Full text: Newspaper volume (1898, Bd. 2)

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damit, daß Stadling bei der Ausrüstung 
Andrses anwesend war und sämmtliche 
Objekte kennt. 
Schweiz. 
Genf, 20. Juli. Der Streik der 
Bauhandwerker nimmt einen be 
unruhigenden Charakter an. Die Streikenden 
besetzten einige Baustellen, von denen sie 
von Gendarmen vertrieben wurden, und 
warfen einige Wagen mit Material um, 
denen sie begegneten. Deshalb hat die 
Regierung energische Maßnahmen ergriffen 
und Jnfantierie und Cavallerie unter die 
Waffen gerufen. Gestern Nachmittag gab 
ein spanischer Anarchist einen Revolverschuß 
auf die Gendarmerie ab. Der Thäter 
wurde verhaftet. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 20. Juli. Die Kaiserin 
Wittwe von Rußland hat über den Zustand 
des Großfürsten Georg wieder so beun 
ruhigende Nachrichten erhalten, daß die 
geplante Reise hierher aufgeschoben ist. 
— Der Kaiser ist, wie aus Digermulen 
in Norwegen gemeldet wird, mit der 
„Hohenzollern" dort eingetroffen. Die 
Fahrt gestaltete sich zu einer der schönsten, 
die je auf der Nordlandreise gemacht 
worden sind. Es zeigten sich auch viele 
Walfische. Die großartige Landschaft er 
glänzte bis gegen Mitternacht im herr 
lichsten Sonnenlicht. Heute früh unter 
nahm der Kaiser eine Tour von Diger- 
mulen nach der Panoramahöhe. 
— Unter dem 17. Juli wird aus 
Drontheim in Norwegen berichtet, daß 
Kaiser Wilhelm dieser Tage 48 deutsche 
und 40 englische Seekadetten an Bord der 
„Hohenzollern geladen hatte und daß die 
jungen Leute sich bis in später Abend 
stunde einem fröhlich geselligen Verkehr 
hingegeben haben, an dem der Kaiser selbst 
theilgenommen hat. 
— Ueber die Betheiligung der 
obersten Kirchenbehörden an 
der Reise nach Jerusalem ver 
lautet jetzt folgende Version: Von Seite 
des preußischen Oberkirchenrathes ergeht 
an die obersten Leitungen der verschiedenen 
evangelischen Kirchen Einladung zur Be 
theiligung an der Feier. Alle Theilnehmer, 
darunter auch die Vorstände der Missionen, 
benutzen ab Triest ein Schiff des Stange- 
schen Reisebureaus. Die Landung im hl. 
Lande erfolgt zu Jaffa. Die Theilnehmer 
werden in Jerusalem der Einweihungsfeicr 
anwohnen, sonst aber unabhängig vom 
Reiseprogramm des Kaisers die hl. Stätten 
besuchen. Vom Kaiser selbst ist nur Ein 
ladung an die evangelischen Fürsten ergangen. 
— Eine Sensationsnachricht wird 
von der „Bayerischen Landeszeitung" 
verbreitet. Sie berichtet: „Auf Grund 
der zwischen Preußen und dem Fürsten 
thum Lippe abgeschlossenen Militärkon 
vention verordnete der Graf-Regent von 
Lippe, daß seine Söhne und Töchter von 
den Offizieren der Garnison zu grüßen 
und mit dem Titel „Erlaucht" anzureden 
seien. Diesem Befehl des Regenten 
wurde aber keine Folge gegeben, wes 
wegen derselbe den General zu sich be- 
schied und ihm Vorhalt machte. Dieser 
gab zu verstehen, daß er seine Besetzte 
vom obersten Kriegsherrn in Berlin und 
nicht von 'Landesfürsten zu empfangen 
habe. Der alte Fürst wandte sich nun 
in einem Schreiben an den Kaiser und 
bat ihn unter Berufung auf seine ver 
brieften Rechte, dem Befehl des Regenten 
Achtung zu verschaffen. — Am folgenden 
Tage habe der Kaiser u. A. geant- 
wortet: Mein General hatte Befehl. 
