TäcMch erscheinendes WLcitt
(Außer an Sonn- und Festtagen.)
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Aeltestes und grleseustes DLatL im Kreise Keudsvurg.
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten.
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Die Expedition.
Mittwoch, den 11. Hctober
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes Vorbehalten.
Dem Rendsburger Wochenblatt wird
„Der Landwirth"
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen
der Landwtrthschast) gratis beigegeben.
1899.
Moŗgeņ-BesichtT.
Berlin, 9. Oct. Die Königin Wilhelmine
der Niederlande empfing heute Nachmittag
im Stadtschloß zu Potsdam den Staats
sekretär Grafen Bülow, den niederländischen
Generalkonsul Harze und eine Deputation
des Berliner niederländischen Vereins. Heute
Abend findet Konzert im Neuen Palais statt.
Berlin, 9. Oct. Das Urtheil gegen den
Grafen v. Egloffstein, welches in der Ver
handlung am Sonnabend auf heute vertagt
und heute Nachmittag V.4 Uhr verkündet
wurde, lautet auf neun Monate Gefängniß,
wovon sechs Monate als verbüßt erachtet
wurden. Der Angeklagte wurde nicht aus
der Haft entlassen.
Konstantinopel, 9. Oct. Als gestern
Nachmittag 4'/z Uhr Djavid Bey. der
Sohn des Großvezirs, per Schiff nach
den Prinzen-Jnseln fahren wollte, stürzte
sich ein Mann in Uniform aus ihn nnd
schoß sünf Revolverkugeln aus unmittel
barer Nähe auf ihn ab. Der Attentäter
wurde sofort verhaftet und auf die Haupt-
Polizeistation Pera gebracht. Djavid Bey
war schon sünf Minuten nach dem Atten
tat todt; er brach lautlos zusammen.
Das Blut färbte alle Stufen roth. Der
Mörder wurde von Hunderten von Händen
gepackt. Djavid Bey wurde sterbend in
die Bude eines kleinen Obsthändlers aus
der Brücke gelegt. Die herbeigeeilten
Aerzte constatirten den Tod. Das Publi
kum staute sich zu Tausenden an der Brücke
auf. In Galata entstand eine Panik;
mehrere Geschäfte schlossen. Der Mörder
heißt Hadji Mustafa und ist ein Albanese
aus Skutari. Er kam vor fünf Wochen
hierher und wohnte im Hotel de Solonique
in Stambul. Mustafa spielt den Betrunke-
nen oder Geisteskranken und behauptet,
vom Morde nichts zu wissen. Zweifellos
ist Mustafa ein gedungener Mörder.
Djavid Bey hatte viele Neider und Feinde.
Der Kummer des alten Vaters Djavids,
des Großvezirs Halil Rifaat Pascha ist
unbeschreiblich.
Paris, 9. Oct. Gestern fanden in
Deuil bei Paris die schon seit 14 Tagen
angekündigten Stiergesechte statt. Bei
dem ersten Gefechte brach der Stier durch
die Barrière und drang in den Zus cha uer<
raum ein, wodurch eine große Panik
entstand, bei der mehrere Zuschauer verletzt
wurden. Der Stier, der in's Freie flüchtete,
wurde von Gendarmen durch Revolver
schüsse verwundet und von einem der
Stierkämpfer getödtet. Das Stiergefecht
wurde nach diesem Zwischenfall nicht weiter
fortgesetzt.
Salerno, 8. Oct. Infolge von wolken
bruchartigen Regengüssen wurde gestern in
verschiedenen Städten und Marktflecken
schwerer Schaden angerichtet. Der Minister
der öffentlichen Arbeiten Lacava besuchte
heute die heimgesuchten Ortschaften. In
Cava dei Tirreni sind eine, in Salerno
zwei Personen umgekommen, in den anderen
Ortschaften bedeutend mehr. Die Zahl
derselben ist noch nicht bekannt. Der
Minister Lacava ordnete sofortige Hülfe,
leistung an.
