Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

Täglich erscheinendem Wlcrtt. 
(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
Awdsburger M Wochenblalļ 
Bezugspreis: 
Vierteljährlich 2 Ji—, frei ins Hans geliefert 
2 Ji 15 i>, 
für Auswärtige, durch die Post biogen 
2 Ji 25 9) 
inck. Postprovision rc., jedoch ohne Bestellgeld. 
Jnsertionspreis: pro Petitzelle 15 i>. 
AeLLestes und gelesenstes KLatt im Kreise Kendsdirrg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
92 ftee Jahrgang. 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Dem Rendsburger Wochenblatt wird 
„Äkr Landivirth" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen 
der Landwirthschast) gratis beigegeben. 
Wo. 227. 
Donnerstag, den 28. September 
1899. 
VKHŒBXS^fiGSSiSS^ 
Mnmemestr-LinIrSvng. 
—ŞG- 
Zum bevorstehendenZQuartals-Wechfel erlauben wir uns, zum Abonne- 
ment aus das 
„Kendsöurger Wochenblatt" 
ergebenst einzuladen. 
Die wichtigsten Tagessragen werden in leicht verständlichen Leitartikeln 
nach wie vor behandelt, alle eintretenden Vorkommnisse in bekannter Weise 
rasch zur Kenntniß unserer Leser gebracht. Wir werden darin durch unsere 
telegraphischen und telephonischen Nachrichten wesentlich unterstützt. 
Dem unterhaltenden Theile wird durch unser 
Ģ, HlnterhcrttungsbtcLtt ķ 
welches allwöchentlich (Sonntags) kostenlos dem Wochenblatte beigelegt 
wird, ausgiebige Pflege zu Theil. — Ferner wird das beliebte Beiblatt 
„Der FļmLàLH" 
nach wie vor im Umfange von 8 Seiten dem Wochenblatte gratis beigefügt 
und endlich ist für die Damen gesorgt durch kostenfreie Beilage des Blattes 
—"ŞLŞ „Wode und Kà". 
Den geehrten Landwirthen bieten wir telegraphische Bericht 
erstattung über die Hamburger Butter-, Vieh- und Husnmer 
Fettvieymarktpreife. 
Für ein erstklassiges Feuilleton haben wir stets Sorge getragen, 
was auch in weiten Kreisen Anerkennung gesunden hat. — Nach dem 1. Ok 
tober beginnen wir mit dem schönen Heibsrg'schen Roman: 
„Hrevinöe" 
Alles dies kostet nnr 3 Mark TW pro Quartal ohne Post' 
aufschlag und Postbestellgeld. 
Danach ist das „Rendsburger Wochenblatt" verhältnißmäßig das 
billigste Blatt dieses Bezirks, wenn man berücksichtigt, was man für den 
geringen Preis bekommt. 
Das „Rendsburger Wochenblatt" hat im ganzen Kreise Rsêlds- 
burg und weit darüber hinaus die größte und noch stets 
wachsende Verbreitung, so daß alle landwirthschaftlichen u. kaufmännischen 
Anzeigen, 
V Stellengesuche, Angebote u. s. w. bei billiger Berechnung die nnh- 
Ş bringcudste Verbreitung finden. Werth hat eine Anzeige für den 
H Inserenten nur dann, wenn sie auch Erfolg bietet. Daß dies erst 
-- bei wirklichen Mbounenten eines Blattes der Fall ist, liegt auf 
der Hand. 
Hochachtungsvoll 
Die Expedition 
des Rendsburger Wochenblattes. 
Morgen-Berichte. 
Berlin, 26. Sept. Den „Berl. Neuest. 
Nachr." wird aus London telegraphirt, 
daß die „Morning Post" in einem un- 
gemein gehässigen Artikel den Verdacht 
ausspricht, daß die neuen Unruhen in 
Samoa auf deutsche Anstiftung zurückzu 
führen seien. Die Thatsache, daß Deutsch 
land seit 20 Jahren auf die Annexion der 
Inselgruppe ausgehe, mache es wahrschein 
lich, daß es den Moment, wo sein Günst 
ling Mataasa wieder genesen und Eng 
lands ganze Aufmerksamkeit auf Südafrika 
konzentrirt sei, zur Verwirklichung seines 
langgehegten Wunsches benutzen wolle. 
