Full text: Newspaper volume (1898, Bd. 2)

aber der indische Markt in Folge der 
unterbietenden Konkurrenz, auch in Folge 
der Aenderung in den inländischen 
Währungsverhältnissen, wesentlich ver 
schlechtert hat. Die Verkaufspreise fielen 
seit dem Jahre 1890 um nahezu 50 pCt. 
und indische Ordres wurden heute nur 
noch mit 2 bis 3 pCt. Nutzen ausgeführt. 
Es wurde weiter das Verhältniß des 
Exporteurs zum Lieferanten und die Preis 
bildung für die Perlenbranche besprochen 
Als Vorschläge zur Befierung der Lage 
wurde aus den Kreisen der Exporteure 
in erster Linie die Konzentration der 
ganzen Perlenproduktion in der Hand 
einer einzigen großen Firma empfohlen, 
welche das Rohmaterial bestellen, die 
Perlen zu bestimmten Preisen von den 
Arbeitern übernehmen und zu gleichfalls 
vorausbestimmten Preisen an die Exporteure 
liefern soll, wobei diese Firma sür die 
Ständigkeit und Hebung der Preise Sorge 
zu tragen hätte. Von Seite der Arbeiter 
Vertreter wurde dieser Vorschlag begrüßt, 
aber falls er nicht zu Stande kommen 
sollte, die mit Staatshülfe zu bewerk 
stelligende Gründung einer Produktions- 
genofienschast und die Schaffung eines 
Waarenhauses angeregt. Als vorläufige 
Maßregel wurde die Wahl eines Ueber 
wachungs-Ausschuffes der Exporteure für 
die Einhaltung der Vereinbarungen vor 
geschlagen und dieser Vorschlag auch 
angenommen. 
Der Tuchhändler Wilhelm Hochstimm 
aus Bielitz (Oesterr.-Schlesien), der mit 
120000 Gulden zahlungsunfähig wurde, 
flüchtete mit seinem Reisenden. Hochstimm 
fälschte Wechsel. 
England. 
London, 11. Juli. Der Verband der 
Bergleute von Großbritannien hat einen 
Frieden mit den Grubenbesitzern in West 
minster Palace > Hotel in London abge 
schlossen. Vom 1. October an sollen die 
Arbeiter eine Lohnerhöhung von 20? pCt. 
erhalten bis zum 1. Januar 1899. 
Außerdem soll ein Versöhnungsrath auf 
2 Jahre eingesetzt werden, um etwa ent 
stehende Streitigkeiten zu schlichen. Der 
Verband hat den wallisischen Streitern 
600 Pfund Sterling Unterstützung bewilligt. 
Diese geben also vorläufig nicht nach. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 10. Juli. Durch den 
Kaiser Wilhelm<Kanal soll eine neue 
von der dänschen Dampsschiffsgesellschaft 
„Urania" errichtete Dampferlinie gehen, 
die auf einer Ringroute: Riga, Kopen 
hagen, Bremen, Rotterdam, Antwerpen, 
Middlesborough, Riga — und umgekehrt 
— einen regelmäßigen Verkehr aufrecht- 
zuerhalten beabsichtigt. 
JKlarrd. 
— Ueber den Termin für die Land 
tagswahlen — ob sie am Anfang oder 
Ende Oktober vorgenommen werden sollen 
— ist nach der „Post" noch nichts fest 
bestimmt. Jedenfalls, so meint das Blatt, 
wird man sich so einrichten müssen, daß 
man auch von der Ansetzung eines früheren 
Wahltermins nicht überrascht wird. 
— Als Präsident des neuen Reichs 
tages ist, wie die „Rat. Ztg." aus Centrums 
blättern entnimmt, der Münchener Pro- 
fessor Freiherr v. Hertling in 
Aussicht genommen als Kandidat der 
Herren Lieber und Bachem gegen den 
Grafen Ballestrem. 
