Täglich erscheinendes WLcltt.
Asndsburger
(Außer an Sonn- und Festtagen.)
Wochenblatt.
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2 Ji 15 è),
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Ş2 fUv Jahrgang,
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Dem Rendsburger Wochenblatt ivird
„Der Landwirth"
(Zeitschrift für die politischen u. soeialen Interessen
der Landwirthschaft) gratis beigegeben.
Wo. 157.
Sonnabend, den 8. Juli
1899.
Morgen-Berichte.
Belgrad, Juli. (Ocig.-Telegr.
des Rendsb Wochenbl.) Gestern Abend
schoß ein Individuum auf den König
Milan. Der König ist leicht im
Rücken verwnndet. Der Thäter ist
-erhaftet.
Berlin, 6. Juli. Eine Reihe non
Personalveränderungen in der preußischen
Armee, datirt vom 3. Juli, Eckcrnförde, an
Bord der „Hohen,zollern", sind vom Kai
ser vorgenommen worden. Hervorzuheben
ist, daß wieder fünf Generäle verabschiedet
sind, während ein Generalmajor zur Dis
position gestellt worden ist.
Berlin, 6. Juli. Wie der „Lokanz."
meldet, wird die 300 000 Mk.-Prämie der
am 16. v. M. in Berlin beendigten Ziehung
der Aachener Domban-Geldlotterie, welche
auf Nr. 30166 fiel, Anlaß zu einem Ci-
dilprozesse geben. Das Loos befand sich ur
sprünglich int Besitze des Gutsbesitzers W.
m Schwanefeld. , Dieser hatte es dem Kol
lekteur zurückgesandt, weil er es nicht spie
len wollte. Nach einigen Tagen forderte
das Loos zurück und schickte dem Kol
lekteur den Geldbetrag eilt. Das Loos war
aber indessen weitergegeben worden. Als
der Gutsbesitzer erfuhr, daß auf das Loos
die Prämie von 300 000 Mk. gefallen war
'd er auf seine Reklamation hin voir der
tchener Lottericdirektioit abschlägig be
leden wurden, beschloß er gegen die Dt
Ion klagbar zu werden. Die nöthigen
ritte sind bereits eingeleitet.
Berlin, 6. Juli. Der verantwort-
che Redakteur der „Bortvärts", Jakoby,
er wegen Verletzung des Urheberrechts an
geklagt war, ist heute freigesprochen wor
den Er sollte das Vergehen durch den
ädruck dreier, dem Chefredakteur der
"Post" Kronsbein, abhanden gekommene
f riefe des Frhrn. v. Stumm begangen
haben.
Breslau, 6. Juli. Die oberschlcsi-
iche Montanindustrie erklärte sich der
"Brest. Ztg." zufolge, bereit, zur Errich
tung einer Technischen H o ch s cf) n I c
In Breslau einen Beitrag von insgesammt
400 000 bis 500 000 Mark aufzubringen.
Frankfurt a. M., 6. Juli. Gestern
Abend stürzte sich in einem Anfalle von
Geistesstörung im benachbarten Niederrad
^ne Bahnarbeitersfrau mit ihrcndrci
^ i n d e r n in den Main. Das einjährige
^siid und die Frau ertraiikcn, die älteren
Zinder wurden gerettet.
Görlitz, 6. Juli. Durch mehrstündi
gen Regelt ist in der vergangenen Nacht
Hochwassergefahr eingetreten. In Zittau ist
der Wasserstand 2,60 Meter hoch und stark
steigend.
B r a u n s ch w e i g, 6. Juli. In Helm
steht richtete gestern Abend ein Wolken-
brnch großen Schaden an. Die Erdgeschosse
fast aller Häuser mußten geräumt werdcit.
Atu schwersten litt die bekamrte Kammgarn-
spinnerei von Hampe. Sieben andere Orte
wtirdeir ebenfalls von deut Anwetter be
troffen. Einzelheiten fehlen noch.
L e n g e r i ch, 6. Juli. Dem Dro
guisten Achenbach, der mit der Herstellung
von Feuerwerkskörpern beschäftigt war, sind
in Folge einer furchtbaren Explo
sion eilt Arm tend beide Beine a b-
g e r i s s e n. Der Verunglückte starb liach
wenigen Stunden, das Haus wurde zum
Theil zerstört.
Laibach, 6. Juli. Mehrere Orte
Steiermarks wurden nach einem heftigen
Gewitter am Montag von einem ziemlich
starken Erdbeben betroffen. Es wurden fünf
Erdstöße verspürt, der Boden lvankte, Bil
der fielen von den Wänden herab und viele
Fenster zersprangen. Das Erdbeben ging in
südlicher Richtung.
