Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

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(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
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für Auswärtige, durch die Post bezogen Anzeigen für trie Tagesnununer merfcett bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
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Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes Vorbehalten. 
Dem Rendsburger Wochenblatt wird 
3«: Landivirth" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Jnteresseu 
de: Landwtrthschaft) gratis beigegeben. 
Wo. 181. 
Sonnabend, den 5. August 
1899. 
Morgeņ-Berichtr. 
95 eil in, 3. Aug. Gestern hielt der 
Borstand des Arbeitgeberbundes für das 
Baugewerbe von ganz Deutschland hier eine 
Versammlung ab, in welcher folgende Be 
schlüsse gefaßt wurden: Im Anschluß an 
die örtlichen Bauarbeitgeber-Vereinigungen 
sind in ganz Deutschland obligatorische Ar 
beitsnachweise auf paritätischer Grund 
lage zu errichten. Einheitliche Entlassungs 
scheine, deren Wortlaut vom Vorstand fest 
gesetzt ist, werden in: Anschlüsse an den 
Arbeitsnachweis eingeführt. — An den 
Bundesrath, ivie an die Ministerien sämmt 
licher Bundesstaaten, ferner au die Mit 
glieder der konservativen Fraktion und des 
Centrums wird ein Protest gegen Errich 
tung paritätischer Arbeitsnachweise gerich 
tet. — Die Arbeitgeberverbände von ganz 
Deutschland sind zu veranlassen, Resolutio 
nen zu Gunsten des Gesetzentwurfes zum 
Schutz des gewerblichen Arbeitsverhältnisses 
zu fassen und diese dem Reichstag, Bundes 
rath und dem Reichsamt des Innern zu 
übersenden. 
Löbtau, 3. Aug. Bis gestern Abend 
waren weitere sechs Erkrankun 
gen am Typhus zu verzeichnen, sodaß die 
Gesammtzahl auf 232 gestiegen war. Auch 
ist ein weiterer Todesfatl hinzugekommen. 
Im Ganzen sind der Epidemie bis jetzt 
acht Personen, alle im jugendlichen Alter 
zum Opfer gefallen. Die Erregung nimmt 
unter diesen Umständen in der Gemeinde 
von Tag zu Tag zu. 
Vom Brocken, 3. August. An 
einem der letzten Tage stellten plötzlich 
sämmtliche Kellner des Brocken- 
Hotels die A r b e i t ein, so daß die zahl 
reichen Besucher des alten Bergriesen einige 
Stunden hungern und dursten mußten. Erst 
gegen Mittag, oils die Gäste energisch nach 
Bedienung verlangten, waren die Differen 
zen zwischen der Hotelverwaltnng und dem 
Personal ausgeglichen, und nun ging es 
wieder flott ans Bedienen der hungrigen 
und durstigen Bergsteiger. 
Grodno, 3. Aug. Der westliche Theil 
der Stadt steht in Flammen. Das tempo 
räre Militärlazareth, zahlreiche öffentliche 
und private Gebäude sind eingeäschert. Der 
Schaden ist sehr bedeutend. 
Glasgow, 3. August. Colquhonn, 
Ehrendoktor der Universität, Stadtrath und 
Ehren - Schatzmeister Glasgows, unter 
schlug, dem „B. T." zufolge, an W i t t - 
wen- und Mündelgeldern vier 
Millionen Mark. Er ivar eifriger 
Mäßigkeitsapostel und brachte das Geld in 
den Spielhöllen des Kontinents durch. 
Bern, 3. Aug. Der Postwagen 
von Bad Schimberg nach Entlebuch im 
Kanton Luzern ist gestern früh in Folge 
Scheuens der Pferde in den Straßengraben 
gefallen. 4 Damen wurden ernstlich ver 
letzt. 
Petersburg, 3. Aug. Der Regio 
rungsbote meldet die Abberufung des 
russischen Militärbevollmächtigten in Pa 
ris, Baron v. F r e b e r i! §. Er wurde 
gleichzeitig zum Ehrenenrator ernannt. 
