Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

Verlesung. (Bewegung und Unruhe.) Re 
gierungskommissar Carriere erhebt sich und 
bemerkt, er sei der Ansicht, daß der Zeuge 
vielleicht nicht Alles gesagt habe, was er 
zu sagen Hütte. Da die Sache sehr deli 
kat sei und internationale Fragen betreffe, 
so würde es vielleicht rathsam sein, die Ver 
nehmung des Zeugen unter Ausschluß der 
Oeffentlichkeit fortzusetzen. (Bewegung.) 
Vertheidiger Demange fragt den Regie 
rungskommissar, ob er über den Zeugen 
Cernuschi Erkundigungen eingezogen habe. 
Carriere verneint dies. Der Zeuge sei ein 
fremder politischer Flüchtling. Er, Car 
riere, habe sich gesagt, die Sache sei viel 
leicht nicht recht solide (Heiterkeit). Ver 
theidiger Labori erklärt: „Man hat hier 
zum ersten Male das Zeugniß eines Frem 
den herangezogen. Angesichts dieses Vor 
ganges werde ich Konklusionen niederlegen 
und verlangen, daß im diplomatischen Wege 
alle Schritte gethan werden, damit die in 
dem Bordereau genannten Noten verschafft 
und für die Debatte zur Verfügung gestellt 
werden (Große Bewegung). Ich bin mo 
mentan zu bewegt, um die Konklusionen 
gleich zu fassen. Ich frage den Zeugen, 
welcher Nationalität gehörten die Persön 
lichkeiten an, von denen er sprach?" Zeuge: 
„Ich antworte hier jetzt nicht, ich thue 
es nur unter Ausschluß der Oeffentlichkeit." 
(Gelächter.) Labori ist mit dem Ausschluß 
der Oeffentlichkeit einverstanden; er bittet, 
sie morgen früh anzuordnen. Zuerst möge 
aber der Zeuge vereidigt werden. Als Cer 
nuschi die Estrade verläßt und sich auf einen 
Zeugenstuhl setzt, wird er von einigen Per 
sonen ironisch fixirt. Er verläßt den Saal, 
verbeugt sich aber vorher tief vor dem Ge 
neräl Merrier. Es folgt die Vernehmung 
des Gerichtsschreibers des Untersuchungs 
richters Bertulus, Andree. Derselbe sagt 
über Esterhazys und Henrys Vernehmung 
durch Bertulus aus, dessen Angaben er be 
stätigt. Dr. Weil, der sich geäußert haben 
soll, daß die Familie Dreyfus'' selbst von 
dessen Schuld überzeugt sei, erklärt empört, 
das sei unbedingte Unwahrheit. Er habe im 
mer von der Familie gehört, sie sei von 
Dreyfus' Unschuld überzeugt. Er theile 
diese Ueberzeugung vollkommen und hege 
die höchste Achtung vor Dreyfus. Professor 
Painlene erklärt, nachdem er Bertillons 
vergebliche mathematische Ausführungen 
einer vernichtenden Kritik unterzogen, daß 
Hadamard, ein Vetter der Madame Drey 
fus, ihm immer nur die Unschuld Dreyfus! 
versichert habe. Eines Tages habe er, 
Zeuge, mit Prof. Docagne über den Fall 
Dreyfus'' gesprochen, der ihm erzählte, er 
kenne Hadamard, der ihm gesagt habe, er 
habe für Dreyfus keine Parteilichkeit. Von 
diesem Gespräch hätten andere Personen 
Kenntniß erhalten und es verdreht. 1897 
sei er in das Kriegsministerium beschieden 
worden, too er über das Gespräch gefragt 
worden sei; n. A. darüber, ob es wahr sei, 
daß Zeuge mit Hadamard gesprochen und 
von ihm erfahren habe, daß die Familie 
Dreyfus an Dreyfus'' Unschuld zweifle. 
