von einigen anderen Dokumenten begleitet
gewesen und habe auf ihn ivegen des Buch
stabens D. einen besonderen Eindruck ge
macht. Auch noch andere Briefe habe Mer
rier erhalten, in denen die Briefschreiber
behaupten, sie hätten sich eine Erinnerung
an das Dokument Canaille D. bewahrt.
Weiter verliest Generäl Mercier den Brief
Freystätters an einen Freund vom 1. März
1898, worin er sagt, er habe keinen Zwei
fel an der Schuld Dreyfus'«. Die Bela
stungszeugen seien anständige Leute gewe
sen. Das stehe doch im Widerspruch mit
Freystätters Aussagen. — Hierauf zieht sich
der Gerichtshof zur Berathung zurück. Die
Erregung im Saale ist sehr groß. Von al
len Seiten ernten die deutsche und italie
nische Regierung stir ihre loyale Haltung
alles Lob. Nach einer Viertelstunde kehrt
der Gerichtshof zurück. Die Truppen im
Saale Präsentiren, Alles steht auf. Präsi
dent Jonaust verliest den Beschluß: „Im
Namen des französischen Volkes! Das
Kriegsgericht hat einstimmig folgende Ent
scheidung getroffen: Das Kriegsgericht er
klärt sich nicht für kompetent, die kommis
sarische Vernehmung eines Nichtfranzosen
anzuordnen (Große Bewegung). Der An
trag Laboris ist demnach ab
gelehnt. Labori kommt alsdann auf
den Zeugen Cernuschi zu sprechen. Derselbe
habe gestern unter Ausschluß der Oeffent-
lichkeit gesagt, er habe seiner Aussage nichts
hinzuzufügen. Er habe sich aber über die
Person Dreyfus'' geirrt. Er habe geglaubt,
er habe einmal mit Dreyfus gefrühstückt,
habe aber jetzt gesehen, daß er sich ge
täuscht habe. Labori verliest nun Depe
schen, die er über Cernuschi erhalten. Ein
Advokat telegraphirt: Cernuschi ist als gei
stesgestört bekannt. Die anderen Absender
von Depeschen bestätigen dies. Labori läßt
weiter mehrere Briefe von Esterhazy verle
sen. Der eine derselben ist an den Sohn
des Generals Guerin gerichtet; aus ihm
geht hervor, daß Esterhazy offizielle Do
kumente über die russische Mobilisation und
andere wichtige Dokumente gekannt hat. In
einem anderen Briefe wird Bertillon ein
jämmerlicher Verrückter genannt (Heiter
keit). Es tritt jetzt eine Pause ein. Nach
derselben erklärt Präsident Jonaust die De
batte für geschlossen. Sofort erheben sich
sämmtliche militärische Zeugen und verlas
sen den Saal. Sie müssen heute noch von
Rennes abreisen. Regierungskommissar
Carriere beginnt sein Requisitorium. Er er
innert zuerst an das Urtheil des Kassa
tionshofes und meint dann, die Meinungen,
ob die Motive des Urtheils des Kassations
hofes die Macht des Kriegsgerichts ein
schränken dürfen, seien getheilt. Er für sein
Theil müsse ein Beispiel militärischer Dis
ziplin geben. Er nehme das Urtheil des
Kassationshofes in seinem ganzen Umfange
an. Carriere geht nun die Affäre in ihren
ganzen Einzelheiten durch- wobei er u. A.
sagt, die Schrift des Dreyfus ähnele der
Schrift des Bordereaus, die Schrift
des Esterhazy ähnele ihr in etwas anderer
Weise. Und wenn man die Schrift des Ma-
thieu Dreyfus nehme, habe man noch eine
Aehnlichkeit (Heiterkeit). Hier existirten 2
Angeklagte, Dreyfus, der offiziell angeklagt
sei, und Esterhazy, der offiziös von der Ver
theidigung angeklagt sei. Esterhazy habe
sich die einzelnen Noten des Bordereaus
nicht verschaffen können, wohl aber Drey
fus, der an der Quelle gesessen. Dreyfus
habe sich auch die Schießvorschrift verschaf
fen können, Esterhazy nicht. Dreyftis habe
trotz des viel erwähnten Circulars hoffen
und schreiben können, er werde in's Manö
ver gehen, Esterhazy aber nicht. Dreyfus
habe gründlich Bescheid in allen artilleri
stischen Fragen gewußt. Der Agent A
(Schwartzkoppen), der sehr intelligent sei,
hätte sich Esterhazys, dieses Ausschneiders,
nicht bedient. Er habe sich an das zweite
Bureau, an Dreyfus, gewandt. Carriere
schloß seine Anklagerede mit folgenden Wor
ten: „Auf Ehre und Gewissen, ich halte
Dreyfus für schuldig und beantrage seine
Verurtheilung!"