Petersburg, 3. Aug. Die Be 
steuerung der inländischen Geschäftsreisen 
den wird nach offiziösen Mittheilungen er 
mäßigt. Nach dem bisherigen Standpunkt 
des Finanzministers ist anzunehmen, daß 
auch die Steuer der ausländischen Hand 
lungs-Reisenden entsprechend herabgesetzt 
werden wird. 
5z a a g , 3. Aug. Hier fand gestern 
Abend aus Anlaß des Geburtstages der Kö 
nigin eine prachtvolle Illumination der 
Stadt statt. Die Promenaden waren eben 
falls beleuchtet; im Schloß wurde ein Gala 
diner gegeben. 
Haag, 3. Aug. Die „Frlf. Ztg." 
meldet: Nach nur 4tägiger Dauer ist gestern 
Nachmittag im Gefolge der mit den Rhe- 
dern und Arbeitgebern stattgehabten Ver 
handlungen der Streik der Maschinisten und 
Heizer aus den Rheinschleppern beendigt 
worden. 
Ansland. 
Außereuropäische Ģebiete. 
Zn einem sonderbaren Mittel hat, wie 
aus New-York gemeldet wird, die ameri 
kanische Abendzeitung „New-York Evening 
Telegram" gegriffen, um für sich R e • 
Harne zu machen Eine junge Frau 
wurde von dem Blalt mit dem Bemerken 
engagirt, sie hätte nichts anderes zu 
thun, als täglich in den Straßen New- 
Yorks spazieren zu gehen Ihre Photo 
graphie wird nun Tag für Tag in dem 
Blatt veröffentlicht und der ersten Person, 
der es gelingt, die Frau zu identificiren, 
ist eine Belohnung von 25 Dollars aus 
gesetzt. Da jede Frau, die mit der 
Photographie auch nur die entfernteste 
Aehnlichkett hat, in Gefahr ist, auf 
offener Straße belästigt zu werden, so 
droht dieser Wettbewerb zu einer direkten 
Straßenmissre zu werden, und man hat 
deshalb die Intervention der Polizei an- 
gerufen. 
Frankreich. 
Aus Roubaix, beit 2. August mel 
det die „Köln. Ztg.": Der Direktor der 
Stierkamps-Arena, Mazzantini, 
und der Thierbändiger Bidet beabsichtigen 
am 3. September wieder einen Kampf statt 
finden zu lassen, und zwar diesmal zwischen 
einem spanischen Stier und den Löwen Bi 
dets oder einem Löwen, einem Tiger und 
einem Bären. Die „Aurore" fragt mit 
Recht: Giebt es in Frankreich -keine Stelle, 
die über den Herren Mazzantini und Bidet 
steht, p der will man in Frankreich solch 
niederträchtige Spiele sich einbürgern las 
sen? Es muß doch irgend ein Mittel geben, 
um solche brutalen Metzeleien zu verbieten. 
Holland. 
Haag, 3. August. Die letzten Ge 
meindewahlen sind für die Sozialisten ein 
allgemeiner Sieg gewesen. Dieselben ha 
ben zahlreiche Mandate erobert; die Zahl 
ihrer Anhänger ist in den Provinzen Fries 
land, Groningen usw. bedeutend gestiegen. 
In Arnheim und Harlem haben sic' eine 
große Stimmenzahl erhalten; die Zahl der 
Stimmen hat sich in Amsterdam für die 
Sozialisten verdoppelt und in Rotterdam 
verfünffacht. 
Belgien. 
B r ü s set, 3. Aug. Smet de Naycr 
conferirte gestern zwei Stunden hindurch 
mit dem König, um Letzterem seine politi 
schen Absichten ausführlich darznthun. Erst 
als der König sich mit den geplanten Maß 
regeln einverstanden erklärte, übernahm 
Smet de Naher endgiltig die Bildung des 
neuen Kabinets. Er hofft, in der Freitags- 
nummer des Moniteurs bereits die Zusam 
mensetzung desselben mittheilen zu können. 
der Generalrath der sozialistischen Par 
tei beschloß abermals, erst Stellung zu neh 
men, sobald das Programm des neuen Mi- 
nisterinms in Sachen der Wahlreform of 
fiziell bekannt sein wird; ferner aber unter 
allen Umständen die Aushebung des Ar 
tikels 47 der Verfassung zu beantragen, 
welcher die Pluralwahl verfügt, und an 
seine Stelle einen Artikel zu setzen, der das 
allgemeine Stimmrecht verbürgt. 