Zeuge sagte sofort, das genaue Gegentheil 
sei wahr. Mit Hadamard habe er nie ge. 
gesprochen; die von Docagne wiederholte 
Aeußerung Hadamards laute entgegenge 
setzt. Zu seiner grenzenlosen Ueberraschung 
habe er trotzdem später in der Untersuchung 
des höchsten Gerichts einen Bericht des Ge 
nerals Gonse vorgefunden, der ihm die von 
ihm ausdrücklich für unwahr erklärte 
Aeußerung in den Mund legte. Auf Ver 
langen Laboris wird der Rapport über die 
Aussage Painleves; von. Gonse verlesen. !Jn 
demselben sind die Worte Painleves abso 
lut entstellt. Painleve ist sehr erregt. Ge 
neral Gonse wird gerufen. Er meint, Zeuge 
Painleve messe der Sache viel größere Wich 
tigkeit bei, als er, Gonse, ihr beigemessen 
habe (Gelächter). Painleve protestirt wie 
derum sehr energisch. Er schlägt mit der 
Faust auf die Barre und erklärt, daß er 
nur gesagt habe, was der Rapport ihn 
sagen lasse. General Gonse sucht sich her 
auszureden. Er habe nur auf das Moral 
zeugniß Gewicht gelegt und nicht auf den 
rsten Theil der Aussage Painleves (daß 
Hadamard von der Unschuld Dreyfus' ge 
sprochen hat). Painleve schreit: „Ich habe 
aber niemals die Worte gesagt, die im Rap 
port stehen! Niemals! Niemals! Niemals!" 
Labori fragt den General Gonse, wer das 
geheime Dossier gebildet habe. In demselben 
befinde sich doch die Aussage Painleves. 
General Gonse antwortet, die Aussage be 
finde sich nicht im Dossier, sondern in einem 
Annex. Labori fragt nochmals, wer das 
geheime Dossier zusammengestellt habe. 
H-auptmann Cuignet ruft: „Ich." General 
Gonse fügt hinzu: „Und ich habe ihn dann 
verbessert." (Gelächter.) Als Vertheidiger 
Labori den General Gonse in erregtem Ton 
wagt, ob, selbst wenn jene Auskunft so ne 
bensächlich war, wie General Gonse sagt, 
das ein Grund gewesen sei, sie falsch wie 
derzugeben, fordert Präsident Jonaust den 
Vertheidiger auf, sich gemäßigter auszu 
drücken, sonst würde er ihm das Wort ent 
ziehen. Labori fragt den General, ob' er 
die Verantwortung für das geheime Dossier 
bis Juli 1898 übernehme. Gonse antwortet 
mit Ja. Labori fragt, ob man nicht alle 
Dreyfus belastenden Dokumente immer für 
gut gehalten habe, alle Esterhazy belasten 
den Dokumente für schlecht? Präsident Jo 
naust weigert sich, diese Frage zu stellen. 
Hauptmann Cuignet verlangt das Wort. Er 
bemerkt, die Depesche über das Gespräch, 
das ein italienischer Staatsmann mit dem 
ranzösischen Botschafter in Rom gehabt und 
in welchem es nach der Behauptung Labo 
ris geheißen habe, Esterhazy sei der wahre 
Verräther, kömre als kein Beweis gelten. 
Man wisse ja, daß die auswärügen Mächte 
ein Interesse hätten, Frankreich zu täu 
schen (Bewegung). Im Kriegsministerium 
befänden sich viele solcher Dokumente, auch 
olche, die für Dreyfus belastend seien. La- 
iori fragt, wo die noch nicht gezeigten Do- 
'ümente seien, von denen Cuignet soeben 
gesprochen. Cuignet erklärt sich bereit, die 
ülben unter Ausschluß der Oeffentlichkeit 
zu zeigen. Labori ist damit einverstanden, 
verlangt aber, daß endlich, ein für allemal 
alle Dokumente, welche existiren, vorgelegt 
werden. Es tritt eine kleine Pause eim 
Nach derselben wird über einen Rapport 
verhandelt, den ein gewisser Paulmier ge 
macht haben soll, der behauptet, Ordonnanz 
bei einem fremden Militärattachee gewesen 
zu sein und dort Dokumente mit der Un 
terschrift Dreyfus gesehen zu haben. Paul 
mier ist verschwunden, der Rapport gleich 
falls. Nach kurzer Diskussion über die An 
gelegenheit Paulmier wird beschlossen, den 
Anfang der morgigen Sitzung unter Aus 
schluß der Oeffentlichkeit stattfinden zu las 
sen. — 
Inland. 
