Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

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Mendsburger 
(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
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-Vierteljährlich 2 Ji—, frei ins Haus geliefert 
2 Ji 15 ş, 
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Anzeigen ftir die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
-à Ş2 ft er Jahrgang, 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Dem Rendsburger Wochenblatt wird 
„2>« Landwirth" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interesse» 
der Landwirthschaft) gratis beigegeben. 
Wo. 183. 
Dienstag, den 8. August 
1899. 
MovMN-Berichte. 
Berlin, 7. Aug. Die Reichsbank 
hat heute ihren Diskontsatz auf fünf 
Procent, den Lombardzinssuß auf 
sechs Procent erhöht. 
Berlin, 6. Aug. Wegen einer abfäl 
ligen Beurtheilung der bekannten Vorgänge 
betreffend das Verbot der Bismarckvede und 
des Kaiserhochs hat der Magistrat zu Halle 
die konservative „Hallesche Zeitung" bei der 
Staatsanwaltschaft angezeigt. 
Köln, 6. Aug. Die „Köln. Ztg." mel 
det ans Berlin: Zu der „Times-Meldung" 
über einen großen militärischen Konflikt 
zwischen Deutschland und dem Kon 
gostaat ist hier ebensowenig etwas bekannt 
wie in Brüssel. Daß trotz aller Verträge in 
Zentralafrika noch Bezirke vorkommen, bei 
denen die Grenzen nicht mit europäischer 
Genauigkeit abgegrenzt sind, ist selbstver 
ständlich. Wenn hierüber Meinungsver 
schiedenheiten eintreten sollten, so werden 
sie jedoch keineswegs einen sensationellen 
Charakter annehmen, den die „Times" den 
angeblichen Vorgängen am Kiwu-See bei 
legen möchten. Solche Streitpunkte regeln 
sich durch diplomatische Verhandlungen zwi 
schen den betheiligten Staaten, nicht aber 
durch Eingreifen von Truppentheilen, auch 
wenn solche zufällig auf dem bestrittenen 
Gebiete anwesend sein sollten. 
München, 6. Aug. Der „Mg. Ztg." 
zufolge ist der Philosoph und bekannte Spi 
ritist Frhr. Du P r e l in Heiligkreuz bei 
Hüll in Tirol gestorben. 
Klagenfurt, 6. Aug. Hier, sowie 
in Kaposvar, Bleiburg und Völkermarkt 
fanden heute Morgen heftige, drei Sekun 
den dauernde Erdbeben statt, wobei viele 
Häuser Risse erhielten und die Ziegel von 
den Dächern geworfen wurden. 
Salzburg, 6. Aug. Es fanden hier 
heftige Straßendemonstrationen statt. Die 
selben konnten erst, nachdem Militär zur 
Unterstützung der Polizei herbeigerufen war, 
gegen Morgen unterdrückt werden. Eine 
große Anzahl Personen wurde schwer ver 
letzt. 
Zürich, 6. Aug. Auf dein Rothhorn 
verunglückte heute eine Touristen-Gc- 
s e l l s ch a f t, bestehend aus den Herren 
Baumann von Zürich, Joachim Tabin von 
Vissoie, dem vortrefflichen Führer des 
Eifischthales und Antille Antoni, ebenfalls 
aus Vissoie. Tabin hatte Dieses Jahr das 
Rothhorn schon vier oder fünf Mal be 
stiegen; er galt als einer der ersten Führer 
des Zinalrothhorns. Der Absturz geschah 
gegen. Süden, beim Abstieg an einer sonst 
ungefährlichen Stelle, beim Verlassen des 
Südkamms. In Folge von Gewittern in 
der letzten Woche hatte sich eine ziemlich 
starke Eiskruste gebildet, über welche fri 
scher Schnee fiel. Man nimmt an, daß die 
Gesellschaft, die eine ziemlich steile, aber 
sonst ungefährliche Schneefalte von etwa 
250 Meter Länge Hinuntergleiten wollte, 
von einer Lawine in den Abgrund gerissen 
wurde und daß so alle drei ihren Tod fan 
den. Die Verunglückten liegen auf Trift 
gletscher, etwa drei Stunden von Zermatt. 