Zur Präsidentenwahl indem 
neuen Reichstage schreibt der 
„Vorw.": Ob die Sozialdemokratie das 
Anrecht auf einen Präsidentensitz erheben 
wird, darüber sollte sich die Lokalkorre- 
spondenz, die schon stürmische Szenen für 
die Präsidentenwahl vorausgesagt hatte, 
vorläufig nicht den Kopf zerbrechen, denn 
das Verhalten unserer Fraktion (ob sie 
Die Pflegemutter des Kindes hatte gerade 
eine passende Wohnung frei und ,die Fa 
milie Meinhardt bezog dieselbe. 
Mit tiefem Interesse betrachtete Bertha 
den Knaben, das leibhafte Ebenbild £>eg 
Mannes, welcher sich so schwer an ihrer 
Schwester vergangen hatte. Es nahm sie 
die Abneigung nicht mehr wunder, welche 
Rosa gegen das Kind empfand, auch sie 
fühlte sich von dieser Aehnlichkcit abgesto 
ßen, indessen überwand sie bald dieses Ge 
fühl und beschloß, alles zu thun, uni sich 
das Herz ihres armen verlassenen kleinen 
Neffen zu gewinnen. 
Das wurde ihr auch nicht schwer. Der 
zweijährige Knabe, obgleich scheu und ängst 
lich, vermochte ihrem freundlichen Entge 
genkommen nicht so lange zu widerstehen, 
wie seine Pflegemutter, die Bertha mit 
einem gewissen Mißtrauen ansah und ihr 
den Knaben so viel als möglich fern hielt. 
Schließlich gelang es Bertha dennoch, 
Fran Gall, so hieß die Pflegemutter des 
Kindes, für sich zu gewinnen, so daß diese, 
sobald sie irgend einen Ausgang machte, 
den Knaben gern der Obhut der freund 
lichen jungen Mietherin anvertraute. Dann 
nahni sie das Kind mit in ihr Wohnzimmer 
und sie sowohl, wie ihre Mutter fanden ein 
Vergnügen darin, den kleinen Mann durch 
allerlei Spiele zu unterhalten. 
Fortsetzung folgt.) 
das ihr zustehende Anrecht auf einen 
Präsidentensitz erheben wird) kann erst 
festgestellt werden, wenn die Fraktion sich 
versammelt hat. 
— Unter den Vorlagen, diesem neuen 
Reichstage zugehen werden, dürfte sich 
zunächst wieder die lex Heinze befinden, 
die in der letzten Session beinahe Gesetz 
geworden wäre, ebenso der Antrag auf 
Aufhebung des Jesuitengesetzes; der Diäten 
antrag wird bald ein Jubiläum feiern 
und es ist selbstverständlich, daß die auf 
Schutz und Erweiterung des Koalitions 
rechtes abzielenden Anträge der Linken 
und des Centrums wiederkommen, 
giebt noch mehr solcher alten Bekannten, 
die auch in den neuen Reichstag ein 
ziehen werden. Was an Gesetzentwürfen 
von Seiten der Regierung zu erwarten 
ist, bildet schon ein ganz schönes Pensum. 
Zwar nicht direkt, aber indirekt in zahl 
reichen Ministerreden und offiziösen Ar 
tikeln ist die sog. Reichssinanzr eform 
in Aussicht gestellt. Sie wird vorläufig 
der einzige Versuch sein, den neuen 
Reichstag zu einer Zusage zu bewegen, 
die sein Vorgänger verweigert hat. Herr 
von Miguel spekulirt dabei wahrscheinlich 
auf die Nachgiebigkeit des Centrums, 
weil dieses sich auf anderen Gebieten 
im letzten Jahre nachgiebig erwiesen hat. 
Dann kommt die Erneuerung des Privi 
legiums der Reichsbank, das 1900 ab 
läuft; die Reform der Alters und In- 
val iditätsversicherung und sehr wahrschein, 
lich auch die Beschränkung des Koa 
litionsrechtes. Es kommt die Aende 
rung des Postgesetzes wieder, die in der 
letzten Session unerledigt blieb. Sie 
wird wahrscheinlich eine Entschädigung, 
wenn auch nur eine mäßige, der Privat- 
Postanstalten bringen. Auch die Reform 
des Postzeitungstarifs ist nun zugesagt. 
