Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

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Sonnabend, öen 25. Juli 
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Morgen-Depeschen. 
Nordfjordeid (Hellesylt), 24. Juli. Die 
»Hvhenzollern" traf gestern Abend von 
îok im Geirangerfjord ein. Der Kaiser 
feuchte Nachmittags einen längeren Spazier 
an Land. Das Wetter ist noch 
'feiner unsicher. 
Loudon, 24. Juli. Kaiser Wilhelm 
fendte dem neuvermählten Paare, dem 
Minzen Karl von Dänemark und der 
Prinzessin Maud, mehrere kostbare Vasen 
^ņd Armleuchter als Hochzeitsgeschenk 
(iuch herzliche Glückwunschtelegramme sandte 
Ņ deutsche Kaiservaar. 
London, 24. Juli. Ein nach Montevideo 
^stimmtes Schiff „Herbert Fuller" lief in 
Halifax ein, nachdem die meuterische Be- 
fetzung den Capitän, dessen Frau und den 
Steuermann ermordet hatte. Die 
Mannschaft wurde verhaftet. 
Karlsstad (Schweden), 24. Juli. Der 
Kampfer „Freya" ist auf dem Frykensee 
gekentert und gesunken. Nur der Capitän, 
In Matrose und drei Passagiere wurden 
giertet, zehn Personen ertranken, 
Drunter die Frau und zwei Kinder des 
Kapitäns. 
Paris, 24. Juli. In der Presse wurde 
!!?f einen Finanzskandal in der Pariser 
Stadtverwaltung hingewiesen. Nach heuti- 
Blätterberichten handelt es sich darum, 
durch die Beschleunigung gewisser 
ganze 
^beiten ein provisorisches Deficit von 
J Millionen herbeigeführt worden ist. 
-cherdings folge daraus, daß beispielsweise 
.tk Schulbauten, für die acht Millionen 
ņ s Budget eingestellt waren, unterbleiben 
Aussen, weil das Geld anderweitig ver 
endet worden ist. 
Paris, 24. Juli. Der „Evönement" 
Absichert, daß der Vizekönig Li-Hung- 
Mang in St. Etienne eine beträchtliche 
Gestellung an Gewehren machen werde. 
^ werde auch mit der Regierung behufs 
Entsendung französischerJnstruktionsoffiziere 
Ur die chinesische Kavallerie u. Infanterie 
unterhandeln. Die Jnstruktionsofffziere 
(er Artillerie werden aus dem deutschen 
eere entnommen. 
Wien, 24. Juli. Beim Besuch des 
Nssischen Kaiserpaares in Wien wird die 
ìlnşerin Elisabeth anwesend sein und per- 
dnlich die Honneurs machen. 
Pest, 24. Juli. Heute Mittag gerieth 
"folge Kurzschluffes auf der Untergründ 
en, welche bekanntlich die Stadt mit der 
Ausstellung verbindet, ein Wagen in 
drand. Die sechs in dem Waggon be 
findlichen Personen konnten noch rechtzeitig 
gerettet werden. Der Verkehr wurde vor 
läufig eingestellt. 
Athen, 24. Juli. Auf Kreta erwartet 
man täglich, daß die Christen mit den 
Türken zusammenstoßen. Angesichts der 
Haltung der Großmächte sind die Auf 
ständischen entschlossen, sofort nach Ablauf 
der der Pforte zur Entscheidung über ihre 
Forderungen gestellten Frist die Vereinigung 
Kretas mit Griechenland zu proklamiren, 
eine eigene Volksvertretung zu wählen und 
eine provisorische Regierung zu konstituiren. 
Petersburg, 24. Juli. Der Zar beauf 
tragte den Fürsten Lobanow, wegen der 
von den Türken in Kleinasien und auf 
Kreta verübten Gewaltthaten bei der Pforte 
vorstellig zu werden. Außerdem veranlaßte 
der Zar den Herausgeber der „Peters 
burger Wjedomosti", eine antitürkische 
Preßcampagne einzuleiten. 
Darmstadt, 24. Juli. Die 2 Kammer 
nahm heute die Vorlage, betreffend den 
Staatsvertrag mit Preußen, sowie den 
Ankauf der hessischen Ludwigsbahn, an. 