Ausland.
Außereuropäische Gebiete
Ein fünfzehnjähriger Knabe,
Philipp John, ist zum Vicedirektor
des jüdischen Waisenhauses in Chicago,
in dem über 300 Waisen untergebracht
sind, ernannt worden. Der Knabe übt
auf seine ehemaligen Kollegen einen solchen
Einfluß aus, das man ihn für geeigneter
für das verantwortliche Amt als einen
Erwachsenen hält.
Schweiz.
Wofür man heutzutage in unserer ehr-
süchtigen Zeit Lorbeerkränze bekommen
der Bäuerin. Aber letztere mochte ihnen
nur kargen Bescheid geben, denn der Wagen
fuhr unaufhaltsam weiter, bald dem Blick
kreise der Nachschauenden entschwindend.
Auch Adam Schlehbach wendete sich um.
Noch immer lag tiefe, nachhaltige Ueber-
raschung in seinen Zügen ausgeprägt, während
er, von der Landstraße abweichend über den
schmalen Wiesenrain dahinschritt, welcher ihn in
wenigen Minuten zu der etwas abseits vom
übrigen Dorfe gelegenen Sägemühle brachte.
(Fortsetzung folgt.)
kann, zeigt folgende, vom Luzerner Tage-
blatt veröffentlichte Mittheilung: „Herr
Schwcinehändler M. in Appenzell ver
kaufte an Herrn I. W. in Sirnach,
Thurgau, eine aus 101 Schweinen
bestehende Sendung. Der Empfänger war
so entzückt über die ausgezeichnete Prima
waare, daß er dem Verkäufer einen
Lorbeerkranz zusandte."
Inland.
— In seiner Agrar-Correspon-
d e n z fordert Herr Klapper die Konserva
tiven angesichts des „Verfassungsbruchs zur
Budgetverweigerung" auf. Also
Herr Klapper ist der reine Revolutionär,
Weil's ihn: so paßt. Was hätte er aber
wohl gesagt, wenn andere Leute durch die
Regierungsmaßregelungen betroffen worden
wären? Die „Kreuzztg." sagt deshalb
mit vollem Recht: „Wollen die Konserva
tiven der Bndgetverweigerung Folge leisten,
so würden sie aufhören, eine monarchische
Partei zu sein. Eine solche wollen sie aber
bleiben, selbst wenn sie nicht einmal in der
Lage sind, einem auf königlichen Befehl dem
Landtage vorgelegten Gesetzentwürfe zuzu
stimmen, und wenn ihrer Partei deshalb
durch Maßregelungen ihrer Mitglieder eine
schwere Kränkung zugefügt wird." — Die
„B erl. Neue st. N a ch r." bezeichnen es
als in hohem Grade bedenklich, daß könig
liche Landräthe, die auf Weisung der Re
gierung ihres Amtes enthoben worden,
Fackelzüge entgegennehmen, „die weit mehr
als eine Bekundung freundlicher Gesinnung
für sie, eine Demonstration gegen den kö
niglichen Willen, der sie aus dem Amte ent
fernt hat." Was unterscheide eine solche Op
position in der Form von der der Radika
len? Angesichts der Klapper'schen Agita
tion sei doch ein Unterschied vorhanden zu
Gunsten der radikalen Opposition. Was
hier konservative Männer „durch schwei
gendes Geschehenlassen gut zu heißen schei
nen, das (trägt böse Saat auf das flache
Land hinaus, in die bäuerliche Bevölkerung,
die bisher dem umstürzlerischen Geiste un-
zugängig gewesen und jetzt mit den Formen
des Umsturzes zugleich dessen Wesen aufneh
men lernt gerade von den Männern, denen
in Königstrene zu folgen sie gewohnt wa
ren." —• Einen fingirten „Bericht
an Se. Majestät " druckt die „Deut-
s ch e Tageszt g." an der Spitze ihrer
Nummer am DonnerstagAbend ab: Der
Bericht beginnt: „Ew. Majestät haben mir
befohlen wahrheitsgetreuen Bericht über
die Stimmung zu erstatten, die in Folge
der verfügten Versetzung einiger Regie
rungspräsidenten und Landräthe in den
einstweiligen Ruhestand im Laà und ins
besondere in den deutschen betroffenen Krei
sen herrscht." Der fingirte Bericht weist
darauf hin, daß die Zurdispositionsstellun
gen der Landräthe fast von der gesammten
deutschen Presse entschieden verurtheilt wer
den. Die Maßregelung werde die Gegner
des Kanals nur noch hartnäckiger machen.
