. Sämmtliche Voltareliquien sind
bei dem Brande vernichtet worden, desglei
chen prachtvolle mittelalterliche Stickereien,
Sammet- und Seidenstücke aus dein 13.
und 14. Jahrhundert. Für heute war der
Besuch des Königspaares in der Ausstel
lung angesagt. Der Schaden wird ans 20
Millionen Lire geschätzt. Die Firma Schu-
ckert in Nürnberg erleidet allein eine::
Brandschaden von etwa 300 000 Mk. Mit
größter Lebensgefahr retteten einige Ar
beiter den Gipsabguß des Schädels Volta's.
Ob Menschenleben bei dem Brande umge-
kommen sind, ist noch nicht konstatirt.
Der Brand der Ausstellung wurde dem
Publikum erst signalisirt durch ein ent
setzliches Getöse, verursacht durch die ex-
plodirenden Gasometer und Dampfkessel,
worauf sofort eine ungeheure Menschen
menge herbeiströmte, darunter zu allererst
die Angehörigen der in der Ausstellung
Bediensteten. Bis jetzt jedoch scheint kein
Verunglückter entdeckt zu sein. Als letzte
retteten sich aus den flammenden Gebäu
den 20 Priesterschüler mit ihrem Lehrer.
Sie kamen mit versengten Haaren und Klei
dern davon.
Wie nunmehr konstatirt ist, brach das
Feuer unter dem Fußboden im Marinesaal
in Folge Erglühens eines elektrischen Lei
tungsdrahtes aus. Als Wachleute den Bo
den aufrissen, schlugen ihnen die Hellen
Flammen entgegen, welche sofort so hef
tig um sich griffen, daß jeder Löschversuch
unmöglich wurde. 25 Minuten nach dem
ersten Alarm war die gesammte Ausstel
lung ein einziges Feuermeer, wenige Mi
nuten später stürzten alle Dächer, Mauern,
sowie die gesammte Facade mit ihren cha
rakteristischen, Voltasäulen darstellenden,
hohen Thürmen ein. Aus dein Saale der
Cimlien Voltas wurden mit größter Le
bensgefahr seitens einiger Arbeiter der
Gipsabguß des Schädels Voltas, sowie
einige Bilder gerettet, alle übrigen uner
setzlichen Gegenstände, worunter sehr viele
Manuscripte, verbrannten. Bezüglich der
Verluste von Menschenleben herrscht noch
iminer Ungewißheit.
Ausland.
Bm lli'lciî Am«.
Roman von E. v. Linden.
! ^^druck verbotenUebcrsctziingsrccht vorbehalten.)
, Fräulein Ebba Regina, welche ein
Deutsch sprach und sich von
I C L;t acn sür die Erbin ihres reichen
if) 1115 *" p^ tten Onkels halten durfte, ver-
.. an .. .ļ'î 1 ) 9 ^- wie dieser, ganz vortresf-
^ ģ, ^ìche Gesinnung, wo es nöthig
ï'im m,b sick als echte Schles-
^S-Holstentmn »ufzuspiclen. Doch war
ibrJ o vlit auffälligen Schönheit,
fr Geschmeidig unp glatten Formen,
gell säMfev V-rstand- bislang nicht
L lungen, Aufnahme « Kreise zu finden
^°nach >hr ganzes Sinnen und Trachten
Osi'd, um durch eine HeMw fick b en g ,
stiern des Adels ebenbürtig su s
7' c , r unglückliche Kurt von Belln, hatte
swischcn Lindcnhagen und den Ņitlkrà„n
vcr weiten Umgegend eine Schestemamr
lochtet, welche der wucherische Eindringling
* V niederzureißen vermochte,
des sich deshalb schon zum Verkaufe
von A,"i^ entschlossen, als Hanö Justus
ihm ivg auf der Bildfläche erschien uud
~ £Ue Aussichten erschloß.
Selbstverständlich erfuhr Hans Justus
schon in der ersten Stunde seines Bei
sammenseins mit der adeligen Jugend von
der schönen Ebba Regina und ihrem ver-
vehmten Onkel. Die Geschichte wurde dem
Amerikaner so unverständlich, die Furcht der
Junker ihm so belustigend, daß er in ein
lautes Gelächter ausbrach und hierauf mit
ihnen wettete, sie sämmtlich innerhalb acht
Tagen im Lindenhagener Herrenhause uni
sich versammelt zu sehen. Die jungen Herren
gingen die Wette ein, die auf fünfzig Doppel-
kronen lautere und von den acht Junkern
zusammen gegen Hans Justus gehalten wurde.
Wovon Letzterer die Sumnte bezahlen
sollte, falls er verlor, wußte er selber nicht,
da der alte Baron ihm zwar ein anständiges
Taschengeld ausgesetzt hatte, doch an solch'
hohe Summen niemals denken würde. Er
mußte also gewinnen und zweifelte auch keinen
Augenblick daran.