Hirschberg (Schlesien), 24. Juli. Heute 
Nacht lief der letzte, um 11 Uhr 24 Min. 
hier fällige Personenzug aus Berlin vor 
der Station Reibnitz auf den dort halten 
den Güterzug u. zertrümmerte drei Wagen 
deffelben. Personen wurden nicht verletzt. 
Der Unfall hat nur einige Zugverspätungen 
nach sich gezogen. 
Thorn, 24. Juli. Sämmtliche Ange 
schuldigte in der Spionage-Affäre sind durch 
den Criminal-Commiffarius v. Tausch dem 
Landgerichte in Thorn überliefert worden. 
t Thorn wird auch die Vorunter 
suchung geführt. Die Meldung, daß der 
verhaftete Schachtmeister Fahrin Zugang 
zu den Forts gefunden und seine Kenntniß 
der Ortslage in verbrecherischer Weise 
verwerthet habe, wird auch durch ander 
weitige Mittheilungen von gut unterrichteter 
Seite bestätigt. 
Posen, 24. Juli. Der „Posener Ztg " 
zufolge stürzte heute Nachmittag bei der 
Besichtigung der Festungswerke durch eine 
Anzahl Kriegsschüler aus Neiße eine Brücke 
beim Fort Winiary ein. Mehrere Kriegs- 
schüler wurden theils leicht, theils schwer 
verletzt. 
Berlin, 24. Juli. Gegen den Atten 
täter, der den P olizeiobersten Krause 
angegriffen hatte, ist nunmehr Anklage er 
hoben worden. Der mehrfach genannte 
Anarchist Koschemann wird als der Thäter 
angesehen. Die Anklage lautet gegen 
Koschemann und Genossen auf Mordver 
such und Beihülfe dazu. 
Musternd. 
Arankveia,. 
Paris, 24. Juli. Das Teeret, das den 
Zoll auf fremd en Zucker, entsprechend 
dem Betrag der deutschen Ausfuhrprämie, 
erhöht, ist gestern dem Präsidenten Faure 
zur Unterzeichnung nach Havre übersandt 
worden, damit es am 1. August in Kraft 
treten kann. 
Lille, 24. Juli. Der Prüftet Beldurand 
hatte in Voraussicht der Ereignisse ein 
Regiment Jäger und 500 Gendarmen nach 
Lille berufen taffen. Die Rauferei zwischen 
den Patrioten und den Internationalisten 
begann Nachmittags bei Ankunft der deut 
schen Gäste am Bahnhöfe, setzte sich fort, 
während in der Maire der Ehrenwein 
credenzt wurde, und erreichte ihren Höhe 
punkt vor dem Palais Rameau, wo die 
Gesellschaft um 10 Uhr Abends den Ehren- 
punsch einnahm. Aus der Estrade saßen 
hier als erwählte Vorsitzende neben dem 
Maire Liebknecht, Adler aus Wien, der 
Spanier Jglesias und der Rumäne Anatasiu. 
Während Liebknecht das Thema behandelte, 
daß die Socialisten die französisch-russische 
Allianz bekämpfen müssen, weil der ge- 
fährlichste Feind der Socialdemokratie der 
Zar sei, flogen durch die zertrümmerten 
Scheiben große Steine in den Saal. Die 
Menge draußen pfiff und johlte unaus- 
hörlich. Die Patrioten waren entschieden 
in der Majorität. Die sogenannte inter 
nationale Hymne wurde durch die Mar 
seillaise übertönt, dazwischen ertönten fort 
während Ruft: „Hoch Frankreich! Fort 
mit den Preußen!" Singer, Liebknecht und 
Fischer verließen das Palais Rameau erst, 
nachdem es der Gendamerie gelungen war, 
den Platz frei zu machen. 
Bulgarien. 
Sofia, 24. Juli. Der Staatsanwalt 
des Gerichtshofes der ersten Instanz wird 
heute die Akten über die Ermordung 
Stambulow's unter Anschluß seiner 
Schlußfolgerungen dem Gerichtshöfe zu 
stellen. Der Prozeß wird großen Umfang 
annehmen. Wie es heißt, sollen 130 Be- 
lastungszeugen vernommen werden. Die 
Anklage richtet sich gegen 5 Personen, von 
denen 3 verhaftet und 2 abwesend sind. 
