Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

2. Blatt. 
Sonntags-Ausgabe. 
Nr. 218. 
zum 
Nendsßurger WöDenßlatt. 
Diese Unterhaltungs-Beilage wird dem „Rendsburger 
Wochenblatt" einmal wöchentlich (Sonntags) beigegeben. 
Sonntag, den 17. September 1899. 
Druck und Verlag von dem verantwortlichen Herausgeber 
H. Möller <H. Gütlein Nachf.), Rendsburg, Mühlenstr. 18. 
14) 
Zur 
Äesdiidiff 
der Lirche, des Kirchspiels und des 
Stadttheils Nendsburg-Keuwerk. 
gur Die Weisem Des 200-iflöriacn Wehevs 
zusammengestellt von 
F. Höst. 
(Nachdruck, auch auszugsweise verböte n 
wird strafgerichtlich verfolgt.) 
1703. Tie Anlage der Festungswerke 
und die Elweiierung der Machtbefugnisse 
der Kommandantur der Festung gab zu 
bitteren Kämpfen zwischen der Stadt 
verwaltung und dem Kommandanteu 
Michael Christopher von Schnitter Ver 
anlassung Die Regierung ernannte zur 
Schlichtung, Beilegung und Entscheidung 
der streitigen Sachen in Abwesenheit des 
Statthalters Grafen von Ahleseid eine 
Kommission, bestehend aus den Herren 
Georg Schröder und R. von Rehder und 
diese erließen am 18. Oct. 1703 drei 
Kommissions-Bescheide, welche auch An 
gelegenheiten der Christkirche betrafen 
Bor dem holsteinischen Thore hatte der 
Kommandant das Rickwerk, welches zur 
Abgrenzung des Glacis dienen sollte, viel 
zu weit au!s Stadlfeld setzen lassen, 
dasselbe wurde aus Kosten der Stadt 
zurückversetzt. — Ueber einen Kirchhof 
war Streit; dieser solle solange in status 
quo, in unverändertem Zustande, bleiben, 
bis der König anderweitige Ordre ertheile. 
Ob der alte Soldatenkirchhof an 
Stelle des jetzigen Oberg'schen Grundstückes 
vor dem holsteinischen Thore oder der 
Kirchhof bei der Christkirche gemeint ist, 
bleibt unentschieden. Ein Slück Landes 
auf der Contre escarpe vor dem schles- 
wigschen Thore beim Eingänge in die 
Festung zur linken Hand wurde derSiadt 
zugesprochen, dagegen unterschiedliche Stücke 
Landes außer dem holsteinischen Thore 
sollen dem Kommandanten verbleiben, 
obgleich sie augenscheinlich zur Contre 
escarpe nicht gehörten. - - Von den beiden 
Priester-Koppeln vor demschleswigschen 
Thore sollen die Pastoren die Nutznießung 
haben. — Die Fischerei auf der Ober- 
und Unter-Eider, welche der Kommandant 
jnhibirt hatte, soll den Fischern wie vor- 
hin freigelassen werden, jedoch nur am 
Tage. 
Ein zweiter Kommissions-Bescheid er- 
folgte ans Beschwerden des Magistrats 
über Eingriffe des Kommandanten in die 
Jurisdiction des Magistrats, welche aber 
vom Kommandanten mit Beschwerden gegen 
den Magistrat beantwortet wurden. Ter 
Magistrat hatte das Holz, mit welchem 
der Schiffer Johann Clüver (welcher 1711 
Rathsherr wurde) sein Schiff befrachtet 
hatte, mit Arrest belegt, weil es nicht 
nach Vorschrift des dem Johann Clüver 
ertheillen Privilegio gestempelt war, der 
Kommandant aber hatte eine Retaxirung 
des Holzes vorgenommen. Die Kommission 
enlschied, daß dies Vorgehen dem Komman 
danten richt beikommend und ein Eingriff 
in die Jurisdiction des Magistrates sei. 
Ter Magistrat habe mit Fug und Recht 
das Holz mit Arrest belegt und dürfe sich 
der Kommandant keine Eingriffe in die 
Jurisdiction des Magistrats anmaßen. 
Die Kommission fügt hinzu: Sollte es 
vorkommen, daß der Kommandant jemand 
unter den Bürgern um Tumult und anderer 
grober Excesse willen in Arrest zu nehmen 
gezwungen würde, so solle er diesen bei 
Tage nicht über 2 Stunden, bei Nacht 
nicht länger als bis an den andern 
Morgen behalten und soll er bei Aus 
lieferung des Arrestanten jedesmal dem 
Magistrat wissen lassen, was dieser ver 
brochen habe, damit er zur gebührenden 
Strafe gezogen werden könne. 