Die „Berl. Neuest. Nachr." fügen hinzu, 
das Verhalten der Deutschen habe bisher 
noch Niemand Anlaß zu einem ähnlichen 
Urtheil gegeben. Wer selber hinter dem 
Busch gesessen, suche auch Andere dahinter. 
London, 26. Sept. Die Commentare 
der konservativen Blätter gehen dahin, 
daß eine friedliche Lösung der Transvaal 
srage nicht mehr möglich sei. Die liberale 
Presse erklärt, es sei nur noch eine Aus 
sicht vorhanden, den Krieg zu vermeiden, 
nämlich die Thatsache, daß England noch 
nicht seine endgiltigen Forderungen aus 
gestellt hat. 
__ Pretoria, 26. Sept. Die hier ansässigen 
Schweden, 'Norweger und Dänen nahmen 
in einer Versammlung eine Resolution 
an, dahingehend, die Südafrikanische 
Republik zu unterstützen. Die Israeliten 
hielten ein Meeting ab und beschlossen, 
militärische und pecnniäre Hilfe anzubieten 
In Johannesburg beschlossen die Irländer, 
an ihre Stammesgenossen in ganz Süd 
afrika die Aufforderung zu richten, den 
Boeren Hilfe zu leisten. 
Berl«, 26. Septbr. Zn neuerlichen 
Krisengevüchten schreibt die „Kreuzztg.": 
Bon zuverlässiger Seite haben wir die 
Ansicht -äußern gehört, daß in der That 
ein Meinungsunterschied zwischen dem 
Präsidenten und dem Bicepräsidenten des 
Staatsministeriums in Bezug auf die 
Kanalvorlage bestanden hat und noch be 
steht; rmr sei es Herr Dr. von Mtc-uel 
und nicht der Fürst Hohenlohe, der zur 
Zuspitzung des Gegensatzes zwischen -den 
Konservativen und der Staatsregierung 
beigetragen habe. Insbesondere sei -Herr 
von Miguel an der Maßregelung der Be 
amten stark betheiligt; auch habe er den 
hierauf bezüglichen königlichen Erlaß 
Namens des Staatsministerinms gegen 
gezeichnet und trage somit für denselben 
in erster Linie die Verantwortung. Wenn 
diese Darstellung richtig ist, so sagt die 
„Kreuzztg." weiter, so sind weitere Ueber- 
raschungen auf den Gebieten der inneren 
Politik nicht ausgeschlossen. Denn es ist 
selbstverständlich, daß dann auch das per 
sönliche Verhältniß des Herrn v. Miguel 
zur konservativen Partei eine Aenderung 
erfahren und der Bicepräsident des 
Staatsministeriums dann kaum noch bei 
einer der maßgebenden politischen Parteien 
eine zuverlässige Stütze finden würde. 
Berlin, 26. Sept. Der Postgehilfe 
Emil Nixdorf aus Karstädt, der nach 
Unterschlagung von Geldbriefen flüchtig 
wurde, ist hier ergriffen worden. Man 
fand bei ihm 6000 Mk. und Schmucksachen, 
die er von dem unterschlagenen Gelde 
gekauft hatte. 
Stettin, 26. Sept. Nachdem vor mehre 
ren Monaten der ehemalige Direktor 
T h y m von der National - Hypotheken 
kreditgesellschaft verhaftet wurde, ist jetzt 
auf Requisition der Staatsanwaltschaft der 
ehemalige zweite Direktor U h s a d e l 
sowie der frühere Vorsitzende des Aus 
sichtsraths, GrafArnim-Schlagen- 
thin, auf dem Gute Nassenheide bei 
Stettin verhaftet worden. 
Wiesbaden, 26. Sept. Die „Frkf. Ztg." 
meldet: Der Hostheater-Jntendant von 
Hülsen hat dem „Rheinischen Courier" 
die Berichterstatter- und sonstigen Frei 
karten für das Hoftheater entzogen' 
Veranlassung dazu ist in einer Kritik des 
Opernresercnten von dem genannten 
Blatte zu finden. 
Frankfurt a. M., 26. Sept. Heute 
Abend hat in einer Wirthschaft in der 
Allerheiligen Straße, wie die „Frkf. Ztg." 
meldet, ein Gast eine Kellnerin und dann 
sich selbst erschossen. Beide sino todt. 
Wie es heißt, war der Mann ein Kellner 
aus Hamburg. 