Eine Novelle zur Gewerbeordnung, die 
u. A. die Arbeitsverhältnisse in der Kon- 
fektionsbranche regeln soll, steht bevor. 
Das Heeresgesetz mit einer fünfjährigen 
Bewilligung der Präsenzstärke läuft ab 
und muß erneuert werden. Hoffentlich 
kommt es auch bald zum Handelsverträge 
mit England. — Genug Stoff für eine 
Session. Eine Garantie gegen Ueber- 
raschungen zu übernehmen, wäre leicht 
innig. (»Holst. Cour.") 
— Die Berichte der preußischen 
ewerbeaufsichtsbeamten für das 
Jahr 1897 bringen ausführliche Ant 
worten auf drei Fragen des Reichskanzlers, 
die sich auf die Festsetzung eines hygie 
nischen Maximalarbeitstages be 
ziehen. Das Ergebniß ist, daß für folgende 
ünfzig Betriebsarten ein Maximalarbeits 
tag in Anregung gebracht wird: 
Akkumulatorenfabriken, Anilinfabriken, Blei 
nitritfabriken, Bleihüttenarbeit, Bleiweiß- und 
Bleizuckerfabriken, Brenner in Ziegeleien, Cement 
fabriken, Chemische Fabriken, Chlorgas-Fabriken, 
Cigarrenfabriken, Dekatur- u. Appreturanstalten, 
Farbenfabriken, Feilenfabrikcn, Flachsspinnerei, 
Gasanstalten, Glasbläser, Gummifabriken, Hasen 
haarschneidereien, Heizer und Maschinisten, Holz 
schraubenfabriken, Jutespinnerei, Karbonisiren, 
Korkmüllerei, Lackirer, Löthereien, Lumpensortir- 
anstalten, Maschinenfabriken, Mennigefabriken, 
Metallschleiferei, Methylsabriken, Militäreffekten- 
fabriken, Müllerei, Naphtolfabriken, Ofensabriken, 
Oelmühlen, Phosphorzündholzfabriken, Salpeter- 
säurefabriken, Schleifereien, Schneidergewerbe, 
Shoddifabriken, Schutzmachergewerbe, Schwefel- 
säuresabriken, Sulfofabriken, Tabaksabriken, Textil 
industrie, Thomasschlackenmühlen, Verzinnungs-, 
Verzinkungs- u. Vernickelungsanstalten, Ziegeleien, 
Zink- und Gelbgießereien und Zündholzfabriken. 
Die direkte Einführung einer täglichen 
achtstündigen Arbeitszeit wird be 
antragt für folgende 21 Betriebsarten: 
Blechlöthereien, Bleiweißfabriken, Chemische 
Fabriken, gesundheitsschädliche Betriebe, Explosiv 
stofffabriken, Feilensabriken, Gasanstalten, Ge 
frierhallen, Glasbläser, Kachelbrenner, Malz 
darren, Melafleentzuckungs - Anstalten, Metall 
schleifereien, Nitrirarbeit, Porzellanbrenner, Re 
tortenarbeiter, Roburitfabriken, Säurefabriken, 
naye Thonstiche, Verzinnungs-, Verzinkungs-, 
Vernickelungs-Anstalten, Ziegelbrenner, Zucker 
raffinerien. 
Ein sechsstündiger Maximalarbeits 
tag wird vorgeschlagen für: 
Akkumulatorenfabriken, Aescherarbeit, Blei 
farben- und Bleizuckerfabriken, Bleinitritfabriken, 
Mennigefabriken, Nitrobenzotsabrikation, Ofen- 
fabriken, Phosphorzündholzfabriken. 
Eine fünfstündige Arbeitszeit schließ 
lich wird beantragt für Gummifabriken; 
eine zwei- bezw. Inständige Arbeits 
zeit für Gummifabriken, die mit Schwefel 
kohlenstoff arbeiten. 