— Einige sich liberal nennende 
Blätter fahren fort, von der Regierung 
zu fordern, daß sie mit den bisherigen 
Maßregelungen sich nicht begnüge 
sondern weiter unter den kanalgegnerischen 
agrarisch angehauchten Beamten Musterung 
halte. So heißt es im „Hann. Cour.", 
die Regierung habe allen Anlaß, die 
politischen Beamten darauf hin zu prüfen 
uwieweit sie bereit feien, ihren Kreis- 
insassen gegenüber in Vorbereitung der 
nächsten Landtagstagung die Kanalvorlage 
zu vertreten; und sie werde mit Recht 
daraus hingewiesen, in die frei werdenden 
Stellen Männer hineinzusetzen, die der 
Agraragitation und dem mißleiteten 
Konservatismus gegenüber die nöthige 
Widerstandskraft besitzen. Man muthet 
also der Regierung nichts anderes zu, als 
Entlassung und Anstellung von Beamten 
abhängig zu machen von ihrer Stellung 
zum Kanal und zur Agrarfrage. Es 
liegt aus der Hand, daß in einer solchen 
Zumuthung eine häßliche Beleidigung 
liegt, deren widerlicher Eindruck noch 
dadurch gesteigert wird, daß sie unter der 
Flagge des Liberalismus erhoben wird. 
Ob die Regierung der Zumuthung ent- 
prechen werde, bezweifeln wir noch. Sie 
wird sich wohl selbst sagen, daß sie damit 
nicht eine Stimme für den Kanal ge 
winnen, wohl aber viele Unparteiische in 
das gegnerische Lager treiben würde. 
Die neuen Landräthe mit der „nöthigen 
Widerstandskraft" haben lediglich eine 
Wahlstimme. Wahlen machen dürfen sie 
nicht; das ist nicht ihres Amtes. Eine 
Massen-Maßregelung würde die Mehrheit 
gegen den Kanal nur verstärken und das 
Vertrauen des Volkes noch mehr erschüttern, 
als es schon geschehen ist. 
— Die Namen der zur Disposition 
gestellten politischen Beamten find 
auch heute noch nicht vollständig bekannt. 
Zu den acht erwähnten disziplinirten poli 
tischen Beamten kommt noch die Maß 
regelung von drei weiteren Landräthen 
hinzu: der Abg. von Wrochem (Woh 
lan), von Dallwitz (Lüben) und von 
Bodenhausen'Burgkamnitz in Bit 
terfeld. Auch diese drei haben in allen 
vier Abstimmungen gegen die Kanalvor 
lage gestimmt. Sie gehören der konser 
vativen Fraktion an. Ueber die Maß 
regelung eines Landraths aus der frei- 
konservativen Partei ist bisher nichts be 
kannt geworden. Das vollständige Ver 
zeichnis der gemaßregelten Beamten 
dürfte erst bekannt werden, wenn der 
„Reichsanzeiger" oder die amtliche „Ber 
liner Korrespondenz" die Namen der Re 
gierung s - Assessoren veröffentlicht, 
welche an Stelle der gemaßregelten Land 
räthe mit der kommissarischen Leitung von 
Landrathsämtern betraut worden sind. 
— Ueber den Regierungpräs i> 
d enten von Lüneburg, v. Colmar, 
über deffen Zurdispositionsstellung bisher 
nichts Bestimmtes verlautet, den aber als 
Kanalgegner sicher das Schicksal des ge 
maßregelten Regierungspräsidenten Jagow 
in Posen ereilen wird, schreibt die „Köln. 
