Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 2)

Täglich erscheinendes WLcttt. 
(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
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Aettettrs und gelesenkes KlaLL im Kreise Rendsburg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
92 ft er Jahrgang. 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Dem Rendsburger Wochenblatt wird 
„Drr Landwirth" 
(Zeitschrift für die politischen u. socialen Interessen 
der Landwi-rthschaft) gratis beigegeben. 
mo. 179. 
Donnerstag, den 3. August 
1899. 
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München, 1. Aug. Heute Nacht ist der 
Schnellzug München-Lindau mit der Ma- 
schine eines Güterzuges in der Station 
Hergatz zusammengestoßen. Der Heizer 
des Schnellzuges ist schwer verletzt, der 
Lokomotivführer und ein Heizer trugen 
leichtere Verletzungen davon. 
Haag, 1. Aug. Die „Franks. Ztg." 
meldete Der Bund der Maschinisten und 
Heizer in den Niederlanden hatte vor 
einiger Zeit an die Rheder von Rhein- 
Schnelldampsern in einem Circular ver 
schiedene Forderungen gestellt, die aus 
Lohnerhöhung, Nichtbeschäftigung von 
Nichl-Bundesmitgliedern, gehörige Sonn 
tags- und Nachtruhe, sowie Anstellung 
von ausreichendem Maschinenversonal hin- 
ausliesen. Da dieses Circular unbeant 
wortet blieb, so proklamirte der Bund 
am Sonnabend-Abend den Streik, der sich 
aus alle Plätze mit Rheinfchifffahrt erstreckt 
und den gesammren Transitverkehr schwer 
in Mitleidenschaft ziehen kann. Der Bund 
der Rhein- und Binnenschiffer har den 
Streikenden seine Sympathie bezeigt, die 
auch bei den außerhalb der Organisation 
stehenden Fachgenossen Unterstützung findet. 
Die Meldungen über eine Ausdehnung 
des Streiks lauten widersprechend. 19 
Schiffe mußten die beabsichtigte Reise von 
Rotterdam unterlassen und 4 Rheder sollen 
bereits die gestellten Forderungen unter 
zeichnet haben. Die Dordrechts-Streik- 
kowmission befährt in einem Dampfboot 
den Fluß behufs weiterer Bekanntmachung 
des Streikbeschlusses. Ausgleichsverhand 
lungen find bereits angebahnt und sie bieten 
Aussicht auf Erfolg. 
New-York, 1. Äug. Der .„New-York 
Herald" hält seine erste Meldung bezug 
lich Dewey vollständig aufrecht, welche 
einen heftigen Ausfall gegen Deutschland 
enthält und besagt, daß der erste Krieg 
der Vereinigten Staaten derjenige mit 
Deutschland fein werde. 
Brüssel, 1. Ayg. Die „Franks. Ztg." 
meidet: Endlich hat sich die politische Lage 
geklärt. Smet de Naeyer wird das neue 
Ministerium bilden und die Proportional 
wahl durchsetzen. In Abgeorbnetenkreisen 
wird angenommen, daß er das Innere 
und Detrooz den Krieg übernimmt. 
Paris, 1. August. Der „Frkf. Ztg." 
wird gemeldet: Das Verfahren gegen du 
Paty de Clam ist eingestellt und dieser 
aus der Haft entlassen. Er kehrte Nach 
mittags 3 Uhr in feine Wohnung zurück. 
Man erwartet, in Konsequenz der Frei- 
lasiung Paths, neue Maßregeln der Re 
gierung, damit nicht nur General Roger 
und Major Cuiguet, sondern auch Bois- 
deffre, Gonse und Mereier, welche Path 
de Clam vor dem Kaffationshos preis 
gegeben hatten, kompromittirt sind. 
Paris, 1. August. „Patrie" meidet 
aus Toulon, daß in einigen Tagen ein 
englisches Geschwader, bestehend aus 
7 Panzerschiffen und drei Kreuzern und 
Torpedobooten, mit einer Gesammt- 
bemannung von 7000 Mann die Küsten- 
vertheidigungsmanöver bei San Remo, in 
nächster Nähe der französischen Küste, ab 
hatten wird. Das Blatt sieht in dieser 
Flottendemonstration eine Herausforderung 
gegenüber Frankreich. 