Hier und da werde sogar berichtet, daß die
noch Unentschiedenen durch die Maßregel in
das kanalgegnerische Lager gedrängt worden
seien. Die Stimmung in den betroffenen
Kreisen müsse hier und da geradezu als
erbittert bezeichnet werden. Leider
fehlt, so schreibt die „Deutsch. Tages-Ztg."
zum Schluß, diesem durchaus wahrheitsge
treuen Berichte die Unterschrift."
— Wie dem H. C. von zuverlässiger Seite
mitgetheilt wird, erlitt der Ober Präsident
von Puttkamer keinen Schlaganfall,
sondern leidet nur an Herzschwäche; er
befindet sich noch auf seinem Gute Carzin.
Die Befferung in seinem Befinden schreitet
dauernd fort. Herr von Puttkammer ist
übrigens ein eifriger Anhänger
der Kanalvorlage. Im Mai
nächsten Jahres feiert Herr v. Puttkamer
sein 50jähriges Dienstjubiläum.
— Die Meldung eines Berliner Be
richterstatters, daß der Rücktritt des Land-
wirthschasisministers Frhrn. von Ham
me r st e i n unmittelbar bevorstehe, kann
der „B. L. A." als vollständig unbe-
gründet bezeichnen. Frhr. von Hammer
stein wird in nächster Zeit nicht von sei
nem Amte zurücktreten. Von seiner
Dienstreise nach Hannover dürfte er erst
am 15. d. Mts. wieder nach Berlin zu
rückkehren. Dagegen scheint es sich in
der That zu bestätigen, daß die Regie
rung ein Vorgehen gegen den
Bund der Landwirthe insofern
beschlossen hat, als sie seinen Bestrebun
gen fernerhin jede amtliche Unterstützung
entziehen will. Die an die politischen
Beamten, soweit sie dem Bunde als Mit
glieder angehören, ergangene oder erst
noch zu richtende Anweisung, aus dem
Bunde auszutrcten, scheint nur ein Glied
in einer ganzen Reihe von Maßnahmen
zu sein, welche die Staatsregierung in
Aussicht genommen hat. So behauptet
die „Posener Ztg." mit Bestimmtheit, er
fahren zu haben, daß die Regierung in
einen umfassend angelegten Feldzug gegen
den Bund der Landwirthe einzutreten be
absichtige. Die einleitenden Schritte seien
in der Provinz Posen bereits geschehen.
Unzweideutige Erlasse verbieten den Be
amten, die Bestrebungen des Bundes zu
unterstützen, die Kreisblätter erhalten ent
sprechende Instructionen, und weitere
Maßregeln sollen folgen. — Wie in con-
servativen Kreisen verlautet, dürfte ein
Theil der jetzt gemaßregelten Regierungs
präsidenten und Landräthe alsbald den
endgültigen Abschied aus dem Staats
dienste nehmen, um theils im Ruhestande
zu verharren, theils in andere Verwal
tungszweige überzutreten. Im Uebrigen
sollen die Landräthe in Zukunft mehr
als bisher zur Vertretung der Regie
rungspolitik in der Oeffentlichkeit heran
gezogen werden.
— „Vorwärts" bemerkt zu der Nach,
richt von der Amtsmüdigkeit des
R e i ch s t a g s d i r e k t o r s Knack:
„Damit ist die Angelegenheit der von ihm
unmittelbar veranlaßten Stenogramm-Kor
rektur natürlich nicht erledigt." Das heißt
also, daß die Sozialdemokraten auf der
beabsichtigeten Interpellation bestehen.
