Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

von einigen anderen Dokumenten begleitet 
gewesen und habe auf ihn ivegen des Buch 
stabens D. einen besonderen Eindruck ge 
macht. Auch noch andere Briefe habe Mer 
rier erhalten, in denen die Briefschreiber 
behaupten, sie hätten sich eine Erinnerung 
an das Dokument Canaille D. bewahrt. 
Weiter verliest Generäl Mercier den Brief 
Freystätters an einen Freund vom 1. März 
1898, worin er sagt, er habe keinen Zwei 
fel an der Schuld Dreyfus'«. Die Bela 
stungszeugen seien anständige Leute gewe 
sen. Das stehe doch im Widerspruch mit 
Freystätters Aussagen. — Hierauf zieht sich 
der Gerichtshof zur Berathung zurück. Die 
Erregung im Saale ist sehr groß. Von al 
len Seiten ernten die deutsche und italie 
nische Regierung stir ihre loyale Haltung 
alles Lob. Nach einer Viertelstunde kehrt 
der Gerichtshof zurück. Die Truppen im 
Saale Präsentiren, Alles steht auf. Präsi 
dent Jonaust verliest den Beschluß: „Im 
Namen des französischen Volkes! Das 
Kriegsgericht hat einstimmig folgende Ent 
scheidung getroffen: Das Kriegsgericht er 
klärt sich nicht für kompetent, die kommis 
sarische Vernehmung eines Nichtfranzosen 
anzuordnen (Große Bewegung). Der An 
trag Laboris ist demnach ab 
gelehnt. Labori kommt alsdann auf 
den Zeugen Cernuschi zu sprechen. Derselbe 
habe gestern unter Ausschluß der Oeffent- 
lichkeit gesagt, er habe seiner Aussage nichts 
hinzuzufügen. Er habe sich aber über die 
Person Dreyfus'' geirrt. Er habe geglaubt, 
er habe einmal mit Dreyfus gefrühstückt, 
habe aber jetzt gesehen, daß er sich ge 
täuscht habe. Labori verliest nun Depe 
schen, die er über Cernuschi erhalten. Ein 
Advokat telegraphirt: Cernuschi ist als gei 
stesgestört bekannt. Die anderen Absender 
von Depeschen bestätigen dies. Labori läßt 
weiter mehrere Briefe von Esterhazy verle 
sen. Der eine derselben ist an den Sohn 
des Generals Guerin gerichtet; aus ihm 
geht hervor, daß Esterhazy offizielle Do 
kumente über die russische Mobilisation und 
andere wichtige Dokumente gekannt hat. In 
einem anderen Briefe wird Bertillon ein 
jämmerlicher Verrückter genannt (Heiter 
keit). Es tritt jetzt eine Pause ein. Nach 
derselben erklärt Präsident Jonaust die De 
batte für geschlossen. Sofort erheben sich 
sämmtliche militärische Zeugen und verlas 
sen den Saal. Sie müssen heute noch von 
Rennes abreisen. Regierungskommissar 
Carriere beginnt sein Requisitorium. Er er 
innert zuerst an das Urtheil des Kassa 
tionshofes und meint dann, die Meinungen, 
ob die Motive des Urtheils des Kassations 
hofes die Macht des Kriegsgerichts ein 
schränken dürfen, seien getheilt. Er für sein 
Theil müsse ein Beispiel militärischer Dis 
ziplin geben. Er nehme das Urtheil des 
Kassationshofes in seinem ganzen Umfange 
an. Carriere geht nun die Affäre in ihren 
ganzen Einzelheiten durch- wobei er u. A. 