Orfierreich-Ungaru. 
Wien, 24. Juli. Der Ministerpräsident 
Graf Badem empfing eine Abordnung von 
Wiener Industriellen, die um Schutz vor 
dem Terrorismus der socialistischen Führer 
baten. Badeni sagte die Erfüllung der 
Wünsche der Industriellen im Rahmen der 
bestehenden Gesetze zu. 
Schweden. 
Stockholm, 24. Juli. Das „Aftonbladet" 
erhielt von Andres folgendes Telegramm 
von der Dänischen Insel vom 18. d. M., 
von Tromsö am 22. abgesandt: Die 
Arbeiten der Expedition dauern ohne Unter 
brechung in befriedigendster Weise fort. 
Die vierte Etage des Ballonhauses ist in 
der Aufführung begriffen. Die Füllung 
des Ballons findet Anfang nächster Woche 
statt. Demnächst wird die Auffahrt vor 
sich gehen, wenn der Wind günstig ist. 
Inland. 
In Gegenwart der Kaiserin und der 
drei ältesten Prinzen hat gestern in Kassel 
eine Gefechtsübung zwischen zwei Bataillonen 
des 83. Infanterie-Regiments stattgefunden. 
Die Kaiserin war zu Pferde erschienen. 
Die Prinzen stellten sich in Schützenlinie; 
sie wurden von dem der Uebung bei- 
wohnenden Divisionscommandeur v. Cöllns 
und den Brigadecommandeuren v. Pfuhl 
stein und Perthes auf verschiedene Details 
des Gefechts aufmerksam gemacht. Die 
Kaiserin dankte nach Schluß der Uebung 
den Osficieren für das Gesehene; den Unter- 
officieren und Mannschaften spendete sie 
je ein Liter Bier. 
— Das Pastorentelegramm des 
Kaisers ist, wie dem „Hannov. Cour." 
als verbürgte Thatsache mitgetheilt wird, 
umredigirt worden, ehe Frhr. v Stumm 
in den Stand gesetzt wurde, es zum Druck 
zu befördern. Einige Sätze der ursprüng- 
lichen Fassung sollen noch erheblich 
markanter gelautet haben. Zuerst >war 
das Telegramm nicht für die Oeffentlichkeit 
bestimmt. Herr v. Stumm habe in seiner 
in Neunkirchen gehaltenen Rede die ersten 
Aenderungen gemacht und damit eine 
Indiskretion begangen. Erst nachdem 
diese Indiskretion stattgefunden hatte und 
nicht mehr aus der Welt geschafft werden 
konnte, hat der Kaiser die Veröffentlichung 
des Telegramms befohlen. Angesichts 
des aufdringlichen Uebereifers, mit dem 
die Stumm'sche Presse fortgesetzt für ihre 
Thaten „die uneingeschränkteste und aus 
drücklichste Billigung" ins Gefecht führt, 
erscheint es dem „Hann. Cour." angebracht, 
endlich hierzu ein offenes Wort zu sagen. 
Die Veröffentlichung des sogenannten 
Pastorentelegramms sei ein politischer 
Fehler gewesen, für den zwar nicht die 
amtliche Regierung, wohl aber die nicht 
amtliche Stumm'sche Nebenregierung die 
Verantwortung treffe. 
— Wie die „Voss. Ztg." hört, beab 
sichtigen Hofprediger a. D. Stöcker, Pfarrer 
Lie. Weber - Gladbach und Profeffor Dr. 
v. Nathnsius - Greifswald, die Zusammen- 
kunft evangelischer Männer, die auf Grund 
des bekannten Aufrufes im Herbst in 
Berlin stattfinden soll, „Kirchlich-sociale 
Konferenz" zu benennen. Die Herren 
tragen sich mit dem Gedanken, daß sich 
aus dieser Conferenz ein deutsch-evangelischer 
Kirchenrath entwickeln könne, der die ein 
zelnen evangelischen Landeskirchen umschließt. 