Ferner hatte der Kommandant den Ein 
wohner Nicolaus Dirksen in Schutz ge- 
nomn ea, als der Magistrat dessen Güter 
mit Beschlag belegen lassen wollte. Die 
Kommission uriheilte, der Kommandant 
habe „zu viel gethan", also seine Macht 
befugnisse überschritten, zumal Dirksen 
keine Militair-Person sei, über welche er 
allein die Jurisdiction habe. Dirksen 
habe sich in eines Bürgers Haus eingesreit, 
daselbst seine „menage“ (sein Hauswesen) 
gehalten und darin gewohnt. 
Ferner entschied die Kommission, der 
Kommandant habe den jungen Maurer 
meister, der bei einem Bürger arbeitete, 
nicht in Arrest nehmen lassen sollen. Noch 
weniger aber halte er den Bürger Hans 
Wieck (den Chronisten, der am 24. April 
1702 deputirler Bürger und 1703 Raths- 
herr wurde) bei einer Feuersbrunst mit 
Schlägen trak-iren sollen. Die Kommission 
bestimmt: Der Kommandant soll bei allem 
was sich zuträgt, nichts eie facto (aus 
eigener Macht) thun, sondern an den 
Magistrat zur gehörigen Cognition (Unter 
suchung) und Execution (Vollstreckung) 
gelangen lassen. Dagegen soll der Magi 
strat, wenn Klagepunkie bei ihm eingebracht 
werden, die Justiz prompt handhaben 
und nicht in der Weise wie dies mit einem 
Schuster geschah, als derselbe des erkauften 
Stückchens Montirungs-Lakens überwiesen 
wurde, indem er den Schuster weder be 
strafte noch Bescheid darüber abstattete, 
so viel auch darum angehalten wurde. 
Ferner soll der Magistrat zur Visitirung 
und Verbesserung der Soldalen Quartiere 
angehalten werden. 
Zwischen dem Krmmandanten und dem 
Magistrat wurden verschiedene Schrift 
stücke gewechselt, auf welche sich die Koni- 
mission nicht einlassen wolle, einige Punk.e 
jedoch seien billiger Weise abzustellen. 
Der Kommandant solle den Bürgern, 
wenn sie etwas zu klagen hätten, 
gleich Gehör geben und sie nicht 
von einem Tage zum andern abweisen; 
er solle ferner keinen Schiffer, der sich 
melde, ein- oder auszusahren, abschiffen 
will oder angekommen ist, abweisen, sondern 
gleich abfertigen, auch solche Ordre stellen, 
daß, wenn ein Schiffer sich melde, er nicht 
nöthig habe, weiter zu laufen, sondern 
sogleich sein Geschäft besorgen könne. Der 
Kommandant solle die Ausladung nicht 
allein vor dem holsteinischen Thore, ent 
weder an dem Damme (beim Jungfernstieg) 
oder bei dem Backhause allemal freilassen, 
weil dies der königlichen Festung keinen 
Schaden thun könne, sondern auch den 
Ort (Winkel?), welchen der König den 
Schiffern vor dem schleswigschen Thore 
vergönnte und als Stapelplatz nicht mehr 
bestreitbar sei; auch solle er dabei keinen 
Unterschied zwischen Brenn- und Bau-Holz 
machen. Der Kommandant dürfe nicht 
Schiffer, Prahmführer und andere Bürger 
mit Schlägen, groben Scheltworten oder 
andern Unhöflichkeiten begegnen, sondern 
solle bescheidentlich mit ihnen umgehen. 
Der Kommandant soll nicht ferner, wie es 
bisher geschah, den Bürgern am Vogel 
schießen behinderlich sein, sondern sie ge 
mäß ihren Privilegien und alten Gewohn 
heiten mit Flinten und Röhren (den 
Wallbüchsen) ausziehen lassen. Also auch 
das Vogelschießen hatte der Kommandant 
jnhibirt. Eine Scheibenschützen-Gilde gab 
es damals noch nicht. 
Der Kommandant soll ferner nicht um 
Kleinigkeiten oder unwichtige Sachen 
Deputirte vom Rathe zu sich kommen 
lassen, sondern ihnen solche Sachen durch 
Andere wissen lassen. — Der Kommandant 
soll alle Marquetendereien unter allen Mili- 
tairpersonen, wie sie auch Namen haben, 
abschaffen. Wenn Bürger von ihm Sol 
daten verlangen, „Marquetendereien zu 
stören", so sollen sie verabfolgt werden. 