Dem Regenten, was dem Regenten ge- 
ijört. Wir können uns der Mittheilung 
steser unglaubwürdig klingenden Dar- 
tellung nicht entziehen, da sie durch die 
„Bayerische Landeszeitung nun einmal in 
die Oeffentlichkeit gelangt und gewiß zu 
weiteren Erörterungen gelangen wird. 
Berlin, 20. Juli. Heute Vormitttag 
verstarb in seiner Wohnung Geh. Justiz- 
rath Professor Dr. von Cuny, Mitglied 
des Reichstages und des Abgeordneten 
hauses. 
Berlin, 20. Juli. Im Reichstagsgebäude 
sind eine Sitzung des Ausschusses statt, 
den der Centralvererin zur Hebung der 
deutschen Fluß- und Kanalschifffahrt ein 
gesetzt hat. Der Sitzung wohnte auch der 
Protektor des Ausschusses, Herzog Ernst 
Günther von Schleswig-Holstein, bei. Auf 
der Tagesordnung stand die Vorlegung 
des Projektes der sogenanten östlichen Linie 
'ür den Großschifffahrtsweg Berlin- 
Stettin. 
Ueber die von verschiedenen Blättern 
angekündigte neue Militair-Vor- 
l a g e in großem Stil ist in unterrichteten 
Kreisen nichts bekannt. 
— Der deutschen Regierung wird all- 
mählich selbst wegen ihrer Grenz- 
Sperrmaßregeln bange. Rußland 
hat bereits Gegenmaßregeln getroffen und 
als Antwort auf die Erschwerung der 
russischen Gänse- und Geflügel-Einfuhr die 
Zollerleichterungen auf die Einfuhr von 
Lederwaaren und Celluloid aus Deutsch 
land aufgehoben. Auch von anderen 
Ländern drohen Kampfzölle, die Vereinigten 
Staaten haben bereits der Deutschen Ein- 
sihr fast unüberwindliche Hindernisse in 
den Weg gelegt. Das veranlaßt denn 
auch sonst ganz regierungsfreundliche 
deutsche Blätter, ihrem offenem Mißfallen 
über unsere deutsche Handelspolitik Aus 
druck zu geben und das Reichsamt des 
Innern sieht sich genöthigt, die Export 
zeitungen zu ersuchen, das Ausland zweck 
los zil reizen. Hier helfen aber nicht 
Worte, sondern Thaten, falls man nicht 
will, daß die deutsche Industrie für die 
kleinen Gefälligkeiten gegen die Agrarier 
büßen soll. Der Zollkrieg mit Rußland 
nimmt ganz denselben Verlauf wie der 
frühere von 1896, der nach den üblichen 
Zeitungsplänkeleien damit begann, daß 
durch das russische Zollcirkular vom 3. 
September die Zollsätze für einige deutsche 
Importartikel, wie Lederwaaren, Wasser- 
messer, porzellanähnliche Knöpfe und 
Celluloidwaaren einseitig erhöht wurden. 
Erst nachdem die Verhandlungen einer auf 
Antrag Rußlands zusammengetretenen 
deutsch-russischen Konferenz zur Berathung 
verschiedener handelspolitischen Fragen 
durch das Schlußprotokoll vom 9. Februar 
1897 zum Abschluß gelangt waren, Oer 
fügte der russische Finanzminister die Auf- 
Hebung des genannten Erlasses und gestand 
gleichzeitig Zollerleichterungen zu für die 
Einfuhr von Stecknadeln mit Glasköpfen, 
Lederwaaren mit Seiden- oder Halbseiden- 
Futter und Schwarzwälder Uhren nach 
amerikanischem System. Welcher Art die 
Zollerhöhungen sind, die Finanzminister 
Witte diesmal beliebt hat, wird man ja 
bald erfahren. Boraussichlich handelt es 
sick, auch dieses Mal wieder nicht um 
formelle Abänderungen des russischen Zoll- 
tarifs, sondern um die Einreihung gewisser 
Artikel in eine andere und höher verzollte 
Kategorie unter Berufung daraus, daß die 
einzelnen Artikel in dem bestehenden Tarif 
nicht ausdrücklich aufgeführt sind, so daß 
eine direkte' Abänderung deķ Tarifs selbst cation' vorliegt, würde dies bedeuten, duff 
vermieden wird. Mit dieser Maßregel ist 
der Anlaß zu Verhandlungen der Reichs 
regierung mit der russischen gegeben. 