sagt, die Schrift des Dreyfus ähnele der 
Schrift des Bordereaus, die Schrift 
des Esterhazy ähnele ihr in etwas anderer 
Weise. Und wenn man die Schrift des Ma- 
thieu Dreyfus nehme, habe man noch eine 
Aehnlichkeit (Heiterkeit). Hier existirten 2 
Angeklagte, Dreyfus, der offiziell angeklagt 
sei, und Esterhazy, der offiziös von der Ver 
theidigung angeklagt sei. Esterhazy habe 
sich die einzelnen Noten des Bordereaus 
nicht verschaffen können, wohl aber Drey 
fus, der an der Quelle gesessen. Dreyfus 
habe sich auch die Schießvorschrift verschaf 
fen können, Esterhazy nicht. Dreyftis habe 
trotz des viel erwähnten Circulars hoffen 
und schreiben können, er werde in's Manö 
ver gehen, Esterhazy aber nicht. Dreyfus 
habe gründlich Bescheid in allen artilleri 
stischen Fragen gewußt. Der Agent A 
(Schwartzkoppen), der sehr intelligent sei, 
hätte sich Esterhazys, dieses Ausschneiders, 
nicht bedient. Er habe sich an das zweite 
Bureau, an Dreyfus, gewandt. Carriere 
schloß seine Anklagerede mit folgenden Wor 
ten: „Auf Ehre und Gewissen, ich halte 
Dreyfus für schuldig und beantrage seine 
Verurtheilung!" 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete 
Ein fünfzehnjähriger Knabe, 
Philipp John, ist zum Vicedirektor 
des jüdischen Waisenhauses in Chicago, 
in dem über 300 Waisen untergebracht 
sind, ernannt worden. Der Knabe übt 
auf seine ehemaligen Kollegen einen solchen 
Einfluß aus, das man ihn für geeigneter 
für das verantwortliche Amt als einen 
Erwachsenen hält. 
Schweiz. 
Wofür man heutzutage in unserer ehr- 
süchtigen Zeit Lorbeerkränze bekommen 
der Bäuerin. Aber letztere mochte ihnen 
nur kargen Bescheid geben, denn der Wagen 
fuhr unaufhaltsam weiter, bald dem Blick 
kreise der Nachschauenden entschwindend. 
Auch Adam Schlehbach wendete sich um. 
Noch immer lag tiefe, nachhaltige Ueber- 
raschung in seinen Zügen ausgeprägt, während 
er, von der Landstraße abweichend über den 
schmalen Wiesenrain dahinschritt, welcher ihn in 
wenigen Minuten zu der etwas abseits vom 
übrigen Dorfe gelegenen Sägemühle brachte. 
(Fortsetzung folgt.) 
kann, zeigt folgende, vom Luzerner Tage- 
blatt veröffentlichte Mittheilung: „Herr 
Schwcinehändler M. in Appenzell ver 
kaufte an Herrn I. W. in Sirnach, 
Thurgau, eine aus 101 Schweinen 
bestehende Sendung. Der Empfänger war 
so entzückt über die ausgezeichnete Prima 
waare, daß er dem Verkäufer einen 
Lorbeerkranz zusandte." 
Inland. 