Berlin, 7. September. Der „Hamb.
Corr." schreibt anscheinend offiziös: Die
Pflicht der Menschlichkeit gegenüber dem un-
schuldigen Dreyfus hat die deut
sche Regierung dadurch erfüllt, daß sie 1894
durch den Boffchaster in Paris und zwar
unmittelbar im Namen und Aufträge des
Kaisers, d. h. in denkbar feierlichster Form
der französischen Regierung ihre f e l s e n -
feste Ueberzeugung von der
Schuldlosigkeit des angeklag
ten Hauptmanns, soweit es
sich um Deutschland handelt,
aussprechen ließ. Dieses Unschuldszeugniß
ist dann wiederholt worden durch die feier
liche ErUärung, die Staatssekretär Graf
Bülow im Reichstage abgegeben hat. Damit
ist der Vorwurf zurückgewiesen, als ob
Deutschland dem unglücklichen Dreyfus ge
genüber eine moralische oder menschliche
Pflicht verletzt hätte. Man steht jedoch vor
der Thatsache, daß die feierlichen Erklärun-
gen zu Gunsten des Angeklagten in den
amtlichen französischen Kreisen nicht die
mindeste Beachtung gefunden, und diese
Thatsache spricht dafür, daß es völlig zweck
los sein würde, nochmals von unserer Seite
irgendwie in den Gang des Verfahrens ge
gen Dreyfus einzugreifen.
— Der Paukenschläger des Re
giments der Gardes du Corps,
eine imposante Erscheinung, der bei der
großen Herbstparade allgemein auffiel,
mußte mit seinem Pferde von Potsdam aus
die Eisenbahn benutzen, um zur Parade zu
gelangen. Das Pferd, ein Prachtthier und
mit vieler Mühe von seinem Reiter für
den Dienst als Paukenpferd eingeritten, ist
nämlich lungenkrank geworden und hat des
halb auch nicht 'dem Regiment nach Lo-
burg folgen können, da es seine Kräfte für
die große Parade aufsparen mußte. Das
Pferd wird bekanntlich mit den Füßen des
Reiters gelenkt; es hat dabei die schweren
Pauken zu tragen und außerdem den Pau-
kenschäger, der 220 Pfund wiegt.
Als Opfer des B a u s ch w i n d e l s
stellte sich der Tischlermeister Gustav B. hin,
der gestern aus der Untersuchungshaft
der Ferienstraskammer in Berlin vorgeführt
wurde, um sich wegen wiederholter
Urkundenfälschung zu verantworten. Der
38 Jahre alte Angeklagte ist bisher völlig
unbescholten gewesen, sieht nun aber trost
los der Zukunft entgegen, denn er ist
wirthschaftlich völlig ruinirt und
seiner Versicherung ist ihm und seiner
Familie auch noch das Letzte genommen
worden. Er erzählte dem Gerichtshof
thränenden Auges seine Leidensgeschichte:
Als er vor 6 Jahren die Tischlerei von
seinem Vater übernahm, hatte er eine
nette Kundschaft und etwas Geld und
die Grundbedingungen zum Wohlstände
schienen für ihn gegeben zu sein. Dann
gerieth er in den Bauschwindel hinein,
er mußte seine Werkstatt vergrößern und
mehr Gesellen einstellen, er arbeitete mit
verdoppelter Anstrengung, erhielt aber
schließlich für seine Arbeit statt des Geldes
faule Hypotheken, mit denen er nichts
anfangen konnte. Die Arbeiter mußten
ihre Wochenlöhne erhalten, die Holzhändler
drängten auf Bezahlung, Geld war nicht
in der Kaffe und der Angeklagte der
Verzweiflung nahe. Da kam er auf den
unseligen Gedanken, sich mit Hülfe ge
fälschter Wechsel über Waffer zu halten.
In acht Fällen hat er die Lieferanten,
denen er Geld schuldete, durch solche von
ihm angefertigte Wechsel vorläufig befrie
digt, in sieben Fällen gelang es ihm, das
Geld zusammenzubringen und die Wechsel
am Verfalltage einzulösen, sodaß niemand
zu Schaden kam, im achten Falle war
dies nicht mehr möglich und so brach
denn das Verhängniß über ihn herein.