Alle Handwerker aus der Miliz sollen 
abgeschafft werden, ausgenommen, wenn 
ein Meister unter den Bürgern einen 
Handwerker aus der Miliz aufzunehmen 
begehrt. — Alle Diebereien der Soldalen 
soll der Kommandant aufs schärfe bestrafenst 
und nicht „mit dem Esel und solcher 
linden Strafe allein." — Der Komman 
dant soll beim Einpassiren an den Thoren 
von Torf und Holz von den beladenen 
Fuhrwerken nicht mehr fordern, als von 
jeher gebräuchlich gewesen ist, wobei die 
Bcse.i ganz frei sein sollen. Auch soll 
er die Einpassirenden nickt mit Schlägen 
und mit anderer Ungebühr durch die Thor 
wache traktiren lassen. Solche Ungebühr 
darf hinfort nicht mehr vorkommen. 
Magistiat und Kommandant sollen durch 
Güte und Einigkeit des Königs Dienst 
fördern helfen. 
Vorstehende beide Kommissions-Bescheide 
erfolgten im Streite des Magistrats, 
welcher sich offenbar in Vertretung des 
Königs als Patronatsherr der Interessen 
der Christkirche annahm, wider die Will- 
kürheirschaft des Kommandanten. Den 
Neuwerkern aber genügte offenbar die 
Vertretung ihrer Interessen durch den 
Magistrat und das Sechzehner-Kollegium 
nicht, denn es liegt noch ein dritter 
Kommisions-Bescheid über 16 Punkte vor, 
welche von sämmtlichen Eingesessenen des 
Neuwerks als sogenannte „Vorstellungen" 
eingebracht worden waren. Von diesen „Vor 
stellungen" betrafen 12 Angelegenheiten 
die Christkirche, von denen aber ein paar 
abgeschlagen wurden, ohne daß wir er 
fahren, worin sie bestanden. Im Uebrigen 
handelt es sich um folgende Angelegen 
heiten : 
Des sel. Pastors Jessen Wittib präten- 
dirte (beanspruchte) als Solarien-Gelder 
(eigentlich — Grundzinsen) im Gnaden- 
denjahre 100 Rthl. Hierzu sollten die 
Einwohner Neuwerks herangezogen werden, 
wurden aber von dieser „impetifion“ (vom 
lat. impeto — Jemand anfallen?) ab- 
solvirt (freigesprochen). — Manchem Neu 
werker fiel es schwer beim Kauf der 
Kirchenstühle das „pretium“' .(den Preis) 
auf einmal zu bezahlen. Angeordnet 
wurde nun, daß ein Viertel des Kauf 
preises sofort, oas Uebrige aber auf den 
Häusern als privilegirte Gelder stehen 
bleiben und mit 5 p. C. verzinst werden 
solle. — Die Neuwerker beanspruchten, 
daß zwei Personen aus ihrer Mitte bei 
Ablegung der Kirchenrechnung betheiligt 
sein sollen. An die Kirchen-Direktion 
erging die Verordnung, daß 2 Magistrats- 
Mitglieder die Einwohner Neuwerks 
vertreten sollen.— Die Pastorats- und 
Sch ul Häuser waren nach Meinung der 
Neuwerker zu theuer gekauft. Es bleibt 
aber bei der bisherigen Abmachung: Laut 
Approbation des Königs haben die Neu 
werker hierin nichts zu resormiren noch 
zu prätendiren. — Die Wünsche der Neu- 
werker wegen des Kuhlengräbers bleiben 
unberücksichtigt. — Wegen verlangter 
wöchentlicher Communion wurde ge 
währende Ordere ertheilt. — Ein Kirchen- 
buch soll angeschafft werden und soll 
alles hinein geschrieben w erden, 
„als beständige Nachricht", was 
die Kirche angehet. (Ein solches Buch, 
beständig fortgeführt, müßte ja eine aus- 
sührliche, lebendige Chronik ergeben und 
viele Lokalforschungen überflüssig machen). 
Endlich beanspruchten die Bürger Neu- 
werks, (wohl die Acht-Männer,) das jus 
patronatus (Patronatsrecht), weil dies aber 
dem Könige cke sura zustand, wurde dies 
abgeschlagen. Man muß gestehen, die 
neuen Ansiedler im Neuwerk beanspruchten 
das Menschen-Mögliche. 