Selbstredend hat dieser Bericht noch 
keinerlei Gesetzeskraft. Es werden aber 
die Fabrikbesitzer dazu Stellung zu nehmen 
haben, ob sie eine solche Arbeitszeit ein 
führen können, ohne die Artikel in eine 
unverhältnißmäßig hohe Preislage zu 
bringen. Ist der Export in obigen Ar 
tikeln nicht mehr möglich, so wendet sich 
die Fabrikation dem Auslande zu und die 
betreffende Industrie ist in Deutschland 
dann nicht mehr existenzfähig, weil das 
Inland allein nicht im Stande ist, die 
Produktion zu konsumiren. 
Berlin, 11. Juli. Der Central- 
verband der Bäckerinnung 
e r m a n i a" hat in seiner letzten 
Sitzung beschlossen, sofort den Hamburger 
Bäckermeistern eine Streikunter 
stützung von 2000 Mk. zu gewähren. 
Mit Befriedigung wird davon Kenntniß 
genommen, daß der Gesellenstreik bereits 
nahezu beendet ist. 
Berlin, 11. Juli. Wie aus Peters 
bürg gemeldet wird, empfing General 
admiral Großfürst Alexis gestern den 
Kommandanten des deutschen Schul 
schiffes „Charlotte". Der Großfürst 
zeigte großes Jntereffe für das Schub 
schiff und sagte bei der Verabschiedung 
vom Kommandandenten: Aus Wiedersehen I 
Das Offizierkorps des Wiberg'schen In 
fanterie-Regiments Kaiser Wilhelm der 
Zweite hat seinen Besuch an Bord ange 
meldet. 
Berlin, 11. Juli. Die „Königsb 
Hart. Ztg." hatte kürzlich gemeldet, daß 
ein Tarifkrieg zwischen den deutschen und 
russischen Eisenbahnen bevorstehe, da 
deutscherseits die Getreideausfuhrtarife 
noch nicht den deutschen Binnentarifen 
gleichgesetzt worden seien. Dem gegen 
über kann die „Volksztg." aus bester 
Quelle melden, daß der Tarifkrieg abge 
wendet ist und deutscherseits alle Zusagen 
laut Artikel 19 des Handelsvertrages er 
füllt sind. 
— Nach dem im Reichseisenbahnamt auf 
gestellten Nachweis der auf den deutschen 
Eisenbahnen, ausschließlich Bayern, im 
Monat Mai d. Js. vorgekommenen B e - 
triebsunfälle waren zu verzeichnen: 
Entgleisungen auf freier Bahn 9, auf 
Stationen 17, Zusammenstöße auf freier 
Bahn 1, auf Stationen 12, andere Be 
triebsunfälle 151, zusammen 190. Bei 
den Unfällen wurden 56 getödtet und 
106 verletzt. 
- Die Untersuchung in dem bevor- 
'tehenden Prozeß Grünenthal ist nun 
mehr soweit gediehen, daß die zuständige 
Strafkammer des Berliner Langerichts I 
demnächst über die Eröffnung des Haupt- 
verfahren vor dem Schwurgericht ent- 
Icheiden wird. Als Verhandlungstermin 
ist der 15. September in Aussicht ge 
nommen. 
— Nach Kiautschou werden der 
„Köln. Ztg." zufolge am 14. Juli von 
Wilhelmshaven aus 4 Zöglinge von dem 
orientalischen Seminar, ein Forstassessor 
und drei Gerichtsreserendare, die ihre 
Prüfung in der chinesischen Sprache ab 
gelegt haben, gesandt werden zur Be- 
chäftigung in der Civilverwaltung des 
deutschen Gebietes. 