Er stand nun als Verbrecher vor Gericht,
aber der Staatsanwalt hatte selbst Mitleid
mit ihm, er glaubte ihm, daß er unver-
schuldet in's Unglück gerathen, und bean
tragte trotz der großen Summen, um die
es sich bei den Fälschungen handelte, die
Zubilligung mildernder Umstände und nur
1 Jahr 6 Monate Gefängniß. Der Ge
richtshof nahm noch mehr Rücksicht auf
die Nothlage, in der sich der Angeklagte
befunden und verurtheilte ihn nur zu 9
Monaten Gefängniß.
Eine Abschiedsfeier zu Ehren
des gemaßregelten Landraths
Schilling in Liegnitz wurde nach der
„Schles. Ztg." am Dienstag Mittag im
Kreishause zu Liegnitz vom Kreisausschuß
und Kreistag veranstaltet. Durch eine
Deputation wurden Herr und Frau
Schilling in den Sitzungssaal geleitet, wo
Landesökonomierath Schneider-Petersdorf
eine Ansprache hielt: „Hochverehrter Herr
Landrath I Sie haben, veranlaßt durch
Ihre zeitweilige Versetzung in den Ruhe-
stand, von uns bereits Abschied genom
men, und so kommen wir heute, die Mit
glieder des Kreisausschuffes und des Kreis
tages, auch zu Ihnen, dasselbe zu thun.
Es ist freilich eine sehr traurige
Pflicht, welche wir hierdurch erfüllen.
Stets wird unser Dank von unseren
Lippen erschallen. Was Sie gethan, Sie
haben es an der Seite Ihrer theuren,
von uns geliebten und verehrten Frau
Gemahlin durchgeführt; sie hat Ihnen
Ihre rastlose Arbeit erleichtert, sie hat
Ihnen die letzten schweren Tage muthig
ertragen helfen. Wir danken Ihrer Frau
Gemahlin dafür aus tiefstem Herzen."
Die Ansprache schloß mit den Worten:
„Das walte Gott!" Hierauf erwiderte
Landrath z. D. Schilling: „Se. Majestät
unser Allergnädigster Kaiser haben ge
ruht, mich durch Allerhöchsten Erlaß vom
26. August zur Disposition zu stellen.
Ich habe zu gehorchen, aber der Abschied
wird mir unendlich schwer. Das Schei
den thut bitter weh, doch ich werde dar
über hinwegkommen müssen, und hierbei
wird es mir zum Trost gereichen, wie
Sie mir gedankt haben. Der Landkreis
Liegnitz, er wachse, blühe und gedeihe!"
Nachdem das Hoch verklungen, löste sich
die Versammlung auf.
Ein F a ck e l z u g für den g e m a ß -
regelten Landrath v. Brock
hausen wird in Drambnrg geplant.
Im „Drambg. Kreisbl." wird ein Aufruf
veröffentlicht, der wie folgt lautet: „Aus
Anlaß des Scheidens unseres hochverehrten
Landraths Herrn v. Brockhausen aus seiner
amtlichen Stellung wird beabsichtigt, ihm
am Mittwoch, 6. September, einen Fackel-
zug darzubringen. Bewohner des Dram-
burger Kreises! Geben wir dem Schei
denden einen Beweis unseres großen
Dankes nnd unerschütterlichen Vertrauens,
indem wir uns recht zahlreich an der
Ehrung betheiligen."
Die Kaninchenplage hat im
Kreise Schlettstadt einen sehr bedeutenden
Umfang angenommen. Nach einer Be
kannt des Kreisdirektors sind infolgedessen
sämmtliche Jagdpächter veranlaßt worden,
die Vertilgung Vieser schädlichen Thiere
mit allen Mitteln zu betreiben. Den
Eigenthümern ist außerdem die Besugniß
ertheilt, die Kaninchen unter Verwendung
von Fallen Gruben uud Schlingen zu
vertilgen.
