Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

Màbmgêr M Wochenblatt. 
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E l fter Jahrgang. 
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dieses Blattes vorbehalten. 
Dem Rendsburg» Wochenblatt wird 
„Der Landwirth" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen 
der Landwirthschaft) gratis beigegeben. 
Wo. 224. 
Sonntag, den 24. September 
1899, 
Drittes Blatt. 
»1B» Bmmk Her Eileutittjs. 
Roman von Georg Hoecker. 
Der Dezember kam mit Sturm und Schnee. 
Auf einmal war Engertsbronn von aller 
Welt wie abgeschnitten. Die Wege und 
Stege waren verschneit, die Waldbäume 
seufzten unter einer schier unerträglich schweren 
Schneelast und das Gethier im Forst kam, 
durch Hungersnoth zahm geworden, bis an 
die Behausungen der Menschen heran. 
Am schlimmsten meinte es der Nordost 
mit den Dörflern. Der blies mit vollen 
Backen die Schneelasten durch einander, daß 
sie sich stellenweise zu wahren Bergen an 
stauten, die Wege versperrend, den Verkehr 
hemmend. 
Ueber eine Woche schon war der Land 
postbote nicht ins Dorf gekommen. Daraus 
machte sich freilich nur der Herr Pfarrer 
etwas, der seine Zeitung nun nicht für's 
Fcierabendstündlein auf dem Tisch zurecht 
liegend fand. Den Bauern selbst war's 
gleichgiltig. Sie machten sich aus all den, 
Weltgctriebe nicht viel. Zudem gab's gerade 
vor dem Fest besonders viel zu thun. Der 
Erntesegen vom verflossenen Sommer kam 
nun in seinem Haupttheil zum Ausdrusch. 
Wohin man im Dorf hörte, von überall 
erklang der Taktschlag der Dreschflegel. Die 
Spatzen hatten gute Tage; sie hüpften bis 
hinein in die Scheuern, deren Thore ge 
öffnet waren und aus welchem hinaus in 
die frische klare Morgenluft der Menschen 
schweiß verdampfte, vergossen von den emsig 
schaffenden Gesindeleuten. Da gab's manch 
Körnlein aufzupicken; es herrschte keine Noth 
im Dorf trotz Wintersturm und Wetter 
drang. 
Dem kranken Tölzbacher hatte das all zu 
heftige Einsetzen der Kälte geschadet; das 
Fieber war wieder heftig bei ihm aufge 
treten. Schlinnn war es, daß man den 
Doktor aus der Kreisstadt nicht hatte kommen 
lasten können, aber es war auf den ver 
schneiten Wegen nun einmal kein Durch 
kommen. Nicht umsonst war indessen Eva 
in der Krankenpflege bewandert. Sie hatte 
den zum Hofe gehörigen, liefen Dorfweiher 
an der Uferseite aufhacken lasten und mit 
dem Eise den Fieberbrand des Gatten ge 
stillt. Dem kleinen Willi war's freilich 
gegen den Strich gegangen; er besaß das 
einzige Paar Schlittschuhe im Dorfe und 
hatte sich mit ihnen vor der am Uferrande 
andächtig versammelten Dorfjugend auf dem 
Weiher gebrüstet; nun hatte ihm die Mutter 
das Betreten der Eisfläche streng untersagt. 
Als er dennoch bereits am nächsten Tage 
versucht hatte, heimlich die Schlittschuhe vom 
Nagel abzuhängen und nach dem Weiher 
zu entweichen, da hatte Eva sogar die Hand 
wider ihren Liebling erhoben und diesem 
war solch eine empfindliche mütterliche 
Züchtigung zu Theil geworden, daß er gern 
das Schlittschuhlaufen vergessen hatte. 
Dafür aber war die unliebenswürdigste 
Charakterseite des Kindes in bis dahin un 
erhörtem Umfange an den Tag getreten. 
Willi halte die Mutter nachträglich um Ver 
zeihung bitten sollen. Aber er war dem 
Gebot, so nachdrücklich dasselbe ihm gegen 
über auch geäußert worden war, nickt nach 
gekommen, sondern war in, Gegentheil ver 
stockt und mit trotziger Miene auf seinem 
Stuhle sitzen geblieben. In Frau Eva war 
der Zorn mächtig geworden, sie war an das 
Kind herangetreten und hatte dieses, als es 
auf seinem unbotmäßigen Sinn beharrte, 
zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich 
unbarmherzig gezüchtigt. Aber Erfolg hatte 
sie damit keinen erzielt; der Kindesleib hatte 
sich unter den erbarmungslos geführten 
Schlägen gekrümmt und der Schmerz hatte 
dem Knaben wimmernde Laute erpreßt — 
— aber zu einer Bitte um Verzeihung hatte 
sich Willi nicht Herbeigelaffen, sondern im 
Gegentheil die Mutter mit solch wildem, 
finstern und wie rachsüchtig aufblitzendem 
Blicke angestarrt, daß Eva ganz entsetzt 
zurückgetreten war und rathlos vom Kinde 
abgelassen hatte. 
Tölzbacher hatte von seiner Krankenstube 
aus das Schreien und Wehklagen des Kindes 
mit anhören müffen. Als er nun Eva in's 
Zimmer treten sah, winkte er sie ängstlich 
heran. 
Das junge Weib klagte ihm seine Noth. 
Kopfschüttelnd und mit bekümmertem Aus- 
drucke hörte der Bauer sie an; dann sah 
er mit seinen klugen Augen Eva unendlich 
liebevoll an und streichelte ihr die Hände. 