— Auch eine Berliner Familie 
hat bei dem Untergange der „La Bour 
gogne" den Tod in den Wellen gefunden 
Es handelt sich um den Großindustri 
ellen Theodor Strauß, der im 
Jahre 1882 nach Newyork verzog, nach 
dem er mit seinem Kolonialwaarengeschäft 
das sich hier in der Neuen Königstraße 
befand, fallirt hatte. Strauß siedelte da 
mals mit seiner Gattin, seinem 5-jährigen 
Töchterchen Wally und der dreijährigen 
Martha nach Amerika über, um die (ärb 
sch aft eines verstorbenen Oheims, eine 
Pianofortefabrik, anzutreten. Strauß 
hatte Glück, nach einigen Jahren ver 
kaufte er sein Geschäft und von diesem 
Zeitpunkte an lebte er als Rentier. Er 
spekulirte in Eisenbahnpapieren und wurde 
im Laufe der Zeit ein vielfacher Millionär 
In Newyork ließ sich St. vor einigen 
Jahren eine Villa bauen, zu deren Bau 
er einen Berliner Architekten nach dort 
kommen ließ und die zu den prachtvollsten 
Bauten Newyorks zählte. Nachdem er 
schon gelegentlich der Berliner Gewerbe 
Ausstellung nach Berlin reiste, entschloß 
er sich, mit seiner Gattin und seinen jetzt 
23 bezw. 21.jährigen Töchtern jetzt aber 
mals zu einem mehrmonatlichen Aufent- 
halt nach Europa zu reisen. Strauß 
hatte erst vor einigen Tagen einer Ber 
liner Bank ein Depot von 10000 Dollar 
überweisen lassen. Sein Vermögen wird 
auf 4 bis 5 Millionen Dollar angegeben. 
168 Studierende sind im Album der 
Berliner Universität gestrichen worden, 
weil sie in diesem Sommer keine Privat- 
Vorlesungen angenommen haben. Es sind 
darunter 8 Theologen, 30 Juristen, 38 
Mediziner, 92 aus der philosophischen 
Fakultät; 18 haben schon promoviert und 
74 sind Ausländer. 
Ueber ein Z o l l k u r i o s u m von 
wunderbar bureaukratischem Charakter be 
richtet man der „Frkf. Ztg." aus ihrem 
Leserkreise. Ein preußisches Hauptsteuer- 
amt hatte von einer ausländischen Firma 
etliche 30 Mk. Zoll zu Unrecht erhoben 
und, als der Fehler entdeckt war, der 
Firma den Betrag pflichtschuldig zurück 
entrichtet. Der expedirende Beamte sandte 
den Betrag auch, eine Forderung civilen 
wenn auch nicht preußisch-amtlichen An 
standes, portofrei ein, wodurch das Amt 
mit 40 Pf. Ausgabe belastet war. Gut 
Monate später kam jdie revidirende 
Instanz auf diese himmelschreiende Coulanz 
gegen einen Fabrikanten, und die Folge 
war, daß die 40 Pf. Porto brieflich zurück 
gefordert werden mußten, „weil nach einer 
Verfügung unserer vorgesetzten Behörde 
eine portofreie Uebermitlelung zu viel 
erhobener Steuer auch dann als nicht 
zulässig zu erachten ist, wenn die Uebcr- 
hebung durch die Verwaltung verschuldet 
ist." Schon diese Logik ist er- 
st a u n l i ch. Noch erstaunlicher aber 
muthete es den nüchternen Geschäftsmann 
an, daß der Brief, der wegen des „amt- 
lichen" Papiers natürlich doppelt wog — 
mit 40 Pf. frankirt war. Also 40 
Porto zur Erhebung von 40 Pf. Schuld 
die zu tragen doch das schuldige Amt 
mindestens verpflichtet war. Hat man 
denn in dem vorgesetzten Finanzministerium 
keine Scheere mehr, um einen so gewaltigen 
Zopf abzuschneiden. 
Aus Liegnitz meldet das „Kl. Journ." 