Ein frecher R a u b a n f a l l ist im
Kurgarten zu Badenweiler an zwei Damen
verübt worden. Es wird darüber ge
meldet: Sonntag-Abend 8 Uhr wurden
zwei Damen, die Geschwister S. aus
Stettin, die auf dem Rnndgang des
Kurgartens spazirten, von einem Strolch
angefallen. Auf dessen Verlangen nach
Geld gab die eine Dame ihre Uhr heraus;
die andere weigerte sich, worauf der An
greifer aus nächster Nähe zwei Schüsse
abgab, von denen einer eine schwere Ver
wundung durch Wange und Hals verur-
sachte; der zweite Schuß streifte nur die
Wange unterhalb des Auges. Glücklicher
weise ist die Verwundung nicht lebensge
fährlich. Der Thäter ist entkommen und
noch nicht gefaßt. Sein Schirm wurde
ihm von der Dame entrissen und kann
auf die Spur leiten.
Vier Erdstöße sind, wie der
„Voigtl. Anz." berichtet, Donnerstag Mor-
gen V 3 4 Uhr in Bad Elster und dessen
Umgebung verspürt worden.
München, 5. Sept. Der Bankgeschäfts
lehrling Franz Loibl und dessen Bruder,
ein Schlachter sind am vorigen Donners
unter Mitnahme von 23 000 Mark in
Tausendmarkscheinen und 17 000 Mark
in verschiedenen deutschen Banknoten von
hier flüchtig geworden.
Köln, 8. Sept. Aus einer Stadt am
Rhein wird der „Franks. Ztg." von einem
Leser geschrieben: Das folgende Thema
zu einem deutschen Aufsatze, das in der
Oberprima des städtischen Gymnasiums
zu D. gegeben wurde, dürste manchen
Ihrer Leser interessiren: „Inwiefern hat
Friedrich der Große die Flinte ab
geschossen,. die sein Vater geladen
hat, und wie läßt sich das auf andere
Männer anwenden?" — 1
lc Lübeck, 7. Sept. Der 84 jährige
Dr. Theodor Gaedertz feierte heute sein
60jähriges (diamantenes) Doktor-
j u b i l ä u m. Dem Jubilar wurden von
Nah und Fern zahlreiche Orationen
zu theil, u. a. sandten die Universität
Göttingen sowie die Kgl. Akademie der
Künste in Berlin Glückwünsche.
Glück hatte in Hamburg ein Malerge-
hülse, welcher, auf der Leiter stehend,
mit dem Streichen einer Decke beschäftigt
war, als die Leiter umfiel und er durch
das offenstehende Fenster auf einen Sand
haufen geworfen wurde, wobei er nur
leichte Verletzungen erhielt.
Provinzielles.
Die umfangreichen Arbeiten zum Schutze
der Dünen auf Helgoland haben für dieses
Jahr ihre Beendigung gefunden. Wenn
die Düne in dem jetzigen guten Zustand
nur einige Jahre von schweren Sturm
luten verschont bleiben sollte, so steht zu
erwarten, daß die getroffenen Schutzvor-
kehrungen wenigstens den jetzigen Bestand
der Düne erhalten werden.
In Altona wurde eine einstweilen aus
30 Mann bestehende Sanitätskolonne der
Polizeibeamten ins Leben gerufen.
Am Seminar zu Segcberg bestanden von
27 Zöglingen 26 die Abgangsprüfung. Nur
ein Abiturient konnte sofort eine Lehrer
stelle erhalten.
Da die Anlage eines Elektricitätswerkes
in Lunden gescheitert ist, macht die Firma
Pellens-Köln, mit der die Kommune in
Verbindung stand, eine Forderung von
5025 Mk. für Vorarbeiten geltend. Lunden
hält sich dazu nicht verpflichtet und hat
die Forderung abgelehnt.
In die Konservenfabrik in Tornesch sind
im letzten Sommer zeitweise soviel Pahl-
erbsen eingeliefert, daß man hier den
Vorrath kaum bewältigen konnte; die Kon
serven in diesem Artikel dürften also, wenn
auch anderwärts gute Ernte gewesen ist,
recht billig werden.
Die Oldenburger Spar- und Leihkasse
wurde am 1. Sept. 1824 in's Leben ge
rufen und feierte am 1. Sept. d. I.
durch ein Festessen den 75 jährigen Stif
tungstag.