— sJn Bezug auf die amtliche Wer- 
ügung des russischen Finanzministers hin- 
ichtlich gewisser Zollerhöhungen 
gegen Deutschland verlautet von 
unterrichteter Seite, daß bis heute Mittag 
noch keine Meldungen vorlagen, wonach 
der erhöhte Zolltarif bisher zur Anwen 
dung gelangt wäre. 
Aus Petersburg wird der „K. Z." 
gemeldet: Die Verhandlungen mit 
Deutschland in der G ä n s e - F r a g e 
werden fortgesetzt mit der Hoffnung auf 
befriedigende Lösung. Die erhöhten Zoll 
ätze sollen jedenfalls nicht vor dem 22. 
d. Mts. in Wirksamkeit treten. 
Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht 
eine Verordnung betr. die Geflügel- 
cholera vom 25. Juni und eine mit 
Ermächtigung desLandwirthschaflsministers 
erlassene Nachtragsverordnung des Oppel 
ner Regierungspräsidenten vom 18. Juli, 
wonach der Flußtransport der Gänse aus 
Rußland auf der Wegstrecke von den 
Grenzübergängen bei Zawisna uud Herby 
bis zu den Bahnhöfen Landsberg und 
Herby (Oberschlesien) gestattet wird. 
— Gegen die Versagung von 
Gehaltszulagen an Beamte, 
die sich im Dienste Verletzungen zugezogen 
und dadurch ihre volle Dienstfähigkeit 
eingebüßt haben, hat der E i s e n b a h n - 
m i n i st e r eine bemerkenswerthe Bee 
ngung erlassen. Einem Eisenbahmbeamten, 
der sich zur Zufriedenheit geführt hatte, 
wurde eine Gehaltszulage vorenthalten, 
mit der Begründung, daß seine fernere 
Dienstfähigkeit wegen einer im Dienst 
erlittenen Verletzung ausgeschlossen sei. 
Der Minister erklärt dieses Verfahren für 
ungerechtfertigt. Die unverschuldete Ab 
nahme der Leistungsfähigkeit berechtige 
an sich nicht zur Versagung einer 
zulässigen Gehaltszulage, unbeschadet der 
pflichtmäßigen Prüfung, ob der Beamte 
in seiner Stellung, zu belassen sein werde. 
Dagegen bilde ein befriedigendes dienstliches 
und außerdienstliches Verhalten die u n- 
rläß liche Voraussetzung einer 
eden Gehaltsaufbesserung. 
— Der augenblicklich in Berlin tagende 
. deutsche Schuhmacher-Berbands- 
ta g nahm folgende Resolution einstnnmig 
an: „Der Berbandstag, deutscher Schuh 
macherinnungen- zu Berlin beschließt, den 
sämmtlichen deutschen Schuhmacherinnun gen 
empfehlen, heute, da sie das Gesetz 
haben, das ihnen ermöglicht, Zwangs 
innungen einzuführen, allerorts Gebrauch 
davon zu machen, 1) weil es das Lehrlings 
wesen in ordnungsmäßige Verhältnisse 
zwingt, die Hebung der Standesehre fördert 
und durch die Organisation die Kräfte 
des deutschen Handwerks vereinigt, um 
die noch ausstehenden Forderungen zu er 
reichen ; 2) weil anfallen Handwerkertagen 
die Forderung der Zwangsinnung unser 
Bestreben war und wir als consequents 
Leute heute verpflichtet sind, das Gegebene 
zur Thatsache zw machen." Dem Verbände 
gehören 210 Innungen mit 14 600 Mit 
gliedern an. 