Brüssel, 3. Aug. Innerhalb der so 
zialistischen Gruppe der Kammer scheint sich 
eine Spaltung vorzubereiten. Die sozialisti 
schen Deputirten von Mons erklärten in 
einer gestrigen Versammlung, sie würden 
sich jeder Vorlage, betreffend die propor 
tionale Vertretung, widersetzen. Tie Depn- 
tirten Vandervelde und Bertrand,, welche die 
Mehrheit der sozialistischen Deputirten ver 
treten, erklärten dagegen, sie würden eine 
loyale Vorlage über die proportionale Ver 
tretung annehmen. 
England. 
London, 3. Aug. Bei der gestrigen 
Jahresversammlung der „Royal Yacht 
Squadron" brachte der Prinz v o n 
Wales einen Trinkspruch auf Kaiser- 
Wilhelm aus und begrüßte ihn zum 
Siege iin Rennen um den Becher der Kö 
nigin. — Der „Boss. Ztg." zufolge lief in 
C o w e § folgendes Telegramm des 
Kaisers an Bord des „Armour" ein: 
„Meinen aufrichtigsten Dank für die freund 
lichen Glückwünsche. Es thut mir so leid, 
daß der Unfall der Kaiserin mich verhin 
derte gegenwärtig zu sein. Ich bin hoch er 
freut, die Trophäe meiner Großmutter ge 
wonnen zu haben." 
In Portsmouth sprang ein Jnsanterift, 
der als Nachtwandler bekannt war, mitten 
in der Nacht ans seinem Bett, lud im 
Schlafe sein Gewehr mit Kugelp atro 
nen und feuerte es gegen einen Raum 
ab, in dem sich eine Abtheilung schlafen 
der Soldaten befand. Es ereignete sich 
glücklicherweise kein Unglück. Eine Unter 
suchung ist eingeleitet worden. 
Dänemark. 
London ist an S o n n e n s ch e i n be 
kanntlich eine sehr arme Stadt; was aber 
nicht so bekannt sein dürfte, ist, daß 
Kopenhagen säst ebenso arm au Sonnen 
schein ist wie London. Kopenhagen hat 
jährlich durchschnittlich 1200 Stunden 
Sonnenschein, Hamburg hat 1236, Berlin 
1727 und Wien 1812 Stunden Sonnen 
schein gehabt. 
Jzrland. 
— Die K a n a l k o m m i s s i o n hat den 
zweiten Theil ihres Berichtes unter Anwe 
senheit von nur sieben Mitgliedern festge 
stellt. Dieser Theil des Berichtes behandelt 
bekanntlich die Berathung über die Kom 
pensationsforderungen. Die entscheidenden 
Abschnitte des Kommissionsberichtes sind 
die Erklärung der Staatsregiernng, die der 
Eisenbahnminister unter ausdrücklicher 
Autorisation des Königs abgegeben hat, und 
weiter die Erläuterung, die daran der Vize 
präsident des Staatsministeriums Tr. von 
Miquel knüpfte. Diese Erklärungen sind 
seiner Zeit im Wortlaute veröffentlicht wor 
den. Sie enthalten die feierliche Zusage, 
daß nach Annahme des Kanals die Wasser 
straße zwischen Oberschlesien und Berliir auf 
Staatskosten leistungsfähiger ausgebaut 
werden soll, so daß die Oder auch in trocke 
nen Zeiten eine Fahrtiefe von 1,40 Meter 
behält, und die bestimmte Ankündigung: 
Tie Regierung beharre auf dem Grundsatz, 
daß Verkehrsverbesserungen zu Gunsten 
eines Landestheils an sich nicht Ausgleichs 
forderungen anderer Landestheile begrün 
den und nur in Rücksicht aus die Konkur 
renz der schlesischen und westfälischen In 
dustrie auf dem Berliner Markte im vor 
stehenden Falle eine Ausnahme statthaft sei. 