— Die infolge des Hannoverschen 
Spielerprozesses verabschiedeten Offi 
ziere sind, woran die „Weser-Ztg." gelegent 
lich einer Mittheilung über die Ab- 
kommandirungen zur Reitschule in Hannover 
erinnert, bis aus zwei wieder angestellt; 
etliche, darunter auch ein bekannter Herren 
reiter, thun vorläufig als Reserveoffiziere 
Dienst; ihre Einrangirung in die betreffen 
den Regimenter als aktive Offiziere soll 
aber demnächst zu erwarten sein. Alle 
Berichte aus Hannover konstatiren, daß 
die Spielwuth daselbst unter den zur Zeit 
nach dort kommandirten Reiteroffizieren 
vollständig erloschen ist; der hannoversche 
Prozeß und seine Lehren haben doch tiefen 
Eindruck gemacht. 
— Zum Entwurf des neuen Handels 
gesetzbuchs haben die Aeltesten der Ber 
liner Kaufmannschaft an das Präsidium 
des deutschen Handelstages, das bekannt 
lich eine Einladung an alle kaufmännischen 
Korporationen zur kommissarischen Be 
rathung des Entwurfes erlassen hat, ein 
Schreiben gerichtet, mit dem Ersuchen, an 
zuständiger Stelle dahin zu wirken, daß 
der Entwurf vom Reichsjustizamte dem 
Bundesrathe nicht eher vorgelegt werde, 
als bis dem an dem Entwürfe doch am 
meisten interessirten Handelsstande die 
nöthige Zeit gelassen sei, sich durch seine 
berufenen Vertretungen darüber zu äußern. 
Die Aeltesten gehen dabei von der Ansicht 
aus, daß die berufenen Vertretungen nicht 
in der Lage sein werden, vor Anfang 
oder Mitte Oktober die Berathung des 
Entwurfs mit der seiner Wichtigkeit ange 
messenen Gründlichkeit zu Ende zu führen, 
da doch im Juli und August wegen der 
§nr Manne dunkler Hervatten. 
Roman von Elfried v. Hohenstein. 10 
Zuweilen bricht, einer Flammengarbe gleich, 
sards leidenschaftltcheS Empfinde» hervor, doch das 
nur seltene Momente, dann klingt alles, was er 
wieder ruhig; ja, daß ich eS eingkstehe: mitunter 
'3® r nüchtern. Man glaubt einen Menschen zu hören, 
fe das Alltäglichste genügt, für den es weder Şchmer- 
noch Wonnen, weder Leid noch Seligkeit giebt, der 
Frieden ist, wenn die Ernte gut ansfällt, wenn er 
; n «n Besitz an Ländereien vergrößern kann und der 
?>>en Sinn für Höheres hat. De», ist aber nicht so. 
um das zu erkennen, UM sein ganzes Wesen zu 
Men und zu verstehen, muß man selbst mit ganzer 
an ihm hängen!" 
«Und thut das Ihre Pflegetochter?" Der Doktor 
j^wte fast die unwillkürliche'Frage, denn sowohl Reck 
° «nch dcffen Gattin schienen unangenehm berührt. 
, «Sie wuchsen wie Geschwister auf," erwiderte letz- 
nach kurzem Schweigen. „Dar Mädchen war von 
gewöhnt, bei ihm Schutz zu suchen, ihn znmBcr- 
«ten ihrer kindlichen Wünsche und Sorgeit zu ma- 
Sie sieht seinem Kommen stets mit Freude entge- 
^ Wir fragten und forschten nicht und verlangten 
fenals, bajj sie den Schleier zarter Zurückhaltung und 
.numerischer Schüchternheit hebe. An Richard ist es, 
I ! 9 r zu sprechen, »nd dann werden beide, deffen bin 
s getviß, Hand in Hand unsern Segen erbitten. Bor- 
'!sen, eigenmächtig die Entschkidniig herbeiführen, das 
" ,e u"r vor als risse ich gewaltsam cine Knospe anS 
^ Hülle, anstatt abzuwarten, bis sie von selbst ihre 
"atterpracht entfaltet." 
