Full text: Newspaper volume (1898, Bd. 2)

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As. 172. 
Aonneŗstcrg, den 28. Juli 
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Morgen-Berichte. 
Fricdrichsruh, 27. Juli. Die Gerüchte 
über die ernstere Erkrankung des Fürsten 
Bismarck beruhen leider auf Wahrheit; 
soviel zu erfahren war, hat man in der 
Familie des Fürsten gestern das Schlimmste 
befürchtet. Der Zustand ist auch heute 
Noch ein sehr ernster, doch hofft man, 
Nachdem der Fürst in letzter Nacht gut 
geschlafen hat, daß der Zustand sich all- 
wählich wieder zum Besseren heben wird, 
wenn man auch noch große Besorgniß 
hegt. Die Familie ist vollzählig im 
Schlosse versammelt. Die vielen hierher 
gefahrenen Turner, so namentlich die 
jenigen aus Oesterreich und aus Kaisers 
lautern, die hofften, den Fürsten be 
grüßen zu können, mußten natürlich mit 
Rücksicht auf den leidenden Zustand des 
Fürsten zurückgewiesen werden. 
Friedrichsruh, 27. Juli. Dem „Hamb 
Corr." zufolge läßt das Befinden des 
Fürsten Bismarck zu wünschen übrig, 
doch scheinen Bedenken ausgeschlossen zu 
fein. Auch ist der Appetit im ganzen 
gut. Er verzehrt täglich ein Gericht 
Steinpilze und noch gestern Abend durfte 
er sie essen. Bis 8 Uhr Abends war in 
dem Befinden des Fürsten Bismarck 
keine Veränderung eingetreten. 
Fricdrichsruh, 27. Juli. Der Correspon 
dent des B. L.-A. hat eine Unterredung 
wit Herrn Geheimrath Schweninger im 
Garten des Gasthoss zum Landhaus gehabt. 
Gr theilte mit, der Fürst habe eine gute 
Ņacht gehabt und sei aufgestanden. Er 
suhle sich verhältnißmäßig wohl, und eine 
Gefahr sei gegenwärtig nicht vorhanden 
infolgedessen beabsichtigt Geheimrath 
Schweninger, heute noch Friedrichsruh zu 
berlassen, um eine kurze Reise nach 
Yachsen zu unternehmen. Das Körper 
gewicht des Fürsten ist zur Zeit in der 
Abnahme begriffen, es beträgt augen 
blicklich 187 Pfund. Der Humor ist 
leidlich. Ein Grund zu ernsterer Beun- 
ruhigung fei gegenwärtig nicht vorhanden. 
Berlin, 27. Juli. Ueber das Befinden 
des Fürsten Bismarck wird aus Friedrichs- 
ruh gemeldet: Die im Schlosse an 
gestellten Personen erklären, dem Fürsten 
gehe es gut. Die Wege zum Schlosse 
Und zum Park sind strengstens abgesperrt 
und werden bewacht. Die Besuche der 
Turner sind abgesagt. In Hamburg war 
heute Mittag das Gerücht verbreitet, 
Fürst Bismarck sei bereits gestorben. Ein 
gezogene Erkundigungen widerlegten jedoch 
das Gerücht. Eine andere Meldung be- 
agt, daß es sich bei der jetzigen Er 
krankung des Fürsten um eine offene 
Beinwunde handele, die äußerst schmerz 
haft sei und eine allgemeine Körperschwäche 
mit sich bringe. 
Berlin, 27. Juli. Der Kaiser hat die 
Reise nach Bergen heute früh um 8 Uhr 
angetreten. — Die Kaiserin besuchte gestern 
das Rothe Kreuz-Krankenhaus des Vater 
ländischen Frauenvereins zu Cassel. Morgen 
wird der Besuch der Herzogin Friedrich 
Ferdinand zu Schleswig-Holstein-Glücksburg 
in Wilhelmshöhe erwartet. Am 1. August 
gedenkt sich die Kaiserin mit ihrer^Schwester 
nach Coburg zu begeben, um den Ver 
mählungsseierlichkeiten des Herzogs Ernst 
Günther zu Schleswig-Holstein mit der 
Prinzessin Dorothea von Sachsen-Coburg 
beizuwohnen. 