— In seiner Agrar-Correspon- 
d e n z fordert Herr Klapper die Konserva 
tiven angesichts des „Verfassungsbruchs zur 
Budgetverweigerung" auf. Also 
Herr Klapper ist der reine Revolutionär, 
Weil's ihn: so paßt. Was hätte er aber 
wohl gesagt, wenn andere Leute durch die 
Regierungsmaßregelungen betroffen worden 
wären? Die „Kreuzztg." sagt deshalb 
mit vollem Recht: „Wollen die Konserva 
tiven der Bndgetverweigerung Folge leisten, 
so würden sie aufhören, eine monarchische 
Partei zu sein. Eine solche wollen sie aber 
bleiben, selbst wenn sie nicht einmal in der 
Lage sind, einem auf königlichen Befehl dem 
Landtage vorgelegten Gesetzentwürfe zuzu 
stimmen, und wenn ihrer Partei deshalb 
durch Maßregelungen ihrer Mitglieder eine 
schwere Kränkung zugefügt wird." — Die 
„B erl. Neue st. N a ch r." bezeichnen es 
als in hohem Grade bedenklich, daß könig 
liche Landräthe, die auf Weisung der Re 
gierung ihres Amtes enthoben worden, 
Fackelzüge entgegennehmen, „die weit mehr 
als eine Bekundung freundlicher Gesinnung 
für sie, eine Demonstration gegen den kö 
niglichen Willen, der sie aus dem Amte ent 
fernt hat." Was unterscheide eine solche Op 
position in der Form von der der Radika 
len? Angesichts der Klapper'schen Agita 
tion sei doch ein Unterschied vorhanden zu 
Gunsten der radikalen Opposition. Was 
hier konservative Männer „durch schwei 
gendes Geschehenlassen gut zu heißen schei 
nen, das (trägt böse Saat auf das flache 
Land hinaus, in die bäuerliche Bevölkerung, 
die bisher dem umstürzlerischen Geiste un- 
zugängig gewesen und jetzt mit den Formen 
des Umsturzes zugleich dessen Wesen aufneh 
men lernt gerade von den Männern, denen 
in Königstrene zu folgen sie gewohnt wa 
ren." —• Einen fingirten „Bericht 
an Se. Majestät " druckt die „Deut- 
s ch e Tageszt g." an der Spitze ihrer 
Nummer am DonnerstagAbend ab: Der 
Bericht beginnt: „Ew. Majestät haben mir 
befohlen wahrheitsgetreuen Bericht über 
die Stimmung zu erstatten, die in Folge 
der verfügten Versetzung einiger Regie 
rungspräsidenten und Landräthe in den 
einstweiligen Ruhestand im Laà und ins 
besondere in den deutschen betroffenen Krei 
sen herrscht." Der fingirte Bericht weist 
darauf hin, daß die Zurdispositionsstellun 
gen der Landräthe fast von der gesammten 
deutschen Presse entschieden verurtheilt wer 
den. Die Maßregelung werde die Gegner 
des Kanals nur noch hartnäckiger machen. 
Hier und da werde sogar berichtet, daß die 
noch Unentschiedenen durch die Maßregel in 
das kanalgegnerische Lager gedrängt worden 
seien. Die Stimmung in den betroffenen 
Kreisen müsse hier und da geradezu als 
erbittert bezeichnet werden. Leider 
fehlt, so schreibt die „Deutsch. Tages-Ztg." 
zum Schluß, diesem durchaus wahrheitsge 
treuen Berichte die Unterschrift." 
— Wie dem H. C. von zuverlässiger Seite 
mitgetheilt wird, erlitt der Ober Präsident 
von Puttkamer keinen Schlaganfall, 
sondern leidet nur an Herzschwäche; er 
befindet sich noch auf seinem Gute Carzin. 
Die Befferung in seinem Befinden schreitet 
dauernd fort. Herr von Puttkammer ist 
übrigens ein eifriger Anhänger 
der Kanalvorlage. Im Mai 
nächsten Jahres feiert Herr v. Puttkamer 
sein 50jähriges Dienstjubiläum. 
— Die Meldung eines Berliner Be 
richterstatters, daß der Rücktritt des Land- 
wirthschasisministers Frhrn. von Ham 
me r st e i n unmittelbar bevorstehe, kann 
der „B. L. A." als vollständig unbe- 
gründet bezeichnen. Frhr. von Hammer 
stein wird in nächster Zeit nicht von sei 
nem Amte zurücktreten. Von seiner 
Dienstreise nach Hannover dürfte er erst 
am 15. d. Mts. wieder nach Berlin zu 
rückkehren. Dagegen scheint es sich in 
der That zu bestätigen, daß die Regie 
rung ein Vorgehen gegen den 
Bund der Landwirthe insofern 
beschlossen hat, als sie seinen Bestrebun 
gen fernerhin jede amtliche Unterstützung 
entziehen will. Die an die politischen 
Beamten, soweit sie dem Bunde als Mit 
glieder angehören, ergangene oder erst 
noch zu richtende Anweisung, aus dem 
Bunde auszutrcten, scheint nur ein Glied 
in einer ganzen Reihe von Maßnahmen 
zu sein, welche die Staatsregierung in 
Aussicht genommen hat. So behauptet 
die „Posener Ztg." mit Bestimmtheit, er 
fahren zu haben, daß die Regierung in 
einen umfassend angelegten Feldzug gegen 
den Bund der Landwirthe einzutreten be 
absichtige. Die einleitenden Schritte seien 
in der Provinz Posen bereits geschehen. 