Bolksztg.": „v. Colmar ist ein älterer 
Parlamentarier, der aber als Redner sehr 
selten ausgetreten ist. Er ist der Schwieger 
sohn des ehemaligen Leibarztes des alten 
Kaisers Wilhelm, des Generalarztes von 
Lauer, deffen Empfehlung Herr v. Colmar 
seine Beförderung vom Posener Polizei 
Präsidium ins Lüneburger Regierungsprä 
sidium wohl hauptsächlich zu verdanken 
hatte. Etwa 15 Jahre hatte er aus diesem 
stillen Posten geseffen und es nicht weiter 
gebracht, obwohl inzwischen manche Ober 
Präsidien neu besetzt worden sind, auf die 
er sich Hoffnung gemacht hatte. Herr 
Colmar war eng befreundet mit dem 
früheren Chefredakteur der „Kreuzzeitung" 
v. Hammerstein, er galt schon lange als 
mißvergnügt, und diese Stimmung mag ihn 
auch in seinem Widerstände gegen die 
Kanalvorlage bestärkt haben. Er war 
'ebenso wie der Regierungspräsident von 
Posen, v. Jagow, schon vor der zweiten 
Lesung gewarnt worden, nicht gegen die 
Kanalvorlage zu stimmen. 
Berlin, 4. Sept. Der „Hamb. Corr." 
meldete bereits vor einigen Tagen, daß 
m Hinterlande von Kiautschou hier keiner- 
ei Nachrichten vorliegen. Es läßt sich 
heute hinzufügen, daß sich jene Meldungen 
nicht bestätigen. 
— Die Meldungen junger Mädchen 
nach Südwestafrika find in so großer 
Zahl bei der deutschen Kolonialgesellschaft 
eingelaufen, daß der vorläufige Bedarf 
gedeckt ist. Weitere Bewerbungen sind 
daher zur Zeit zwecklos. 
Von einem Dorf der Millionäre 
schreibt die „Voff. Ztg".: Der Hauptsitz 
der bäuerlichen Millionäre war bisher 
Schöneberg bei Berlin, seitdem dieses 
zur. Stadt' avancirt ist, scheint dieses 
Temprlhof sich zur Residenz der Millionen- 
bauern aufzuschwingen. Die Zahl der 
Einwohner Tempelhofs, die ein Einkommen 
von 40-—50 000’ Mk. jährlich zn ver- 
zehren haben, beläuft sich nach kundiger 
Schätzung jetzt schon auf 40. Es sind 
dies fast allesammt ehemalige Bauern, 
die ihre Ländereien zu hohen Preisen zu 
Spekulationszwecken veräußert haben und 
nun in Ruhe und Wohlhabenheit ihre 
Tage verleben können.. 
Croffe« m O-, 4. Sept. Nach einem 
Tanzvergnügen bei dev Sedanfeier in dem 
benachbarten Rüdnitz ac O. wurde, wie 
das „Crossener Wochenblatt" meldet, der 
Fleischer Klugert aus Hundsbelle aus 
Eifersucht von dem Schiffer Purps aus 
Schlaubehammer. deffen Schiff dort ver- 
ankert ist, heute Nacht auf der Dvrsstraße 
durch mehrere Stiche schwer verletzt. Der 
Attentäter wurde heute auf der dortigen 
Ablage todt aufgefunden. 
Geestemünde, 2. Sept. Eine wirkliche 
amerèļanische Millionenerbschaft 
wird einem Einwohner des Ortes Beder 
kesa, dem pensionirten Locomotivsührer 
Flohr, zufallen. Vor einem Menschen 
alter ist der Bruder seiner Mutter aus 
der Gegend von Würzburg nach Amerika 
ausgewandert, zwei Schwestern zurück 
lassend. Er hat nur einmal von sich 
hören lassen und galt dann als verschollen. 