Berlin, 27. Juli. Der kommandirende 
Admiral von Knorr ist, wie ans Posen 
gemeldet wird, zu mehrtägigem Besuch 
bei dem früheren Reichstagsabgeordneten 
von Koscielski auf Schloß Miloslaw ein 
getroffen. 
Kiel, 27. Juli. Um den von Ham 
burg hier eintreffenden 20000 Turnern 
in ausgiebiger Weise die Möglichkeit zur 
Besichtigung der deutschen Kriegsflotte zu 
bieten, ist die vorzeitige Rückkehr des 
Panzergeschwaders aus der Nordsee be 
sohlen worden. Die Flotte läuft infolge 
dessen heute in den Nachmittagsstunden 
hier ein. Gleichzeitig hat das Reichs 
marineamt Weisungen ergehen lassen, den 
Turnern alle möglichen Erleichterungen 
zu gewähren. 
Dresden, 26. Juli. Der Zimmerer 
streik ist beendet. Die Forderungen sind 
nur zum kleinsten Theil durchgesetzt. 
Pilsen, 27. Juli. Die Ueberfälle der 
Czechen auf Deutsche mehren sich in be 
denklicher Weise. 
Bozen, 27. Juli. In Vilpian, zwischen 
Bozen und Meran, ereignete sich der 
erste Unglückssall durch elektrische Leitung. 
Ein junger Mann aus Vilpian kletterte 
auf einen Maulbeerbaum, an dem eine 
elektrische Leitung vorbeiführte, kam dem 
Drath zu nahe und stürzte todt zur Erde 
nieder. Der Körper des Unglücklichen 
war schwarz und verbrannt. 
Graz, 27. Juli. Unbekannte Thäter 
durchsägten die in den Hilmteich-Anlagen 
gepflanzte Bismarck-Eiche, trotzdem die- 
elbe durch ein doppeltes, zwei Meter 
hohes Eisengitter geschützt war. 
Billach, 27. Juli. Der Grundbesitzer 
Miklantz aus Dellach stürzte von der 
Rothen Wand ab und blieb todt. 
Rom, 27. Juli. Der aus Erythraea 
zurückgekehrte Gouverneur Martini spricht 
sich sehr günstig über die dortigen Verhältnisse 
aus. Menelik sei jetzt Italien günstig 
gestimmt, dagegen beabsichtigt Abessynien, 
sich einer Action der Derwische gegen England 
anzuschließen. 
Sofia, 27. Juli. Der Finanzminister 
Theodorovic ließ einen Theil des rück 
ständigen, an die Türkei zu entrichtenden 
ostrumelischen Tributs von 1500 000 Frcs 
auszahlen. 
Paris, 27. Juli. „Siècle" meldet, 
Esterhazy werde auch der Unterschlagung 
von 40000 Frcs. zum Nachtheil eines 
Freundes beschuldigt. 
London. 27. Juli. Die Pianistin Ella 
Pancerahat sich mit Herrn MaxBlüth n er, 
einem Sohne des Leipziger Pianoforte 
fabrikanten, verlobt. 
Manchester, 26. Juli. Auf den Prä 
sidenten des Manchester Landgerichts, 
Namens Parry, hat heute, als er den 
Gerichtsvollzieher Taylor wegen Amts 
mißbrauchs zum Verlust des Amtes und 
10 Lstrl. Geldstrafe verurtheilte, Letzterer 
auf Armslänge hintereinander drei Re- 
volverschüsse abgefeuert. Der Präsident 
wurde gefährlich verwundet. Alle drei 
Kugeln trafen; die eine zerschmetterte 
dem Präsidenten die Kinnlade, die zweite 
riß ihm die rechte Wange fort und die 
dritte zerfleischte ihm den Nacken und den 
Hals. Der zufällig im Gerichtssaal an 
wesende Hospitalarzt stillte sofort den 
Blutverlust und konstatirte, daß das Hirn 
unverletzt geblieben ist, sodaß eine 
Rettung möglich ist. Der Attentäter ist 
verhaftet; er brach kläglich jammernd zu 
sammen. 