Unzweideutige Erlasse verbieten den Be 
amten, die Bestrebungen des Bundes zu 
unterstützen, die Kreisblätter erhalten ent 
sprechende Instructionen, und weitere 
Maßregeln sollen folgen. — Wie in con- 
servativen Kreisen verlautet, dürfte ein 
Theil der jetzt gemaßregelten Regierungs 
präsidenten und Landräthe alsbald den 
endgültigen Abschied aus dem Staats 
dienste nehmen, um theils im Ruhestande 
zu verharren, theils in andere Verwal 
tungszweige überzutreten. Im Uebrigen 
sollen die Landräthe in Zukunft mehr 
als bisher zur Vertretung der Regie 
rungspolitik in der Oeffentlichkeit heran 
gezogen werden. 
— „Vorwärts" bemerkt zu der Nach, 
richt von der Amtsmüdigkeit des 
R e i ch s t a g s d i r e k t o r s Knack: 
„Damit ist die Angelegenheit der von ihm 
unmittelbar veranlaßten Stenogramm-Kor 
rektur natürlich nicht erledigt." Das heißt 
also, daß die Sozialdemokraten auf der 
beabsichtigeten Interpellation bestehen. 
Berlin, 7. September. Der „Hamb. 
Corr." schreibt anscheinend offiziös: Die 
Pflicht der Menschlichkeit gegenüber dem un- 
schuldigen Dreyfus hat die deut 
sche Regierung dadurch erfüllt, daß sie 1894 
durch den Boffchaster in Paris und zwar 
unmittelbar im Namen und Aufträge des 
Kaisers, d. h. in denkbar feierlichster Form 
der französischen Regierung ihre f e l s e n - 
feste Ueberzeugung von der 
Schuldlosigkeit des angeklag 
ten Hauptmanns, soweit es 
sich um Deutschland handelt, 
aussprechen ließ. Dieses Unschuldszeugniß 
ist dann wiederholt worden durch die feier 
liche ErUärung, die Staatssekretär Graf 
Bülow im Reichstage abgegeben hat. Damit 
ist der Vorwurf zurückgewiesen, als ob 
Deutschland dem unglücklichen Dreyfus ge 
genüber eine moralische oder menschliche 
Pflicht verletzt hätte. Man steht jedoch vor 
der Thatsache, daß die feierlichen Erklärun- 
gen zu Gunsten des Angeklagten in den 
amtlichen französischen Kreisen nicht die 
mindeste Beachtung gefunden, und diese 
Thatsache spricht dafür, daß es völlig zweck 
los sein würde, nochmals von unserer Seite 
irgendwie in den Gang des Verfahrens ge 
gen Dreyfus einzugreifen. 
— Der Paukenschläger des Re 
giments der Gardes du Corps, 
eine imposante Erscheinung, der bei der 
großen Herbstparade allgemein auffiel, 
mußte mit seinem Pferde von Potsdam aus 
die Eisenbahn benutzen, um zur Parade zu 
gelangen. Das Pferd, ein Prachtthier und 
mit vieler Mühe von seinem Reiter für 
den Dienst als Paukenpferd eingeritten, ist 
nämlich lungenkrank geworden und hat des 
halb auch nicht 'dem Regiment nach Lo- 
burg folgen können, da es seine Kräfte für 
die große Parade aufsparen mußte. Das 
Pferd wird bekanntlich mit den Füßen des 
Reiters gelenkt; es hat dabei die schweren 
Pauken zu tragen und außerdem den Pau- 
kenschäger, der 220 Pfund wiegt. 