Berlin, 20. Juli. In Havre traf 
über Liverpool,, wie wir gestern kurz 
meldeten, folgende Depesche aus Bergen 
in Norwegen ein: „Der Dampfer „Lo- 
foten" von der „Besteraalske-Steamship- 
Gesellschast" fand in der Saffenbnrg eine 
Flasche, enthaltend eine Karte, aus der 
die Zeichen „Andree 98" gelesen werden 
konnten. Wenn nicht etwa eine Mystist 
Andre«' in diesem Jahre in der Umgebung 
Spitzbergens gewesen ist." Gegen die 
Wahrscheinlichkeit dieser Auslegung sprecht 
indessen der Umstand, daß die deutsche 
Nordpolarexpedition aus Tcomsö die Ge- 
wäffer um Spitzbergen herum und ganz 
besonders auch die Gegend, in der die 
Flaschenpost gefunden sein soll, genau 
durchsucht hat. Sie müßte dann von 
Andree ohne Zweifel eine Spur entdeckt 
haben. Ihre sorgfältige Erforschung 
brachte jedoch kein Ergebniß, das auch 
nur den geringsten Anhalt dafür bietet. 
Telegraphisch wird ferner darüber aus 
Christiania gemeldet: Betreffs der vom 
Dampfer „Lofoten" in der Saffenburg 
aufgefundenen Flasche mit einem die 
Zeichen „Andree 98-" tragenden Zettel 
theM die „Vesteraalske Steamship-Gesell- 
schaft" mit, daß die Flasche von der 
schwedischen Polarexpedition von 1898, 
Kapitän Ernst Andree, herrührt. 
Gleiwitz, 20. Juli. Znm Unglück in 
der Pawlusgrube im Gvtthardschacht wird 
weiter gemeldet: Die Bergung der Leichen 
dauerte ununterbrochen bis Diensstag- 
Mittag au, wo erst die letzten Opfer ans 
Tageslicht gebracht worden sind. Leider 
beträgt die Zahl derselben nach neuester 
Feststellung-nicht 25, sondern 26 Personen. 
Auf der Förderschale sollen- sich, wie nun 
mehr konstatirt wurde, nur 24 Personen 
befunden haben. Die beiden außerdem 
noch aufgefnndenen Verunglückten sind 
demnach wahrscheinlich von der Herab 
ausenden Maschine beim Absteigen mit 
gerissen worden. Ihre Verstümmelung 
war eine grauenhafte, sie erschienen als 
völlig formlose Masse. Von den Ber 
unglückten waren nur drei ledig und 23 
oerheirathet; einer von ihnen, der Häuer 
Knrek, konnte bis jetzt am Leben erhalten 
werden; sein gegenwärtiges Befinden ist 
zufriedenstellend.. — Die 25 Leichen liegen 
in der aus dem Dorfkirchhofe befindlichen 
Leichenkammer. Der Anblick'der Aermsten 
verräth den furchtbaren Kampf ihrer 
letzten Stunde. Der Kirchhof selbst ist 
von einer nach Hunderten zählenden Menge 
umlagert. Unter Schluchzen und-Jammern 
wandern die bedauernswerthen Hinter 
bliebenen der verunglückten Bergleute, 
Frauen und Kinder, nach der Leichenkammer, 
um ihren einstigen Ernährer als formlose 
taffe- wiederzusehen. 