Madrid, 27. Juli. Der König_ ist an 
den Masern erkrankt und hat ziemlich 
starkes Fieber. 
Washington, 27. Juli. Auf Ersuchen 
des französischen Botschafters sicherte 
Mac Kinley einen Waffenstillstand zu, 
Falls Spanien der Minimalforderung 
Amerikas (Freigabe Cubas, Abtretung 
Portoricos und einer Kohlenstation au' 
den Philippinen) ohne jeden Einwand als 
Basis der Friedensverhandlungen zu 
stimme. 
Der MnU-m«ikmWe Krieg. 
Einer Meldung des „New - Yorker 
Herald" aus Washington zufolge 
besagt die von dem französischen Bot- 
^chaster dem Präsidenten Mc. Kinley 
überreichte Note etwa Folgendes: Die 
Regierungen der Vereinigten Staaten und 
Spaniens befinden sich infolge der von 
ipanien abgelehnten Forderung der Union, 
Spanien solle Cuba räumen, leider im 
Kriegszustand. Spanien giebt zu, im 
Waffenkampf den Kürzeren gezogen zu 
haben, worunter das Land schwer zu 
leiden hat. Die Regierung hält deshalb 
die Zeit für gekommen, wo sie die Mit 
wirkung der Verein. Staaten zur Been- 
digung des Krieges nachsuchen kann. Sie 
stellt daher das Ersuchen, durch Ver- 
Mittelung des französischen Botschafters 
von den Bedingungen benachrichtigt zu 
werden, zu denen die Verein. Staaten be 
reit sind, Frieden zu schließen. 
Der französische Botschafter war nicht 
in der Lage, dem Präsidenten Mc. Kinley 
mitzutheilen, zu welchen Conzessionen 
Spanien bereit sei. Wie verlautet, ist 
für die Uuionregierung das mindest an 
nehmbare Zugeständniß für den Friedens 
schluß die vollständige Unab 
hängigkeit Cubas unter ame 
rikanischen Schutz, die Abtre 
tung Por torikos und derLa- 
dronen, sowie d ie U eberlassung 
einer Kohlen station auf den 
Philippinen. Letzteres sei eine 
durchaus wesentliche Bedingung sür 
den Abschluß des Friedens. 
Außereuropäische Gebiete. 
Shanghai, 27. Juli. Ueber den neu- 
lichen Aufenthalt des Kreuzers „Irene" 
in der Subicbai vor Manila bringt der 
„Ostasiatische Loyd eine amtliche Be 
richtigung des Chefs der zweiten Division 
des Kreuzergeschwaders des Prinzen 
Heinrich, woraus sich ergiebt, daß die 
„Irene" auf Isla Grande in der Subic 
bai eine Anzahl in Noth gerathener 
spanischer Frauen und Kinder abholte 
und dort zufällig mit dem Dampfer der 
Insurgenten zusammentraf, der sich ohne 
Weiteres entfernte. Auf dem Rückwege 
traf die „Irene" vor der Bucht von 
Manila zwei Kreuzer der Vereinigten 
Staaten, ohne angesprochen zu werden. 
Die Uebernahme der Frauen und Kinder 
geschah im Dienste der Menschlichkeit 
unter strengster Beobachtung der Regeln 
der Neutralität. 
Bulgarien. 