Ohne Säumen lenkte er seinen Fuchs
şchon am nächsten Nachmittag nach Linden
hagen, um dort seinen Besuch abzustatten,
u'?« Btelwig, der von seiner Ankunft be-
ras»i a ! n “ 8 tichört halle, war höchst übcr-
und erfreut über den unerwarteten
Ş°8. , , Besuch und bot seine ganze LiebenSwürdig-
der-n
1 " U 'JiS . c Richte von ihrem Sparier-
,îtt zuràyrte, was allerdings, da sin er
hauptsächlich um ihrethalben erschi
npvpTT tntv " *■ vlvUCUW/
ĻLagen die Bewunderung aller
war stir^ 1,stl,ner hcrausfordcrle. Ihr Onkel
und 1 j“ u f sic. er hielt ihr die besten Pferde,
* 8 tear zu kostbar für seine i'chöne
fcen Gesprächsstoff der ganzen
là 'à'".Tugend bildere. Mancher Junker
vervebmte 8ar ä u flcni über die
ll'enn' ll»0ch'velle von Lindenhagen gewagt,
hätte ll die Furcht zurückgeschreckt
' ņ den gleichen Berruf zu gerathen.
nicht schwer hielt.^'^^neu war.
Bei einer Fla,che echter, Johannisberger,
wovon noch we lange Reihe in, Keller
lagerte d-e A.elw.g e.nem Weinhändier
hatte abpfanden lassen, sowie einer ebenso
echten Havana plauderte es sich ^
müthlich in bent elegant ausgestatteten Raum
den der Gutsherr als sein Privatzimmer
bezeichnete.
„Ihr Vorgänger hat sich wohl mit einem
Loth Blei absentirt, wie?" fragte Hans
Justus, dem es diesem Mann gegenüber
zum ersten Male wieder ganz wohlig wie
drüben in der Heimath wurde.
„Bah, er war ein Narr!" erwiderte
Melwig wegwerfend, „wenn die Herren
Aristokraten für ihre verschwenderischen Ge
nüsse und Passionen das Geld des soliden
Bürgers brauchen, dann ist dieser ein guter
lieber Mann, ein Freund in der Noth.
Will er aber sein sauer erworbenes Geld
nicht umsonst riSkiren und es auch endlich
wieverhaben, dann schimpft man ihn einen
Wucherer, Halsabschneider und Gott weiß
waS! — Pardon, Herr Baron, ich vergaß,
daß auch Sie zu diesen Aristokraten ge
hören, — aber ich frage Sie, ob es ge
rechtfertigt ist, mich für den Tod eines
solchen Verschwenders noch schließlich ver
antwortlich zu machen. Ich habe das Gut
übernehmen müssen, um zu meinem Gelde
zu kommen, denn Jeder ist sich selbst am
Ende doch der Nächste."
„All right, Sir!" rief Hans Justus, mit
dem menschenfreundlichen Herrn Melwig
kräftig anstoßend, „ich hasse diese deutschen
Aristokraten und freue mich, daß Sie den
dummen Junker aus diesem warmen Neste
geworfen und sich selbst hineingesetzt haben.
Goddam, Sir, wir müssen Freunde werden,
Sie gefallen mir, diese ganze Sippe ver
dient, daß ihr die Goldfedern ausgezogen
werden, und wir beide, kalkulire ich, wären
die rechten Männer dazu."
Melwig sah ihn prüfend an, er hatte sich
diesen Amerikaner, der so mitten in die
Autzereuropäische Gebiete.
Swen Hedin ist, wie der „Telegraph"
mittheilt, soeben wieder nach Tibet auf
gebrochen. In seiner Begleitung befindet
sich Islam Bai, dessen wunderbare Rettung
Hedin in seinem spannenden Buch „Durch
Asiens Wüsten" erzählt. Aus Befehl des
Zaren sind drei Kosaken als Eskorte mit
gegeben, welche hoffentlich ausreichen, den
kühnen Schweden vor einem ähnlichen
Schicksal zu bewahren, wie es Landor in
Tibet beschieden war.
In New-Uork hat man ein altes Gesetz
wieder an das Tagelicht geholt und Mr.
Edward Wren. einen im Alter von 15
Jahren stehenden Bürger der Union,
unter die Anklage gestellt, allein ins
Theater gegangen zu sein.
Das Gesetz verfügt nämlich, daß niemand
unter dem Alter von 16 Jahren ohne
Begleitung eines Erwachsenen zu einer
theatralischen Unterhaltung gehen darf.
Der Richter verurtheilte Mr. Wren zu
einer Strafe von sechs Monaten Gefäng
niß, war aber gnädig genug, den Aufschub
der. Straße zu verfügen. Er bemerkte,
daß er alle New.Dorter Kinder und
Theaterdirektoren auf das Gesetz hinweisen
wollte, um sie für die Zukunft zur Sorg-
fält anzuhalten. — Welch' ein Geschrei
würde in ähnlichem Falle wohl in Deutsch
land sich erheben!