Frankfurt a. M., 9. Oct. Der Finanz-
herold meldet: Die 44 größten amerika-
nischen Fahrradfabriken haben unter
der Firma „Amerikan Bicycle Company"
einen großen Fahrradtrust gebildet. Das
Aktienkapital beträgt 80 Millionen Dollars,
wovon 10 Millionen in 7% Vorzugsaktien
und außerdem 11 Millionen in 5% amor-
tisablen Obligationen ausgegeben werden
sollen. Im Berwaltungsrath sind die
ersten Sportfirmen vertreten, unter ihnen
die größte Amerikas, A. G. Spalding.
BreSlau, 9. Oct. Im ganzen Riesen-
und Jsergebirge sind gestern erhebliche
Schneemengen niedergegangen, welche bei
andauernder Temperatur unter Null liegen
blieben.
Oberlahnstcm, 9. Oct. Gestern fuhr
hier eine Lokc motive in einen mit
Ausflüglern besetzten Zug hinein.
Ein Wagen wurde aus dem Geleise ge
schleudert; 12 Personen sind verletzt, theil-
weise erheblich. — Weiter wird gemeldet,
daß bei Bacharach ein Personenzug ent
gleiste, wobei drei Wagen zertrümmert
wurden. Der Lokomotivführer ist leicht
verletzt worden.
Moskau, 9. Oct. Vergangene Nacht
richtete ein Sturm auf der N i k o l a i b a h n
große Verheerungen an. Etwa 100 Telephon-
und Telegraphcnstangen wurden umgeworfen,
zeitweise mußte der Verkehr unterbrochen
werden. Stellenweise erfolgte starker Schnee
fall, der den Boden bis zu einem Arschin
mit Schnee bedeckte.
Johannesburg, 9. Oct. 66 Mincn-
gesellschaften haben die Arbeit eingestellt.
Tausende von schwarzen Arbeitern sind ohne
Beschäftigung. Die Abreise der weißen Be
völkerung ist im Abnehmen.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
Nach den aus Südafrika vorliegenden
Meldungen hat sich bisher kein
Zwischenfall ereignet, obwohl es
den Befehlshabern angeblich immer schwe
rer wird, die Kriegslust der Buren zu
zügeln und einen Einfall in Natal zu
verhindern. Es stehen jetzt 16,000 Buren
an der West- und 6000 an der Ostgrenze.
Präsident Krüger wird ebenso wie Gene
ral Joubert mit Bitten bestürmt, die
Offensive zu gestatten, lehnt es aber ener
gisch ab.
Aokohama, 9. Oct. In einem Theil
von Central- und Ostjapan wüthete am
Sonnabend ein Teifun, der großen Ernte-
und sonstigen Eigenthumsschaden anrichtete.
Ein Zug ist in der Nähe von Utsunowija
von der Brücke in den Fluß hin
untergeweht; 6 Personen wurden
getödtet, eine große Anznhl verletzt.
New-York, 7. Oct. Mac Ki nley
und Bryan trafen sich gestern zufällig
in Canton (Illinois) und begrüßten ein
ander herzlich vor der zahlreich ange
sammelten Menge. Nachdem der Präsi
dent dort kurz gesprochen hatte und wieder
abgereist war, hielt Bryan eine Rede.
Schweiz.
In einem Anfall von Wahnsinn erschoß
in Solothurn der im Konkurs befindliche
Fabrikant Zimmerli seinen achtzehnjährigen
Stiefsohn und vergiftete sich dann mit
Schwefelsäure.
OeftLrLeich-Ungkp.ļ.
Beim jüngsten Ministerwechsel in Oester
reich wurde zum Leiter des Finanzministeri
ums ein Herr ernannt, dessen Name den
nichslavischen Völkern Oesterreichs einige
Schwierigkeit bereitet. Julius Bauer
schreibt darüber im Wiener „Extrablatt" :
Kniaziolucki, — so heißt der neue
Leiter des Finanzministeriums. Bei
einem Finanzminister muß alles klingend
sein, also auch der Name. Es ist nicht
leicht, sich diesen Namen zu merken, aber
immerhin ist der Inhaber desselben jenen
Finanzministern vorzuziehen, an die wir
noch lange denken werden. Ein Steuer-
zahler, der in seinen mitunter freien
Stunden zu dichten pflegt, ist nach der
ersten Lesung des üppigen Namens in
folgende Verse ausgebrochen:
O Kniazio lucki!