Als Opfer des B a u s ch w i n d e l s 
stellte sich der Tischlermeister Gustav B. hin, 
der gestern aus der Untersuchungshaft 
der Ferienstraskammer in Berlin vorgeführt 
wurde, um sich wegen wiederholter 
Urkundenfälschung zu verantworten. Der 
38 Jahre alte Angeklagte ist bisher völlig 
unbescholten gewesen, sieht nun aber trost 
los der Zukunft entgegen, denn er ist 
wirthschaftlich völlig ruinirt und 
seiner Versicherung ist ihm und seiner 
Familie auch noch das Letzte genommen 
worden. Er erzählte dem Gerichtshof 
thränenden Auges seine Leidensgeschichte: 
Als er vor 6 Jahren die Tischlerei von 
seinem Vater übernahm, hatte er eine 
nette Kundschaft und etwas Geld und 
die Grundbedingungen zum Wohlstände 
schienen für ihn gegeben zu sein. Dann 
gerieth er in den Bauschwindel hinein, 
er mußte seine Werkstatt vergrößern und 
mehr Gesellen einstellen, er arbeitete mit 
verdoppelter Anstrengung, erhielt aber 
schließlich für seine Arbeit statt des Geldes 
faule Hypotheken, mit denen er nichts 
anfangen konnte. Die Arbeiter mußten 
ihre Wochenlöhne erhalten, die Holzhändler 
drängten auf Bezahlung, Geld war nicht 
in der Kaffe und der Angeklagte der 
Verzweiflung nahe. Da kam er auf den 
unseligen Gedanken, sich mit Hülfe ge 
fälschter Wechsel über Waffer zu halten. 
In acht Fällen hat er die Lieferanten, 
denen er Geld schuldete, durch solche von 
ihm angefertigte Wechsel vorläufig befrie 
digt, in sieben Fällen gelang es ihm, das 
Geld zusammenzubringen und die Wechsel 
am Verfalltage einzulösen, sodaß niemand 
zu Schaden kam, im achten Falle war 
dies nicht mehr möglich und so brach 
denn das Verhängniß über ihn herein. 
Er stand nun als Verbrecher vor Gericht, 
aber der Staatsanwalt hatte selbst Mitleid 
mit ihm, er glaubte ihm, daß er unver- 
schuldet in's Unglück gerathen, und bean 
tragte trotz der großen Summen, um die 
es sich bei den Fälschungen handelte, die 
Zubilligung mildernder Umstände und nur 
1 Jahr 6 Monate Gefängniß. Der Ge 
richtshof nahm noch mehr Rücksicht auf 
die Nothlage, in der sich der Angeklagte 
befunden und verurtheilte ihn nur zu 9 
Monaten Gefängniß. 
Eine Abschiedsfeier zu Ehren 
des gemaßregelten Landraths 
Schilling in Liegnitz wurde nach der 
„Schles. Ztg." am Dienstag Mittag im 
Kreishause zu Liegnitz vom Kreisausschuß 
und Kreistag veranstaltet. Durch eine 
Deputation wurden Herr und Frau 
Schilling in den Sitzungssaal geleitet, wo 
Landesökonomierath Schneider-Petersdorf 
eine Ansprache hielt: „Hochverehrter Herr 
Landrath I Sie haben, veranlaßt durch 
Ihre zeitweilige Versetzung in den Ruhe- 
stand, von uns bereits Abschied genom 
men, und so kommen wir heute, die Mit 
glieder des Kreisausschuffes und des Kreis 
tages, auch zu Ihnen, dasselbe zu thun. 
Es ist freilich eine sehr traurige 
Pflicht, welche wir hierdurch erfüllen. 