Meiidel stand ans. „Mögen sich alle diese Hofsnnn« 
U'n reichstem Maße erfüllen!" rief er, Aöschied »eh- 
kehrte <î nochmals um und sagte: „Darsich 
Herrn von "Waldenburg, wenn er hier eintrifft, 
U Menehiiie Mitteilung machen, daß Sie die Pflege 
>Sh Weitcreiitwickeluug seines schönen Talents über- 
m 0i wollen?" 
«Ja," stimmte Reck etwas zögernd bei, „obtvohl 
ich nicht leugnen kann, daß Sie ein gewisses Vorurteil 
in mir weckten." 
„Ich war Ihnen natürlich volle Aufrichtigteit schul, 
big. Waldenburg giebt zu. daß er seine Ausgaben mik 
seinen BermögenSverhältnisien nicht in Einklang zu 
bringen wußte und infolge deffen in Wnchererhände 
geriet. Ich finde eS aber immerhin achtutigSwert, daß 
er wenigstens den Rest des einstigen Reichtums retten 
und ein neues Leben beginne» will; sein Streben wird 
von Erfolg begleitet sein. Allerdings bin ich mehr Kunst 
freund als Kunstkenner und kann mir deil Eindruck 
schildern, welchen ich von seinen Bildern und Skizzen 
empfing. Die Landschaften sind düster und unheimlich, 
aber man fühlt sich gefcffelt, man kann den Blick nicht 
mehr abwenden, man belebt sie univillkürlich im Geiste 
mit menschlichen Gestalten. ES ist, als habe sich auf 
diesem wildromantischen Fleck der Erde, den wir auf 
der Leinwand sehen, ein tragisches Ereignis abgespielt. 
Die künstlerische Ruhe fehlt freilich vollständig. DaS 
erscheint alles so zerfahren, so regellos, gleichsam wie 
vom Sturme durcheinander geschüttelt. Er sagt sich 
das selbst, und auê dieser Erkenntnis stammt eben sein 
Wunsch, bei Ihnen, dem berufenen Meister, ernste Stu 
dien zu machen." 
„Auf Ihre Fürsprache bin ich bereit, ihm mein HauZ 
zu öffnen. Was ich Ihnen von unserer Pflegetochter 
und von unseren Pläne» erzählte..." 
«Bleibt natürlich unter uns." 
Mit einem herzliche» Händedruck schieden sie. Unter 
dessen hatte» Rosa und Richard das Ziel ihrer Wander 
ungen erreicht. Der unendliche Meeresspiegel mit sei 
nen leuchiendeii Farben dehnte sich vor ihnen ans. Nickt 
wild und erregt brausten die Wogen heran, sanft into 
schmeichelnd umkosten sie den Strand. Der Wind hob 
spielend des Mädchens blondes Haar und ließ es wie 
Goldfäden wieder aus die weiße Stirn zurückfallen, 
welche von dem etwas nach rückwärts geglittenen Stroh- 
hut nicht verdeckt wurde. Das stahlblaue Sommerkleid 
umfloß weich die kindliche Gestalt, und wenn es sich, 
vom Luftzug erfaßt, flatternd bewegte, gab eS ihr das 
Aussehen einer Libelle. 
Der Landwirt sah ans seine junge Gefährtin nieder 
mit einem Ausdruck, der deutlicher als Worte kündete, 
wie unendlich teuer sie ihm war, allein ihr Blick ruhte 
ans dem leicht gekräuselte», sonnigglitzernden Wellen 
bild und suchte den seinen nicht. Gerade heute drängte 
es aber Richard, ihr sein übervolles Herz zu erschließen. 
„Rosa." begann er und seine Stimme klang viel 
weicher als sonst, „Rosa, einmal möchte ich eS von Dir 
hören, daß Du mir so recht von ganzer Seele gut bist." 
Lächelnd wandt e sie sich zu ihm. „Ist denn das nicht 
selbstverständlich, Richard? Wen sollte ich wohl nach 
den Eltern lieber haben als Dich?" Wie schwesterlich 
freundlich, wie unbefangen diese Worte gesprochen wur 
den. Das zarte Rot der Waugen vertiefte sich um keine 
Schattierung. 