Sobald ich Deinen Namen seh'.
Thut mir der Mund, die Zunge weh,
Die Zähne werden gebrechlich.
Und dennoch rufe ich überall:
Der Name ist nicht Rauch, nicht Schall,
Ich liebe ihn — unaussprechlich!
Inland.
Berlin, 9. Okt. (Prozeß der .Harm
losen; 6. Verhandlungstag). Kriminalkom
missar v. Manteussel verlangt zunächst das
Wort zu einer öffentlichen Erklärung gegen
über den vielen gegen ihn gerichteten An
griffe seitens der Presse in den letzten Ta
gen. Derselbe bezeichnet die Aeußerungen
der Blätter, daß er hier gesagt haben soll,
er hätte auch! gegeniiber Dr. Kornblum Er
mittelungen wegen gewerbsmäßigen Glücks
spiels anzustellen gehabt, als auf einem
Mißverständniß beruhend. Gegen Dr. Korn
blum war die Einleitung des Verfahrens
beschlossen, und er, Manteussel, habe so
fort die Ueberzeugung ausgedrückt, daß Dr.
Kornblum intakt s ei. Frühere Ermittelun
gen, welche er angestellt, hätten ergeben,
daß Dr. Kornblum ein sehr bedeutendes
Vermögen, keinen Anhang in gewerbsmä
ßigen Spielerkreisen hatte und aus guter
Familie stamme. Sein, des Kriminalkom
missars Dementi im „Kleinen Journal" be
zweckte jbie Unterdrückung der Preckfehde, wo
zu er vom Untersuchungsrichter ausdrück
lichen Auftrag hatte, damit Dr. Kornblum
nicht vor den Kopf gestoßen werde. Die
Angeklagten v. Kayser und v. Kroecher blei
ben dabei, daß eine Voruntersuchung gegen
Dr. Kornblnm geschwebt habe und daß so
gar ein dem Angeklagten v. Kayser be
freundeter Referendar diese Akten iir der
Hand gehabt, als auch ein vom Untersu
chungsrichter vernommener Oberkellner, mit
Namen Sommer, die Akten auf dem Tisch
des Richters habe liegen sehen. Es kommt
alsdann zur längeren Auseinandersetzung
bezüglich der a la suite-Stellung des An
geklagten v. Kroecher. Das Generalkom
mando soll um genaue Auskunft hierüber
gebeten werden. Ter nächste Zeuge ist der
Gerichtsassessor v. Moers, der im Viktoria-
Hotel mit den Angeklagten v. Kayser und
v. Kroecher gespielt hat. Derselbe sagt aus,
daß er beiden Herren Vorwürfe gemacht
habe, weil sic mit Leuten, wie Wolfs, ver
kehrten, und solche dunklen Ehrenmänner
in ihren Klub aufnehmen. Tie Angeklag
ten hätten ihm erwidert, daß Wolfs tadel
lose Manieren habe und unmöglich! ein
Lump sein könne. Bald »ach, diesen Vor
stellungen seien die Enthüllungen im „Ber
liner Tageblatt" erfolgt. Der Zeuge ver
wahrt sich gegen die Verdächtigung, daß er
ein Freund und Vertrauter des Tr. Korn
blum gewesen sei. Dieser sei nur nach den
Veröffentlichungen in: „Berl. Tagebl." zu
ihm gekommen und habe ihn gebeten, in
einer Affäre mit v. Kayser und v. Schacht
meyer sein Kartellträger zu sein, da sich
beide Herren abfällig über Dr. Kornblum,
welchen sie als Urheber der Artikel im
„Berl. Tageblatt" hielten, geäußert hatten.
