Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

i’til) tats. 
Bezugspreis: 
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für IluÄväNige, durch die Post bezogen 
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ArLtrstes und gelesenstes KLntt im Kreise Rendsburg. 
Anzeigen für die Tagesnummer werden bis 12 Uhr Mittags erbeten. 
SSster Jahrgang. 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes Vorbehalten. 
A-ls Beilagen 
werden dem Blatt „Der Landwirth" sowie daI 
Blatt „Mode und Heim" gratis beigegeben. 
8006 Abonnenten. 
WO. 298. 
Montag, den 21. December 
1896. 
Die Erneuerung 
der Bestellungen des Rendsburger 
Wochenblattes 
lvird hierdurch ergebenst in Erinnerung 
gebracht. Alle Postämter und Landbrief 
1 träger nehmen Bestellungen entgegen. 
Das „Rendsb. Wochenblatt" erweitert 
Unausgesetzt den Kreis seiner Mitarbeiter, 
Um den Inhalt des Blattes immer 
reichhaltiger und fesselnder gestalten zu 
tonnen. 
Zchlmße liorrcÏponDctttcït 
lind in der näheren und weiteren tlmr 
liegend für das „Rendsb. Wochenbl.•* 
thätig und wird der Kreis noch bedeutende 
Erweiterung finden. 
Für das gesteigerte Leskbediirfnitz 
werden wir unserm Leserkreise durch stark 
! Erwehrte Ausgabe von Beilagen eine 
kkheblich größere Fülle von Nach 
richten und den vorzüglichsten Unter- 
Haltungsstoff darbieten. 
Unser täglicher 
telegraphischer Nach 
richtendienst 
ist derartig ausgestaltet, daß das „Rendsb 
Wochenblatt" auch auf diesem Gebiete 
mit allen größeren Zeitungen erfolgreich 
in die Schranken treten kann. 
isO'gC 
Morgen-Berichte 
Hamburg, 19. Dec. Die Hoffnung auf 
eine Beendigung des Streiks noch vor 
Weihnachten ist im Schwinden begriffen. > 
ilnterstützungsgelder für die nächste Woche 
tind bereits disponibel. Den verheiratheten 
Arbeitern wird voraussichtlich eine Weih- 
"achtsgabe extra gewährt werden. Das 
"Hamburger Echo" fragt beim Reichs- 
Kommissar für Zollwesen an, welche Maß- 
^geln er auf Grund der Freihafenordnung 
Segen die Benutzung der Dampfer als 
^vgirhäuser ergreife nnd kündigt eveniuell 
Ane Interpellation im Reichstage an. 
Hamburg, 19. Dec. Heute Bormittag 
wurden hier drei Arbeiteroersanimlungen 
obgehalten, um zu dem Senatsbeschluß 
Stellung zu nehmen. In dem Beschlusse 
des Senats wird bekanntlich den Aus- 
Endigen empfohlen, zunächst die Arbeit 
Wieder aufzunehmen und den Streik für 
Wendet zu erklären. Dann werde der 
Senat veranlassen, daß eine eingehende 
Prüfung und Regelung der Lohnverhältniffe 
die Wege geleitet toerde. In der ersten 
Versammlung stimmten 2400 Streikende 
Segen den Senatsbeschluß, 421 dafür, in 
der zweiten Versammlung 365 dagegen, 
2600 dafür, in der dritten 4500 dagegen 
850 dafür, im Ganzen 7265 dagegen und 
3671 dafür, sodaß also der Streik fort 
setzt wird, wenn nicht die Ansicht des 
Streikkomitees, welche auf eine Beendigung 
des Ausstandes gerichtet ist, durchdringt. 
Allgemein ist man hier der Anficht, daß 
die versöhnlichen Bestrebungen der Streik- 
tvnimission doch noch die Oberhand erlangen 
Werden. Unsere Sonnabend. Depesche ist 
danach zu berichtigen. 
. Berlin, 20. Dec. Die Berliner Gewerk- 
^oftskommission hat bis jetzt insgesammt 
£0 000 Mark zur Unterstützung der Hain- 
°»rger Ansständigen abgesandt. 