Pirna, 26. Sept. Bei der heutigen 
Reichstags < Stichwahl wurden 
nach bisheriger Feststellung abgegeben für 
Lotze (Reformpartei) 12 084, für Fraeß- 
dorf (Sozialdemokrat) 11875 Stimmen. 
Das Resultat aus 20 Ortschaften steht 
noch aus. 
Elberfeld, 26. Sept. Nach der „Elbers. 
Ztg." stieß gestern Abend im Tunnel aus 
der Strecke Elberfeld-Düffeldors zwischen 
Varresbeck und Dornap eine leere Loko 
motive aus einen entgegenkommenden 
Güterzug, der infolge falscher Weichen- 
stellung aus das genannte Geleise gerathen 
war. Der Materialschaden ist bedeutend, 
5Personen wurden verletzt, jam schwersten 
der Heizer der Lokomotive, der absprang 
und von den Trümmern an die Tunnel 
wand gedrückt wurde. Der Verkehr wird 
über Vohwinkel geleitet. 
Graudcnz, 26. Sept. Wie der Gesellige 
aus Stuhm in Westpreußen meldet, hat 
die 24 jährige Tochter des dortigen Ge 
richtsdieners ihre drei jüngeren Geschwister 
von drei, sechs und acht Jahren in den 
Brunnen des Amtsgerichts geworfen. 
Zwei von den Kindern ertranken. Das 
dritte konnte, wenn auch schwer verletzt, 
gerettet werden. 
Madrid, 26. Sept. Der Typhus ver- 
langt täglich sechs bis zehn Opfer. Es 
herrscht allgemeine Besorgniß. Die deut« 
Aerzte Frosch und Kassel, die in Oporto 
die Pest studirt haben, erforschen jetzt in 
Madrid den Typhus. 
Petersburg, 26. Sept. Der in Moskau 
bekannte Großkapitalist Mamontow wurde 
verhaftet. Er hat 800 000 Rubel von 
der Verwaltungskasse der Moskauer 
Archangelsk-Eisenbahn entwendet und in 
eigenem Bedarf verwendet. Er wurde in 
Einzelhaft internirt. 
Moskau, 26. Sept. Eine große Benzin 
explosion entstand heute infolge einer 
Feuersbrunst in einer Droguenhandlung. 
26 Personen, worunter sich zehn Feuer« 
wehrleute befanden, erlitten schwere Ver 
letzungen. 
Moskau, 26. Sept. Die reiche Gräfin 
Sumarokow ist während der Fahrt ans 
der Moskau-Kursker Eisenbahn in einem 
Waggon erster Klaffe durch Einschläferungs 
mittel betäubt und ihrer Reisetasche, in 
welcher sich Juwelen im Werthe von 
50 000 Rubel und 5000 Rubel in Credit 
briefen befanden, beraubt worden. Der 
That verdächtig sind zwei elegant gekleidete 
Frauen, angebliche Gutsbesitzerinnen, welche 
in demselben Waggon fuhren und vow 
dem Erwachen der Gräfin verschwanden.. 
Warschau, 26. Sept. Eine schreckliche 
Katastrophe wird aus der Gouvernements 
stadt Lublin gemeldet. Unweit der Stadt 
haben sich von einem bergauffahrenden, 
hauptsächlich mit Eisenbahnschienen belade 
nen Güterzug acht Waggons losgerissen 
und sind von steiler Höhe in eine Com 
pagnie Soldaten des Bielowskischen 
Regiments, welche beim Bau der Bahn 
strecke arbeiteten, hineingefahren. Dreizehn 
Soldaten waren sofort todt, 10 wurden 
lebensgefährlich, 29 leichter verletzt. Die 
Zur gest. Beachtung für unsere geehrten Inserenten: Dieses Blatt wird z. Zt. an jedem Tage in 330® Exemplaren ausgegeben. 
i6) Sum Saume her ErkemtH. 
Roman von Georg Ho eck er. 
Im Hause herrschte eine unheimliche Stille, 
welche sich plötzlich wieder weinenden 
Kläre beklemmend auf's Herz t ea t e . ,^ e ge , 
mahnte so recht an das geschehene Unglück. 
Eine Magd schaute die Eindringlinge.ver 
wundert an und schnippisch frug sie «ach 
deren Begehr. 
Die Bäuerin weile beim Oberknecht; der 
sei in der Wohnstube auf schnell aufge 
schlagenem Lager gebettet worden, lautete 
des Mädchens Bescheid auf Stichlings Frage. 