Stets wird unser Dank von unseren 
Lippen erschallen. Was Sie gethan, Sie 
haben es an der Seite Ihrer theuren, 
von uns geliebten und verehrten Frau 
Gemahlin durchgeführt; sie hat Ihnen 
Ihre rastlose Arbeit erleichtert, sie hat 
Ihnen die letzten schweren Tage muthig 
ertragen helfen. Wir danken Ihrer Frau 
Gemahlin dafür aus tiefstem Herzen." 
Die Ansprache schloß mit den Worten: 
„Das walte Gott!" Hierauf erwiderte 
Landrath z. D. Schilling: „Se. Majestät 
unser Allergnädigster Kaiser haben ge 
ruht, mich durch Allerhöchsten Erlaß vom 
26. August zur Disposition zu stellen. 
Ich habe zu gehorchen, aber der Abschied 
wird mir unendlich schwer. Das Schei 
den thut bitter weh, doch ich werde dar 
über hinwegkommen müssen, und hierbei 
wird es mir zum Trost gereichen, wie 
Sie mir gedankt haben. Der Landkreis 
Liegnitz, er wachse, blühe und gedeihe!" 
Nachdem das Hoch verklungen, löste sich 
die Versammlung auf. 
Ein F a ck e l z u g für den g e m a ß - 
regelten Landrath v. Brock 
hausen wird in Drambnrg geplant. 
Im „Drambg. Kreisbl." wird ein Aufruf 
veröffentlicht, der wie folgt lautet: „Aus 
Anlaß des Scheidens unseres hochverehrten 
Landraths Herrn v. Brockhausen aus seiner 
amtlichen Stellung wird beabsichtigt, ihm 
am Mittwoch, 6. September, einen Fackel- 
zug darzubringen. Bewohner des Dram- 
burger Kreises! Geben wir dem Schei 
denden einen Beweis unseres großen 
Dankes nnd unerschütterlichen Vertrauens, 
indem wir uns recht zahlreich an der 
Ehrung betheiligen." 
Die Kaninchenplage hat im 
Kreise Schlettstadt einen sehr bedeutenden 
Umfang angenommen. Nach einer Be 
kannt des Kreisdirektors sind infolgedessen 
sämmtliche Jagdpächter veranlaßt worden, 
die Vertilgung Vieser schädlichen Thiere 
mit allen Mitteln zu betreiben. Den 
Eigenthümern ist außerdem die Besugniß 
ertheilt, die Kaninchen unter Verwendung 
von Fallen Gruben uud Schlingen zu 
vertilgen. 
Ein frecher R a u b a n f a l l ist im 
Kurgarten zu Badenweiler an zwei Damen 
verübt worden. Es wird darüber ge 
meldet: Sonntag-Abend 8 Uhr wurden 
zwei Damen, die Geschwister S. aus 
Stettin, die auf dem Rnndgang des 
Kurgartens spazirten, von einem Strolch 
angefallen. Auf dessen Verlangen nach 
Geld gab die eine Dame ihre Uhr heraus; 
die andere weigerte sich, worauf der An 
greifer aus nächster Nähe zwei Schüsse 
abgab, von denen einer eine schwere Ver 
wundung durch Wange und Hals verur- 
sachte; der zweite Schuß streifte nur die 
Wange unterhalb des Auges. Glücklicher 
weise ist die Verwundung nicht lebensge 
fährlich. Der Thäter ist entkommen und 
noch nicht gefaßt. Sein Schirm wurde 
ihm von der Dame entrissen und kann 
auf die Spur leiten. 
Vier Erdstöße sind, wie der 
„Voigtl. Anz." berichtet, Donnerstag Mor- 
gen V 3 4 Uhr in Bad Elster und dessen 
Umgebung verspürt worden. 
München, 5. Sept. Der Bankgeschäfts 
lehrling Franz Loibl und dessen Bruder, 
ein Schlachter sind am vorigen Donners 
unter Mitnahme von 23 000 Mark in 
Tausendmarkscheinen und 17 000 Mark 
in verschiedenen deutschen Banknoten von 
hier flüchtig geworden. 