Jetzt ist an dem Bürgermeister des Heimaths- 
ortes ein Schreiben des deutschen Consuls 
in Philadelphia gelangt, worin er mit- 
theilt, daß jener Auswanderer dort ge 
worben ist und ein Vermögen von nicht 
veniger als 2Ş Millionen Dollars 
hinterlassen hat.. Zwei Millionen sind 
der Dienerschaft vermacht, die übrigen 
27 Millionen Dollars sollen an die beiden 
Schwestern oder, falls diese gestorben sein 
sollten, an deren Kinder fallen. Beide 
Schwestern sind gestorben, die eine unver- 
heirathet. Aus der Ehe der anderen 
Schwester leben zwei Kinder, der genannte 
Lokomotivführer Flohr, der verheirathet 
ist, aber keine Kinder hat, und seine ver- 
hei rathete Schwester in Würzburg. Die 
Sache klingt etwas märchenhaft, soll aber 
thatsächlich auf Wahrheit beruhen. 
Io. Bavdowieķ(Prov.Hannover), 4. Sept. 
(Vom Blitz erschlagen.) Der Rentier 
Klockmann aus Bleckede, der sich besuchs 
weise bei seinem Schwager Hierselbst auf 
hielt, und der Kantor Meyer von hier 
wurden auf einem Spaziergange im Ge- 
hölz. von einem Gewitter überrascht und 
Beide durch einen Blitzschlag zu Boden 
geworfen. Der Kantor erholte sich sofort 
wieder, und als er nun versuchen wollte, 
den wie todt daliegenden Rentier Kl. auf 
zurichten, sprach dieser noch einige Wvv^ 
und starb dann. Der herbeigerufene Arzt 
konnte nur den bereits eingetretenen Tod' 
konstatiren. - 
!!! Hamburg, 4. Sevt. .Zu dem 
mächtigen Sp e uch erb r a n tus an 8dèr 
Neueuburg, worüber wir' bereits berichtet, 
haben, sind noch folgende Einzelheiten nach 
zutragen: In Folge des dichten Rauches 
und Qualms sind. mehrere Feuerwehrleute 
nicht unbedenklich erkrankt, und in Drosch 
ken zunächst nach ihren. Wachen gebracht, 
worden. Hauptsächlich - haben die Augen ge 
litten; als ein gutes. Miwl hat sich das- 
Auswaschen der Augen mit lauwarmer 
Milch bewährt. Die allgemeine Verwir 
rung bei dem Brande haben sich auch ver 
miedene Langfinger, zu Nutzen zu machen 
verstanden. Der Bote eines Konfektions 
geschäftes sammelte in der.Nähe der Brand- 
telle angeblich für. die „unglücklichen Ab 
gebrannten", sowie für die braven Feuer 
wehrleute, die er bei der Ausübung ihrer 
schwierigen Arbeiten mit Speise und Trank 
erquicken wolle. Gaben flössen ihm auch 
reichlich zu, aber der Schlauàger betrank 
sich derartig aus Kosten der mildthätigen 
Geber, daß er in seiner Trunkenheit meh 
rere Schläuche zerschnitt und bann verhaftet, 
wurde. Die Annahme, daß das Feuer 
durch Knaben in Folge Abbrennens von 
Feuerwerkskörpern verursacht sei, scheint 
ach zu bestätigen, denn es sind Theile von 
Feuerwerkskörpern, die durch ein offenste 
hendes Fenster geflogen zu sein. scheinen, 
auf einem der Böden gefunden worden. 
!!! Hamburg, 4. Sevt. Ter Be 
sitzer einer hiesigen Schiffswerft hatte eine 
Strafverfügung wegen Uebertretung. der §§ 
105 b und 146 a der Gewerbe-Ordnung er 
halten, weil er eines Sonntags au. einem 
Schiffe hätte arbeiten lassen. Ter Wersche- 
sitzer hat nun Einspruch erhoben und mächte 
geltend, daß es sich um eine nach ß 105 c 
der Gewerbe-Ordnung gestatteten- Nothar 
beit handelte. Er habe das Schiff zu einem 
bestimmten Termin liefern müssen;.die Fer 
tigstellung des Fahrzeuges habe sich aber 
durch verspätete Lieferung der.Walzbleche 
vom Eisenwerk verzögert. Bei verspäteter 
Lieferung des Schiffes hätte er. eine Con- 
ventionalstrafe von 80 Mark pro: Tag zah 
len müssen. Die Verhandlung , fand heute 
vor dem Schöffengerichte statt. Der Ange 
klagte wurde zu 20 Mark Geldstrafe verur- 
theilt. Das Gericht, führte aus,, daß eine 
Arbeit nicht dadurch zu einer Notharbeik 
im Sinne des Gesetzes werde,.daß.bei. Un 
terbleiben der Arbeit dem Unternehmer ein 
materieller Schaden crivachse, da sonst. ja. 
jede Arbeit als Notharbeit , bezeichnet, wer-, 
den könne. 
