Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

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fraglich geworden, ob er überhaupt lroch 
in dieser Woche den Sitzungen des Kriegs 
gerichts wird beiwohnen können. 
Paris, 21. Arig. Zu den gestrigen 
Unruhen wird noch gemeldet, dass die De 
monstrationen derart heftig waren, daß ge 
gen Mitternacht zwei Kompagnien des 74. 
Linienregiments herbeigeholt werden muß 
ten. Nachdenr die Ruhestörer zerstreut wa 
ren, wurde die Rue Chabrol in weiten: 
Umkreise mit einem sechsfachen Gürtel um 
geben, bestehend aus Infanterie, Stadt 
garde und Schutzleuten. Insgesammt sind 
59 Schutzleute verwundet. Verhaftet iour- 
den circa 250 Personen, verwundet fast 
400. Von der: Letzteren wurden 300 in 
das Spital Lariboisiere gebracht. Man 
schätzt die Zahl der an der: gestrigen Un 
ruhen Betheiligten auf 30 000 Mann. 
Paris, 21. Aug. Heute herrscht in 
ganz Paris und in der Rue Chabrol voll 
ständige Ruhe bis 7 Uhr Abends. Um 
Ausschreitungen wie gestern zu verhindern, 
hat die Regierung Truppen beauftragt, alle 
Kultusgebäude mit starken Truppenabthei 
lungen zu besetzen. Guerin hat heute kein 
Lebenszeichen von sich gegeben, seine 
Festung ist gänzlich geschlossen. Die Re 
gierung trifft im Geheimen umfassende 
Blaßregeln gegen einen nationalistisch- im 
perialistischen Handstreich, der im Zusam 
menhang mit den: für Dreyfus ungünstigen 
Verlaus des Prozesses in Rennes für die 
nächsten Tage zu erwarten ist. Da die aber 
malige Verurteilung Dreyfus' zu gewär 
tigen ist, ist die Regierung davon überzeugt, 
daß die Nationalisten und Royalisten die 
Rue Chabrol zun: Mittelpunkt ihrer revo 
lutionären Agitation machen werden. 
Paris, 21. Aug. Angesichts der ener 
gischen Haltung, welche jetzt die Regie 
rung annimmt, hat in den letzten Tagen 
eine ganze Anzahl antisemitischer Agitato 
ren Paris verlassen und sich nach Belgien 
begeben. 
Presse tadelnd hervorhebt, ereignet, daß 
die Eisenbahn-Gesellschaften bis vor wenigen 
Tagen täglich überfüllte Vergnügungs- 
züge nach Oporto hätte fahren lassen, wo. 
durch die Gefahr der weiteren Ver- 
chleppung außerordentlich vergrößert 
worden sei. (Bergt, auch Morg-Ber. unter 
Madrid). 
Ausland. 
Oesterrei ch-Ungarn 
Prag, 21. August. „Narodny Listi" 
veröffentlichen einen ihr angeblich aus 
Petersburger Kreisen zugegangenen Brief, 
in welchem die penslavistische Politik des 
Zaren besprochen und behauptet wird, daß 
seit dem 1. Mai 1897 zwischen Rußland 
und Oesterreich ein Abkommen bestehe, 
welches Oesterreich seine Grenzen garantire. 
Wie weiter verlautet, steht in den 
böhmischen höheren Verwaltungsbehörden 
eine Personalveränderung bevor; sämmt 
liche deutschen Funktionäre sollen ent 
fernt unv durch czechische ersetzt werden. 
Serbien. 
Belgrad, 21. Aug. Im ganzen werden 
45 Personen wegen Hochverrathes und 
Majestatsbeleidigung vor das Standgericht 
gestellt werden, daß im Lause dieser Woche 
die Verhandlungen wieder aufnimmt. 
Italien. 
Rom, 21. August. Der Prinz Chigi 
wird vor Gericht gestellt, weil er zahl 
reiche werthvolle Gegenstände aus dem 
vatikanischen Museum einem amerikanischen 
Millionär verkaufte. 
Portugal. 
Lissabon, 18. Aug. Die Berichterstattung 
über den wahren Stand der Pester- 
k r a n k u n g e n ist den portugiesischen 
Preßstimmen zufolge dadurch erschwert 
worden, daß die portugiesische Regierung 
die Telegramme einer Censur unterwarf. 