Köln, 8. Sept. Aus einer Stadt am 
Rhein wird der „Franks. Ztg." von einem 
Leser geschrieben: Das folgende Thema 
zu einem deutschen Aufsatze, das in der 
Oberprima des städtischen Gymnasiums 
zu D. gegeben wurde, dürste manchen 
Ihrer Leser interessiren: „Inwiefern hat 
Friedrich der Große die Flinte ab 
geschossen,. die sein Vater geladen 
hat, und wie läßt sich das auf andere 
Männer anwenden?" — 1 
lc Lübeck, 7. Sept. Der 84 jährige 
Dr. Theodor Gaedertz feierte heute sein 
60jähriges (diamantenes) Doktor- 
j u b i l ä u m. Dem Jubilar wurden von 
Nah und Fern zahlreiche Orationen 
zu theil, u. a. sandten die Universität 
Göttingen sowie die Kgl. Akademie der 
Künste in Berlin Glückwünsche. 
Glück hatte in Hamburg ein Malerge- 
hülse, welcher, auf der Leiter stehend, 
mit dem Streichen einer Decke beschäftigt 
war, als die Leiter umfiel und er durch 
das offenstehende Fenster auf einen Sand 
haufen geworfen wurde, wobei er nur 
leichte Verletzungen erhielt. 
Provinzielles. 
Die umfangreichen Arbeiten zum Schutze 
der Dünen auf Helgoland haben für dieses 
Jahr ihre Beendigung gefunden. Wenn 
die Düne in dem jetzigen guten Zustand 
nur einige Jahre von schweren Sturm 
luten verschont bleiben sollte, so steht zu 
erwarten, daß die getroffenen Schutzvor- 
kehrungen wenigstens den jetzigen Bestand 
der Düne erhalten werden. 
In Altona wurde eine einstweilen aus 
30 Mann bestehende Sanitätskolonne der 
Polizeibeamten ins Leben gerufen. 
Am Seminar zu Segcberg bestanden von 
27 Zöglingen 26 die Abgangsprüfung. Nur 
ein Abiturient konnte sofort eine Lehrer 
stelle erhalten. 
Da die Anlage eines Elektricitätswerkes 
in Lunden gescheitert ist, macht die Firma 
Pellens-Köln, mit der die Kommune in 
Verbindung stand, eine Forderung von 
5025 Mk. für Vorarbeiten geltend. Lunden 
hält sich dazu nicht verpflichtet und hat 
die Forderung abgelehnt. 
In die Konservenfabrik in Tornesch sind 
im letzten Sommer zeitweise soviel Pahl- 
erbsen eingeliefert, daß man hier den 
Vorrath kaum bewältigen konnte; die Kon 
serven in diesem Artikel dürften also, wenn 
auch anderwärts gute Ernte gewesen ist, 
recht billig werden. 
Die Oldenburger Spar- und Leihkasse 
wurde am 1. Sept. 1824 in's Leben ge 
rufen und feierte am 1. Sept. d. I. 
durch ein Festessen den 75 jährigen Stif 
tungstag. 
Der Gau Nordmark (Schleswig-Holstein 
und Eutin) des 30 000 Mitglieder zählen 
den deutsch-nationalen Handlungsgehilfen- 
Verbandes Hamburg hielt am Sonntag 
im „Großen Hause" in Elmshorn einen 
außerordentlichen Gautag ab. Den Haupt 
theil der Verhandlungen bildeten die 
bevorstehende Novelle zur Gewerbe-Ordnung 
und die Sonntagsruhe. Es wurde sowohl 
an den Reichstag wie an den Bundesrath 
eine Eingabe abgesandt, worin um Zu 
stimmung zu dem von der Reichstags- 
Kommission vorgeschlagenen 9 Uhr-Laden- 
schluß gebeten wurde. Betreffs der Sonn 
tagsruhe wurde beschlossen, durch erneute 
Eingaben auf möglichste Gleichmäßigkeit 
derselben hinzuwirken und Uebertretungen 
des Gesetzes streng ahnden zu lassen. 