Provinzielles. 
blickte ihr nach und schüttelte den Kopf. 
„Ein sonderbares Geschöpf!" murmelte 
er, „unberechenbar wie ein Apriltag! — 
Aber daß sie die kleine Tändelei auch so 
ernst nehmen mußte! Ich hätte mich wahr 
haftig gar nicht erst darauf eingelaffen, wenn 
ich das hätte ahnen können." 
Er kehrte zu seinem Tische zurück und be 
zauberte auf's Neue seine Gesellschafter durch 
die liebenswürdige Heiterkeit seines Wesens. 
Auf seinen Vorschlag rüstete man sich dann 
zu einer lustigen Spazierfahrt an den Rhein, 
und der Tag neigte sich schon seinem Ende 
zu, als man nach Wiesbaden zurückkam 
Die Equipage hielt an dem Hotel „Zu den 
vier Jahreszeiten" und diensteifrig wie 
immer sprang der Pförtner herzu, um den 
Kutschenschlag zu öffnen. Ludolf war den 
beiden Damen ritterlich beim Aussteigen be 
hülflich, und er schickte sich an, ihnen in das 
Innere des Hauses zu folgen, nachdem er 
dem Kutscher ein Trinkgeld gereicht hatte 
Im Vestibule aber trat ihm mit höflichem 
Gruße ein ernst blickender Herr entgegen. 
„Auf ein Wort unter vier Augen. Herr 
Harmening!" 
Ludolf stutzte, aber er wußte sich doch gut 
zu beherrschen. 
„Sie irren sich in der Person", sagte er 
artig. „Mein Name ist Settendorf." 
„Wenn es so ist, muß ich mich allerdings 
im Irrthum befinden. Aber Sie haben viel 
leicht die Gefälligkeit, mich zu begleiten, da 
mit derselbe auf der Stelle aufgeklärt wer 
den kann." 
„Sie setzen mich in Erstaunen, mein 
Herr! Mit welchem Rechte machen Sie mir 
eine solche Zumuthung?" 
„Ich bin Beamter der Kriminalpolizei. 
Hier ist meine Legitimation." 
„Aber Sie werden mir doch wohl gütigst 
gestatten, mich zuvor noch für einen Augen 
blick auf mein Zimmer zu begeben?" 
„Ich muß Sie leider ersuchen, darauf zu 
verzichten." 
„Parbleu, man behandelt mich ja wie 
einen Staatsverbrecher. Aber die Sache 
ängt an, mir Spaß zu machen. Gehen 
vir also, mein Herr!" 
Obwohl er die Sache seiner eigenen Ver 
sicherung nach so spaßig fand, zuckte cs doch 
;anz seltsam in seinem Gesicht, und als er 
ich von dem Beamten unbeobachtet glaubte, 
fuhr seine Rechte mit blitzschnellem Griff 
nach der inneren Brusttasche seines Ueber- 
rockes. In demselben Moment aber legte 
sich von hinten her die Hand eines zweiten 
Mannes, der bis dahin unbemerkt hinter 
der geöffneten Thür der Portierloge ge 
standen hatte, schwer auf seinen Arm. 
„Geben Sie mir das Ding einstweilen 
zur" Aufbewahrung, Herr Harmening! — 
Sie werden zunächst ja doch keinen Gebrauch 
davon machen können." 
Der Revolver war seinen Fingern ent 
wunden, noch ehe er an einen Widerstand 
hätte denken können, und mit fest zusammen 
gepreßten, blutlosen Lippen ergab sich Ludol' 
Harmening jetzt in sein unabwendbares 
Geschick. 