Ein künstliches Erdbeben hat
offiziell die Stadt Victor in Colorado
veranstaltet. Die Stadt beschloß, das
Patriotische mit dem Nützlichen zu ver
einigen und den amerikanischen Unab
hängigkeitstag durch ein — künstliches
Erdbeben zu feiern, das von der Stadt
Victor in allen Erdtheilen sprechen machen
und im Laufe der Dinge zur Erörterung
ihrer mannigfachen, der Welt bis dahin
noch nicht bekannten Vorzüge führen
müßte. Ter Plan ist glänzend gelungen.
Die Stadt Victor liegt auf den Abhängen
des Big Bug-Berges. Der Erdbeben-
ausschuß stieg weitere 2000 Fuß bis zum
Gipfel hinein und ließ fünf Tonnen
Dynamit in dort angelegte Schächte
unterbringen. Der Gouverneur des
Staates und 20 000 Menschen machten
sich aus die Beine, um die Explosion
„mitzumachen". Der Dynamitvorrath
aristokratische Gesellschaft hineingeschneit war,
schon gleich auf's Korn genommen, weil
Alles, was von drüben kam, andere An
sichten und Ideen über Stanvesurtheile be
saß. Der geriebene Menschenkenner hatte
jich, wie er sah, auch nicht getäuscht, der
junge Baron von Alting gehörte zu ihm.
„Ich glaube, Sie haben Recht, Herr
Baron", erwiderte er, „und es freut mich
aufrichtig, daß wir uns in einer Sympathie
begegnen, die auf beiderseitige Interessen
sich gründet. Darin ist Amerika uns weit
voraus, obgleich Sie bei uns auch schon
kluge Leute genug finden, die ihren irdischen
Vortheil, den sie greifen und festhalten
können, höher stellen, als die ganze Gefühls
duselei und Verhimmelung, womit sich die
Menschen selbst betrügen und von Andern
um ihren Lebenszweck geprellt werden."
,,Goddam, Mr. Melwig, das nennt man
wohl deutsche Philosophie?" rief Hans
Justus laut lachend. „Sie sind mein Mann,
diese Philosophie gefällt mir. Lassen Sie
uns anstoßen auf gute Kameradschaft!"
Die Gläser klangen zusammen. Der schöne
Bund dieser beiden edlen Seelen sollte bald
seine Früchte tragen, wie wir bereits aus
des alten Herrn von Römhild's Klagen er
fahren haben. Hans Justus begann mit
den Sport-Wetten, die ihm seine adligen
Genossen zuerst in's Netz trieben und zu
seinen Schuldnern machten. Um seine ein
gegangene Wette hinsichtlich des Linden
hageners zu gewinnen, fing er es schlau an,
indem er diese ganz vergessen zu haben schien
und die darauf hinzielenden Neckereien über
hörte.
„Oho", sagte Harald Römhild, „der
amerikanische Fuchs will uns darum prellen,
weil er die Wette verloren giebt, da werde
ich ihn mal aus seinem Bau treiben. Der
reiche Onkel kann für ihn zahlen, denn
Wette bleibt Wette und für jeden von uns
eine Ehrensache."
Als die Herren am selben Tage mit Hans
Justus zusammen kamen, um eine Bootfahrt
zu unternehmen, niachte Römhild den ersten
Angriff auf ihn.
«In drei Tagen haben Sie fünfzig
Doppelkronen an uns verloren", sagte er
mit starker Betonung.
Der Amerikaner sah ihn mitleidig an.
„Ach, Sie meinen damit die Linden
hagener Wette, mein bester Herr von Röm
hild?" erwiderte er nachlässig, „all right,
id) will verlieren, — mir liegt nichts daran,
die Herren in meinem Jagdrevier zu sehen.
Aber Goddam, leid thun Sie mir alle-
sammt. Zum Henker mit einem solchen
Gängelbande, das Sie sich selber aus Vor-
urtheilen, Hochmuth und — Pardon —
na, sagen wir Abhängigkeit, gedreht haben."
„Sie scheinen danach Glück in Linden
hagen zu haben, Herr von Alting", bemerkte
Römhild spöttisch, „nun, Jeder nach seinen!
Geschmack, Amerika ist in solchen Dingen
nicht wählerisch. Wenn Ihr Onkel es frei
lich erführe, er versteht in oieser Sache
keinen Spaß."
„Braucht er's denn zu erfahren?" er
widerte Hans Justus, wie prüfend seinen
Blick von Einem zum Andern wandernd
lassend. „Ich denke nicht, daß einer von
Ihnen es ihm verrathen wird."
„Weil ein ^ solcher Gedanke eine blutige
Beleidigung für uns wäre^, rief einer der
Herren achselzuckend, „womit sich aber nicht
verbürgen läßt", setzte er langsam hinzu,