Eine Bergungskolonne von 18 Mann ist 
unterwegs. — Am Tschentenberg bei Adel 
boden ist Dr. Herz aus Paris abgestürzt. 
K o n st a n t i n o p e l, 6. Aug. Wie 
jetzt bekannt wird, ist vor einigen Wochen 
im Mdiz-Kiosk eine Verschwörung gegen 
den Sultan vorbereitet gewesen, die von 
einem Brigadekommandeur geleitet war. 
Der Anschlag wurde vereitelt, der General 
und seine Offiziere festgenommen und sie 
sind seither verschollen. 
Paris, 6. Aug. Nach der „N. Fr. 
Pr." wollen hiesige diplomatische Kreise 
wissen, die Reise Delcassees habe den Zweck, 
den Grafen Murawiew zu interpelliren und 
seine Meinung einzuholen über die Vor 
schläge des Fürsten Hohenlohe, die dieser 
bei feiner Anwesenheit in Paris der fran 
zösischen Regierung betreffs einer deutsch- 
französischen Annäherung gemacht habe. 
Man glaubt, daß auch Oesterreich-Ungarn 
der Sache nicht ganz fern steht. 
Bordeaux, 6. Aug. Der aus Pa 
ris kommende Expreßzug stieß heute Bor- 
mittag bei der Einfahrt in den hiesigen 
Bahnhof in dem Augenblicke, als die Pas- 
sagüere aussteigen wollten, heftig gegen die 
Endpuffen; etwa dreißig Personen 
wurden leicht verletzt. 
Brüssel, 6. Aug. Das Ministerium 
de Smet de Naher legt am Dienstag den 
Proportional-Wahlgesetzentwnrf vor, nach 
dessen Annahme sofort die Kammerauflö- 
sung erfolgt. 
N e w York, 5. Aug. Bei dem gestri 
gen Wirbelsturm sind in Carabelle nur 
neun Häuser stehen geblieben, zweihundert 
Familien sind obdachlos. Fünfzehn Schisse 
sind gescheitert. Der Schaden übersteigt eine 
Million Dollars. 
Johannesburg, 6. Aug. Ter 
„Frkf. Ztg." wird gemeldet: Die Trans 
vaal-Regierung ist von der englischen Re 
gierung über den Vorschlag einer gemisch 
ten Kommission unterrichtet worden. Sie 
ist diesem Vorschlag aber nicht günsüg ge 
sinnt, wird ihn jedoch dem Volksraad un 
terbreiten, bevor sie eine Antwort giebt. 
Kairo, 6. Aug. Die Panik über die 
Pestgefahr nimmt täglich unter der euro 
päischen Bevölkerung zu. Die Zahl der 
bisher Erkrankten wird durch die offiziellen 
Berichte nicht angegeben. Viele Fälle ent 
gehen der amtlichen Statistik, in Folge des 
Fanatismus, der die meisten Muselmanen 
beherrscht. 
London, 5. Aug. Die nunmehr beendigten 
englischen Flottenmanöver dienten ganz 
besonders dazu, wichtige Versuche mit dem 
drahtlosen Telegraphen zwischen den Schiften 
und dem Lande anzustellen. Es sind be 
friedigende Resultate aus 55 und sogar 
85 Meilen gemacht worden. 
Zur Reise 
Deleafsês nach Petersburg. 