Einem furchtbaren Verbrechen ist 
man im Walde bei Schirakowitz auf die 
Spur gekommen. Dort wurden zwei 
junge Mädchen; Schwestern, näm 
lich die 18-jährige Marondel und die 
23-jährige Johanna Pieezk-a- aus Lat 
scha, ermordet aufgefunden. Ueber den 
Thatbestand wird berichtet:. Die beiden 
Mädchen hatten sich gemeinschaftlich von 
ihrem in der Nähe von Gleiwitz be 
legenen Heimathorte Latscha nach dem 
benachbarten Rackowitz begeben, wo sich 
die ältere von dem dortigen Standesamt 
Papiere zu ihrer bevorstehenden Trauung 
holte. Als die Schwestern Abends 
zwischen 7 und 8 Uhr den Rückweg von 
Rackowitz nach^ Hause antraten, befand 
sich in ihrer Begleitung, ihr Stiefbruder, 
der sich jedoch/ bevor der Weg in den 
dichten Schirakowitzer Wüld einlief, von 
ihnen trennte. In Latscha trafen die 
Mädchen nicht ein, weshalb- man am 
folgenden Morgen Nachforschungen nach 
ihnen anstellte. Man fand sie bald in 
dem genannten Walde in entsetzlichem Zu 
stande vor. Der jüngeren Schwester 
war der Hals bis auf die Wirbel durch 
schritten; ihre Ermordung war offenbar 
eicht gelungen. Die' Mere dagegen muß 
ich energisch gewehrt haben, wovon die 
ahlreichen leichteren Verwundungen 
Zeugniß geben; auch war ihr im Kampfe 
das eine Ohrläppchen abgerissen worden. 
Man fand sie mit einem Tuch im 
-Münde vor und nimmt deshalb an, daß 
der Tod durch Ersticken herbeigeführt 
ist. Als der That verdächtig, werden 
zwei 40-—45-jährige Zigeuner verfolgt; 
beide hat man in der fraglichen Nacht 
am Thatort gesehen. Man nimmt an, 
daß sie sich nach Oestereich geflüchtet 
haben. Der Staatsanwalt und eine Ge- 
nchtskommission haben sich an den That 
ort begeben, wo eine Besichtigung der 
Leichen stattgefunden hat. Offenbar liegt 
ein Raubmord vor, denn die Taschen 
hingen bei- Auffindung der Leichen aus 
sen Kleidern heraus und waren leer. 
Auch hat die Leichenschau ergeben, daß 
der Ermordung eine Vergewaltigung der 
beiden Mädchen vorangegangen ist. 
Ssran N.-L., 19. Juli. Nach dem 
Jahres-Bericht der Handelskammer 
war 1897 die Lage der T u ch i n d u st r i t 
unter dem Einfluß des fortgesetzten Sinkens 
der Preise für Glanzwollsabrikate und 
infolge des Verlustes einzelner Absatz 
gebiete recht schwierig. Wahrend sich noch 
vor wenigen Jahren die Hauptausfuhr 
in Tuchen nach Ostasien, China und 
Japan, Britisch- und Holländisch-Judien 
richtete, hat die Entwerthung des Silbers 
den Handel nach diesen Ländern fast ganz 
vernichtet, da nur noch minserwertyige 
Erzeugnisse dorthin verschickt werden 
können. Die Ausfuhr nach Rußland, 
Schweden, Norwegen, Italien und Spanien, 
die ebenfalls früher in hoher Blüthe stand, 
st durch die Ansiedelung und Erstarkung 
einer einheimischen Industrie in diesen 
Ländern auch beträchtlich zurückgegangen 
und nur ganz allmählich ist es in letzter 
Zeit gelungen, andere Absatzgebiete zu 
gewinnen. Auch nach den Bereinigten 
Staaten ist durch den Dingley-Tarif die 
Ausfuhr sehr in Stocken gekommen, für 
die Tuchfabrikation nicht minder als für 
das mit ihr in enger Verbindung stehende 
Konfektionsgewerbe. Den größten Abbruch 
that dem Export das neue amerikanische 
Zollgesetz. Erst in- den letzten Monaten 
des Jahres 1897 trat wieder erhöhter 
Bedarf ein, dessen Umfang aber selbst in 
den ersten Monaten des Jahres 1898 
nicht annähernd die Höhe des früheren 
von dem Zolltarifgesetz unbeeinflußten, 
erreichte. Vielmehr scheint der eingetretene 
Rückgang infolge der gerade für die 
deutsche Industrie überaus lästigen Zoll- 
bestimmungen, sowie infolge ihrer schwer 
fälligen Handhabung, seitens der amerika 
nischen Zollbeamten zu einem dauernden 
zu werden, zum Vortheile der davon 
weniger betroffenen schottischen und öster 
reichischen Industrie. 