Das Blatt „Novidades" meldet, es sei 
festgestellt worden, daß die Pest in 
Oporto nicht durch Uebertragung aus 
Aegypten, sondern durch Waaren 
ballen (Jute) aus Bombay, 
die der Dampfer „City of Cork" aus 
Bombay gebracht und in Oporto aus 
geladen habe, verbreitet worden sei. Da 
dirrch, daß die Behörden die Meldung 
über das Auftreten der Krankheit unter 
drückten, habe es sich, wie die gesammte 
manches zu wünschen übrig. Ich befinde 
mich sogar, um es ehrlich zu sagen, in einer 
ganz verteufelten Verlegenheit. Und wenn 
Dir die Verhältniffe gestalten sollten, mir »iit 
einer kleinen Geldsumme beizustehen —„ 
In tiefer Niedergeschlagenheit schüttelte 
Harmening den grauen Kopf. 
„Du könntest Dich mit solchem Verlangen 
ebenso gut an den ersten besten Bettler auf 
der Straße wenden als an mich. Ich habe 
Dir alles hingegeben, was mir erreichbar 
war, und ich besitze nichts mehr als das geringe 
Taschengeld, mit dem mich die Großmuth 
Deines Stiefbruders versieht." 
Ein Schatten unangenehmer Enttäuschung 
war über Ludolfs hübsches Gesicht geflogen, 
aber er bemühte sich doch, seinen Verdruß 
so gut als möglich zu verbergen. 
„Reden wir also nicht weiter davon I 
meinteer. „Und der vortreffliche Günther? 
— Glaubst Du, daß ich es wagen dürfte, 
mich ihm zu entdecken." 
Gottfried Harmening machte eine Geberde 
des Entsetzens, die noch deutlicher sprach 
als Worte. 
„Um des Himmels willen nicht, Ludolf! 
Du weißt, wie sehr er Dich haßt. Er wäre 
im Stande, Dich selber den Gerichten zu 
überliefern." 
(Fortsetzung folgt.) 
Inland. 
Berlin, 21. Aug. Die 24. Kommission 
des Abgeordnetenhauses setzte heute die 
Berathung der Gemeindewahl-Gesetz 
novelle fort. Nachdem der von den 
Konservativen gestellte Antrag, einen neuen 
3a einzufügen, abgelehnt worden war, 
wurde das ganze Gesetz mit 13 gegen 
Stimmen abgelehnt. Minister Dr. 
v. Miguel erklärte, dem Landtage werde 
jedenfalls in der nächsten Session unter 
möglichster Berücksichtigung der kundgege 
denen Wünsche eine neue Vorlage über 
die Bildung der Wählerabtheilungen zu 
gehen. 
— Was über die von der preußischen 
Regierung in der gegenwärtigen Kris is 
geplanten Schritte verlautet, beruht alles 
auf mehr oder weniger gewagten Kombi 
nationen. An die Möglichkeit einer Auf 
lösung des Abgeordnetenhauses denkt nie 
mand mehr. Um so eingehender be 
schäftigt man sich mit etwaigen Ver 
änderungen des Ministeriums. 
Ob es aber Thatsache ist, daß das Ge- 
ammtministerium, um die Form zu 
wahren, seine Demission anbieten wird, 
läßt sich ebensowenig authenisch feststellen, 
wie sich eine bestimmte Antwort auf die 
Frage geben läßt, ob der Kaiser die Demission 
des einen oder anderen Ministers annehmen 
wird. Das hindert indessen nicht, daß in 
einem Theile der Presse die Meldungen der 
bekannten, „sonst gut unterrichteten Kreise" 
Ausnahme finden und bald dieser, bald jener 
Minister auf die Todtenliste gesetzt wird. 
Die „Rat.-Ztg." schreibt: Von der 
morgen erwarteten Rückkehr des Kaisers, 
bei dem am Sonnabend - Abend der 
Kabinetsrath von Lucanus in Cronberg 
eingetroffen ist, ist kein entscheidender 
Schritt in der eingetretenen politischen 
Krisis zu erwarten. Das Staatsministerium 
hat bisher seine Entlassung nicht einge 
reicht und aus dem Verhalten des Ministers 
von Miguel, der heute im Abgeordneten 
hause erschienen war, wurde gefolgert, 
daß bis jetzt eine solche Absicht auch nicht 
bestehe. Dagegen scheint es, daß in Ueber- 
einstimmung der Rechten und solcher Mit 
glieder der Regierung, welche eine durch 
greifende Aenderung in der politischen 
Lage zu verhindern wünschen, der Minister 
des Innern, Herr von der Recke, als 
Sündenbock in die Wüste geschickt werden 
soll. Die heutige Zurückweisung seines 
Entwurfes über die Polizeiverwaltung in 
den Berliner Vororten an die Kommission 
schien mit dieser Absicht im Zusammen 
hang zu stehen. Minister von der Recke, 
der seinem Amte nicht gewachsen ist, ge 
hört ohne Zweifel zu denjenigen Mit 
gliedern des Ministeriums, welche bei einer 
Neubildung desselben ersetzt werden müssen. 