In demselben Moment, wo es bekannt 
wird, daß Herr Delcasiê eine Reise von 
Paris nach Petersburg (gewiß nicht zu 
einer Ferien-Excursion) angetreten, erhebt 
ein offiziöser Petersburger Brief in der 
Wiener „Pol. Korrcsp." gegen die An 
näherung Frankreichs an Deutschlands 
allerhand Einwendungen bei der Be 
sprechung des Besuches Kaffer Wilhelms 
auf der „Iphigenie". Der Brief wendet 
sich zunächst gegen die französischen 
Zeitungen „Figaro" und „Matin", welche 
ein französisch - deutsches Einvernehmen 
dem französisch - russischen Bündniß auf 
gepjropfk sehen mochten. Dre Gründe, 
durch welche dieser Gedanke den Franzosen 
einleuchtend gemacht werde, hätten in 
Petersburg nicht blos in der öffentlichen 
Meinung, sondern auch in maßgebenden 
Kreisen einen seltsamen und zwar 
weder freundlichen, noch i m - 
ponirenden Eindruck hinterlassen 
Die Ansicht, daß zwischen Berlin uuv 
Paris ein Einvernehmen, dessen Spitze 
sich gegen England richten würde, an 
gebahnt werden und dadurch einem 
künftigen Faschoda vorgebeugt werden 
könnte, werde in Rußland als eine 
politische Naivetät betrachtet Durch 
politische Excurse von der Art, in der 
sich eine 'kleine Gruppe französischer 
Politiker jetzt gefalle, werde der Sache 
Frankreichs bei ven gegebenen Bedingungen 
der Weltlage nicht nur kein Dienst ge 
leistet, sondern im Gegentheil Frankreich 
gegenüber Rußland bloßgestellt. Denn es 
könne in Petersburg nur peinliches Be 
fremden und Mißtrauen wachrufen, 
wenn auch nur ein sehr kleiner Theil der 
Franzosen im Stande sei, so leicht von 
einem Extrem zum andern zu schwenken 
und bald mit Petersburg, bald mit Berlin 
zu liebäugeln. Einen besonderen Trumpf 
spielt der Petersburger Osfiziofus durch 
folgende Andeutung aus: Wenn es ge 
stattet wäre, den Schleier von gewissen 
vom Kabinet von Petersburg während 
des Zwischenfalls von Faschoda unter 
nommenen Schritten und von g e w i s s e n 
damals von der russischen Re 
gierung verfügten militäri 
schen Maßregeln zu lüsten, 
so würden die mehrerwähmen französischen 
Politiker, die so leichtfertig ohne Kennt 
niß der Vorgänge den Werth des fran 
zösifch-rusflfchen Bündnisses herabsetzen, 
die Ueberzeugung gewinnen, daß Frank 
reich in jenen kritischen Augenblicken 
durchaus nicht aller Unterstützung Ruß 
lands entbehrt hat. Sie würden dann 
begreifen, warum die anfänglich under 
söhnliche Haltung des Londoner Kabinels 
plötzlich einer entgegenkommendenStimmung 
Platz gemacht hat, die Herrn Delcaffe 
die Möglichkeit bot, die Streitigkeit in 
friedlicher Weise beizulegen. Der Brief 
schließt mit dem Ausdruck der Hoffnung, 
daß der verunglückte Ausflug einiger 
Pariser Blätter ins Reich politischer 
Träumereien bei der ungeheuren 
Mehrheit der ^Franzosen keiner 
lei Lust zur Nachahmung wecken und daß 
die Franzosen bei der Beurtheilung des 
Verhältnisses zu Rußland auf dem Bodens 
der Wirklichkeit und der Gerechtigkeit 
verbleiben werden. 
Inland. 
Berlin, 6. Aug. Der Jagdausslug des 
Kaisers nach Schweden wird, wie die 
„Kreuzztg." vernimmt, von Swinemünde 
aus an Bord der „Hohenzollern" am 8. 
September erfolgen. 
Der Kaiser wird am 18. Aug. auch 
einen Tag nach Metz fahren, um dort 
der Einweihung des Denkmals für die 
Gefallenen des ersten. Garde-Regiments 
zu Fuß beizuwohnen. Das 3'/ 2 Meter 
hohe Sandstein-Denkmal trägt nach der 
„Kreuzztg." auf den Seiten folgende In 
schriften: „Den braven Kameraden Wil 
helm II. und Sein Erstes Garde-Regiment 
zu Fuß." — „Das Regiment verlor 
seinen Kommandeur, 35 Osfiziere, 104 
Unteroffiziere, 982 Grenadiere und Füsi 
liere." — „Nach dem Entwürfe Sr. Maj. 
Kaiser Wilhelms II., modellirt jvvn Walter 
Schott, Berlin, 1899." 
— Die Mutter des jugendlichen Thron- 
solgers von Sachsen Koburg. 