Der Gau Nordmark (Schleswig-Holstein
und Eutin) des 30 000 Mitglieder zählen
den deutsch-nationalen Handlungsgehilfen-
Verbandes Hamburg hielt am Sonntag
im „Großen Hause" in Elmshorn einen
außerordentlichen Gautag ab. Den Haupt
theil der Verhandlungen bildeten die
bevorstehende Novelle zur Gewerbe-Ordnung
und die Sonntagsruhe. Es wurde sowohl
an den Reichstag wie an den Bundesrath
eine Eingabe abgesandt, worin um Zu
stimmung zu dem von der Reichstags-
Kommission vorgeschlagenen 9 Uhr-Laden-
schluß gebeten wurde. Betreffs der Sonn
tagsruhe wurde beschlossen, durch erneute
Eingaben auf möglichste Gleichmäßigkeit
derselben hinzuwirken und Uebertretungen
des Gesetzes streng ahnden zu lassen.
Dem „Hamb. Fremdenbl." wird die
verbürgte Nachricht übermittelt, daß im
kommenden Jahre — 1900 — das Kai
sermanöver auf dem Terrain der Lock-
stedterHaide abgehalten werden soll.
Die noch zu dem Zweck im Lager be-
nöthigten Bauten sollen ehestens in An
griff genommen werden. Im Lockstedter
Lager fand 1881 das letzte Kaisermanö
ver statt.
—% Vom Norden, 7. Sept. Nachdem
am Dienstag eine Einigung zwischen den
Fachverbänden und den Arbeitgebern jen
seits der Grenze erzielt worden ist, wer
den die ausständigen Maurer den Tisch
lergesellen, die bereits ihre Arbeit wieder
begonnen haben, spätestens am Sonnabend
12 Uhr in der Aufnahme der Arbeit fol
gen. Die gesammte Bevölkerung Däne
marks athmet unter dem günstigen Ab
schlüsse des Ausstandes erleichtert auf.
Die „Berlinske Tidende" hebt unter An
derem hervor, daß wohl selten eine Nach
richt von der (gesammten Bevölkerung so
freudig begrüßt worden ist, als die, welche
den Abschluß des Ansstandes besagte. Die
jenigen Arbeiter, welche beim Ausbruche
des Streiks sich Arbeit suchend nach dem
nördlichen Schleswig hauptsächlich, sowie
nach anderen Ländern wandten, kehren
zum Theil wieder in ihre Heimath zurück.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben in
sofern, als der Streik gerade in der gün
stigsten Zeit des Jahres ausbrach, ganz
enorme Verluste erlitten.
Auf der Rückreise von Sylt begab sich
Oberpräsident v. K ö l l e r unerkannt auf
den Bahnsteig Hoyerschleuse und schlug
zufällig seinen Weg nach der dort vor einem
Zuge halten den Lokomotive ein. Hier ange
kommen, entspinnt sich zwischen ihm und
dem Maschinenführer ungefähr folgende
Unterhaltung: Der Lokomotivführer frägt
nach dem Abzeichen an der Mütze des
Trägers blickend (wahrscheinlich trug der
hohe Herr die Mütze des Kaiserlichen
Yachtklubs): „Na, wat is dat denn für
een Deeken?" Exz-: „Ja, dat mochten
Se woll weeten, ick bin nämlich op de
„Hohenzollern". Lokomotivführer: „Junge,
Junge, denn bekleeden Se dar wull een
nette Nummer?" Exz.: „Jawohl!" Loko
motivführer: „So, so!" Ob sich diese er
götzliche Unterhaltung zwischen Sr. Exzellenz
und dem Maschinenführer, der den hohen
Herrn natürlich nicht kannte, noch weiter
ausgedehnt hat, ist uns, schreibt die „Tond.
Ztg.," leider nicht bekannt. Wir müssen
diesem Blatte auch die Verantwortung für
die Richtigkeit der Mittheilung überlassen.
LI Kreis Eckernförde, 7. Sept. Nach
amtlicher Feststellung ist unter den Schwei
nen des Parzellisten Jürgen Bothmann
in Hütten die Rothlausseuche ausgebrochen.
Eckernförde, 5. Sept. Der „Mark.
Ztg." aus Neu-Ruppin vom 2. d. Mts.
entnimmt die „E. Z." Folgendes: Nach
35 Jahren ein unerwartet freudiges
Wiedersehen zu feiern war vorgestern einem