Die „Köln. Volsztg." schreibt, die Re 
gierung könne das Abgeordnetenhaus gegen 
wärtig nicht auflösen, weil die Justizge 
setze unerledigt seien, desgleichen müßte 
die Gemeindwahlrechtsfrage zu einem 
einigermaßen befriedigenden Abschluß 
kommen. Miguel habe, wie in parlamen 
tarischen Kreisen versichert werde, erklärt, 
die Wahlrechtsfrage solle unter allen Um 
ständen erledigt werden, auch wenn die 
Kanalvorlage falle. Am Mittwoch werde 
der Landtag auf acht Tage vertagt werden, 
und inzwischen dürften soviele Einflüße 
in die Erwägungen der Krone sowie der 
Regierung eindrängen, daß sich heute nicht 
absehen lasse, was komme. Ausschlag 
gebend sei die Meinung des Kaisers, aus 
den die Konservativen durch Anbietung 
ihrer Waffengenossenschaft gegen den Um 
stürz hinarbeiten. Wenn sie damit Glück 
haben, komme es vielleicht zur Auslösung 
des Ministeriums, nicht der des Abge 
ordnetenhauses. 
Der „Franks. Ztg." wird aus Berlin 
gemeldet: In politischen Kreisen ist man 
allgemein der Ueberzeugung, daß die Ent 
wickelung der durch Ablehnung der Kanal 
vorlage geschaffenen Krisis einen sehr 
langsamen Verlauf nehmen wird, und 
hauptsächlich deshalb, weil sehr schwer 
neue Männer zur Durchführung der Kanal- 
vorlage und der vom Reichskanzler ange 
deuteten Aenderung der inneren Politik 
gesunden werden dürften. Es taucht 
wieder der Gedanke auf, der Kanalvorlage 
einer Enquete zu unterziehen, was natür 
lich auf eine Verschleppung hinausliefe 
Die Konservationen würden einen solchen 
Verwickelungsvorschlag ablehnen; sie beab 
sichtigen, noch im Lause dieser Session 
mit dem Minister des Innern, Frhrn 
v. d. Recke, abzurechnen, weil er versucht 
hat, einen Druck auf die Landräthe aus 
zuüben. Es verlautet, die Konservativen 
würden beantragen, alle aus dem Ministen 
um des Innern kommenden Gesetzentwürfe 
abzusetzen. In ihren Reihen herrscht große 
Zuversicht, weil sie überzeugt sind, daß sich 
der Mann oder die Männer nicht finden 
werden, die einen Kampf gegen sie auf 
nehmen. 
1c. Tilsit, 19. August. Die Typhus 
erkrankung unter der hiesigen Militär- 
bevölkerung nimmt zu. Es sind jetzt auch 
15 Dragoner vom hiesigen Dragoner- 
Regiment Prinz Albrecht von Preußen 
(Litthauisches) Nr. 1 erkrankt. Die Zahl 
der erkrankten Infanteristen (vom 46. 
Regiment) beträgt rund 40. Der General 
arzt des 1. Armeecorps hat gestern das 
Garnisonlazareth und die Kasernements 
besichtigt. Die Erkrankten sind in be 
sonderen Baracken untergebracht. Das 
Sanitätspersonal ist durch Lazarethgehilfen 
und Krankenwärter verstärkt. 
„Staatsbetriebesollen Muster- 
an stalten ff ein!" Die Eisenbahn- 
direktion Halle a. S. macht bekannt: 
„Nachdem neuerdings auch in Halle und 
Kottbus der Dienst für das Rangir- 
personal auf l 2 Stunden aus 
gedehnt worden ist, setzen wir vor 
aus, daß diese Anordnung nunmehr für 
sämmtliche Bahnhöfe, aus denen bisher 
ein achtstündiger Rangirdienst ein 
gerichtet war, durchgeführt ist. Sollten 
trotzdem noch Abweichungen bestehen, so 
sind diese sogleich zu beseitigen oder 
etwaige Hinderungsgründe einzuberichten. 