Gotha, die Herzogin von Albany, 
erwiderte am Freitag bei ihrer Rückkehr 
von der Konfirmation ihres Sohnes aus 
eine Anfrage: „Mein Sohn gehört jetzt 
zur deutschen Nation und ich bitte Sie, 
sich mit mir in dem glühenden Wunsche 
zu vereinen, daß er seinem neuen Vater- 
lande getreu sein und diejenigen be 
glücken möge, unter denen sein Leben 
hinzubringen, er berufen ist. Ich werde 
meine ganze Kraft darauf richten, ihn zu 
lehren, ein guter, loyaler Deutscher zu 
werden." Die Herzogin hat am Sonn 
abend mit ihren Kindern die Reise nach 
Deutschland und zwar zunächst nach 
Reinhardsbrunn angetreten. 
— Im „Bo rw ärts" dauert die Debatte 
über die Stellung der Sozialisten zur 
Drysus-Affäre an. GenoffeKritschewsky 
in Paris polemisirt in einem großen Artikel 
gegen Liebknechts Stellungnahme. Lieb 
knecht antwortet in recht unklarer Manier. 
In einem weiteren Artikel bekämpft er 
einen Genoffen, der ihn in der „Münchener 
Post" angegriffen hat und verdammt alle 
„Kompromisfelei" und „Bernsteincrei". 
An den „Temps" hat er eine Berichtigung 
eingesandt und seine Gerechtigkeitsliebe 
betont. Uebrigens habe er auch seine 
Dreysus-Affäre, den Ziethenprozeß. 
— Mit den Folgen der E i n r i ch t u n g 
des socialdemokratischen Zukunfts. 
staates beschäftigt sich der Socialdemokrat 
Prof. Ed. Bernstein in einem Artikel 
„Klaffenkampf, Dogma und Klaffenkampf 
wirklichkeit" in der socialdemokratischen 
Zeitschrift „Neue Zeit". Theoretisch 
nimmt er an: plötzlich trete eine wirth- 
schaftliche Umgestaltung ein. Was wären 
die Folgen? 
„Die Organisation der Wirthschaft," so schreibt 
Bernstein, „ist heute auf die Absatzverhältnisse 
eingerichtet, wie sie sich aus der gegebenen Ein- 
theilung und Gliederung der Klaffen ergeben. 
Daß eine plötzliche radikale Veränderung in 
letzterer . Hinsicht eine gewaltige ber 
sch iebung der Marktlage bedeuten und 
erheischen würde, sagt die einfachste Ucberlegung. 
Ganze Industrien würden plötzlich 
stillstehen, ohne daß sich ihre Angehörigen 
über Nacht in Arbeiter anderer Gewerbe! oder 
gar Landwirthe verwandeln ließen. Die (um 
§18 llttl StSfflK. 
Ron-an von E. v. Linden. 
-Nachdruck verboten.— ItcbcrsctzllNgsrechr vorbehalten.) 
„Vergieb mir, Geliebte!" bat er nach 
einer Pause, „daß ich Dir hierin nicht ge 
horchen kann. Ersinne etwas Anderes, Du 
bist klüger als ich und wirst mir einen 
besseren Rath geben können." 
„Ich weiß keinen anderen", versetzte sie 
achselzuckend, „laste Gefahr an Dich 
herankommen, vielleicht triffst Du selber das 
Rechte, sonst hast Du ja auch noch Deinen 
Catton, der in solchen Dingen ein weiteres 
Gewissen besitzt." 
Sie erhob sich, um zu klingeln und ab 
tragen zu laffen, da der Diener nicht ohne 
Befehl das Zimmer zu betreten wagte, als 
geklopft wurde und jener ängstlich eintrat, 
um eine' Karte auf silbernem Teller zu 
präsentiren. 
„Für den Herrn Baron!" sagte er, sich 
an Alting wendend. 
Dieser nahm die Karte, warf einen Blick 
darauf und sagte: „Wo ist Herr von Röm- 
hild?" 
„Im Salon, — gnädiger Herr! — Er 
wollte eigentlich unsern gnädigen Herrn 
sprechen, und als er dann hörte, daß unser 
gnädiger Herr —" 
»Schon gut", unterbrach ihn Alting zer 
streut, melden Sie ihm, daß ich gleich er 
scheinen werde." 