Wie«, 1. August. Gestern wurden von 
sechszehn zahlreich besuchten Frauen- 
Versammlungen, welche gegen Noth- 
verordnung und Zuckersteuer abgehalten 
wurden, vier ausgelöst, desgleichen eine 
Versammlung von Staalsdienern, welche 
den Zweck hatte, darzuthun, daß die Re 
gierung trotz der Erhöhung der Zucker- 
steuer die Bezüge der Staatsdiener nicht 
aufbessere. 
Paris, 1. August. Quesnay de Beaure- 
paire richtete ein neues Gesuch an den 
Präsidenten des Kriegsgerichts. Er er- 
klärt sich bereit, seine Zeugenlifte ein- 
zureichen und fordert „seine Zeugen" auf, 
Stand zu halten, sowie eventuell direkt 
ihre Vernehmung zu erbitten. 
Budapest, 1. August. Der pensionirte 
Rechnungsrath Gubitsch schädigte den 
Staat um mehr als 100 000 Gulden 
dadurch, daß er auf gefälschten Pensions 
bogen die Pensionen längst Verstorbener 
erhob; Gubitsch wurde verhaftet und ist 
geständig. 
Ausland. 
Außereuropäische Ģebiete 
New-York, 1. Aug. Ein heftiger Orkan 
richtete am 28. v. M. großen Schaden 
auf San Domingo an. Aus der Rhede 
von San Domingo sind drei Schiffe unter 
gegangen. Bon der Bemannung dieser 
drei Schiffe wurde nur ein Mann gerettet. 
Chile. Ueber den Ankauf chile- 
l e n i s ch e r Inseln durch die Ver 
einigten Staaten berichtet der „Newyorker 
.Herald" ,aus Buenos Aires. Danach ha 
ben die Vereinigten Staaten von Amerika 
verschiedene Inseln des Wellington-Archi 
pels zur Verwendung als Kohlenstationen 
von Chile angekauft. 
Belgien. 
Brüssel, 1. August. Die Wahlre 
formkommission lehnte mit 8 Stimmen bei 
8 Stimmenthaltungen die Wahlreformvor- 
schlage der Regierung ab. Auch alle üb 
rigen in der Commission erörterten Wahl 
reform-Vorschläge wurden verworfen. — 
Das belgische Ministerium Vandenpeere- 
boom hat danach dem Könige seine D e - 
mission eingereicht. Es zog dm 
mit die nothwendige Konsequenz aus dem 
Beschlusse der Kommission, die Wahlreform- 
Vorschläge der Regierung abzulehnen. Bis 
gestern hielt man es für wahrscheinlich, 
daß die Kommission, welche aus Vertretern 
aller Parteien zusammengesetzt ist, doch 
noch zu einer Einigung mit den: Mini- 
sterium gelangen werde; um so mehr war 
der gestrige Beschluß dazu angethan, die 
Stellung des Kabinets gänzlich unhaltbar 
zu machen. König Leopold hat die Demis 
sion angenommen und zunächst den frnhe- 
ren Ministerpräsidenten de Smet de Naher 
zu sich berufen; es geht daraus hervor, daß 
die klerikale Partei auch künftig am Ru 
der bleiben und nur Vandenpeereboom mit 
einigen seiner Kollegen aus der Staatslei 
tung ausscheiden wird, weil sein Wahlre- 
formentwurf auch von den Klerikalen durch 
aus nicht durchweg gebilligt wird. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 31. Juli, seit zehn Wochen 
ist nunmehr die Arbeiterschaft ausgesperrt 
und es ist noch kein Ende abzusehen. 
Alle Schwärmer und socialen Weltver 
besserer wollen, daß die Arbeitgeber nach 
geben sollen, d. h. sich ohne Weiteres 
unterwerfen sollen. Sie haben nur des 
halb die Waffe des Ksaiitionsrechts selbst 
angewandt, weil thatsächlich die Arbeiter 
ihnen gegenüber einen Terrorismus ange 
wandt haben, der einfach unerträglich war. 