_ B e r a u n (Böhmen), 6. Juli. Bei der
Einfahrt des Personenzuges Furth-Prag in
die Station Beraun entgleiste der Salon
wagen, wohin sich der Fürst und die
F ü r st i n von T h u r n und Taxis
befanden; beide blieben unverletzt und
setzten die Reise nach Prag in einem an
deren Wagen fort. Drei Reisende sind an
geblich verletzt.
Charkow, 6. Juli. Die „Post" met
det: Das große Naphta- und Benzin-Ma
gazin des Kaufmannes Botscharoff ist voll
ständig niedergebrannt. Es erfolgte eine
Explosion, wobei vier Angestellte des Ge
schäftsinhabers und fünf Feuerwehrleute
das Leben verloren. Die angrenzenden
Wohnhäuser haben stark gelitten.
c^V^rad, 6. Juli. Die „Frkf. Ztg."
meldet: Der frühere Regent Ristic hat
etnen Schlaganfall erlitten. Seine linke
Sette r)t gelahmt nnö die Herzthätigkeit ist
sehr gestört. König Alexander wird seine
Karlsbader Kur nach der Rückkehr König
Milans von seiner Schweizerreise antreten.
Sofia, 6. Juli. Die Belgrader Zei
tungsmeldungen vom Ausbruche einer Re
volution in Bulgarien und von der gewalt-
samen Entfernung des Fürsten Ferdinand
über die Grenze sind unbegründet. Es
herrscht hier vollständige Ruhe. (S. Art'
Sofia, 6. Juli. Ter Schluß der So
brause erfolgt ant 9. Juli. — Fürst Fer
dinand ist sammt Familie nach Euxinograd
abgereist.
Brüssel, 6. Juli. Die Nachricht, daß
Vandenpeereboom noch vor dem entschei
denden Spruch der parlamentarischen Son
derkommission seine Entlassung fordern
werde, tritt immer stärker auf. Für ben
Augenblick allerdings wird die Meldung an
amtlicher Stelle bestritten.
Brüssel, 6. Juli. In parlamenta-
rischen liberalen Kreisen spricht man von
der Möglichkeit eines antiklerikalen Kabi-
netS, wobei die Namen des Sozialisten
Vandervelde und Hector Deniis als künf
tige Minister genamrt werden.
Paris, 6. Juli. Ein Gerücht will
wissen, Wàldeck Rousseau werde gleich nach
Beendigung des Dreyfus-Prozesses eine
außerordentliche Sitzung der Kammer ein
berufen, in welcher das Kabinet, nachdem es
seine Haltung gerechtfertigt hat, seine De
mission geben wird, um dem Präsidenten
der Republik es zu ermöglichen, ein neues
Kabinet mit bestimmter politischer Richtung
Au hüben.
Paris, 6. Juki. In politischen Krei
sen verlautet, daß wichtige Maßregeln ge
gen den General Zulliard bevorstehe wegen
seines Tagesbefehls an die Truppen, be
treffend die Versetzung des Saxcee.
Fontainebleau, 6. Juli. Beim
Regimentsseste der siebenten Dragoner wur-
den dem als Ehrengast anwesenden Ma
jor Marchand große Ovationen bereitet.
Alexandria, 6 Juli. Bisher sind
im Ganzen 58 Pesterkrankungen vorgekom
men, wovoir 21 tödtlich verliefen, 24 ge
heilt wurden. Seit dem letzten Sonntage
sind vier Personen neu erkrankt, ein Pest
kranker ist seit dieser Zeit gestorben, sie
ben sited geheilt.
ihre Genossen für ihre Ausrührerei bezahlt
ivürden. Den geheimen Aufwieglern ist
man noch nicht auf die Spur gekommen.
Aus Navarra und den Grenzgegenden kom
men wiederholt Nachrichten von Einschmug-
gelung von Waffen für die Carlisten. Ge
neral Polavieja ist andauernd bettlägerig.