Dem „Hamb. Fremdenbl." wird die 
verbürgte Nachricht übermittelt, daß im 
kommenden Jahre — 1900 — das Kai 
sermanöver auf dem Terrain der Lock- 
stedterHaide abgehalten werden soll. 
Die noch zu dem Zweck im Lager be- 
nöthigten Bauten sollen ehestens in An 
griff genommen werden. Im Lockstedter 
Lager fand 1881 das letzte Kaisermanö 
ver statt. 
—% Vom Norden, 7. Sept. Nachdem 
am Dienstag eine Einigung zwischen den 
Fachverbänden und den Arbeitgebern jen 
seits der Grenze erzielt worden ist, wer 
den die ausständigen Maurer den Tisch 
lergesellen, die bereits ihre Arbeit wieder 
begonnen haben, spätestens am Sonnabend 
12 Uhr in der Aufnahme der Arbeit fol 
gen. Die gesammte Bevölkerung Däne 
marks athmet unter dem günstigen Ab 
schlüsse des Ausstandes erleichtert auf. 
Die „Berlinske Tidende" hebt unter An 
derem hervor, daß wohl selten eine Nach 
richt von der (gesammten Bevölkerung so 
freudig begrüßt worden ist, als die, welche 
den Abschluß des Ansstandes besagte. Die 
jenigen Arbeiter, welche beim Ausbruche 
des Streiks sich Arbeit suchend nach dem 
nördlichen Schleswig hauptsächlich, sowie 
nach anderen Ländern wandten, kehren 
zum Theil wieder in ihre Heimath zurück. 
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben in 
sofern, als der Streik gerade in der gün 
stigsten Zeit des Jahres ausbrach, ganz 
enorme Verluste erlitten. 
Auf der Rückreise von Sylt begab sich 
Oberpräsident v. K ö l l e r unerkannt auf 
den Bahnsteig Hoyerschleuse und schlug 
zufällig seinen Weg nach der dort vor einem 
Zuge halten den Lokomotive ein. Hier ange 
kommen, entspinnt sich zwischen ihm und 
dem Maschinenführer ungefähr folgende 
Unterhaltung: Der Lokomotivführer frägt 
nach dem Abzeichen an der Mütze des 
Trägers blickend (wahrscheinlich trug der 
hohe Herr die Mütze des Kaiserlichen 
Yachtklubs): „Na, wat is dat denn für 
een Deeken?" Exz-: „Ja, dat mochten 
Se woll weeten, ick bin nämlich op de 
„Hohenzollern". Lokomotivführer: „Junge, 
Junge, denn bekleeden Se dar wull een 
nette Nummer?" Exz.: „Jawohl!" Loko 
motivführer: „So, so!" Ob sich diese er 
götzliche Unterhaltung zwischen Sr. Exzellenz 
und dem Maschinenführer, der den hohen 
Herrn natürlich nicht kannte, noch weiter 
ausgedehnt hat, ist uns, schreibt die „Tond. 
Ztg.," leider nicht bekannt. Wir müssen 
diesem Blatte auch die Verantwortung für 
die Richtigkeit der Mittheilung überlassen. 
LI Kreis Eckernförde, 7. Sept. Nach 
amtlicher Feststellung ist unter den Schwei 
nen des Parzellisten Jürgen Bothmann 
in Hütten die Rothlausseuche ausgebrochen. 
Eckernförde, 5. Sept. Der „Mark. 
Ztg." aus Neu-Ruppin vom 2. d. Mts. 
entnimmt die „E. Z." Folgendes: Nach 
35 Jahren ein unerwartet freudiges 
Wiedersehen zu feiern war vorgestern einem
	        
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