„Soll ich Dir was sagen?" frug er dann 
zögernd. „Denk', unser Willi ist von Deinem 
Blut ... er hat nicht meine bedachtsame, 
stille Art, er kann sich nicht ducken, dazu ist 
sein Nacken zu steif, so jung er auch noch 
sein mag . . . aber er müßt' seiner Mutter 
Sohn nicht sein, wenn er darum nicht doch 
von rechter Art wär' . . weißt Eva, mich 
bedünkt, Du hast's dem Büble vererbt, er 
kann den gold'nen Mittelweg gleich Dir 
nicht geh'n, Du giebst Dein Herzblut, wenn 
Dich 'was gefaßt hat, gehst schrankenlos 
zum Ziel meinst nicht auch, Du hast 
dem Büble ein wenig zu viel Zuckerbrot 
bisher gegeben, ihm die Vorgesetzte in der 
Mutter zu wenig suhlen machen? . . nun 
rebellirt er, wo er geduckt werden muß!" 
Eva sagte nichts darauf; aber eine tiefe, 
feindselige Falte prägte sich zwischen ihren 
Augenbrauen ans. Tölzbacher sab sie wohl 
und er schien darüber zu erschrecken; aber er 
sagte nichts, sondern lächelte nur mit weh 
müthigem Anstrich vor sich hin. 
vergeffen. Aus freien Stücken kam jetzt 
Willi plötzlich zur Mutter. Er schlang die 
Aermchen um deren Leib und blickte sie aus 
tieftraurigen Augen flehend an. 
„Willi ist bös gewesen ... er will's 
nimmer thun, gewiß nicht!" stammelte er. 
„Sei wieder gut, Muttchen!" 
DaS kam gewißlich aus tiefinnerstem 
Kinderherzen hervor. Ein gutes Wort, jetzt 
von der Mutter ausgegeben, hätte den 
Frieden zwischen den beiden im Grunde ge 
nommen so gut harmonirenden Herzen so 
fort wieder hergestellt. 
Aber Eva gedachte der gestrigen Unbot 
mäßigkeit des Kindes plötzlich wieder; sie 
sah nickt das heiße Flehen in den lieben 
Zügen, sondern der Trotz vom gestrigen 
Abend schien ihr aus den dunklen Augen 
wieder zu sprechen. Schier unsanft drängte 
sie das Kind, so sehr vielleicht auch ihr 
eigenes Herz danach verlangte, dasselbe zu 
liebkosen, zurück, ohne die Bestürzung zu ge 
wahren, welche sich sofort in dessen Mienen 
spiel kund gab. 
„Ist schon gut!" sagte sie unfreundlich. 
„Bitt' mir's aus, daß so 'was nimmer vor 
kommt, denn ich würd' Dick zu Tod' schlagen, 
merk' Dir's! Kannst lang warten, bis ick 
wieder so gut zu Dir bin, wie sonst!" 
Die harten Worte waren kaum heraus, 
so thaten ihr dieselben auch schon leid. Sie 
machte eine Bewegung, wie um nachträglich 
liebkosend den braunen Lockenkopf des Knaben 
zu berühren. 
Aber dieser war schon zurückgefahren; alle 
Lebcnsfarbe war in dieser Sekunde aus dem 
Kmdesantlitz entwichen und in den Augen 
glühte das böse, trotzige Feuer vom ver- 
wichenen Abend wieder. Er maß seine 
Mutter während einiger Augenblicke wie 
prüfend und abwägend, als ob er heraus 
ernstlich gemeint sei. Als sich nun das An 
gesicht Frau Evas in dieser Sekunde wieder 
düster umzog, da sagte Willi gar nichts, 
aber er ballte heimlich die Fäuste und wich' 
den Kopf auf die Brust sinken lastend, aus 
dem Zimmer. 
Die widerstreitendsten Gefühle brannten 
in der Brust der Mutter. Noch niemals 
war auch nur der geringste Zwiespalt zwischen 
ihr und dem von ihr sorgsam behüteten 
Kinde eingetreten; jetzt aber wurde sie an 
dem letzteren förmlich irre. Wie, hatte sic 
nur darum dem Kinde eine nahezu demüthige 
Liebe entgegengebracht, war diesem in allen 
Stücken zu Willen gewesen, damit Willi 
nun ihr offenen Trotz entgegenbrachte, wo 
es sich einmal darum handelte, den gerechten 
Mutterwillen durchzusetzen? 
(Fortsetzung folgt.) 
andern Tag schien der Zwischenfallbe kommen wolle, ob diese schreckliche Drohung 
Inland. 
Der Dreyfus-Rummel zeitigt sonderbare 
Geschmacksverirrungen. Ein Berliner Re- 
staurateur führt so z. B. ein Getränk, 
dem er den Namen „Dreyfus-Thräne" 
beigelegt hat. Wie auf der Etiquette 
bemerkt ist, soll es der „unschuldigste" 
aller Schnäpse der Welt sein und es 
werden dem Käufer bei Entnahme von 
10 Flaschen „mildernde Umstände" in 
Form von Rabatt bewilligt. 
Eine verlorenegrößereGeld- 
summe beschäftigt zur Zeit die Berliner 
und die Charlottenburger Polizei. Es liegt 
der selteue Fall vor, daß die Polizei suchen 
mußte, wer das Geld verloren hat und 
es nicht wieder haben zu wollen scheint. 
Aus Harzburg ist nach Berlin gemeldet 
worden, daß dort in Schmelzers Hotel 
eine Dame, die anscheinend aus Berlin 
oder Charlottenburg kam, in einem Zimmer, 
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