„Sie können später abtragen!" befahl 
Ebba Regina, worauf der Diener rasch das 
Speisezimmer verließ. 
„Harald Römhild wollte meinen Onkel 
sprechen und nicht Dich, dessen Schuldner 
er ist", — bemerkte die junge Dame ver 
wundert. 
„Hm, vielleicht braucht er Geld", erwiderte 
John Alting," sonst wüßte ich nicht, weshalb 
er — ah, mir geht ein Licht auf, Dein 
Onkel will seinen Bruder, den flotten Ulancii- 
Lieutenant, verhaften lassen, und nun wird 
der Alte nach Hause telegraphirt haben und 
um gutes Weiter bitten." 
„Verhaften lassen wegen Schulden? Das 
ist ja Unsinn, mein lieber Hans!" 
„Nein, wegen Betrug, wir sprechen später 
davon, nun muß ich wohl zu dem guten 
Harald, der mir gleich die nöthigen Wechsel 
für die Schuld geben soll." 
John Alting lachte boshaft und begab 
sich nach deni prunkvollen Salon, während 
Ebba Regina geräuschlos in ein Cabinet 
trat, das an den Salon stieß. Es besaß 
die zweifelhafte Eigenschaft, daß man hier 
jedes Wort, das drinnen laut gesprochen 
wurde, ganz deutlich verstehen konnte. 
Die beiden jungen Herren hatten sich 
höflich begrüßt, als Harald Römhild sofort 
mit erregter Stimme in einer wahren Fluth 
von Vorwürfen gegen Melwig sich erging. 
„Dieser Mensch, der sich hier durch unehren 
hafte Handlungen, die an Verbrechen streifen, 
bei uns eingenistet hat, wie ein Vampyr", 
rief er mit zornbebcnder Stimme, dieser 
elende Wucherer und Halsabschneider wagt 
es —" 
„Halt!" unterbrach John Alting ihn ge 
bieterisch, „kein Wort weiter, mein Herr 
Junker, oder ich breche Ihnen die Knochen 
entzwei." 
„Ah, dazu gehört etwas mehr als 
Prahlerei", keuchte Römhild, drohend die 
Hände ballend, „leider vergaß ich, daß Sie 
zu diesen Menschen gehören, daß Sie Ihren 
alten Namen schänden und Gemeinschaft 
machen mit einem Melwig. daß Sie es 
waren, der mich und meine Freunde in dieses 
unsaubere Haus gelockt, wo ein blutiges 
Gespenst umgeht —" 
„Nun ist's genug, verdammter Narr! 
knirschte Alting; „Lump, bezahle erst Deine 
sogenannten Ehrenschulden, bevor ich Dir 
den Garaus mache!" 
Harald Römhild taumelte zurück, als ob 
er einen Schlag erhalten hätte. 
„Es geschieht mir recht", murmelte er, 
„aber zahlen will ich, sei's auch mit meinem 
Blut. Morgen früh treffen wir uns mit 
Sonnenaufgang am Grenzteich. — Ich 
bringe meinen Secundanten als Zeugen mit, 
sorgen Sie für den Ihrigen. Einen Arzt 
brauchen wir nicht, da nur Einer von uns 
den Platz lebendig verlaffen darf. Und noch 
Eins", setzte er, als er das Zimmer ver 
laffen wollte, hinzu, „theilen Sie Ihrem 
Freunde Melwig mit, daß, falls ich fallen 
sollte, jeder Einzelne meiner Standcsgenoffcn 
für mich in die Bresche treten wird, um die 
Schmach, welche uns zugefügt, zu rächen." 
Ohne Gruß verließ er nach diesen Worten 
das Zimmer. John Alting starrte mit 
einem gewissen Erstaunen nach der Thür, 
weil er sich selbst nicht begreifen konnte. 
Wie hatte dieser adelige Junker ihn nur so 
tödtlich beleidigen können, ohne dafür auf 
der Stelle niedergeschlagen zu werden? War 
er denn hier ein Anderer geworden? 