Weiter machen wir darauf aufmerksam, 
daß eine demnächst etwa für nothwendig 
zu erachtende Abkürzung der Dienstdauer 
nur im Rahmen der vorgesehenen Kopf 
zahl und nur nach diesseitiger vor- 
heriger Genehmigung geschehen darf." In 
der That musterhaft! 
Bernburg, 19. Aug. Der „Anhalter 
Courier" ist von der Direktion des herzog 
lichen Salzbergwerks Leopoldshall 
ermächtigt, die Meldung von dem Ersaufen 
von vier Etagen dieses Werkes für un 
richtig zu erklären. 
Braunschweig, 19. Aug. Eine empfind 
liche Strafe verhängte die hiesige Land- 
gerichtsstrafkammer gegen einen Schreiber 
anonymer Briefe. Der Zimmerpolier 
Herm. Beck von hier hatte in einem 
anonymen Briefe einen Kaufmann bei der 
Polizei denunzirt, daß er Sonntags Nach 
mittags Waaren verkauft habe. Der 
Angeklagte wurde trotz seines Leugnens 
ur überführt erachtet und wegen falscher 
Anschuldigung zu sechs Monaten Ge- 
ängniß und ein Jahr Ehrverlust 
verurtheilt. 
Der nach Unterschlagung von über 
100 000 Mk. Kassengeldern flüchtige Direk 
tor des Spar- und Borschußvereins in 
Kahla, Zecke, ist in Großheringen ver 
haftet worden. 
1c Serbe« a. b. Aller, 19. Aug. Wegen 
Doppelehe verurtheilte die hiesige 
Strafkammer den Schneider Ferdinand 
Kausche aus, Brome (Kreis Gifhorn) zu 
2'/2 Jahren Gefängniß. Der Ange 
klagte, der sich am 2. September 1875 
zu Bremen mit Sophie Büssenschütt ver 
heiratet hatte, war am 20. Sept. 1889 
zu Mellinghausen eine zweite Ehe mit der 
Näherin Margarethe Wilke eingegangen, 
obwohl die erste noch zu Recht besteht. 
Durch den G e n u ß des F l e i s ch e s 
einer an Milzbrand erkrankten 
Kuh erkrankten auf dem Gute Lohne 
bei Hannover 15 Arbeiter. Die Krankheit 
äußert sich durch Beulen und Karbunkeln 
am ganzen Körper. 
Ic. Lüneburg, 19. August. Durch Groß 
feuer ist das Dorf Eppensen bei Bevensen 
gestern Nachmittag fast vollständig zerstört 
worden. Nur die Häuser von drei Be 
sitzern sind vom Feuer verschont geblieben. 
Insgesammt sind 18 Wohnhäuser und 
Nebengebäude, darunter die Schule, ein 
geäschert worden. Der Brand kam durch 
Funken aus einer Dampsdreschmajchine 
aus dem Schulzeschen Hose zum Ausbruch. 
In Folge des starken Windes breitete sich 
das Feuer mit riesiger Schnelligkeit aus, 
zumal es an den Erntevorräthen reichliche 
Nahrung sand. Die Feuerwehren waren 
den Flammen gegenüber machtlos, da 
starker Wassermangel herrschte. Bedeutende 
Erntevorräthe sind vernichtet; auch ist viel 
Vieh in den Flammen umgekommen. Der 
Schaden ist groß. 
1c Hamburg, 21. Aug. Der bisherige 
Geschäftsführer der See-Berufsgenossen.- 
schaft, H. Stöver, ist nach Unterschlagun 
gen von rund 30000 Mk. flüchtig geworden. 