— Dennoch ist jetzt die Noth unter der 
Arbeiterbevölkerung eine große und man 
beeilt sich, dieselbe nach Möglichkeit zu 
lindern. Die Arbeitgeber, die selbst der 
art in Noth und Bedrängnis gerathen 
waren, die bedauert kein Mensch. Sie 
sind es doch, die, oft mit schweren Mühen, 
den Wochenlohn für ihre Arbeiter am 
Zahltage zusammen haben sollen. Wo sie 
es hernehmen und unter welchen Sorgen 
sie es oft haben, daran denkt man nicht. 
Kopenhagen, 1. August. Nachdem 
die offizielle Vermittlung im dänischen 
Arbeiter st reik gescheitert ist, sind 
neuerdings von privater Seite erfolgver 
sprechende Unterhandlungen eingeleitet wor 
den. Die angedrohte Ausdehnung der 
Sperre auf weitere 15 000 Ar 
beiter wurde zunächst verschoben. 
Inland. 
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— Die Thronfolge in Sachsen- 
Koburg und Gotha ist, wie bekannt, 
durch Gesetz zu Gunsten des 15 Jahre 
alten Herzogs von Albany geregelt 
worden, der eine deutsche Erziehung ge 
nießen soll. Seine Mutter die Herzogin 
von Albany, wird mit ihm nach Dresden 
übersiedeln. Der Herzogin scheint die 
Uebersidelung nach Deutschland nicht ge 
rade leicht zu werden. Die Londoner 
„Allgem. Korr." berichtet: 
Die Herzogin von Alban,) hat am Dienstag 
einen Besuch aus Breakspeares gemacht und bei 
dieser Gelegenheit auf eine an sie gerichtete 
Ansprache erklärt, wie sehr die Liebe und An 
hänglichkeit, die sie in England gefunden habe, 
ihr die Entschließung, nach Deutschland über 
zusiedeln, erschwert (!) habe. Sie werde 
an die vielen Beweise des Wohlwollens denken, 
so lange sie mit ihrem Sohne in Deutschland 
verweile, und sie sehne schon jetzt den Tag 
herbei, an dem sie wieder ihren Wohnsitz in 
England aufschlagen werde (!!). Natürlich 
wurde dieser Theil der Antwort der Herzogin 
mit größter Begeisterung aufgenommen. 
Als nach dem allgemein bedauertem 
Tode des Erbprinzen von Sachsen-Koburg 
und Gotha unter der jüngeren Verwandt 
schaft des Herzogs Alfred nach einem zu- 
künftigen Thronfolger gesucht und dieser 
in dem Herzog von Albany gesunden wurde, 
da wurde in der englischen Presse als be 
sondere Empfehlung aus die deutsche Ab 
stammung der Herzogin von Albany hin 
gewiesen. Die Herzogin ist eine geborene 
Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont. Ihre 
deutsche Gesinnung scheint sie nach obigen 
Aeußerungen allerdings längst abgestreift 
zu haben. Hoffentlich macht der Vormund 
des jungen Herzogs, der Erbprinz zu 
Hohenlohe Langenburg, seinen ihm zuste 
henden Einfluß geltend, daß die Gesinnun 
gen des zukünftigen Herzogs für ein deut 
sches Herzogthum deutscher ist, als die 
seiner „deutschen" Mutter. Im Herzog 
thum Sachsen-Koburg-Gotha erregt es 
gerechtes Befremden, daß der Herzog von 
Albany nicht einem der ausgezeichneten 
und weit berühmten Gymnasien in Koburg 
oder Goîha zur Erziehung übergeben wird, 
und man erklärt sich die Wahl von Dres 
den als Aufenthaltsort damit, daß in 
Dresden eine sehr große englische Kolonie 
besteht, sodaß die Herzogin von Albany 
und ihr Sohn dort Gelegenheit haben, 
viel unter ihren Landsleuten zu weilen, 
und nicht hauptsächlich auf den Verkehr 
mit Deutschen angewiesen sind. 