In der Spezialdebatte bezeichnete es der 
Vizepräsident des Staatsministeriums als 
äußerstes Zugeständniß, wenn in die Kanal- 
vorlage folgender Passus eingeschoben 
würde: „Die Staatsregierung wird er 
mächtigt, behufs Verbesserung der Schiff 
fahrtsstraße von Oberschlesien nach Berlin 
Vorarbeiten für die Anlegung von Stau- 
weihern, mittels deren auf der nicht kana- 
liiirten Oderstrecke von der Neissemündung 
bis Fürstenberg in trockenen Zeiten eine 
Wassertiefe von etwa 1,40 Meter herge 
stellt wird, zu veranlassen und hierfür den 
Betrag von ztvei Millionen Mark zu ver 
wenden. Der Bericht geht sodann auf den 
Küstenkanal ein, der die untere Ems mit 
der unteren Weser und Elbe verbinden soll 
und dessen Herstellung die Altonaer Han 
delskammer fordert. Für diesen Küstenka 
nal wird geltend gemacht, er sei viel bil 
liger, befördere den Güteraustausch zwischen 
dem Osten und Westen, ohne Bremen, Rot 
terdam und Antwerpen zu begünstigen und 
die Elbhäfen zu schädigen; er stellte die 
beste Binnenschifffahrts-Straße zwischen 
Bromberg und dein Westen her, entspreche 
der bisherigen Berkehrspolotik, bewirke we- 
der Eisenbahnunfälle noch Kompensations 
forderungen und habe schließlich eine große 
militärische Bedeutung. Der Minister der 
öffentlichen Arbeiten bestritt, daß der Mit 
tellandkanal die holländischen Häfen bevor 
zuge. Er legt sodann dar, daß der Küsten 
kanal für die östlichen Provinzen erheb 
liche Nachtheile haben würde, ohne ihnen 
—- wie das der Mittellandkanal thun 
werde — Entschädigung zu gewähren. Ge 
rade er würde für den Osten als Einsall 
thor gefährlich werden. Er würde auch nur 
zwei preußische Städte, Emden und Har 
burg, sonst nur außerpreußische Städte be 
rühren. Nach gründlicher Prüfung sei end 
lich auch festgestellt worden, daß seine mi 
litärischen Vortheile hinter denen des Mit- 
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Nachdruck verboten.— Ucbcrsetzungsrecht vorbehalten.) 
„Gut, dann ist nichts zu fürchten. 
Wie steht's mit dem Alten? Läbbert er 
sich noch immer hin?" 
„Ich kann nichts Bestimmtes darüber er. 
sahren, man hat mir den Zutritt zu meinem 
Onkel verboten." 
„Dann würde ich einfach Gewalt ge 
brauchen — " 
„Unsinn, mein lieber Melwig", sagte Hans 
Justus finster, „mich dem Arzte widersetzen, 
hieße mich selber ohrfeigen. Wo ein solcher 
Medicinmann kommandirt, hat man ein 
fach zu gehorchen Natürlich laffe ich täg 
lich anfragen, es heißt immer, daß noch Ge 
fahr vorhanden ist, aber die Wahrheit de 
komme ich nicht zu wiffen. Wenn ich meinen 
Barbier, der im Forsthause als Heilgehülfe 
fungirt, nur mal packen könnte." 
„Ucberlaffen Sie das doch Ihrem famosen 
Catton, der Bursche scheint mir in solchen 
Dingen bewandert zu sein. Wissen Sie, 
Alting, daß ich mich mitunter vor ihm 
fürchte?" 
Hans Justus, der indessen mit Ebba 
Regina geliebäugelk hatte, blickte Melwig 
überrascht an. 
„Sie fürchten sich vor Joe Canon?" 
fragte er kopfschüttelnd, „das nimmt mich 
vo. Ihnen Wunder, Mr. Melwig!—Wes 
halb aber denn nur? Haben Sie Grund 
dazu?" 