Es ist bereits ein Steckbrief hinter St 
erlassen worden. Es hat sich herausgestellt, 
daß der ungetreue Beamte, der Jett der 
Begründung der See-Berussgenossenschaft 
im Jahre 1887 seinen Posten bekleidete 
und ein jährliches Gehalt von 15 000 
Mark bezog, die Unterschlagungen schon 
seit längerer Zeit begangen und um sie 
zu decken, die Bücher gefälscht hat. St-, 
der sich allgemeinen Vertrauens erfreute, 
ist das Opfer seiner Speculationssucht 
geworden. Er hatte sich in Gemeinschaft 
mit einem Agenten Fr. in Grundstück 
Speculationen eingelassen und hauptsächlich 
in Eimsbüttel Grundstücke und Häuser 
im Werthe von einer halben Million er 
worben. Der Agent Fr. ist ebenfalls 
verschwunden. — Vor einigen Wochen 
theilten wir mit, daß der Flügelmann 
Koch der 1. Compagnie des hiesigen 76. 
Jnsanterie-RegimentS von seinen Stuben- 
collegen so schwer mißhandelt wurde, daß 
er in's Lazareth gebracht werden mußte. 
Koch hat jetzt das Lazareth wieder ver 
lassen, ob er aber wieder dienstfähig wird, 
bleibt abzuwarten. Die Hauptthäter, 
Namens Knoth und Bothoff, sind vom 
Kriegsgericht zu 1 bezw. '/ 3 Jahr Festung 
verurtheilt worden. 
Ic. Hamburg, .20. August. Nicht 
weniger als 6 Jahre und 3 Monate ist 
eine Postkarte von Barmbek nach Ham 
burg unterwegs gewesen. Die Karte 
wurde laut Poststempel am 28. 5. 93 in 
Barmbek aufgegeben und am 17. 8. 99 
an den Adressaten in Hamburg, ebenfalls 
laut Poststempel, abgeliefert. Die Adresse 
war deutlich geschrieben. Vor- und Zu- 
name, sowie Straße und Nummer 
stimmten ganz genau. 
Ic. Hamburg, 19. August. Zum Bau 
des neuen Civiljustiz-Gebäudes am Holsten- 
platz. Nachdem ein colossales Holzgerüst 
für den weiteren Hochbau des neuen 
Civiljustiz-Gebäudes am Holstenplatz im 
Laufe dieses Sommers nunmehr fertig- 
gestellt worden ist, hat man jetzt mit den 
Maurerarbeiten für das Erdgeschoß be 
gonnen. Ueber hundert Arbeiter sind zur 
Zeit an dem Bau beschäftigt. — Hin 
sichtlich der Beförderung von Jagdhunden 
mit der Eisenbahn hat der Verein für 
Prüfung von Gebrauchshunden zur Jagd 
an das Reichseisenbahnamt eine Petition 
gerichtet, in der mit Rücksicht auf die be 
absichtigte Umarbeitung der Verkehrs 
ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands 
gebeten wird, daß diese Jagdhunde in die 
Personenwagen der dritten Wagenklasse 
mitgenommen werden dürfen. — Zum 
Bau des Centralbahnhofes. Seit einigen 
Tagen hat man am Ufer und an der 
Außenalster mit den Vorarbeiten für die 
Verbreiterung der Lombardsbrücke be 
gonnen. Ingenieure, Techniker u. s. w. 
kellen theils von Prähmen, theils vom 
Lande aus Punkte für die Brückenpfeiler 
u. s. w. fest. 
ProvinzieAeS. 
Ic. Altona-Bahrenfeld, 22. Aug. Der 
Korrespondenz Meyne-Hamburg zufolge 
verläßt die hier garnisonirende 4. Ab- 
theilung des Holsteinischen Feldarterie-Re 
giments Nr. 24 heute (Dienstag) für immer 
unsern Ort. Die Abtheilung unter Major 
Körner rückt an diesem Tage mit ihren 
drei Batterien zu je vier bespannten Ge 
schützen um 7 Uhr morgens von ihrem 
Alarmplatz bei den Baracken in das im 
Mecklenburgifchon liegende Manöverterrain 
ab. Unter klingendem Spiel marschirt 
die Abtheilung durch die Holstenstraße in 
Altona, über den Neuen Pferdemarkt in 
Hamburg, die neuregulirte Feldstraße, 
Ringsstraße, Esplanade, Lombardsbrücke 
nach Wandsbek usw. Nach beendetem 
Manöver rückt die Abtheilung in ihre neue 
Garnison Schwerin ein, tritt dort mit 
diesem Zeitpunkt in das Großherzoglich- 
Mecklenburg Schwerinsche Reichsmilitär- 
C ontingent über und formirt dann daselbst 
mit der bereits seit Jahren dort garniso- 
nirenden Großherzoglich Mecklenburg- 
Schwerinschen 1. Abtheilung des 24. Feld 
artillerie-Regiment das neue Großherzoglich. 