Die Opposition bringt seine fortwährende
Unpäßlichkeit mit der nahenden Krisis in
Zusammenhang. —
Die Unruhen in Bnlģmen,
Vom Ille» LtzMA.
w ŗ fffiditi’ 8 schelte ingrimmig, als er
tr «r
Notar' Si- Habens: --der Herr
eines Testaments Nothwendigkeit
ich mich nun endlich d„şi înckcklos
zumal durch die so plötzlich, D^zwischenkunft
uteineö Neffen die Lage sich
Weiner Tochter verschoben Kt, S unb icb eö
besi^atb für meine Pflicht hatte, n re n
ķuuft testamentarisch sicher zu stellen. Der
Gedanke ihrer Verheirathung Mir nicinem
Neffen, den Sie mir nahe gelegt haben und
°er nur, wie ich gestehe, auch anfangs a(s
*>te beste Lösung des Conflicts erschien,
kann nicht niehr in Frage kommen, weil
m°inc Ellen mehr Ab- als Zuneigung für
was ich ihr nicht verdenken
■menia àstus auch mir verzweifelt
wemg Sympathie einflößt." * '
leĢte Satz war allerdings
f ldKn ' ,tant> f° mit wohl nicht
I den
r C er '. ber ^b-nd die Hand ballte und dann
m entern grausame» Lächeln das Concept
Wetter entzifferte,, gleich 6Ieikn n]0(J)te , P
si. "Um Ähre Reste nach Altinghof nun auch
für Sie zu einen, besonderen Genuß zn ge
stalten", las pans Justus weiter, „so werde
K da ich Sie als einen leidenschaftlichen
Nunrod kenne, aus den sunsten Ociober eine
Uagd veranstalten, der Wildstand ist vor
trefflich, Rebhühner sind auch noch vorhän
gn, somit Beute genug für den Waidmann.
^tr werden unser Geschäft dann auf den
«LLļķķşş W> Wtm.
Die MMbelöeßüyß in Spaaien.
In Barcelona, wo der Kriegszustand
noch nicht erklärt lvorden ist, dauern die Un
ruhen fort. Die Polizei ivird voll immer
sich neu formirenden Gruppen mit Stein
hageln angegriffen, die Tramways werden
bombardirt, die Klöster angegriffen. Wird
hier ein Hause Anführer von der Civilgarde
zerstreut, so bildet sich dort sofort ein neuer.
Viele Polizisten sind verwundet, darunter
einige schwer. Bott den zahllosen Verhaf
teten, deren Taschen mit Steinen gefüllt
waren, gestanden mehrere ein, daß sie und
von denen ivir bereits berichteten, scheinen
weitaus größere Bedeutung zu haben, als
ähnliche Vorgänge, die sich in dem inter
essanten Fürstenthum auch unter dem Co-
bnrger schon wiederholt abgespielt haben.
Man spricht bereits von Straßenkäm-
p f e n ntid der Entthronung des
Fürsten Ferdinand.
Heute bringen sechs ungarische Zeitungen,
darunter der Pester Lloyd Berichte hierüber.
Danach hätte in den Straßen von Sofia
ein sehr harter Kampf stattgefundeii.
Fürst Ferdinand sei vertrie
ben >v o r d e n. Um den direkten Verkehr
mit dem Auslande zu verhindern, ist der
telegraphische Verkehr von Sofia aus st
stirt.
Attf Anfrage bei verschiedenen Wiener
Banken, namentlich der Länderbank, die mit
Sofia in regster Verbindung steht, kam die
Antwort, dieselben hätten keine solche Mel
dung aus Sofia erhalten, aber allerdings sei
dort die Stimmung gegen den Fürsten
überaus erbittert.
Selbstverständlich spielt der offiziöse
Draht zunächst sinedcr, um abzuleugnen,
daß sich irgend etwas Beunruhigendes er
eignet habe. Ueber Serbien kommen die
ersten Meldungen von den Unruhen, über
Serbien erreichen uns auch die ersten De-
mentis. In Belgrad lautet die Parole, daß
die auswärts verbreiteten Gerüchte über re
volutionäre Vorgänge in Sofia dort Jeinen
Glauben finden. Nach vertrauenswürdiger
Information seien iveder bei irgend einer
amtlichen serbischen Stelle, noch an andereit
competenten Orten derartige Meldungen
eingegangen. Ferner meldet das K. K. Te-
legraphen-Correspondenz-Bureau, daß auch
in Wien über angebliche Unruhen in Sofia
nichts bekannt sei.
Die deutsche Konkumuz.
Der in Marseille erscheinende „Se
maphore" enthält einen Artikel über die
„deutsche Konkurrenz". Der beachtens-
Artikel lautet im Auszug:
„Der Krieg von 1870-71 hat für uns
vielleicht traurigere Folgen in wirthschaft-
licher als in politischer Beziehung gehabt.
Er demüthigte uns als Nation; er hat uns,
kaufmännisch gesprochen, zerschmettert. Un
ser Export hat sich während 25 Jahren
kaum um einige Punkte vermehrt, während
der Deutschlands sich in derselben Zeit ver
dreifacht hat, so daß die Konkurrenz uns ge
genwärtig mehr schadet als ein Krieg.