Schluß. 
Es war für den scharfsinnigen Landrichter 
Martins, der sich zu rühmen pflegte, daß 
ihm in seiner vieljährigen Praxis als Unter 
suchungsrichter noch niemals ein ernstliches 
Malheur passirt sei, sicherlich nicht die ange 
nehmste Stunde seines Lebens, als er ge 
nöthigt war, Erna unter angemeffenen Ent 
schuldigungen für den begangenen Mißgriff 
ihre Freilaffung anzukündigen. Aber die 
überraschende Wendung, welche die Affaire 
Harmening genommen, zwang ihn, wohl oder 
übel in den sauren Apfel zw beißen. Der 
auf die Denunciation der Schauspielerin 
Leonore Berger in Wiesbaden verhaftete Ludolf 
Harmening hatte nach einigem Sträuben, ein 
unumwundenes Geständniß abgelegt, als ihm 
der kompromittirende Brief seines Vaters vor 
gelegt worden war, und als er erkannte, daßder 
alte Mann in seiner unbegreiflichen Schwäche 
bereits alles verrathen habe. Der junge 
Geheimsekretär war von dem schweren Ver 
dacht des Vaterlandsverraths vollständig ent 
lastet und als sein Vergehen blieb nur noch die 
Uebertretung übrig, deren er sich durch die 
unbefugte Mitnahme des Aktenstückes schuldig 
gemacht hatte. Aber wenn er dafür über 
haupt eine Bestrafung zu erwarten hatte, 
so mußte dieselbe jedenfalls viel zu gering 
ausfallen, als daß sich eine Fortdauer der 
über ihn verhängten Untersuchungshaft da 
durch hätte rechtfertigen laffen. Kaum zehn 
Minuten, nachdem er die Erzieherin unter 
vielen sauersüßen Artigkeiten in höchsteigener 
Person bis zur Thür begleitet hatte, ließ 
der Landrichter Martins dann auch Günther 
Harmening vorführen und theilte ihm mit, 
daß er frei sei, sich aber bis auf Weiteres 
noch zur Verfügung des Gerichtes zu halten 
habe. 
Mit einem tiefen Aufathmen trat der 
junge Mann bald danach in den Thorweg 
des Justizgebäudes hinaus, in welchem ihm 
zum ersten Mal nach namenlos schweren 
Wochen wieder der Odem der Freiheit ent 
gegen schlug. Da legte sich eine leichte 
kleine Hand schüchtern auf seinen Arm, und 
eine süße Frauenstimme, deren Klang er nur 
zw gut kannte, sagte: 
„Laßen Sie mich die Erste sein, die Sie 
beglückwünscht, Herr Harmening, und lassen 
Sic mich Ihnen recht aus tiefster Seele für 
Ihre Großmuth danken!" 
Günther hatte sich nach ihr umgewendet, 
und die großen strahlenden, in Thränen 
schwimmenden Augen des geliebten Mädchens 
waren mit leuchtendem Blick dem seinigen 
begegnet. Da wußte er mit einem Mal, 
daß all' sein kleinmütiges Zweifeln und 
stilles Verzichten nichts als eitel Kurzsichtig 
keit und Thorheit gewesen sei; da dachte er 
nicht mehr daran, daß sie ihn schon einmal 
zurückgewiesen habe, und da vergaß er den 
Ort, an dem sie sich befanden. 
Mit einem halb erstickten: „Erna! — 
Meine geliebte Erna!" zog er die holde Ge 
stalt in seine Arme, und die widerstands 
lose, hingebende Zärtlichkeit, mit der sie sich 
seiner Kühneit fügte, gab ihm die Gewiß 
heit, daß er sich diesmal nicht getäuscht habe, 
daß er nun endlich, endlich nach schweren 
Kümmernissen und Prüfungen das Glück 
gefunden. — 
Draußen auf einer der Bänke vor dem Justiz 
gebäude saß ein kleiner verwachsener Mann 
mit einer Künstlermähne und einem genia 
lischen Schlapphut auf dem Haupte. Schon 
seit nahezu anderthalb Stunden war sein 
Blick unverwandt auf das hohe Portal ge 
richtet, und das Warten verdroß ihn: nicht, 
wie lange es auch währte. Er wußte ja 
von dem bestochenen Kanzlisten, daß heute 
die Freilaffung der beiden Untersuchungs 
Gefangenen erfolgen müffc, und er wurde 
nicht von seinem Platze gewichen sem, wenn 
gestellt 
artige 
matz 
Frage 
tunst 
einige 
recht s 
Erkrar 
welche 
entzieh 
schrift. 