Zeuge habe Dr. Kornblum vor dem Ver
kehr mit Herrn v. Manteussel gewarnt. Tie
Forderung habe sich- durch entsprechende Er
klärungen der Gegner erledigt. Es folgt die
Vernehmung des Studenten Hans v. Gers-
dorff aus Leipzig, der vor etwa drei Jahren
zuerst im Viktoriahotel nnd später im
Central-Hotel anr Spiele theilgenommen
hat. Der Zeuge macht ausführliche Mit
theilungen über seine Vernehmung durch! den
Kriminalkommissar v. Manteussel und den
Untersuchungsrichter Herr. Der Zeuge be
zeichnet das Protokoll über seine Aussagen
zwar als richtig, betont aber, daß dieselben
unter dem Eindruck der ihm gewissermaßen
suggerirten Ueberzeugung ständen, daß ent
schieden falsch gespielt worden sei. Wenn
die Fiktion des Falschspielens weggenom
men werde, dann blieben nur Vorgänge
übrig, die ganz unverdächtig seien. Land-
gerichtsrath Herr konstatirt, daß das Pro
tokoll mit der außerordentlichsten Gewissen
haftigkeit aufgenommen, und daß der Zeuge
von keiner Seite beeinflußt worden sei. Ge
genüber dem Zeugen legt der Oberstaats
anwalt Protest ein, daß hier eine Art Un
tersuchung gegen Herrn v. Manteussel, der
sich durchaus korrekt benommen habe, ge
führt werde. Rechtsanwalt Dr. Schachtel
ist anderer Ansicht, indem er in dem Ver
halten des Herrn v. Manteussel eine große
Menge Inkorrektheiten erblicke. Ueber die
Frage, ob der Zeuge v. Manteussel nicht
in einzelnen Punkten seine subjektive Auf
fassung mit den Aussagen des Zeugen v.
Gersdorfs verquickt hat, kommt es zu lan
gen lebhaften Auseinandersetzungen zwi
schen dem Rechtsanwalt Dr. Schachtel und
Herrn von Manteussel. Herr von Manteuf-
fel giebt schließlich auf wiederholtes Drän
gen der Vertheidigung zu, daß einzelne
Sätze des Protokolls dem Untersuchungs
richter von ihm diktirt worden seien. Zeuge
Oberkellner Krieger war im Winter 1897
bis 1898 im Viktoriahotel als Kellner be-
dicnstet und hatte die dort tagenden Spieler-
cirkel zu bedienen. An denselben hatten sich
von den Angeklagten nur die Herren von
Kayser und von Kroecher betheiligt, es sei
ziemlich hoch gespielt worden. Es folgt die
Vernehmung des Oberkellners Kotz, der bei
Hecht die Spielercirkel zu bedienen hatte, er
erzählt, daß er oft den Spielern Geld ge
liehen habe. Auf die Frage des Präsiden-
40. 0
graphie
Ģreàde.
Roman von Hermann Heiberg.
(Nachdruck verboten.)
Endlich, nach langer, heißstanbiger Fahrt
hielt die Postkutsche, und mit den rauh be
tonten Worten: „Hier geht's nach Schloß
Rankholm —" öffnete der Schwager den
Wagenschlag und bedeutete einem darin
fitzenden Herrn, daß er aussteigen müffe.
Und während dieser, ein junger, vornehm
aussehender Mann seiner Aufforderung folgte,
wandte sich derselbe Postillon zu dem Ge
päckkasten, riß des Reisenden Koffer heraus,
stieß ihn unsanft auf den Erdboden und
ließ ihn dort liegen.
Und als der Fahrgast, Graf Axel Dehn,
ein Wort über Wegrichtung und Weiter
beförderung seines Gepäcks hinwarf, setzte
er statt zu antworten, die Finger an den
Mund und ließ in der Richtung eines von
Knicken eingefaßten Seitenweges dreimal
hintereinander einen scharfschrillen Pfiff er
tönen.
Alsbald erschien ein alter, gebückt gehen
der Mann oben an der Biegung des Pfades,
erhob mit phlegmatischer Bewegung die Hand
zum Zeichen, daß er gehört habe, und näherte
sich mit derselben Gemächlichkeit dem seiner
Wartenden.