Berlin, 20. Decbr. Wegen vorzeitiger 
Veröffentlichung eines Auszuges aus der 
Anklageschrift gegen Leckerl und Genossen 
dnd die Redakteure Schade von der 
"Deutschen Warte" und Stetlenheim vom 
"Kleinen Journal", sowie der Gerichts- 
Berichterstatter Föllmer in Anklagezuftand 
Ersetzt worden. 
Berlin, 19. Dec. Das im Berlage des 
"vorwärts" herausgegebene „Volksblatt 
Ar Teltow-Beeskow" hat sein Erscheinen 
^"gestellt. Das Blatt hal seit seinem 
gestehen fortwährend große Zuschüsse aus 
De,- 
den streitigen Betrag der amerikanischen 
Forderung an fie bis zur gerichtlichen Ent 
scheidung über ihre Rechtsgiltigkeit an Ge 
richtsstelle hinterlegt hätten. 
Berlin, 19. Dec. Der Buchhalter Franz 
Feldmann, zuletzt in Charlottenburg wohn 
hast, ist nach Unterschlagung einer größeren 
Summe flüchtig geworden. 
Berlin, 19. Dec. Den „Berl. Neuest. 
Nachr." zufolge hat Herr v. Levetzow im 
Voraus die Annahme einer eventuellen 
Wahl zum Präsidenten des Herrenhauses 
abgelehnt. 
Karlsruhe, 19. Dec. Der „Frkf. Ztg." 
wird gemeldet, daß der Direktor der hiesigen 
Reichsbanknebenstelle sich heute nach Kon 
stanz begab, da bei der dortigen Reichs 
banknebenstelle eine bedeutende Geldsendung, 
angeblich 300 000 Mk. abhanden gekommru 
sein soll. Der Direktor Hegeln ist flüchtig. 
Bayreuth, 19. Dec. Aus Bayreuth 
geht der „Frks. Ztg." die Meldung zu, 
der verhaftete Kassirer des Vorschußvereins 
habe bei seinen gerichtlichen Vernehmungen 
eingestanden, daß noch für 43 000 Mk. 
gefälschte Wechsel im Umlauf und 150 000 
Mark baar unterschlagen seien. Er habe 
im Einverständniß mit seinem verstorbenen 
Bruder schon seit vielen Jahren die Ge 
schäftsbücher gefälscht. 
Mannheim, 19. Dec. Der „Frkf. Ztg." 
wird aus Mannheim gemeldet: Von dem 
Fahrradwerk Hess sind 100 Mann in den 
Streik getreten. Die Ursachen des Aus- 
siandes sind Differenzen mit den Meistern. 
Tübingen, 19. Dezbr. Hier macht der 
Selbstmord zweier Studenten Aufsehen. 
Mediciner Lührs aus Hamburg, ein flei 
ßiger junger Mann, der sein Examen 
antragen müßte, weil er und seine Freunde 
die Monarchie für eine überflüssige, ja 
für eine schädliche Institution halten 
Wüthende Zurufe von allen Seiten der 
Kammer unterbrachen ihn, und der Präsi 
dent wollte ihm das Wort entziehen. 
Costa protestirte und schrie: „Wir be 
kennen uns offen zu unseren Ideen wie 
Gentlemen", worauf der Präsident er 
widerte: „Ein Gentleman sagt nicht, was 
Sie gesagt haben, wenn er die Verfassung 
beschworen hat." Costa fuhr fort: „Ich 
habe das Recht zu sprechen und erkläre, 
daß ich nicht an die Hochherzigkeit des 
Königs glaube." Diese Worte erregten 
einen wahren Höllenlärm, der Minuten 
lang andauerte. Rudini beklagt darauf 
unter allgemeinen Applaus der Kammer, 
daß das Reglement dem Präsidenten keine 
stärkeren Waffen gebe, und bemerkt, daß 
alle, welche die Ehre haben, mit den Fürsten 
des Hauses Savoyen in Berührung zu 
kommen, empfinden müßten, wie warm ihr 
Herz für das Volk schlage, worauf die 
von ihm beantragte Tagesordnung gegen 
die von Jmbriani verlangte Verringerung 
der Civilliste um eine Million mit 263 
gegen 26 Stimmen angenommen wurde. 