Dieses führte Vater und Tochter ohne 
Weiteres nach der Wohnstubenthür und 
öffnete dieselbe. 
Der Blick der noch auf dem Flur Ver 
harrenden fiel in das große, verdunkelte 
Zimmer; mitten in diesem war das Bett 
aufgeschlagen, in welchem Adam ruhte. Neben 
der Lagerstatt aber saß Frau Eva, den 
Rücken der Thür zugewandt. 
Eben beugte sie sich über den mit ge 
schloffenen Augen und schneefarbenen Gesichts 
Daliegenden und lauschte nach dessen Athem 
zug. Aber ïctum hatte ihr Ohr das Ge 
räusch der sich in den Angeln drehenden 
Thür wahrgenommen, als sie auch schon 
vom Schemel in die Höhe fuhr und sich 
eilfertig umwandte. 
Ihr Blick fiel auf die weinende Kläre; 
sie mochte diese kaum von Ansehen kennen, 
şicherlich hatte sic noch niemals ein Wort 
svit ihr gewechselt, hielt sich die Bäuerin! 
°vch stolz von aller Gemeinschaft mit den! 
Dorfbewohnern fern. Zwiefach 
wirkte darum aber der finstere, wie in Haß 
aufglühende Blick, der aus ihren nächtigen 
Augen mit einem Male auf das -junge 
Mädchen schoß; ein Ruck ging durch die 
herrliche Gestalt der Bäuerin und diese 
wich einen Schritt zurück vom Krankenlager. 
Stichling wollte einiges sagen; aber die 
Bäuerin hob wehrend die eine Hand vor 
den Mund; zugleich wieg sie auf Adam, 
dessen Lippen sich -wirre Worte entrangen 
und der ab und zu mit ungestümer Be 
wegung sich im Bett umherwarf. 
„Es ist ein Fieber im Anzug", sagte die 
Bäuerin nun, dicht an die Besucher heran 
tretend. „Erhitzt ist .er in's Wasser ge- 
- so hat er sich's natürlich geholt . . 
ein Bote ist schon nach dem Arzt unterwegs 
; - bc . r Doktor kommt sicherlich . . ich hab' 
ihm ein Reitpferd mitgeschickt!" 
An der Bäuerin, die anscheinend so gleich- 
müthig und gefühllos sprach, als ob sie mit 
dem in Flebernoth Darniederliegenden nicht 
die geringste Gemeinschaft verbinde, schnellte 
Kläre auf den Geliebten zu; neben dessen 
Schmerzenslager sank sie mit einem dumpfen 
Wehelaute nieder und faßte sein- eine schlaff 
herunterhängende Hand, diese an die zucken 
den Lippen führend. 
Aber da stand auch schon wieder Eva hinter 
ihr. Mit solch nnverhüllt feindseligem Blicke 
uiaß sie das junge Mädchen, daß dieses 
verstört, kein Wort zu sprechen wagend, auf 
stand. Sekundenlang blieb Eva's Gesicht 
verzerrt; dann glätteten sich die Züge wie 
der und die Bäuerin führte das Mädchen 
eilends vom Bett hinweg. 
„Seid Ihr von Sinnen!" flüsterte sie 
mit herbklingender Stimme. „Spart Eure 
Liebesbetheuerungen, jetzt regt den Kranken 
nicht unnütz auf . . helft ihm aus seiner 
Noth, das wär' die rechte Liebesthatl Ich 
mag die Frauensbilder nicht leiden, die 
nichts können als heulen und gaffen!" 
Sie hatte so leise gesprochen, daß Stich 
ling nicht ein einziges ihrer Worte zu ver 
stehen vermocht hatte; jedoch errieth er das 
Unfreundliche ihres Gebahrens aus dem 
wiederholten, schreckhaften Zusammenzucken 
seines Kindes. Wie schützend trat er näher 
an dieses heran. 
Eva mochte m seinen Gedanken lesen; 
sie maß ihn mit geringschätzigem Blicke. 
Eben that sich die Thür auf. Eine Magd 
mit einer Blechschüffel voll Eis trat ins 
Zimmer. 
Da kümmerte sich die Bäuerin aber auch 
schon um die Beiden nicht mehr. Sie nahm 
der Magd die Schüssel mit Eis aus der 
Hand, überzeugte sich durch einen Blick, daß 
letzteres klein geklopft war und füllte als 
dann eine auf dem Tisch liegende Schweins 
blase mit den Stücken. 