Ferner verlangten die Neuwerker „neue 
Bestellung der 16 Männer aus ihren 
Mitteln" d. i. wohl: sie wünschen, daß 
die Deputirten oder Stadtverordneten sich 
selbst zu ergänzen berechtigt seien, wie 
dies beim Magistrat der Fall war, was 
aber abgeschlagen wurde. Auf ihren 
Antrag inbetreff der zweiten Raths- 
stelle bei sich ereignender Vakanz ward 
Gewährung in Aussicht gestellt. Ohne 
Zweifel ging der Antrag dahin, die 
zweite Rathsstelle mit einem Neuwerker 
zu besetzen. — 
Wegen Alternirung (Wechselung) der 
Jahrmärkte enlschied die Kommission, daß 
es den sich bei den Jahrmärkten einfindenden 
Kaufleuten freigestellt bleibe, wohin sie 
sich zum Verkauf zu begeben gedächten. 
— Was „die freie Handlung" betrifft, 
so wird diese den Neuwerkern gleich 
allen Orten zugelassen, nur sollen 
die Neuwerker ihre Boutiquen (Läden) 
nicht auch in der Altstadt und die Altstädter 
nicht auch im Neuwerk und auf solche 
Weise gedoppelt haben. Man sieht, der 
Kampf beider Stadttheile ist so alt, als 
beide neben einander existiren. 
Zum Schluß verfügt die Kommission, 
die letzte Feuersbrunst (15. Mai 1703, 
— Neuwerk hatte also deren bereits mehrre 
gehabt,—) habe gezeigt, wie höchst nöthig 
es sei, daß mehr Wasserbrunnen im Neu 
werk angelegt werden müßten; es werde 
denselben deshalb anbefohlen, wie sie sich 
hierzu auch freiwillig einverstanden er 
klärt hätten, in den Kreuzgassen, außer 
den zwei bereits vorhandenen, so balv 
als möglich noch vier neue anzulegen, 
nämlich einen Brunnen am Ende der 
Grünen-Straße nach dem Markte zu, 
einen in der Kronprinzenstraße, einen 
dritten in der Königsgasse und einen 
vierten in der Prinzenstraße, wo die 
Gassen kreuzen. Hierüber soll der Magi 
strat die Aussicht haben; die Bürger aber 
sollen aus ihren eigenen Mitteln die 
Arbeit bezahlen. — Am 15. Mai 1703 
war ein starkes Gewitter und schlug der 
Blitz in einen Reitstall, der auch gan; 
abbrannte, wie man aus Obigem ersieht, 
weil es an Wasser zum Löschen mangelte. 
Glücklicher Weise war stilles Wetter, so 
daß weitere Gefahr abgewendet wurde. 
Trotz der drei Kommissions-Bescheide 
des Jahres 1703 war der Friede zwischen 
dem Kommandanten von Schnitter einer 
seits und dem Magistrat mit gesammter 
Bürgerschaft andererseits nicht hergestellt. 
Bereits am 18. Nov. 1704 erhielt der Kom 
mandant bei Vermeidung königlicher Un 
gnade und willkürlicher Strafe, den Befehl, 
die Ausladung der Schifferprähme sowohl 
im holsteinischen Thore (zwischen Neuwerk 
und Altstadt) als auch im Kronwerk zu 
gestatten. — Die Drohung königlicher 
Ungnade war jedoch so gefährlich nicht, 
denn in einem neuen Kommissions-Bescheide 
vom 9. April 1707 wurde derselbe Befehl 
auf Klage des Magistrats wiederholr, 
ohne daß von einer Ungnade die Rede 
wäre. Außerdem hatte im Jahre 1707 
der Magistrat mindestens 23 Punkte 
gegen den Kommandanten anhängig ge 
macht, von denen aber im Corp. Const. 
Hots. Ill p. 837 nur 3 mitgetheilt 
werden, darunter ein Passus wegen Aus 
führung voü Gewehren aus dem Thore. 
Die Gilde blieb noch immer bei ihrem 
Vogelschießen nicht unbehelligt und Ge 
wehre, welche Landleute zur Reparatur 
zum Büchsenmacher bruchten, wurden 
von der Thorwache angehalten. 
(Fortsetzung folgt.) 
Eine Sälieltasche. 
Historische Episode von R. Schenk. 
Nachdruck verboten 
I 
Anno 1745. 
Die Wachtfeuer brannten düster durch 
Nacht und Nebel, welche die Ebene be- 
deckten, auf der das preußische Lager sich 
befand. Es ging schon stark gegen Mor 
gen, und daher war manches Lagerfeuer 
im Erlöschen begriffen; nur wo die Ebene 
sich gegen die Höhen von Ehlum und 
Königgrätz vorschob, und die preußischen 
Feldwachen standen, brannten sie noch 
lichterloh, hinter den Höhen lagerte die 
österreichische Armee unter dem Prinzen 
von Lothringen, und von der preußischen
	        
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