Für die Errichtung einer Zwangs- 
innung hat sich a:n Montag in Set- 
l i n eine Versammlung der s e l b st st ä n- 
digen Schuhmacher ausgesprochen. 
Diese Resolution aber ist nur gegen den 
heftigsten Widerstand aus der Versammlung 
heraus angenommen worden. Dem Lob 
lied des Obermeisters der Innung, Bier 
bach traten auch Mitglieder der bisherigen 
Schuhmacherinnung entgegen. Es wurde 
vor der Z w a n g s i n n u n g ge 
warnt, weil sie dazu angethan sei, Un 
frieden unter die Meisterschaft zu tragen. 
Bedenklich sei das Experiment außerdem, 
indem bei der wahrscheinlichen Auflösung 
der Innung das Vermögen verloren 
gehe. Im gleichen Sinne sprach sich 
Jnnungsmeister Rabe aus, der die freie 
Innung empfahl, weil sie die Bildung von 
Genossenschaften ermögliche. Die Führer 
der sozialdemokratischen Schuhmacher er 
klärten, daß für viele kleine selbstständige 
Schuhmacher, die als Portiers, Laternen 
anzünder und Leichenträger nebenbei a:n- 
tirten, eine Zwangsinnung nicht am Platze 
sei. Selbst der Vorsitzende des Berliner 
Jnnungsverbandes, der als Z ü n f t l er 
führe! bekannte Obermeister Beutel, 
sprach sich für die Errichtung einer freien 
Innung aus. 
— Herr Hermann G a n s w i n d t, 
der bekannte „Erfinder", läßt wieder einmal 
von sich hören. Er versendet ein Cirkular, 
in dem er mittheilt, daß er jetzt endlich 
ein Patent auf sein Einrad bekommen 
hat, während leider seine wichtigste Erfin 
dung, der Tretmotor, noch immer der Pa- 
tentirung harrt. Dagegen ist es ihn: mög 
lich gewesen, seine neueste Erfindung, die 
„sensationellen K l a v i e r [ai* 
t en d r a h ta ch s en " auf den Markt zu 
bringen, da sie sofort patentirt worden sind. 
„Welcher Werth in dieser Erfindung steckt," 
so schreibt Herr Ganswindt, „erhellt viel 
leicht am besten daraus, daß ein unterneh- 
mender und sehr reicher Engländer 2 0 
M i l l: o n e n Mark für die Patente 
dieser Erfindung nicht für hoch hält und 
sich von der praktischen Verwendbarkeit der 
selben durch eigenen Augenschein überzeu 
gen will." Der unternehmende und sehr 
reiche Engländer dürste trotz der 20 Mil- 
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Roman von E. v. Linden. 
(Nachdruck verboten.— Ucbersetzuiigsrecht vorbehalten.) 
„Wir würden selber darum bitten, mein 
gnädiges Fräulein", sagte Romberg, „weit 
wir von der Treue und Anhänglichkeit des 
Försters gegen seinen Herrn bereits über 
zeug: sind und auch ihm unser volles Ver 
trauen schenken. Da mein alter Freund 
hier — doch verzeihen Sie meine Vergeß 
lichkeit", unterbrach er sich plötzlich verwirrt, 
„wir haben uns nicht vorgestelli — mein 
Name ist Justus Romberg aus Amerika —" 
„So heißt der junge Herr nämlick nach 
seinem Pflegevater, — ft:n rechter Name 
ist Justus von Atting, ältester Sohn des 
vor sechsundzwanzig Jahren nach Amerika 
ausgewanderten dänischen Lieutenants Hans 
Joachim von Atting." 
Der alte Paulsen hatte sich hei dieser 
eigenmächtigen Mittheilung straff aufgerichtet 
und blickte mit einer herausfordernden Miene 
auf den jungen Mann, der verlegen vor sich 
hinblickte. 
„Natürlich ist er ein echter Alting, das 
hab' ich mir gleich gedacht, sagte Erichsen 
freudig erregt. „Haben Sie es gehört, 
Meine gnädige Baronesse? Er ist der älteste 
Sohn!" 