Wegen der Betheiligung an den vor 
einigen Wochen stattgefundenen Straßen 
krawallen sind jetzt 42 Personen 
verhaftet worden. Gegen einen 
kleinen Theil von ihnen wird in der 
Strafkammer wegen Auflaufs, bezw. Auf 
ruhrs verhandelt werden. Die übrigen 
die aktiven Widerstand leisteten und Ge 
Walthätigkeiten begingen, werden sich 
Mitte Oktober vor dem Schwurgericht zu 
verantworten haben. Die Angeklagten 
auch die minder Belasteten, bleiben in 
Untersuchungshaft. 
Der Gemeinde Brotterode, die infolge 
des großen Brandes.eine hohejSchuldenlast 
zu tragen hat, ist vom Kaiser als Beitrag 
zu den Zinsen ein Jahreszuschuß "von 
15 000 Mark bis zum Jahre 1900 be 
willigt worden. 
Aachen, 9. Juli. Heute Morgen langte 
hier auf dem Bahnhof Templerbend ein 
Transport belgischer Pferde an 
11 derselben waren erstickt; 6 weitere 
sind in einem solchen Zustande, daß die 
Thierärzte sie verloren geben. Jedes 
Thier repräsentirt einen Werth von 600 
Mark. Es wird angenommen, daß die 
Schiebthüren des Wagens sich während 
der Nachtfahrt selbst geschlossen haben, und 
daß die Pferde, weil die Wagen sonst 
luftdicht waren, erstickt sind. 
Köln, 11. Juli. Vor der Bonner 
Strafkammer begann heute Vormittag 
die neue Verhandlung gegen den Schutz 
mann Kiefer, der bekanntlich ein an 
'tändiges Mädchen auf offener Straße 
als Dirne verhaftete. Die Verhandlungen 
werden drei Tage dauern; 42 Zeugen 
sind zu vernehmen. 
München, 11. Juli. Die 26. General 
Versammlung des Verbandes deutscher 
Müller wurde heute im historischen Fest 
aale des alten Rathhauses durch den 
Vorsitzenden Josef van den Wyngaert aus 
Berlin eröffnet. Die Versammlung ist 
von etwa 600 deutschen Müllern besucht. 
Stuttgart, 10. Juli. Die Stadt 
gemeinde hat, angeregt durch den 
letzten Deutschen Frauentag, dem Stutt- 
garter Frauenverein zur Versorgung ver 
wahrloster Kinder die Aufsicht und 
Kontrolle über die in Anstalten und 
bei Privatpersonen untergebrachten Kinder 
übertragen. Die Armenpfleger, denen 
bisher diese Aufgabe zugewiesen war, 
waren häufig nicht in der Lage, dieses 
Amt in der nothwendigen Weise durch 
zuführen. Es handelt sich dabei um 
einige hundert Kinder. 
Karlsruhe, 11. Juli. Der frühere 
nationalliberale Reichstagsabgeordnete Geh. 
Kommerzienrath K r a f f t ist in St. Blasien 
g e st o r b e n. 
Dresden, 11. Juli. Von dem Deficit 
der Wander-Ausstellung der deutschen 
Landwirtthschafts-Gesellschaft mit 100 000 
Mark hat die letztere 40 000 Mark zu 
decken. 60 000 Mark sollen schon im 
Voranschlag als event. Verlust eingestellt 
gewesen sein. Die Gasthäuser haben das 
beste Geschäft gemacht, wie auch die Ver- 
gnügungs-Etabliffements. 
Nach dem „Hamb. Fremdenblatt" soll 
am 17. Juli in dem mecklenburgischen Orte 
Pampow die Einweihung einer neuen 
Kirche stattfinden, zu welcher die Anwesen 
heit des Herzogs-Regenten in Aussicht ge 
nommen war. Nun hat aber der Herzog 
Regent seine Theilnahme an der Feier 
abgelehnt, „weil bei der letzten 
Reichstagswahl in der Gemeinde Pampow 
so zahlreiche sozialdemokratische 
Stimmen, mithin für eine politische Partei 
abgegeben sind, welche den Umsturz von 
Thron und Altar erstrebt. 