Mit wcitgeöffneten Augen starrte die ver 
schüchtert in einer Ecke stehende Kläre auf 
ihr Thun; ein Schauer nach dem andern 
kam sie an. 
„Nun, nun, was ist's, lieb' Ding?" 
brummte ihr Vater, leicht sie umfassend. 
„Was kümmert Dich? . . unbesorgt, das 
sieht mit Adam gefährlicher aus wie's ist! 
. . er hat eine starke Natur . . ein paar! 
Tag' Fieber, hernach ist 's scho wieder 
verlass' Dich d'raus!" 
„Wir wollen ihn zu uns nehmen, Vater!" 
flüsterte das Mädchen darauf, während aus 
seinen sanften Taubenaugen ein schier feind 
seliger Blick die Gestalt der Bäuerin streifte, 
welche eben an das Bett herantrat und dem 
Fiebernden darin die kühle Eisblase auf die 
Stirn legte. „Recht wär' mir's scho aller- 
weg", brummte Stichling, „ich kann dies 
hochgcstoch'ne Weibsbild au nit verputze." 
Er trat rasch an Eva heran. 
„Viel Dank auch für die Müh, welche 
Ihr Euch gebt um meiner Tochter Bräutigam", 
sagte er im gequältesten Hochdeutsch mit leiser 
Stimme. „Aber ich mein' als, fette Sorg' 
liegt uns ob. Mit Eurer Vergunst werd' 
ich darum meine Wägele hole und Adam 
'neinpacke . . der Doktor find ihn ja gerad' 
so gut in der Sägemühl' unten." 
Die Bäuerin hatte mit ersichtlicher Be 
friedigung den leichteren Gesichtsausdruck 
des Bewußtlosen, welchem das kühlende Eis 
gar wohl thun mochte, wahrgenommen, nun 
hob sie den Blick und schaute, ohne daß 
in ihren Zügen sich auch nur das Geringste 
regte, Stichling mit abweisender Kälte an. 
„Adam gehört hier ins Haus", sagte sie 
dann herb. „Er ist der Oberknecht vom 
Hof und zudem hat er meinem Büble das 
Leben gerettet ... es ist nicht Brauch auf 
dem Tölzbacherhof, seine Wohlthäter sich 
nehmen zu lassen, wenn sie siech und hilf 
los sind." 
„O, es soll ihm an Pfleg' bei uns nit 
fehle", brummte Stichling gereizt. „Und 
em hat meine Kläre wohl das oberst' 
!und fürnehmst' Anrecht auf die Pfleg' von 
ihrem Schatz." 
Aber Eva schüttelte nur den Kopf, nach 
dem sie zuvor einen gehässigen Blick auf 
das neben den Vater getretene Mädchen ge 
worfen hatte. 
„Nichtsda!" stieß sie rauh hervor. „Adam 
bleibe, wo er ist . . Eure Tochter mag ihn 
später pflegen, wenn er Euer Schwieger 
sohn wirklich geworden ist . . bis jetzt ist 
er'S noch nicht und so'n Versprach geht ohne 
hin oft auseinander." 
Die wegwerfende Redeweise der Tölz 
bacherin brachte in den Adern des leicht 
zornmüthigen Sägemüllers das Blut schier 
zum Sieden. Seine Hände ballten sich und 
er maß die Bäuerin mit gar unfreundlichem, 
gereiztem Blicke. 
Aber diese ließ sich's wenig genug kümmerw; 
sie hatte sich bereits wieder zum Kranken 
zurückgewendet und schob auf deffen Stirn 
den Eisbeutel zurecht. Dann sah sie nach 
der Uhr. 
„Zwei Uhr vorbei", sagte sie wie im 
Selbstgespräch. „Es mag leicht noch drei 
Stunden dauern, bis der Arzt kommt . 
„Also . . also . ." drängte der Säge 
müller, der für den in ihm lodernden In 
grimm nicht sofort die rechten Worte fand. 
„Ich denke, Ihr wußt' nun, wie Ihr dran 
eid". entgegnete vom Bett her die Tölz 
bacherin gleichgültig. „Es ist nicht gut, im 
Krankenzimmer viel zu reden, es stört den 
Fiebernden leicht . . Ihr mögt Euch ja täg 
lich nach ihm erkundigen lassen . ."
	        
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