„Freilich habe ich's gehört", erwiderte 
Ellen tief aufathmend, „Sie tragen nicht 
bloß die Züge Ihrer Großmutter, sondern 
auch ihre Augen. Wissen Sie denn, daß 
hier bereits ein Hans Justus von Alting 
kor einiger Zeit angekommen ist, der sich 
dicht nur durch seine Familien-Aehnlichkeit, 
ivndern auch durch die nöthigen Papiere als 
der von seinem Vater angekündigte Neffe 
hinreichend ausgewiesen hat?" 
„Allerdings weiß ich das, Baronesse", 
erwiderte der junge Mann ehrerbietig, „er 
ist uns auch bereits vorhin zu Roß be 
gegnet. Sie werden mir vielleichr nach 
empfinden können, wie schwer mir diese Reise 
geworden ist, dag nur die letzte Bitte eines 
geliebten Todten, dem ich Alles verdanke, 
der den: verlassenen Kinde Vater und Mutter 
ersetzt hat, mich dazu bewegen konnte, einen 
unbekannten reichen Verwandten aufzusuchen, 
und dem Verdacht einer verächtlichen Erb- 
schleicherci mich auszusetzen. Jetzt aber, nach 
dem ich meinen Stiefbruder zum ersten Male 
gesehen —" 
„Er ist Ihr Stiefbruder?" fragte Ellen 
überrascht. 
„Mein junger Herr muß mir schon er 
lauben, die Geschichte zu erzählen, gnädige 
Baronesse!" nahm Paulsen jetzt rasch das 
Wort, „dieweil er noch ein Säugling war, 
als sein Vater, der Herr Lieutenani von 
Alting, ihn zu meinem Hauptmann brachte." 
Der Alte erzählte nun, und Ellen wie 
der Förster, die sich zu ihm gesetzt hatten, 
hörten mit steigendem Jntereffe zu, während 
Romberg an's Fenster getreten war und, 
von dem schlichten Vorhang halb verborgen, 
der Erzählung nicht achtend, nur Augen für 
die junge Dame zu haben schien. 
Als Paulsen geendet, bat er ihn, die 
Papiere vorzulegen. Romberg schreckt- wie 
aus einem Traun: empor, näherte sich dem 
Tische und blickte den Alten fragend an. 
„Ihre Legitimationspapiere, Herr Rom 
berg !" 
Verwirrt zog dieser seine Brieftasche her 
vor und legte sowohl den Brief seines rechten 
Vaters wie das Testament des Hauptmanns 
auf den Tisch. 
„Ich bitte Sie, diese beiden Papiere an 
sich zu nehmen, Baronesse", sagte er leise, 
„prüfen Sie dieselben, da cs Ihr Adoptiv 
vater jetzt noch nicht vermag, und berathen 
Sie mit dem Förster, was nun weiter ge 
schehen soll. Bedenken Sie aber, daß Hans 
Joachim von Alling mein Stiefbruder und 
ein rechtmäßiger Sohn seines Vaters ist, 
den ich deshalb schonen muß. Sollte er 
aber Ihr Feind sein, mein Fräulein, und 
Schlimmes gegen Sie und feinen Oheim 
planen, oder auch vielleicht, was Gott ver 
hüten möge, schon ausgeführt haben, dann 
wird er in mir nicht mehr den Bruder, 
sondern einen unerbittlichen Gegner finden." 
Der junge Mann hatte seine hohe kräftige 
Gestalt straff aufgerichtet und feste Ent 
schlossenheit blitzte aus den dunklen Augen. — 
„Ich danke Ihnen, Herr Justus!" sprach 
Ellen, ihm erregt die feine Hand reichend, 
über die er sich hastig niederbeugte, um 
einen Kuß darauf zu hauchen. „Wir wollen 
fest zusammenhalten, da ich Ihnen nicht ver 
hehlen kann, daß uns Allen vor der Zu 
kunft bangt. Ihr armer Oheim hat es 
selber gegen mich ausgesprochen, daß ihm 
dieser Neffe große Sorgen bereite und er ihn 
am liebsten wieder nach Amerika zurücksenden 
möchte. Gott wird uns den Theuren er 
halten und Alles zum Besten wenden, diese 
Hoffnung soll uns Muth verleihen, dem 
Unrecht und jedem im Dunkeln schleichenden 
Feinde die freie Stirn zu bieten. Sie aber, 
lieber Erichsen", wandte sie sich an den 
Förster, „werden dafür sorgen, daß unsere 
Gäste vor jeder unberufenen Neugier ge 
schützt bleiben, bis die Zeit zum Handeln 
gekommen ist." 