„Ja, einen Grund weiß ich just nicht au 
sgeben", versetzte der Lindenhagener, „er 
ist im Ganzen ein brauchbarer Aufseher, dem 
Nichts entgeht. Daß er aber -in gefähr 
licher Bursche ist, der mit Revolver und 
Messer sich vertraut gemacht und kein Be 
denken hat, beides gegen seinen besten Freund 
zu gebrauchen, wenn er seinen Vortheil da 
von haben kann, davon bin ich überzeugt. 
Er darf zum Exempel nicht wiffen, wo man sein 
Geld aufbewahrt, und ich möchte Sie bitten, 
ihn doch lieber in Altinghof unterzubringen. 
Nehmen Sie's mir nicht übel, Herr von 
Alting, aber ich meine, Sie hätten Besser 
daran gethan, diesen Catton drüben in 
Amerika zu laffen." 
Hans Justus schwieg eine Weile. Er 
wußte nicht gleich die rechte Antwort zu 
finden, da er sich in diesem Punkte vorzu 
sehen hatte. — 
„Sie irren sich", erwiderte er endlich so 
unbefangen als möglich, „Joe Cation war 
drüben allerdings als Raufbold und Händel 
sucher, aber doch auch nur als ehrlicher 
Bursche bekannt. Glauben Sie denn, mein 
Vater, der ein Gentleman vom Scheitel bis 
zur Sohle war, hätte mir den Umgang mit 
ihm gestattet? Joe war mir mehr ein 
Kamerad als Diener, immer aufgelegt zu 
tollen Streichen und mir treu ergeben, wie 
ein Hund. Ich habe ihn nicht mithaben 
wollen, er ist mir aber übers Meer nach 
geschwommen, und da konnte ich den armen 
Burschen doch nicht verstoßen. Wenn Sie's 
aber wünschen, Mr. Melwig, dann will ich 
ihn dieser Tage wieder nach drüben zurück 
schicken." 
„Ja, ich wünsche es", sprach Melwig 
trocken, „weil er mir trotz alledem unheim 
lich ist. 
Sie fuhren schweigend weiter und hauen 
bald die Lindenhagener Grenze erreicht. 
„A propos“, begann Melwig plötzlich auf's 
Neue, „wie viel ist der junge Römhilv 
Ihnen schuldig?" 
„Genau weiß ich's nicht, doch hab' ich 
die Summe notirt. Es mögen immerhin 
an die vier- bis fünftausend Mark sein." 
„Das hab' ich mir gedacht, hören Sic, 
lieber Alting, überweisen Sie mir diese 
Schuld in Wechseln, ich gebe Ihnen den 
Werth in Baar, damit Sie den ehrlichen 
Catton zurückschicken können. Wissen Sie, 
ich habe darin einen sicheren Instinct und 
verstehe mich auf die Taxirung der Menschen. 
Joe Catton ist einer von Denen, die zu 
fürchten sind, schlagen Sie diesen Wink nicht 
zu gering an, Herr von Alting!" 
Hans Justus war verstimmt. Das lleber- 
gewicht dieses wucherischen Geldprotzen, dem 
er sich wohl oder übel beugen mußte, empörte 
seinen Stolz, sein souveraincs Selbstgefühl, 
und zum ersten Male in seinem Leben empfand 
er, wie hoch er sich im Grunde durch seine 
bevorzugte gesellschaftliche Stellung über 
diesen elenden Menschen erheben durfte. 
Ja, wenn Ebba Regina nicht gewesen 
wäre, deren dämonischer Macht er unrettbar 
verloren war und sein eigenes unbezähm 
bares Temperament, das ihn mit dem Oheim 
entzweit und ihn drüben wie hier an den 
Abgrund des Verbrechens geriffen hatte! — 
so mußte er die Demüthigung, von diesem 
gemeinen Menschen bevormundet und zurecht 
gewiesen zu werden, ruhig hinnehmen, was 
that's denn auch, da die adelige Gesellschaft 
ihn ja doch schon als Abtrünnigen geächtet 
und zu der „ausgeschloffenen Sippschaft" 
geworfen zu haben schien. Seitdem der alte 
Baron im Forsthause mir dem Tode rang 
und Hans Justus den alleinigen Gebieter 
im Schlöffe Altinghof spielte, sah dieser sich 
plötzlich von dem ganzen Adel in der Runde 
gemieden und selbst die Junker hielten sich 
von Alting und von Lindenhagen fern, ob 
aus eigenem Antrieb oder auf väterlichen 
Befehl, blieb sich dieser Thatsache gegenüber 
völlig gleich. 