Zahlreiche in die Augen springende That-
sacheti sind ans Licht gczogeil und vorgeführt
worden, aber unsere Regierung will sie nicht
sehen noch von ihnen hören.
Um die sieh täglich vergrößernde Gefahr
zu verstehen, genügt es, einen Blick ans
die Statistik der Handelsmarine nicht nur
in England und Belgien, sonderit auch in
Deutschland zu iverfen.
Hamburg hat seine Quais in weniger
als 10 Jahren fast verdreifacht und zwar
in einer Weise, daß selbst London ist
„swallowed up“, um eine englische Redens
art zu gebrauchen.
Hamburg besitzt heute in Bezug auf Zahl
und besonders in Bezug ans Tonnage eine
Handelsflotte, wie sie kein Hafen Europas
aufzuweisetl hat, weder London twch selbst
Liverpool.
Frankreich, das 1875 den zweiteit Rang
einnahm, ist heute auf den zehnteil zurück
gedrängt.
Es leidet! aber nicht nur unsere Rheder;
überall, wo die deutsche Flagge die fran
zösische ersetzt, vermindert sich unser Han
del. Unsere Industrien verschwinden aus
Mangel ail Rohstoffen. Man fabrizirt
jetzt Oel in Hamburg, und die Marseiller
Oelniühlen schließen eine nach der andern.
Unser Rückgang im Handel nimmt mit
einer bedrohlichen Schnelligkeit zu.
Tie Gefahr ist vor der Thür, wie man
sieht, ohne daß man darailf achtet. Man
überwacht Getiua nebenan, uitd Hamburg,
am anderen Ende Europa, ist es, das uns
Konkurrenz macht.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete.
sechsten October verschieben und vaS Ver
gmigen einmal vorangehen lassen. Richten
Sie sich also darauf ein, auf einige Tage
mein Gast zn sein."
Damit endete der Brief-Entwurf, den
Baron Justus etwas zu sorglos seinem
Papierkorbe anvertraut hatte.
„Er hätte damit vorsichtiger sein sollen",
dachte der Amerikaner, finster vor sich hin
blickend, „ob ich die Papierfetzen wieder in
den Korb werfe? Es wird jedenfalls klüger
sein!"
Er raffte sie zusammen und erhob sich,
als er Pferdegetrainpel vernahm. Rasch an
ein Fenster tretend, sah er den Baron und
Ellen in den Schloßhos sprengen. Sein
geübtes Reiterauge konnte nicht umhin, die
elegante und sichere Haltung der jungen
Dame anzuerkennen. Diese beiden waren
.'Hw also feindlich gesinnt, er konnte sich's
I°tzt schon vorstellen, wie das Testament
lauten würde.
. "î?.. lverde mit einem Bettelbrocken vor
.mhrl murmelte er, „und die
? dieses Tn?'" H^rin sein. Aber noch
î n jj. tament "icht gemacht, — und
s~~ lvcnn ich nicht einen Riegel
davor schiebe.
Er blickte auf das zerrissene Concept in
seiner Hand und ging dann mechanisch nach
dem Ofen, um es dort hineinzuwerfen, worauf
er an ein Rauchtischchen trat, ein Streichholz
anzündete und dann darüber nachsann, wo
zu er es gebrauchen wollte. Er hatte das
Papier im Ofen verbrennen wollen und es
bereits wieder vergessen, weil seine Ge
danken auf lichtscheuen Wegen umherirrten.
Mechanisch nahm er eine Cigarre, warf das
Streichhölzchen; welches ihm die Finger ver
brannte, fort und behielt die Cigarre unan-
gezündet zwischen den Lippen. Hans Justus
befand sich — vielleicht zum ersten Male
in seinem Leben — in einer Art geistiger
Abwesenheit, er war der Gegenwart voll-
ständig entrückt und lebte in der Zukunft.
„Bah, was ist's denn weiter?" sprach
er nach einer Weile halblaut vor sich hin,
„ich nehme mein rechtmäßiges Eigenthum,
nichts mehr und nichts weniger. Still —
bist Du verrückt geworden, Hans Alting?
Oloddaw, — ich muß in die freie Lust,
dieser Thurm ist ein Gefängniß, worin ich
ersticke, ein tüchtiger Ritt — ja so, der
elende Gaul ist krepirt — und einen andern
wird man mir verweigern. — Well, so mag
ein Spaziergang es thun — sonst geht's
nicht gut mit mir."