Brückenau, 16. Juli. Von zuverlässiger 
Seit erfährt die „Frkf. Ztg.", daß die 
jüngst gemeldete Fischvergiftung in der 
Sinn bei Brückenau nicht die Folge eines 
Racheaktes war, und es unrichtig ist, daß:- 
der Kurstächter mit den Bewohnern der 
Stadt Differenzen hatte. Nnr ein Theil 
des forellenreichen, der Stadtgemeinde 
Brückenau selbst gehörigen Fischwaffers ist 
>erunreinigt worden, offenbar in der 
Absicht, die Fische zu betäuben, um sie 
stehlew zu können. Dem Thäter ist man 
aus der Spur. 
Eine überraschende Entdeckung wurde 
in Falke bei Gera (Reuß) gemacht. Sine 
Sort wohnende, anscheinend in deü 
kümmerlichsten Verhältnissen lebende 
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der Linde 
Marthast 
„Ich danke Ihnen. Wollen Sie mich jetzt 
kurze Zeit hier allein lassen, Benno?" 
Er trat einige Schritte zur Seite, und 
Lady Alice drückte ihre zitternden Lippen 
auf den tief in den weißen Marmor ein- 
gegrabenen Namen. 
„Vergieb mir, daß ich ihn Dir für eine 
kurze -Spanne Zeit geraubt habe!" flüsterte 
sie. „Ich liebte ihn ja so sehr. Ihr seid 
nun wieder vereinigt. Ich entsage jedem 
Ansprüche auf ihn. —- Sein Kind ist freilich 
mein, aber es trägt Deinen Namen, so ist 
es auch ein Theil von Dir. Mein Grab 
wird an seiner Seite sein, aber Bertha selbst 
wird dort oben nur Dir angehören. Ihr 
beide wäret nicht lange getrennt und wenn 
wir drei uns wiedersehen, wird es in Frie 
den geschehen. Denn die echte Liebe, die 
ich für Euch beide fühle, ist keine -Sünde." 
— Ende. — 
Um die Erde. 
Reisebriese von Paul Lindenberg. 
(Nachdruck verboten.) 
' 54. 
'Eisenbahnfahrten in Japan. — Nikko. - 
Erster Eindruck. - In den Tempelhainen. 
— Die Tempel. — Weihevolle Stätte. — 
Erinnerung — Das Grab des .-shogun. 
Nikko, 15. Mai. 
Zu den vielen angenehmen Seiten !de 
Aufenthaltes in Japan gehört das Rei 
sen daselbst; die Entfernungen zwischen den 
am meisten besuchten Punkten sind, mit we 
nigen Ausnahmen, in ein paar Stunden 
zurückzulegen, und nach allen größeren Or 
ten des Jitsellandes streckt bereits die 
Eisenbahn ihre. Glieder aus. Dw Züge ge 
hen pünktlich ab und kommen meist pünko 
lich an, die Fahrpreise sind ungemein bil 
lig, --- so kostet die fünfstündige Strecke von 
Tokio nach Nikko erster Klasse vier Mark! 