Sofia, 27. Juli. Als erste greifbare 
Folge der Reise, welche Fürst Ferdinand 
mit dem „lieben Pathchen" des Zaren 
an den russischen Hof gemacht hat, stellt 
sich die definitive Rückkehr der 
emigrirten bulgarischenOffi- 
z i e r e in ihr Vaterland dar. Sie treten 
mit dem Range in die bulgarische Armee 
ein, den zur Zeit die inzwischen _ avan- 
cirten Kameraden einnehmen. Einige von 
ihnen, die bisher in Odessa lebten, sind 
bereits heimgekehrt. B. L. A. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 27. Juli. 500 deutsche 
Turner, die am Hamburger Turnfeste 
theilgenommen haben, treffen morgen hier 
ein ; große Festlichkeiten werden vorbereitet. 
Jôàà» 
— Zu der l i p p e's ch e n S t r e i t - 
frage schreibt die „Frkf. Ztg." : Die 
scharfe Form des kaiserlichen Tele 
gramms hat in Detmold begreifliche Ver 
stimmung erregt. Es bestätigt sich zwar 
nicht, daß die Regierung von Lippe sich 
beschwerdeführend an den Bundesrath 
gewandt hat, aber der Gras-Regent von 
Lippe hat die Angelegenheit und den 
Bescheid des Kaisers den deutschen 
Bundesfürsten unterbreitet. Es 
wird von lippescher Seite bestimmt ver- 
sichert, daß das Schreiben des Graf- 
Regenten an den Kaiser keinesfalls in der 
Form verfehlt oder verletzend gewesen sei. 
D er Gras-Regent habe sich mit dem Aus 
druck „unwandelbaren Respektes" an den 
Kaiser gewandt; Seine Majestät der 
Kaiser möge allergnädigst geruhen, ihm 
huldvollst Gehör zu schenken und ihm 
seinen mächtigen Schutz und Beistand zu 
gewähren. Bevor noch das Telegramm 
in weiteren Kreisen bekannt geworden war, 
hatte die „Lippesche Landesztg." jenen 
Aufsehen erregenden Artikel gebracht, in 
dem die deutschen Bundessürsten gemahnt 
wurden, einmüthig aufzutreten, 
wenn „Uebergriffe" gegenüber einem 
deutschen Bundesfürsten gemacht werden. 
„Dem Reiche, was des Reiches, den 
Bundesstaaten, was ihnen und ihren 
Fürsten gebührt! Heute mir, morgen Dir." 
Es ist die Besorgniß ausgesprochen worden 
rerrzügt 
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Klasse). 
4. Klaffe). 
Inster.) 
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laste' 
lg, fährt NU< 
lasse). 
Der Wüter kommt. 
6) Erzählung aus Nord-Michigan von 
Thord Marcussen. 
Alle erhoben sich ' und eilten ins Freie. 
Nur Hansen, der langsam an seinem Essen 
gelöffelt hatte, als wenn cs ihm nicht 
schmecke, blieb in der Hütte und wandte sich, 
ohne auf die erstaunten Blicke seiner Ge 
fährten zu achten, an den Mecklenburger, 
der eben zur Thür hinaustreten wollte. 
-Entschuldigt mich heute Nachmittag," re 
dete er' denselben an, „mir ist nicht wohl 
im Magen, ich muß einmal unseres Haus- 
lvirrhs Arzneikasten Probiren. Hab es schon 
den ganzen Morgen gespürt." 
Der Vormann warf einen argwöhnischen 
Blick auf den jungen Mann. „Will hoffen, 
daß es wirklich im Magen sitzt und nicht 
etwa in den Knochen. Garibaldi hat Euch 
hoffentlich nicht angesteckt. Das würde hier 
nichts taugen, die Faullenzerei ist nirgends 
weniger angebracht, als bei unserer Arbeit, 
ich wills einmal glauben," begütigte 
«f' bemerkte, daß dem jungen Mann 
dre Rothe in die Stirn stieg, „bleibt denn 
hier und kurirt Euch, gebt jedoch dem Hüt- 
tenwirth mcht mehr als ein Virtel von dem 
Mas er fur seine Medicin fordern wird." 
«Ich ssàļ>e eher. Dir steckt was im 
Kopf, als im Magen," raunte Petersen sei 
nem Kameraden zu. „Was fällt Dir doch 
mn? Jeder Dollar muß hier nntaenommen 
werden, damit wir diesem Platz sobald als 
möglich den Rücken drehen können, tknd 
Du willst um nichts von der Arbeit weg 
bleiben?" 