„Venns Mand besorger alt —“ warf
der sich nunmehr erst wieder zu Worten
aufraffende mundfaule Roffelenker hin, nickte
obenhin und schritt mit einem mürrischen
Ausdruck das ihm gebotene Trinkgeld weg
steckend, dem Wagen mit den beiden Braunen
zu. Alsdann schwang er sich abermals auf
pen Bock und hieb, nunmehr taktmäßig mit
der Peitsche ausholend, auf die dann auch
rasch im Staub der Landstraße verschwinden
den Gäule ein.
„Wie weit ist's noch nach dem Schloß?"
warf Graf Dehn, während sich der Alte,
nach ehrerbietiger Verneigung, den schweren
Koffer auf die Schultern packte, hin.
„Saa omtrent ti Minuter!“ (So unge
fähr zehn Minuten) gab der Alte, in auf
fallend plattem Dänisch sprechend, zurück.
Und dann setzten sie sich in Bewegung,
und je mehr sie sich dem zwischen mächtigen
Parkbäumen hervorschimmernden Rankholmer
Schloß näherten, desto unfreier wurde dem
jungen Fremden zu Muthe.
Schon als Knabe hatte er von seinen
Eltern von dieser großen, dänischen Be
sitzung vernommen und jedesmal mit einem
Gefühl der Beklemmung zugehört. So viel
Absonderliches und Unheimliches hatte sich
in den dunklen Prachtsälen, den verschwiegenen
Kemenaten, den dickwandigen Thurmzimmern
und Fremdengemächern, aber auch auf den
versteckten Treppen dieses seit Jahrhunderten
bestehenden und allezeit in dem Besitz der
Grafen Lavard befindlich gewesenen Schlosses
abgespielt! Ein wild trotziges Geschlecht
hatte dort gehaust, um Erbschaften, Geld
und schöne Frauen Ränke geschmiedet und
sich nicht selten ingrimmig angefeindet.
Die Frau des nunmehrigen alleinigen
Besitzers, des Grafen Lavard, war eine
Französin aus vornehmem Geschlecht! Er
hatte die sehr begüterte Vikomtesse von
Vcrdeuil bei seiner Anwesenheit in Paris
auf einem Balle beim dänischen Gesandten
vor zwanzig Jahren als fünfzehnjähriges
Mädchen kennen gelernt, und sie war ihm,
mit einem schwermüthigen Verzicht auf die
unvergleichbaren Reize ihrer Heimat, hier
her in die einsame nordische Welt gefolgt.
Lavards besaßen zwei Töchter, Jmgjor
und Lucile, von denen sich die erstere, etwas
ältere, zur Zeit auf Rankholm aufhielt,
während sich Lucile gegenwärtig auf Reisen
befand.
Graf Dehns Vater und Graf Lavard
hatten einst zusammen bei den dänischen
Dragonern in Kopenhagen gestanden, aber
ihren Abschied genommen, nachdem sie beide
gelegentlich einer Urlaubsreise die ihren
Augen und Herzen genehmen Frauen ge
funden.
Graf Dehn war eine Ehe mit einer
Baronesse von Berg eingegangen. Mit ihr
hatte er reiche Güter in der Lausitz geerbt
und war in Folge deffcn nicht nur aus dem
dänischen Unterthanenverbande ausgeschieden,
sondern auch dorthin übergesiedelt. Immer
waren jedoch die beiden Freunde in Ver
bindung geblieben, und nun eben ging der
junge Graf Axel von Dehn, der einzige
Nachkomme dieser Familie, nach Rankholm
zur Brautschau. —
Mitten in der Einsamkeit lag das mächtige
Schloß. Nur ein zu der Herrschaft gehören
des, in einer Thalmulde malerisch hinge
strecktes Dorf, mit Namen Kneedeholm,
theilte diese stille Abgeschloffenheit von der
Welt und der großen Heerstraße.