-- Das Gepäck wird, falls cs nicht gar 
zu umfangreich ist, unentgeltlich befördert, 
die Wagen der ersten und zweiten Klasse 
sind bequem eingerichtet, in den ersteren 
siehen kleine Behälter mit Theegeräth 
einige Porzellanschälchen, Theekanne mit 
gutem Thee und Kanne für heißes Was 
ser — und auf allen größeren Haltestellen 
wird für neuen Thee wie kochendes Waster 
gesorgt, ebenso wie dann die Wagen ge- 
reinigt werden. Verkäufer von Früchten, 
Kuchen, Eßwaaren, Limonade, Wein, Bier, 
Zeitungen, rufen ihre Sachen aus, und 
selbst in der kleinsten Station trifft man 
auf antes Trink- und reichliches Waschwas 
ser;'überall ist die Bahnsteigsperre einge 
führt und laut werden die Namen der ein 
zelnen Ortschaften von den Schaffnern ver 
kündet. 
„Nikko!" Wie lange hatte ich auf diesen 
Ruf gewartet, >vie hatte ich hinausgespäht 
in die zunehmende Dunkelheit, ob nicht oald 
die Lichter des Ortes auftauchen würden, 
des Ortes, von dem ich so viel Begeistertes 
gehört und gelesen, dessen Schönheiten 
Pierre Loti so hinreißend gepriesen, des 
sen Name bei allen gläubigen. -Japanern 
einen heiligen Klang besitzt! Endlich, end 
lich hielt der Zug, ant Himmel funkelten 
die Sterne und gleich Glühwürmchen leuch 
teten die Laternen der Riksha-Wägelchen, 
die jenseits des Bahnhofsgebäudes Aufge 
reiht standen. Bald ging es in rascher 
Fahrt dahin, in die Dunkelheit hinein, 
Quellen rauschen längs des Weges zu Thal, 
ganz nahe hörte man das Brausen eines 
Wasserfalls, hohe düstere Cedern stänmten 
in dichten Reihen den Pfad ein, frisch und 
'tackend wehte der Wind vom Gebirge her, 
in dem tiefen Schweigen der Nacht, ver- 
nahul man nur das Plätschern und Mur 
meln der Gewässer, das Ganze hatte ellvas 
Phantastisch-Geheimnißvolles an sich. 
Nun blinkten die Lichter des Städtchens 
auf, das nur aus einer Straße besteht; die 
Läden waren noch offen, um die glimmen- 
den Kohlenbecken geschaart saßen auf den 
Bambusmatten die Familien, bunte Papiex- 
Lampions ersetzten Lampen und Laternen, 
an manchen Stellen wurde geplaudert und 
gelacht, aus einem Theehanse drang der 
Klang einer Taica zu verhaltenem Gesang, 
das war so friedlich und anheimelnd. Bon 
neuem Dunkelheit, um uns, über -eine 
Brücke, unter der gurgelnd ein Fluß da 
hinschießt, hasten ivir, dann an dem brau 
senden Strom, dessen schäumende -Wellen 
gespenstisch ausleuchten, entlang, über uns 
die finsteren Laubwölbungen massiger 
Bäume, fern glühen Lichter auf, sie umran 
ken den Eingang unseres Hoteis, aus der 
Thür desselben kommt bei unserem Nahen 
ein halbes Dutzend Dienerinnen gehuscht, 
erbitefe Verbeugungen der Kleinen, ebenso 
seitens des männlichen Personals in der 
Vorhalle, und nach wenigen Minuten sitzen 
wir in dem behaglich durchwärmten, elek 
trisch erleuchteten kleinen Eßsaal des Gast 
hauses, und in den Gläsern funkelt der 
Wein der Bourgogne. 
Dieses Nikko ist ein Traum, ein Mär 
chen! Man wird hier der Wirklichkeit un 
seres lärmenden Jahrhunderts völlig ent 
rückt und glaubt in eine längst vergangene 
Zeit versetzt zu sein, sobald man in die fei 
erlichen Tempelhaine eintritt. 