„Aber wirklich, es ist mir nicht wohl, und 
ich halte es für besser, jetzt etwas dagegen 
zu thun, als später, wenn es erst schlimmer 
geworden ist. Die verwünschte Kost hier ist 
daran schuld. Gib mir Acht, es wird auch 
Dich noch packen. Alle haben es zu Anfang 
gehabt, selbst die Schweden," vertheidigte 
sich Hansen auf des Andern Borwürfe. 
„Meinetwegen denn," war Petersens är 
gerliche Antwort. Damit rannte er den Vor 
ausgegangenen eiligst nach. 
Hansen war jetzt allein; nicht lange frei 
lich, so erschien der Wirth der Blockhütte 
und erkundigte sich theilnehmend nach dem 
Befinden des Zurückgebliebenen. 
„Ja, Mr. Thompson, leider muß ich jetzt 
wohl einmal in Euren Medicinkasten hin 
einkriechen, so sauer es auch meinem Geld 
beutel ankommen wird," sagte Hansen mit 
verzogenem Gesicht. 
Nach langem Feilschen erstand er vom 
Wirth ein Fläschchen Ricinusöl für 25 
Cents und legte sich darauf wieder in die 
Koje. Der Wirth wünschte gute Wirkung 
und Besserung, begab sich dann nach der 
hinteren Lokalität, um ein Mittagsschläfchen 
zu machen und ließ bm Patienten im Al 
leinbesitz des vorderen Raumes. 
Hansen lag eine ganze Weile still und 
schien zu schlafen. Dann aber richtete er sich 
in die Höhe und war im nächsten Augenblick 
auf den Beinen. 
„Wenn es auch nicht ganz erlogen war 
mit meinem Unwohlsein," murmelte er, „so 
war es auch nicht ganz wahr. — Nun an 
das Werk, ich will doch einmal sehen, ob 
ich so ganz auf falscher Fährte bin. Kaum 
denkbar ist es freilich, was mir vorhin ein 
fiel, aber habe ich mich geirrt, so bin ich 
wenigstens meine unruhige Neugier los. 
Uebrigens scheint es, daß Vater Tomp 
sons Oel kein purer Thran ist, !vie der 
Mecklenburger behauptet." 
Er stöhnte und begann im Raume auf 
Raume auf und ab zu gehen, dann und 
wann eine:: Blick auf die in den hinteren 
Raum führende Treppe werfend. Aber dort 
blieb alles ruhig. Rasch trat Hansen jetzt 
an die Lagerstätte des Holsteiners und mu 
sterte aufmerksam Alles, was sich ans der 
selben befand. 
Es gab nur wenig da zu sehen. Am Kopf 
ende lag der Ranzen geöffnet und leer. 
Hansen nahn: denselben in die Hand, über 
zeugte sich, daß er vollständig geleert war, 
und legte ihn darauf wieder an seinen 
Platz. Verschiedene kleine Garderobestücke 
lagen noch über das ganze Lager zerstreut, 
sonst nichts. 
Ein wenig enttäuscht wandte Hansen sein 
Gesicht ab. 
„Ohne Zweifel bin ich ein Narr gewe 
sen," dachte er. „Wie konnte ich nur denken, 
daß es hier etwas zu entdecken gäbe? Es 
ist wahrhaft lächerlich, und Petersen hat 
Recht." 
Er drehte sich um, um sich nach seiner 
eigenen Lagerstätte zu begeben, als ihm das 
neue Gesangbuch in das Auge fiel, in dem 
der Holsteiner am Vormittag gelesen hatte. 
Er nahm das Buch in die Hand, setzte sich 
damit auf die Bettkante und blätterte darin. 
Auf der ersten weißen Seite stand der Name 
des Eigenthümers: Peter Gottfried, geboren 
zu P., den 20. Januar 1828. 