Allgemeines Aufsehen erregte es, daß 
Cavallotti vor der Abstimmung den Saal 
verließ. 
Oesterreich-Ungarn. 
Am letzten Montag, am späten Nach- 
mittag, hatten, wie aus Wien berichtet 
wird, zufällige Besucher der Laxenburger 
Kirche einen seltenen und, wie sie alle be 
stätigen, wahrhaft künstlerischen Genuß 
Sie hörten nämlich eine prachtvolle 
Altstimme, die, wie sich gleich bei der 
. - socialdemokratischen 
'ordert. 
Parteikasse 
^ Berlin, 19. Dec. Durch die heute an 
Börse erschienenen Inhaber der jüngst 
lii ’ n Zahlungsschwierigkeiten befindlichen 
. etreidefirma Cohn & Rosenberg wurde 
?r "Boss. Ztg." zufolge erklärt, daß sie 
nahezu vollendet hatte, und der Theologe şJntonirung der ersten Arie zeigte, von 
Aichele aus Bernstadt, der schon 16" 
Semester studirt, erschossen sich, jeder in 
seiner Wohnung. Der Tod ist bei Lührs 
sofort, bei Aichele nach mehreren Stunden 
eingetreten. 
Wien, 20. Dec. Die Polizei verhaftete 
den russischen Rittnieister Hans v. Hertzberg 
wegen Verdachts des Betrugs. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebi ete. 
New-Uork, 21. Dez. Die Spannung 
zwischen Spanien und den Ver 
einigten Staaten seit Ausbruch 
des kubanischen Aufstandes ist wesentlich 
verschärft worden durch einen Beschluß 
des amerikanischen Senatsansschusses für 
auswärtige Angelegenheiten, der nach einer 
Meldung vom Freitag die von Cameron 
beantragte Resolution angenommen hat, 
nach welcher die Vereinigten Staaten sich 
bereit erklären, die Unabhängigkeit 
der Republik Kuba anzuerkennen 
und ihre guten Dienste anzuwenden, um 
den Krieg zum Abschlüsse zu bringen. 
Der Ausschuß hatte, ehe er die Resolution 
annahm, eine eingehende Besprechung mit 
dem Staatssekretär des Aeußern, Olney, 
der. wie es heißt, von einer überhasteten 
Aktion abrieth. 
Vor der Hand hat das Vorgehen des 
Senatsausschuffes nur schädigend für das 
Geschästsleben der Vereinigten Staaten 
gewirkt, indem der Beschluß des Aus 
schusses an der New-Aorker Fondsbörse 
eine gewisse Panik hervorrief und zu 
schtveren Verlusten in verschiedenen Werthen 
Anlaß gab. 
Rustland. / 
Petersburg, 20. Dez. Auf der Linie 
Rjäfan-Uralbahn lagern etwa 1 Million 
Centner Getreide seit vier Wochen 
unter freiem Himmel. Da es wiederholt 
regnete fault das Getreide bereits, ohne 
daß die Bahn Anstalten zur Verladung 
trifft. Sie beschäftigte sich vielmehr mit 
der einträglicheren Verfrachtung von 
Naphtha. 
Italien. 