Etwas StimmungsvÄleres, Erhebenderes; 
ist undenkbar. 
Weit dehnt sich, in langsamer Steigerung 
sich an den Bergen hinziehend, der ge 
waltige Natur-Dom aus, gebildet von z»m 
Himmel emporstrebenden, Jahrhunderte al 
ten Cedern, deren Kronen sich oben wie ein 
Dach zusammenfügen und eine leichte Däm 
merung hervorbringen. Ueberali sprudelt es 
und schäumt es und braust es herab, sil 
berne Wasseradern rinnen hier über moo 
age Steine, dort ergießt sich sprühend ein 
Wasserfall in die Tiefe, da eilt in plät 
schernden Caskaden ein -Quell zu Thal — 
und dieses Raunen und Rauschen bildet die 
einzige Musik in diesem von Mutter Natur 
geschaffenen Gotteshause. 
Der Klang - drängender Arbeit dringt 
nicht hierher, nichts stört den tiefen Frie 
den! — 
Auf schmalen Pfaden lvandelt man üerg 
an. Jetzt wölbt sich über uns ein ^hohes 
Shinto-Tempelthor in viereckiger Form, 
mit zwei oberen Querbalken, aus Ģronze 
ist es geformt und von dem Altersdunkel 
des Metalls heben sich leuchtend (goldene 
Crysantemums ab, es ist eine Stiftung 
eines der Shogune, der einstigen weltlichen 
Herrscher Japans, die diesen Ort, in wel 
chem der Tempel bereits im Jahre <6- 
errichret wurde, lange Zeit als -heilige 
Stätte bevorzugten, welchem Busprele wele 
der Fürsten und Große>l des Reiches folg 
ten. So entstand, besonders im Laufe des 
siebzehnten Jahrhundets, ein Tempel nach 
dem andern, jeder von zierlicher Form, je 
der,, aus Holz errichtet, mit doppeltem Dach- 
Treppen führen bei allen zu dem. nach der 
Vorderseite offenen Innern empor, und vo>k 
den Goldplatten des Allerheiligsten funkelü 
die goldenen Figuren der TeinpelgeräA 
aus dem Halbdunkel heraus. 
Von einem matten Braunroth sind-^ 
Wände dieser Tempel, unter den Dachet 
und über dem Eingang meist mit zahllos^ 
Verzierungen geschmückt, die aus farbig^ 
Holzschnitzereien bestehen und Drachen "" 
Dämonen, ferner Vögel und andere Thi^ 
darstellen, letztere meist in erstaunlicher S? 
benswahrheit; eine Gruppe schmausend^ 
Assen, sodann eine schlafende Katze sch" 
Meisterwerke ersten Ranges, man glaşş 
daß diese Gestalten sich jeden Augenblick W 
wegen müßten. Auf den Tempeldorhķ 
alte Gebetsäulen aus Stein und Brorķ' 
oft von kunstreichster Form, dann, in şş 
stalt von Tempeln, kleineren GlockenhawL 
chen, tu den Nischen der Tempelthore buntb- 
seltsame Figuren von Dämonen und Fabel" 
thieren. 
In den Tempeln selbst eine Fülle der er 
lesensten Kunstschätze, im Laufe der Jalch 
Hunderte den heiligen Orten geweiht 
prachtvolle Wandschirme mit herrliches 
Stickereien und Malereien, Gentälde 
Künstlerhand, kostbare Lack-, Gold- şş 
Bronze-Arbeiten, auf den Matten hşş 
Bronze-Kandelaber und blumengefüllte ^ 
sen, an den Thüren zu den Seitenräuşş 
schwere Vorhänge aus altem Brokat, 
den Decken goldene Drachen, sich von K 
tiefblauen Grund abhebend, — und all 
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paßt zusammen und verleiht diesen 
mäßig großen Räumen den Reiz einer 
eigenthümlich-fesselnden Intimität. Es " 
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