Hildesheim, 11. Juli. Amtlich wird 
gemeldet: Da die Strecke Baddeckenstedt- 
Ringelheim durch Ueberfluthung infolge 
der gestrigen heftigen Niederschläge etwa 
24 Stunden gesperrt ist, werden Personen 
züge von Hildesheim nur bis Derneburg 
und zurück und von Goslar aus nur bis 
Ringelheim und zurück befördert. Die 
Schnellzüge, die von Hannover nach Leipzig 
und umgekehrt verkehren, werden über 
Braunschweig geleitet. 
—lc Hannover, 7. Juli. Auf der 
hiesigen Polizei wurde gestern die Anzeige 
erstattet, daß in einem Hinterhause am 
Engelbostelerdamm ein Mann seine 
Frau verbrennen wolle. Als 
Polizeibeamte an Ort und Stelle er- 
chienen, fanden sie daselbst die Ehefrau 
S. und den Schneider K. vor, von denen 
erstere mit schweren Brandwunden am 
Kopf und Armen, und K. mit solchen an 
beiden Händen vor. Der Kopf der Frau 
owie die oberen Kleidertheile waren mit 
Petroleum begoffen, während sonst in dem 
Zimmer keine Spur von einem Brand- 
chaden zu sehen war. Die Ermittelungen 
ergaben, daß beide Personen schon seit 
längerer Zeit zusammen mit einander 
leben, und daß Streit und Schlägerei 
unter ihnen an der Tagesordnung waren. 
So hatten sie auch tags zuvor wieder 
Streit mit einander. K., der anscheinend 
betrunken nach Hause gekommen war, 
behauptet, daß eine brennende Lampe bei 
dem Streit umgefallen und das Petroleum 
der Frau S. auf den Leib gefloffen sei. 
Diese Angabe wird zwar von der Frau 
S. bestätigt, doch ist es wahrscheinlicher, 
daß K. ihr die Lampe an den Kopf ge 
worfen hat, und daß diese dabei in 
Trümmer gegangen ist und daß er die 
noch obendrein mit Petroleum be 
goffen hat. Die S. ist so schwer verletzt, 
daß sie mittelst Tragkorbes ins städtische 
Krankenhaus geschafft werden mußte, 
während K. sich dahin noch zu Fuß be 
geben konnte. 
-lc- Cuxhaven, 9. Juli. Bescheidenheit 
st eine Zier, doch weiter kommt man ohne 
— ihr. So dachte jedenfalls auch ein 
Fremder, der gestern Abend den Laden 
eines hiesigen Schlächtermeisters betrat 
und an den Meister die Frage richtete: 
„Haben Sie gute Wurst und was für 
welche?" Diensteifrig antwortete der 
Meister: „Sie können vorzügliche Mett-, 
Blut- und Leberwurst erhalten." „Könnte 
ich die Wurst 'mal probieren?" fragte der 
Fremde lächelnd. „Recht gern", entgegnete 
der Verkäufer erfreut, in der Hoffnung, 
dem anständig gekleideten Fragesteller recht 
viel von seiner Waare zu verkaufen. 
Behaglich verzehrte dieser die nicht zu knapp 
geschnittenen Scheiben, der verschiedenen 
Wurstsorten und sagte dann mit befriedigter 
Miene: „Sie haben nicht zu viel gesagt, 
die Wurst ist vorzüglich. Guten Abend!" 
Verblüfft rief der Meister: „Ja, wollen 
Sie denn keine Wurst mitnehmen?" „Nein, 
ich danke schön, ich bin nun satt!" 
-Ic- Hamburg, 11. Juli. An Stelle 
des am 8. Juni d. Js. verstorbenen 
Präsidenten Dr. jur. Schindeler ist vom 
Senat der bisherige Rath Dr. jur. Ru 
dolph Martin zum vierten Präsidenten 
des hanseatischen Oberlandesgerichts ge 
wählt worden. — Kapitän P. L. Sade- 
wasser, Schiffsbesichtiger für das Aus 
wandererwesen, ist heute im 77. Lebens 
jahre nach längerer Krankheit gestorben. 