Der wilde Hanö Justus mochte es sich
nicht eingestehen, daß er nur einer Begeg
nung mit dem Onkel entgehen und wenigstens
vorerst seinem Bereiche ausweichen wollte,
weil er voraussah, daß der krepirte Gaul
böses Blut gemacht hatte und den alten
„Knicker" zu einer großen Vorlesung ver
anlassen werde. Die ganze Art und Weise
des deutschen Edelmannes war dem ameri
kanischen SportSman unsäglich zuwider und
er hätte den Vorschlag desselben, mit einer
genügend großen Geldsumme nach Amerika
wieder zurückzukehren, sicherlich angenommen,
wenn ihn nicht ein größerer Gewinn, eine
zn verlockende Aussicht, zum Bleiben be
wogen hätte.
Er mußte Joe Catton sprechen. — Zu
diesem Entschlüsse gekommen, warf er die
schöne Jagdflinte, auch ein Geschenk des
Onkels, über die Schulter, nahm Hut und
Jagdtasche und verließ den Thurm, um noch
einigen Rebhühnern den Garaus zu machen.
Als Baron Justus, welcher ihn sprechen
wollte, sein Zimmer verschlossen fand und sich
bei der Dienerschaft nach ihm erkundigte,
erhielt er die Nachricht, daß der junge gnädige
Herr aus die Jagd gegangen sei.
„Er fürchtet sich vor meinen Vorwürfen
und ist mit seiner Jagdflinte davon ge
laufen", sagte der alte Herr, zu Ellen zurück,
kehrend. „Welche Feigheit bei aller Ver
wilderung !"
„Feigheit wird's wohl nicht sein", meinte
das junge Mädchen mit nachdenklich sorgen
voller Miene, „ich denke mir, daß er bei
seiner vernachlässigten Erziehung, für welche
man ihn nicht verantwortlich machen kann,
und der ungebundenen Freiheit, deren er
ich drüben erfreut hat, weder Ermahnungen
noch Vorwürfe ruhig ertragen kann und den-
elben also lieber aus dem Wege geht."
„Du entschuldigst also seine Grausamkeit
und Rohheit?"
Nein, ich setze sie nur auf Rechnung
einer amerikanischen Erziehung, für welche
doch nur sein Vater verantwortlich gemacht
werden könnte."
„Still, er ist todt", erwiderte Baron
Justus leise, „wir wollen ihn nicht an
klagen, mein Kind! — Hat man doeb Fälle
genug, daß fremde Einflüsse die beste Er
ziehung zu Schanden gemacht und die schönsten
Anlagen und Hoffnungen vernichtet haben.
Mein Bruder war ein Edelmann vom Kops
bis zur «ohle, von vornehmer Eigenart, sein
Sohn, der freilich seine Gesichtszüge trägt,
ist das schnurgrade Gegentheil von ihm,
während er seiner Mutter auch nickt im
Mindesten ähnelt."
„Sie war von bürgerlicher Herkunft?"
fragte Ellen zögernd.
„Allerdings, wie auch meine Mutter",
versetzte der Baron mit ungewöhnlicher
Schärfe, „Du glaubst doch etwa nicht, daß
von mütterlicher Seite eine derartige Ver
erbung stattgefunden hätte?"
„Nein, dann würdest Du die Frau über
haupt nicht erwähnt haben", sprach Ellen
ruhig.
„Sie war eine Hamburger Patriziertochter
von feinster Bildung und Erziehung. Der
Sohn hak seine Mutter nicht gekannt,
das entschuldigt viel, zumal mein Bruder
ihn fremden Händen überantworten mußte
und er sicherlich nicht glücklich in der Aus
wahl derselben gewesen ist. Nun, mein
Kind, ich habe die Hoffnung aufgegeben,
ihn zu Uvilisiren, und deshalb den festen
Entschluß gefaßt, ihn mit hinreichenden
Mitteln versehen nach Amerika zurück zu
schicken."
„Ich glaube kaum, daß Dein Neffe mit
Deinem Plane einverstanden sein wird, mein
Väterchen", bemerkte Ellen.
„Du glaubst also, daß er mir Widerstand
entgegensetzen, meinen Willen nicht respeetiren
würde?" fragte Baron Justus erregt.
„Bitte, rege Dich nicht unnöthig auf.
lieber Vater", bat Ellen erschreckt, „es ist ja
nur meine Meinung, er wird am Ende froh
sein, wieder in die alten vertrauten Ver
hältnisse zurückkehren zu können."
„Das meine ich auch", sagte Baron
Justus . mit einem tiefen Athemzuge, „eS
thut mir weh, sagen zu müssen, daß der
einzige Stammhalter meines Geschlechts nicht
würdig ist, das Erbe seiner Vorfahren an
zutreten."
„Und doch hat er es verstanden, sich be-