Mecklenburg-SchwerinsckeFeldartillerie-Re- 
giment Nr. 60, erhält Artillerie-Uniform 
mit weißen Knöpfen, schwarzem Lederzeug, 
weißen Achselklappen mit der Nummer 60 
und einer springenden Granate. Die Offi 
ziere bezw. Unteroffiziere legen Schärpe, 
Portepee, Troddel und Kokarde in den 
mecklenburgischen Landesfarben an. 
Die ehemalige Bahrenfelder Abtheilung 
erhält sodann die Batterie-Nummern 4, 5 
und 6. Das Trompeterkorps dieser Ab 
theilung wird ausgelöst und jede der drei 
genannten Batterien giebt fünf Kanoniere 
an die in Güstrow neu zu bildende Batterie 
des holsteinischen Feldartillerie-Regiments 
Nr. 24 ab. 
Da die Bahrenfelder Abtheilung nur 
einen kleinen Bespannnungsetat hat, so 
rücken deren Batterien nur mit je vier 
Geschützen in Schwerin ein und infolge 
vessen sind die beiden nicht bespannten Ge 
schütze der drei Batterien bereits vor einigen 
Tagen per Bahn nach Schwerin überführt 
worden. 
Die neue Abtheilung des 45. Feldar 
tillerie-Regiments wird aus je einer Batterie 
des fchleswigfchen Feldarüllerie-RegimeniS 
Nr. 9 (Itzehoe), des holsteinischen Feld- 
artillerie-Regiments Nr. 24 (Güstrow) und 
der Pommerschen Feldartillerie-Regiments 
Nr. 2 (Stettin) gebildet und am 4. Oktober 
in Bahrenfeld formirt werden. Dort bezw 
in Altona werden auch der Regimentsftab 
und das Trompetercorps in Garnison 
kommen. 
Am Sonnabend-Abend fand im Offizier- 
Kasino in Bahrenfeld ein Abschieds-Diner 
(Liebesmahl) statt, zu dem 48 Einladungen 
ergangen waren. Das kostbare Silber 
zeug der Offiziere der Abtheilung, Stiftungs 
geschenke von Reserve-Osfizieren des Regi 
ments usw. wird mit in das Kasino nach 
Schwerin überführt. 
Bis zum Einmarsch der drei neuen Bat 
terien in Bahrenfeld wird eine Abtheilung 
Infanterie den Wachtdienstin dem Artillerie- 
Kasernement versehen; auch werden die 
Wohnungen der verheirateten Unteroffiziere 
die Mannschaftsräume und die Stallungen 
neu hergerichtet werden. 
Die zweite Abtheilung des neuen Feld- 
artillerie-Regiments Nr. 45, die bisher 
in Rendsburg garnisonirende Abtheilung 
des schleswischen Feldartillerie-Regiments 
Nr. 9, wird später gleichfalls nach Bahren 
feld verlegt werden, zu diesem Behufe sind 
bereits Pläne für den Neubau der bezug- 
lichen Baracken usw. entworfen worden. 
Der Rektor Duncker in Altona feiert 
am 13. September, der Rektor Rüge 
am 1. Oktober d. Js. sein 50jähriges 
Dienstjubiläum. 
Durch Unvorsichtigkeit beim Theerkochen 
fing der erst neuerbaute, mit der vollen 
Ernte besetzte Schuppen des Käthners 
Hadenfeld auf Rordholz bei Albersdorf 
am letzten Montag Feuer und wurde 
sammt dem Wohnhause und den Nachbar- 
Häusern der Arbeiter Wricht und Thebens 
in sehr kurzer Zeit ein Raub des ver 
heerenden Elements. 
Ein ganz eigenartiger Konflikt schwebt 
gegenwärtig zwischen dem Gemeinderath 
und dem Bürgermeister der Stadt Eutiu. 
Der letztere hat ein Gitter für das neue 
Volksschulgebäude bei einer Lübecker 
Fabrik bestellt, welches nach Ansicht des 
Gemeinderaths minderwerthig ist. Zu 
nächst lehnte der Gemeinderath ganz die 
Bezahlung und die Annahme des Gitters, 
das einen Werth von 1500 Mk. hat, ab, 
beschloß dann aber, das Gitter an 
zunehmen unter der Bedingung, daß der 
Bürgermeister die Summe von 250 Mk. 
an die Stadtkaffe zahle. 