„Morgen früh also, vlck boy“, murmelte 
er auflachend, „dann sollst Du die alte und 
neue Schuld mit Deinem Leben bezahlen." 
Eine Hand legte fick auf seine Schulter. 
Erschreckt wandte er sich um. 
„Du bist es, Ebba Regina? Wie bist 
Du hierher gekommen? — Ah so, durch 
jene Cabinctthür. Nun, dann hast Du wohl 
unsere Unterhaltung mit angehört?" 
„Ja, ich Hörle jedes Wort. Der Bube 
muß gezüchtigt werden, Du wirst ihn zum 
Krüppel schießen." 
„Ich werde ihn todten, verlaß Dich dar 
auf", erwiderte Alting finster. 
„Das wäre Unsinn, Du würdest unbe 
dingt mit der ganzen Strenge des Gesetzes 
bestraft werden. — Ich habe mich über 
Deine Selbstbeherrschung gefteut, der Du 
diesen ritterlichen Ausgang verdankst, be 
weise sie morgen auf's Neue. Ich rathe 
Dir, Hans, tödte ihn nicht." 
„Du hast doch gehört, daß er einen solchen 
Ausgang haben will. Soll ich etwa der 
Todte sein?" 
„Nein, das wäre zu viel verlangt, mein 
Geliebter! — Eure Secundanten werden 
schon dafür sorgen, daß die Geschichte in 
Ordnung verläuft. Auch müßte ein Arzt 
zur Stelle sein, wie unsere Duelle es vor 
schreiben. Und nun reite heim, cs wird 
bald dunkel, also die beste Zeit sein, Deinem 
Onkel den Krankenbesuch zu machen." 
„Gute Nacht, meine schöne Herrin!" sagte 
er halblaut, sie leidenschaftlich an sich ziehend, 
„Du böse Zauberin, machst aus mir, was 
Du willst." 
„Nur keinen Feigling", flüsterte sie, seine 
ungestüme Zärtlichkeit wie einen Sturm über 
sich ergehen lassend. 
Sie blickte ihm nach, als er im dämmern 
den Abend im Galopp davon sprengte. 
„Und wenn er auch nicht der Herr von 
Altinghof werden sollte", sprach sic halblaut, 
„so ist er doch der rechte Mann für mich 
und wird unter allen Umständen mein Ge 
mahl." 
15. Kapitel. 
Verlörenes Spiel. 
John Alting ritt heimwärts durch den 
dunkelnden Abend, doch immer im Galopp, 
um die bösen Gedanken zu bannen. Er jagte 
am Schlöffe des Oheims vorbei, wie der 
wilde Jäger, und ließ das Roß erst in 
Schritt fallen, als er den Wald erreicht 
hatte. 
Unter den noch ziemlich belaubten Bäumen 
herrschte tiefe Finsterniß; den Reiter ergriff 
ein seltsam unbehagliches Gefühl, und zum 
ersten Male mußte er an Joe Catton denke», 
von dem er seit der Unterredung nichts 
wieder gesehen und gehört hatte. Er war 
hierher gegangen, um zu spähen und umher 
zu horchen nach den gefährlichen neuen An 
kömmlingen aus Amerika. Wo mochte der 
alte Bursche stecken? 
Immer unbehaglicher wurde es ihm bei 
diesem Gedanken, und eine Furcht, alsl ob 
überall im nächtlichen Dunkel hinter jedem 
Baume eine unheimliche Gefahr lauere, be 
gann sich wie ein Alp auf seine Brust zu 
legen. Es war für den tollkühnen Mann 
ein so unerträgliches Gefühl, daß er plötz 
lich sein Pferd zügelte -und es dann mit 
einem heftigen Ruck herumwarf, um wieder 
heimzureiten. 
Halt, was war das? Er horchte ange 
strengt, jetzt vernahm er deutlich das Rollen 
eines Wagens und mehrere menschliche 
Stimmen. Richtig, dort auf dem geraden 
Wege leuchtete etwas auf, es mußten Laternen 
sein, die an den Wagen befestigt waren. 
Ah, es war der Jagdwagen, welcher solche 
besaß, jetzt hieß es, vorsichtig sein, um nicht 
ch
	        
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