„Aber kannst Du Dir da« Leben an meiner Seite 
schön und glücklich denkeic?" 
„Die Gegenwart gefällt mir so wohl, daß ich mich 
überhaupt noch nicht viel nnt der Zukunft beschäftigte." 
Er niochte auf eine andere Antivort gehofft haben 
und enttäuscht sein. Es flog wie ein Schatte» über sein 
Gesicht, dennoch fuhr er ohne auffallende Erregung 
fort: „So thue eS jetzt. Ich Haffe alles Unklare, nur 
mit halben Worten Angedeutete und könnte eher einen 
großen Schmerz, als einen Zweifel ertragen. Die El 
tern wünschen uns vereint zu sehen, wir beide wissen 
es. warum sollen wir also nicht offen und ehrlich da 
rüber reden?— Glaubst Du, daß Dir Gut Blu- 
mciian eine liebe Heimat werden ivird und daß ich Dir 
alles zu geben vermag, was Du von dem Leben ver 
langst »nd erwartest?" 
Sie zauderte ein wenig und entgegnest dann: „Wa 
rum diese Frage, die ich selbst niemals an mich rich 
tete? Du forderst, daß ich Dir meine ganze Seele ent 
schleiere, und vergönntest mir bis jetzt noch nie, einet: 
tiefen Blick in die Deine zu thun " 
«Du hast ein Recht, das zu sage». Ließ ich es doch 
bisher unausgesprochen, daß Du mir das Höchste und 
Teuerste bist. Freilich, mit glühender Beredsamkeit ver 
mag ich eS Dir nicht zu versichern. Du mußt schon 
meinen schlichten Worten glauben. Inniger, treuer, 
ausdauernder wird Dich keiner lieben. Könnte ich Dir 
die Welt in ein irdisches Paradies verwandeln, so würde 
mir kein Opfer zu schwer sein. Den redlichste» Willen, 
'Dir jeden Kummer fern zu halten und Dein Geschick be- 
neidenswert schön zu gestalten, habe ich; ob aber auch 
die Fähigkeit, darüber vermagst nur Du allein zu ent 
scheiden. Deshalb frage ich: Wirst Du mir gern nach 
Blumena» folgen?" 
„Ja," erwiderte sie nach kurzem Zögern. „Me« 
Gute kam mir von den Eltern und Dir. In jede freund 
liche Erinnerung ist Dein Name verwoben. So lange 
ich denken kann, habt Ihr mich mit liebevoller Sorgfalt 
umgeben und standet niir am nächsten. Zu Euch ge 
höre ich für immer. Ja, Richard, ich .. ." 
„Sprich nicht auS!" unterbrach er sie. „Dü bist noch 
nicht mit Dir selbst zu Rate gegangen. In einiger Zeit 
werde ich meine Frage wiederholen. Doch ist e» Dir 
unmöglich, sie miteinem freudigen „Ja!" zu beantwor 
ten, dam, täusche mich und Dich nicht. So tief auch die 
Liebe zu Dir in meinem Herzen Ivurzelt; wenn eS sein 
muß, werde ich sie niederzwingen und Dir ein Freund 
und Bruder bleiben." 
«Ich glaube wohl, daß Du die Kraft dazu fändest," 
sagte sie fast wehmütig. „Dein eigentlicher Lebenszweck 
iväre nicht zerstört, wenn unsere Wege auseinandergin 
gen." 
„Verstehe mich recht!" rief er. Seine Stimme un 
terdrückte aber die mächtige Bewegung. „Du sollst Dich 
nicht gleichsam wie im Traum an mich keilen, sollst 
nicht als Kind, daS sich gehorsam leiten läßt, sondern 
als selbstbelvußte« Weib handeln. Weder der Eltern 
Wunsch noch die traute Gewohnheit. alles ihrer Ent 
scheidung anheim zu stellen, darf Dich beeinflussen. Noch 
bist Du frei; ist aber daS bindende Wort gesprochen, 
dann gebe ich es Dir niemals zurück, dann kann nicht- 
ans der Welt mich bewegen, die Fessel wieder zu lösen. 
Drum gönne Dir Zeit und überlege." * 43,1 ö*
	        
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