Der Entschlafene war infolge seiner seit 
mehreren Jahrzehnten innegehabten ver 
antwortlichen Stellung in Rheder- und 
Schifffahrtskreisen eine bekannte und ge 
achtete Persönlichkeit. — Gestern Abend 
fand am Amerikaquai ein erbitterter 
amps zwischen drei englischen See 
leuten und drei Oberländer 
Schiffern statt. Die Söhne des 
Jnselreichs, deren Dampfer im Segel 
schiffshafen vertäut lag, hatten sich in 
Hamburg amüsirt und wollten sich nun 
wieder vom Amerikaquai aus an Bord 
ihres Schiffes begeben. Da sie aber 
kein Geld für ein Boot ausgeben 
wollten, nahmen sie kurz entschloffen ein- 
ckch den Handkahn eines Oberländer 
Kahns in Benutzung, aber sie hatten die 
Rechnung ohne die Frau des Oberländer 
Schiffers gemacht. Diese erhob ein 
lautes Geschrei, zumal die Engländer 
obendrein noch grob wurden und mit 
Thätlichkeiten drohten. Es eilten als 
bald drei Oberländer Schiffer zur Hülfe 
herbei; zwischen ihnen und den drei 
Söhnen Älbions entspann sich sofort eine 
regelrechte Schlacht. Steine dienten so 
wohl als Wurf- als auch als Schlag 
waffe, selbst die unter Seeleuten und be- 
onders unter den englischen allgemein be 
liebte „Boxerei" wurde fleißig geübt. 
Ein Oberländer Schiffer fiel in der Hitze 
des Gefechts von der Quaimauer in die 
Elbe hinein, konnte sich aber durch 
Schwimmen retten. Der eine Engländer 
chleuderte einen großen Mauerstein auf 
leine deutschen Gegner, traf aber nicht 
diese, sondern seinen eigenen Collegen, der 
eine stark blutende Kopfwunde erlitt. 
Schließlich mußten doch die Engländer 
weichen, da erschien auch die Hafenpolizei 
auf dem Platze, die die Jan Maaten in 
Haft nahm; der Verwundete wurde ins 
Kurhaus geschafft. 
Hamburg, 8. Juli. Mit dem Ham 
burger Centralbahnhof scheint es 
nun endlich Ernst zu werden. Offiziös 
wird es wenigstens von Berlin aus mit 
getheilt, daß die Umgestaltung der Bahn 
hofsanlage in Hamburg neben einem 
erheblichen baaren Beitrage und Hergäbe 
des Baugeländes Seitens der Freien und 
Hansastabt Hamburg einige zwanzig 
Millionen Mark an Baukosten erfordern 
werde. 
Sie's für 
verschenkt' 
guter Ma 
was abk 
Händler 
Stoff gel 
17 Mk." 
Gange, 7 
steht jtsld 
plötzlich: 
îch muß 
Der Knech 
Packet mi 
kilt zum S 
Käufer di 
trachteten, 
größten S 
lc 
kannb 
R ej 
zwey 
in 
für 
Kirchwärder, 6. Juli. Gestern spielte 
ich hier, so wird der „Verged. Ztg." ge- 
chrieben, ein H aus irer stückchen ab. 
Kommt da zu einem Gemüsebauern ein 
ogenannter Zeugnepper, packt seinen 
Kram aus und bietet seine „allerfeinsten 
Stoffe" an. Der Bauer und ein noch 
zufällig anwesender Knecht zeigen Kauf 
lust, wollen aber natürlich den Preis 
von 30 Mk. sür das ganze Stück nicht 
zahlen. Nun begann der Haufirer das 
alte Lied nach der alten Melodie; er 
wäre in größter Verlegenheit und müßte 
auf jeden Fall Geld haben, wenn er 
das Zeug auch halb verschenken solle. 
Drei Thaler bot der Bauer, vier ver 
langte der Hausirer und als das nicht 
anschlug, sagte letzterer: „Nu, da haben
	        
Waiting...

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