# Lockstedter Lager, 21. August. Der 
Hierselbst bei der letzten Uebung flüchtig 
gewordene Füsilier P. vom Infanterie 
regiment Nr. 86 ist dieser Tage wieder 
ergriffen worden. 
£ Apeorade, 20. August. Bei den 
Erniearbeiten auf dem Felde zog sich die 
Frau des Arbeitsmannes Nielsen aus 
Skowbüllfeld eine allem Anscheine nach 
unbedeutende Verletzung an dem einen 
Finger zu. Erst nachdem Hand und Arm 
unter unerträglichen Schmerzen anschwollen 
und der verwundete Finger anfing, schwarz 
zu werden, uahm man ärztliche Hülfe in 
Anspruch. Da eine bereits im höchsten 
Stadium eingetretene Blutvergiftung fest 
gestellt, beschloß man mit Rücksicht auf die 
vorhandene Gefahr für das Leben der 
Kranken, die sofortige Ueberführung der 
selben in das hiesige Kreiskrankenhaus. 
In der Nähe von Feldstedt angekommen, 
gewahrte der Lenker des Fuhrwerks, als 
er nach der Kranken sah, zu seinem nicht 
geringen Entsetzen, daß dieselbe während 
des Transports bereits ihren Geist auf 
gegeben hatte. 
Die Flensburger Diakonisfenanstalt ge 
denkt am 29. September das 25jährige 
Jubiläum ihres Bestehens zu feiern. Die 
Feier wird bestehen in einem Festgottes- 
dienst, verbunden mit Schwestereinsegnung, 
einem Bespergottesdienst und einer ge- 
selligen Vereinigung, Die Anstaltsleitung 
sieht sich genöthigt, vom 1. Oktober an 
für die Aufnahme der Kranken die Be 
dingungen zu verändern und die Ver« 
pflegungskosten etwas zu erhöhen. 
ş Westerlanb-Sylt, 18 August. An 
unserem Strande wurde eine Flaschenpost 
gefunden. Der in der Flasche befindliche, 
in deutscher, englischer und schwedischer 
Sprache abgefaßte Brief, war von der 
schwedischen Spitzbergen-Expedition, von 
welcher man seit längerer Zeit nichts ge- 
hört. Der Finder der Flasche wird im 
Briese gebeten, die Angaben über Fund 
ort, Tag, Monat u. s w., mit Namens 
unterschrift und Angabe über Längen- 
und Breitengrad des Fundortes versehen, 
an das meteorologische Institut in Upsala 
zu senden. Dem Briefe ist entsprochen 
und die Angaben bereits nach Upsala ab 
gegangen. 
In den drei Schulbezirken des Kirch, 
spiels ESgrus (nämlich zu Esgrus. Bojum 
und Koppelheck) plant man, Schulsparkassen 
einzurichten. Diese Kassen sind die ersten 
ihrer Art ft: Angeln. 
Ic. Kiel, 19. August. An Blutvergiftung 
in Folge einer Hübneraugen-Operation 
schwer erkrankt ist der erste Ofsieier der 
„Hohenzollern", Capitänleutnant Peters; 
sein ftustand soll hoffnungslos sein. 
Äî Kiel, 21. August Die Kaiser 
yacht wird am 16. September nach 
Swinemünde abgehen, wo sich der Kaiser 
an Bord begiebt, um am 18. die Fahrt 
nach Südschweden anzutreten. Die Rück 
kehr von dem dortigen Jagdausenthalt er 
folgt am 28. September. An Bord des 
Begleitschiffes „Hela" werden verschiedene 
Fischereigerättzschaften mitgeführt, da der 
Kaiser auf den Binnenseen auch dem 
Fischfang obliegen wird. 
!? Kiel, 21. Äug. Des stürmischen 
Wetters wegen sielen gestern für die kleine 
ren Schulschiffe die Schießübungen in der 
Außenföhrde aus. — Ueber zahlreiche 
Schiffsunfälle, die der heftige Nordwep- 
sturm herbeigeführt hat, laufen von der 
Ostsee und chen dänischen Gewässern Mel 
dungen ein. Bei Bjerregaard wurde die 
Aalborger Brigg „Hcnw" auf den Strand 
geworfen. Wegen des hohen L-eeganges
	        
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