Waffe' 
aber 
nur K 
die Ir 
zurück, 
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tadeln 
Min. 
suchun 
darauf 
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„Das 
Acht u 
weisbl 
sprecht 
besond 
und V 
eine i 
standst 
steht." 
Eine Typhusepi d e m i e ist nach' 
ver „Berl. Klinischen Wochenschrift" im 
Nordseebade Amrum ausgebrocheiu Eine 
Reihe von Kindern sind theils am> Orte 
selbst, theils aus der Rückreise an einem, 
„fieberhaften Magendarmkatarrh" erkrankt, 
der euphemistisch als „Nvrdseefieber" be 
zeichnet wurde. Von ärztlicher Seite wurde 
der typhöse Charakter dieser Fälle festge 
stellt und der Ortsbehcrde Anzeige er- 
stattet. Ob diese Veranlassung gefunden, 
hat, daraufhin irgendwelche sanitären, 
Maßregeln und hygienische Anordnungen 
zu treffen, weiß das Blatt nicht. That 
sache sei, daß zur Zeit in Berlin allein 
fünf Kranke an ausgesprochenem, zum 
Theil sehr schweren Thypus liegen) die 
bereits krank von Amrum abgereist sind. 
Durch eine bei den während der Schul- 
serien aus Amrum gewesenen Eltern an- 
wnbekc 
um 5 
Raub 
rettete 
Das ri; 
Branì 
ist bis 
8 Ta 
es darüber auch- Mittag und Abend ge 
worden wäre. ' 
' Und seine treue Geduld wurde rechtschaffen 
'belohnt. Ein Wiedersehen gleich dem, das 
jetzt zwischen den drei glücklichen. Menschen 
'gefeiert wurde, konnte wohl größere Opfer 
aufwiegen als ein paar Stunden gespannten 
Wartens, und als sie beieinander in dem 
Wagen saßen, den Fritz Heimerdinger für 
sorglich mitgebracht, da durfte der kleine 
Musiker şich wohl ein Herz saßen zu der 
Frage: ■ - 
„Und nun, Harmening — werden Sie 
nun de« Vorschlag annehmen, den ich Ihnen 
machte, als mir meine große Erbschaft vom 
Himmel fiel?" ”, 
Der Gefragte drückte . ihm lächelnd die 
Hand und erwiderte mit einem zärtlichen 
Blick auf Erna: 
„Wir wollen später davon reden, mein 
Freund! Denn die Entscheidung darüber 
liegt jetzt ja nicht mehr bei mir." 
Es wurde nicht viel mehr zwischen ihnen 
gesprochen auf dieser Fahrt; in den jungen 
Herzen der endlich Vereinten aber jauchzte 
und jubelte es wie in den letzten Akkorden 
von Sigismund's überseligem Sang: 
„Vereint sind Liebe und Lenz!" 
Ende: 
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Literatur 
— Wie ein Blüthenrege« im Herbst 
muthen die herrlichen Bilder an, welche wiederum 
in überreicher Fülle die 3. September-Nummer des 
Elite-Blattes dervornehmen Damenkreise, „3 roste 
Modenwelt" mit bunter Fächer-Dignette 
(Verlag John Henry Schwerin, Berlin), schmücken. 
Das Blatt will ein praktisches Modenblatt 
sein, und nach dieser Seite ist die Lieferung von 
Extraschnitten nach Körpermaaß besonders nutz' 
bringend. Außerdem dient der große, dovpel- 
feitige € 
.winmer 
*K eil 
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