Sie nahm die Papiere vom Tisch, ver 
neigte sich vor Romberg, nickte Paulsen 
freundlich zu und verließ, von Erichsen be 
gleitet, die Stube. 
„Eine echte und rechte Lady, wie, junger 
Herr?" bemerkte der Alte schmunzelnd. 
„Ja, darin hast Du Recht", erwiderte 
Romberg aufathmend, „aber, Gott sei Dank, 
keine nach amerikanischem Muster." 
„All right, Sir! — Jetzt aber wollen 
wir der deutschen Küche erst mal die Ehre 
geben, mein Magen verlangt sein ameri 
kanisches Recht." 
Als der Förster zurückkehrte, freute er sich, 
seine Gäste bei Appetit zu finden, was frei 
lich nur bei Paulsen der Fall war, da 
Romberg sich nur den Anschein gab und die 
Magenfrage bei halbwegs ideal angelegten 
Naturen stets in den Hintergrund tritt, wo 
das Herz sein Recht begehrt und des Früh 
lings Erwachen verkündet. 
Herr Justus, wie Ellen ihn, von einem 
glücklichen Instinct geleitet, zu seiner freudigen 
Ueberraschung genannt, betheiligte sich erst 
an der Tischunterhaltnng, als Paulsen den 
Förster nach Joe Catton fragte und Erichsen 
in ein Fahrwasser gelangte, das die volle 
Aufmerksamkeit der beiden Amerikaner er 
regte. Es wurde dem jungen Mann nur 
zu deutlich, wie nothwendig sein Erscheinen 
hier war, und welcher schweren Pflicht-Ver 
letzung er sich durch sein Fernbleiben schuldig 
gemacht hätte. 
„Er, oder ich!" das war jetzt die Losung 
für ihn geworden. Er durfte nicht mehr 
den Bruder, sondern nur den Verbrecher in 
ihm sehen, dem jedes Mittel recht war, sein 
Zrcl zu erreichen. War's ihm nicht, als 
sähe er deutlich die Mordwaffe in der Hand 
des nichtswürdigen Helfershelfers, wie er sie 
auf das ahnungslose Opfer anlegte? — 
Schrieen die Stimmen dieses Waldes nicht 
um Rache für diese Blutschuld? 
Er athmete schwer, — gab cs denn kein 
anderes Mittel, den Buben über's Meer 
zurückzujagen? — Mußte gerade er es sein, 
der den Sohn seines leiblichen Vaters vor 
die Schranken des Gerichts brachte?" 
„Diesem Joe Catton, der auch mich drüben 
beinahe erwürgt hätte, ist eine solche That 
schon zuzutrauen", sagte in diesem Augen- 
blick der alte Paulsen. 
„Natürlich hat's Joe Catton gethan", 
warf Romberg rasch wie erleichtert da 
zwischen. 
„Der Meinung bin ich auch", sagte 
Erichsen halblaut, „der Tod meines Herrn 
konnte diesem Menschen aber keinen Vortheil 
bringen, und darum muß ihn Jemand dazu 
angestiftet haben!" 
Paulsen schaute seinen jungen Herrn an 
und schwieg, als er das sorgenvolle Antlitz 
deffelben sah. 
.Hoffen wir auf des Herrn Rittmeisters 
Genesung und auf den lieben Gott!" sprach 
er dann, sein Bierglas erhebend. 
Sie stießen mit einander an und leerten 
schweigend ihr Glas. 
(Fortsetzung folgt.) 
Was kann man im Sommer für die 
Gesundheit thun? 
Nicht alle können im Sommer in ein 
Bao gehen und sich dort erholen. Glück 
licherweise vermag man auch Vieles zu 
Ltag«-
	        
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