Noch bevor die beiden Wanderer in die
zu dem Schloß führende Allee eintraten,
nahm Graf Dehn das Wort und richtete
einige Fragen an seinen Führer. Und da
er's geschickt begann, empfing er, wenn auch
knappe, doch allerlei für ihn werthvollc Mit
theilungen aus dem Munde des Alten.
Und unter solchen lebhaften Reden ge
langten sie dann an das Kastell, das seine
Front einem mächtigen, freien Platz zu
wandte.
Da aber dieser und das Gebäude rings
um von hohen, laubreichen Bäumen und
dichtem Gebüsch umschlossen waren, erschien's
dcm Auge, als ob Rankholm — wie ein
Dornröschcnschloß mitten in einem Walde
liege.
Freilich war's anders! Aus den Hinter
fenstern schaute man durch den zu solchem
Zwecke gelichteten Park ins Thal hinab,
und da lag in malerischer Schönheit und
in solcher Nähe, daß man beim hellem Wetter
die Häuser, Wege und Menschen aus den
Schloßfenstern genau zu erkennen vermochte,
das Dorf Kneedeholm mit seiner schlanken
Kirche, seinen zahlreichen Bauernhäusern und
einem alten romantisch gebauten Jagdschloß
vor einem.
Einen überwältigenden Eindruck empfing
Graf Dehn, als er nach Ueberschreiten der
Schloßbrückc, die auf einen peinlich sauber
gepflasterten Vorhof führte, durch das mächtige,
von zwei steinernen Löwen flankirtc Portal
in das Innere eintrat.
Er befand sich auf einem großen, in der
Mitte durch einen sprudelnden Neptunbrunnen
geschmückten und von den Mauern des stolzen
Gebäudes eingeschloffenen Jnnenhof.
Zu Seiten einer im Mittelbau befind
lichen, mit dcm Wappen des Grafen Lavard
gezierten Rampe — eine Faust, die einen
Dolch hielt, zückte ihn gegen einen sich wild
auflehnenden Geier — strebten mächtige
Säulen empor.
Auf ihnen erhoben sich Marmorgestalten
aus der Antike, und zu ihren Füßen streckten
zwei Tiger aus Bronze ihre Leiber und
Tatzen aufs Pflaster aus.
Und zwischen diesen mit Vorsprung
thürmen, zahlreichen hohen Eingangspforten,
bogenförmigen, von Epheu und Schling
gewächsen umzingelten Fenstern und Altanen
geschmückten Mauerwänden herrschte eine
lautlose, gleichsam furchterregende Stille.
Sie wurde nur jetzt unterbrochen durch das
Geräusch einer sich öffnenden Thür im
Portierhause, der sich der Alte soeben ge
nähert hatte, um den Gast beim Pförtner
anzumelden.
Nachdem das geschehen, verabschiedete er
sich, nach Empfang eines reichlich bemeffenen
Trinkgeldes, mit still verbindlicher Miene,
unv der Pförtner, ein ebenfalls gebückt ein-
hergchender Alter, stellte sich entblößten
Hauptes vor dem Fremden auf und zog,
nachdem er gehört, wer er sei, wiederholt
kräftig an einer Schelle.
Laut und zudringlich, ja, schreckhaft tönte
sie über den einsamen Hof, und im Nu er
schien der Haushofmeister in einem schwarzen
Frack oben auf der Schloßtrcppe, eilte die
Stufen hinab und geleitete den Grafen mit
einer Ehrerbietung, wie sie nur Königen
dargebracht zu werden pflegt, in das Schloß.
„Nein, es ist kein Brief eingetroffen, sonst
würde jedenfalls Fuhrwerk am Bahnhof
oder am Wege gewesen und ohne Zweifel
der Herr Graf selbst zum Empfang des
gnädigen Herrn, der schon seit mehreren
Tagen erwartet wurde, erschienen sein", er
klärte der Haushofmeister Fredcrik, als
welcher er sich, unter bescheidener Verneigung,
dem Grafen vorstellte.
Und der Graf sei nicht zu Hause, auch
die Comteffe Jmgjor sei nicht anwesend.
Aber die gnädige Frau befänden sich in