„Also er ist richtig ans der Kieler Ge 
gend, und ich kann mich nur wiederholt 
einen Narren tituliren." Aergerlich auf sich 
selbst wandte Hansen das Blatt um. 
Auf der andern' Seite stand, von einer 
kräftigen, ausgebildeten Handschrift her 
rührend, der mit den Worten „Und wenn 
eure Sünde blntroth ist —" beginnende Bi 
belvers, darunter stand: 
G., den 20. März 1889. 
D." 
Betroffen schaute Hansen auf die wenigen 
Zeilen. Wer war der Mann, dem! man einen 
solchen Vers ins Gesangbuch schrieb? Ein 
Anderer als der Eigenthümer des Buches 
hatte es gethan, das war klar. Die paar 
Worte aus der Vorderseite konnten von denl 
Eigenthümer herrühren, die Schrift war 
steif und unbeholfen, sie stammte offenbar 
von einer schweren Arbeitshand. Der Bi 
belversschreiber dagegen mußte ein gebilde 
ter Mann sein. Wie gebannt starrte Hansen 
auf die Schrift. Plötzlich schien ihm etwas 
einzufallen. Erregt sprang er auf, zog un 
ter seiner Lagerstätte einen langen, schmalen 
Koffer hervor, öffnete ihn und wühlte hastig 
in dem Inhalt. Endlich hatte er, was er 
suchte, ein schwarzes, zierlich gebundenes 
Heft mit Goldschnitt. 
Rasch ivar er wieder an der Koje, öffnete 
das Gesangbuch beim ersten Blatt und blät 
terte daraus in dem schwarzen Heft. Jetzt 
lag er still und verglich mit gespannter Auf 
merksamkeit die Handschrift des Bibelverses 
mit der Handschrift einiger Zeilen im Hefte. 
Diese letzteren Zeilen enthielten gleichfalls 
Verse und trugen gleichfalls ein Datum, 
aber ein um zehn Jahre älteres. Zug um 
Zug prüfte Hansen die Handschrift beider 
Verse, immer wieder stellte er Versuche an, 
als wenn er seinen Augen nicht trauen 
wolle. 
„Also doch!" rief er endlich laut. „Diese 
Verse schrieb mir Pastor Duhsjen bei der 
Konfirmation ins Stammbuch, und diesen 
andern Vers im Gesangbuch hat er eben 
falls geschrieben. Er, der nun schon eine 
Reihe von Jahren Geistlicher an der Straf 
anstalt in Glückstadt ist! Und wenn Pastor 
Duyssen beide Verse geschrieben hat — und 
wenn dieses G. Glückstadt bedeutet, dann 
ist dieser Peter Gottfried der Mann, den ich 
meinte — der Mann mit der blutrothen 
Sünde!" 
(Fortsetzung folgt.) 
Am die Erde. 
Reisebriefe von Paul Lindenberg. 
(Nachdruck verboten.) 
Heute der letzte Tag in Japan und Ost- 
asien, draußen im Hafen liegt bereits die 
Belgic", ein großer, gestern von Hong 
kong her eingelaufener englischer Dampfer^ 
der uns nach San Franzisco bringen soll,- 
am Nachmittag um drei Uhr geht es sort. 
Zum Abschied nehmen just das rechte 
Wetter!" — Br, das war eine Nacht, in 
der wenig an Schlaf zu denken war, und 
das ist ein Morgen! Ein Teifun fand hier 
in den Nachtstunden seinen Abschluß — 
welch Heulen und Stürmen, welch Pfeifen 
und Dröhnen in den Lüften, die Fenster 
klirrten, als ob sie jeden Augenblick zersplit 
tern wollten, und die Thüren zitierten und 
sprangen, wenn man sie nicht verriegelt 
hatte, von selbst auf, durch das ganze Haus 
ging ein Beben und Stöhnen- und gleich 
wahren Gießbächen rauschte der Regen her 
nieder und drang durch die Fensterritzen 
in die Zimmer ein. Ein wilder Aufruhr und
	        
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