Er mußte in diesem Augenblick, als der 
Wagen in der Kastanien-Allee, welche nach 
dein Herrenhausc führte, einbog, daran denken, 
wobei ein ingrimmiges Lächeln sein Gesicht 
überflog, und die Idee, daß Ebba Regina's 
hochmükhiger Plan sich zum Mittelpunkt 
dieser Gesellschaft zu machen, jämmerlich in's 
Waffer fallen werde, ihm eine Art Genug 
thuung gewährte. 
Kaum hatte er mit ritterlicher Galanterie 
die Damen seines Herzens aus dem Wagen 
gehoben und bis an ihr Zimmer geleitet, 
als Joe Catton sichtbar wurde und ihm 
einen verstohlenen Wink gab. — „Was 
gicbt's?" fragte er, als er sich ihm näherte. 
„Eine schlimme Neuigkeit, Sir!" 
„Folgt mir unauffällig in mein Zimmer!" 
Hans Justus durfte in der That schon 
über ein Separat-Zimmer in Lindenhagen 
verfügen, das dem künftigen Neffen des Be 
sitzers bei seiner Anwesenheit zum Privat 
gebrauch eingeräumt worden war. 
„Nun?" begann er ungeduldig, als Catton 
eingetreten war, „was ist denn los? Spukt 
mein Onkel als Gespenst umher?" 
„Der nicht", erwiderte Catton unwirsch, 
„aber ein anderes Gespenst von drüben, 
das mehr zu fürchten ist. Ich war nach 
dem Altinghofer Walde, um dort Umschau 
zu hallen, hoffte den Barbier abzufangen, 
was mir aber nicht gelang. — Ich sage 
Euch, John Alting, cs ist nicht richtig dort, 
Ihr müßtet Euch dort mal am Krankenbette 
sehen laffen und gehörig auftrumpfen. Ein 
heilsamer Schreck thäte noth, wer zum Henker 
würde cs wagen, Euch entgegenzutreten? 
Aber nun isl's schon zu spät, das hättet 
Ihr früher thun sollen, edler John!" 
„Ist das Alles, was Ihr mir zu sagen 
habt?" fuhr Hans Justus ergrimmt fort. 
„Nur Geduld, das dicke Ende kommt 
noch", höhnte Catton, ungenirt auf den 
Teppich spuckend. „Ich schlich mich dort 
um's Forsthaus herum und wäre um's Haar 
von einem bissigen Köter gepackt worden, 
der mich nicht als Jägersmann respektirte. 
Die andern Hunde ließen mich ruhig heran 
kommen. Ihr wißt ja. daß ich ein Mittel 
hab', die Thiere zu zähmen. Ich retirirte 
raich, wobei ich Glück hatte, weil der Förster 
just angefahren kam, und der Hund ihm 
entgegcnsprang. Dann ging die Hausthür 
auf, ein alter Bursche mit einem nichtsnutzigen 
Gesicht trat heraus. Ich kalkulire, wo ich 
ihn schon gesehen hatte, und richtig, der 
Förster nannte ihn ganz höflich: Herr 
Paulsen!" 
„Weiter!" herrschte Hans Justus ihm zu, 
„was geht denn dieser Bursche uns an?" 
„O, ich denke genug, wenn ich hinzusetze, 
daß es der Graubart von Romberg's Farm 
ist, der so zu sagen zu Eurem Stiefbruder 
gehört." 
Hans Justus trat einen Schritt zurück, 
sein Gesicht war aschfahl geworden. 
„Es ist nicht wahr", stieß er dann leise 
hervor, „Ihr habt Euch geirrt, Joe!" 
„Bah, daran glaubt Ihr selber nicht, 
John Alting", sagte Catton spöttisch, „ich 
kann mich auf meine Augen und mein Ge 
dächtniß verlassen, und ich meine, daß er 
nicht vine seinen Herrn herüber gekommen
	        
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