Rom, 18. Dezbr. Bei Berathung des 
Gesetzes über die Apanage des Prinzen 
von Neapel provocirten die Socialisten 
heute irr der Kammer wiederum einen 
großen Tumult. Der Abgeordnete Costa 
erklärte, daß er nicht die Verringerung, 
sondern die Abschaffung der Civilliste be- 
seltener Klangsülle und Modulationsfähig 
keil war. Man fragte nach dem Namen 
der ausgezeichneten Sängerin und erfuhr, 
daß die Kronprinzessin-Wittwe 
Stephanie es war, die in der offenen 
Kirche auf dem verdeckten Chor sang 
war dies wohl das erste Mal, daß die 
hohe Frau sich öffentlich hören ließ; in 
den dem Hofe nahestehenden Kreisen aber 
weiß man es längst, daß sie nicht nur 
eine leidenschaftliche Musikliebhaberin, 
sondern eine durch und durch musikalische 
Sängerin ist. Montag gegen 5 Uhr 
Nachmittags nun kam die Kronprinzessin 
Wittwe aus dem Laxenburger Schlosse in 
die Orlskirche, und kurz danach erklang 
ihre Stimme, vermengt mit Accorden der 
hallenden Orgel . . . Die Kunde hiervon 
hatte sich rasch verbreitet, und von allen 
Seiten eilte das Publikum herbei, um die 
seltene Sängerin zu hören. Da die 
Kirchenpforte nach dem Eintritte der Krön 
prinzessin-Wittwe offen gelassen loorden 
war, konnte man die Kirche unbehindert 
betreten und durch mehr denn eine halbe 
Stunde dem Vortrage lauschen. Die 
Orgel spielte die Gesangsprofefforin Irma 
von Eselko, welche die Stimme der Kron- 
prinzessin-Wittwe ausgebildet hat. Zu 
nächst erklang Beethovens „Sanctus", 
dann nach einer kurzen Pause das „Domine" 
von Laurenz Weiß, hieraus die Arie 
„Doch der Herr" aus dem Mendelssohn' 
schen Oratorium „Paulus", endlich die 
Arie „Sei stille dem Herrn" aus „Elias", 
gleichfalls einem Mendelssohn'schen Ora 
torium. Trotz der herrschenden Kälte 
sang die Kronprinzessin-Wittwe fast in 
einem Athem, da die Rastzeit zwischen 
den Vorträgen kaum zwei Minuten währte. 
Gleichwahl klang ihr Alt immer frisch 
und frei, in allen Lagen kräftig und voll, 
der Ton charakteristisch im Ausdruck; auch 
die Stimmung der einzelnen Piecen kam 
jedesmal mit reiner Empfindung und 
wohlabgegrenzt zunt Ausdruck. Nachdem 
der letzte Orgelton verklungen war, ver 
ließ die Kronprinzessin-Wiltwe das Kirchen, 
chor und schritt, von dem vor der Kirche 
angesammelten Publikum begrüßt, wieder 
dem Schlosse zu. Und schließlich noch die 
Erwähnung, das die Kronprinzessin-Wittwe 
die Absicht geäußert haben soll, demnächst 
auch während des Gottesdienstes in der 
Laxenburger Kirche mitzusingen. 
Inland. 
stammen, das der frühere Minister des 
Innern Herr von Köller im Casino 
am Pariser Platz mit Herrn vonLerchen- 
selb, dem bayrischen Bevollmächtigten 
zum Bundesrathe hatte, und dessen In 
halt dieser Herr dem bayerischen Minister 
von Crailsheim mittheilen zu müssen 
glaubte. 
Berlin, 18. Dez. Zu der gestrigen 
Meldung über die Ermordung des 
deutschen Kaufmannes Eduard 
Haeßner in Tanger von der Firma 
Haeßner und Joachimsohn kann die „N. 
A. Ztg." ergänzend mittheilen, daß es 
sich vermuthlich um einen Raubmord 
handelt. Der kaiserliche Gesandte in 
Tanger verlangte von der marrokanischen 
Regierung sofort Ermittelung und Ent 
hauptung der Schuldigen nnd behielt sich 
die Geltendmachung weiterer Ansprüche 
vor. Es ist zu erwarten, daß die marrok- 
kanische Regierung es sich angelegen sein 
läßt, den berechtigten Forderungen möglichst 
schnell und nachdrücklich gerecht zu werden. 
Die Zahl der vom Polizeipräsidium in 
Berlin ausgegebenen Radfahre r-Fa hr- 
karten ist jetzt bereits auf 35 000 ange 
wachsen. 
Benthe«, 19. Decbr. Heute Nacht sind 
zwei bei dem hiesigen Kausmann Leipziger 
in Dienst stehende Mädchen durch Kohlen- 
oxydgas erstickt. 
Eine Schiller-Reliquie ist durch 
den Statthalter in Elsaß - Lothringen, 
Fürsten von Hohenlohe-Langenburg dem 
Schwäbischen Schillerverein überwiesen 
worden. Der Fürst hat eine bisher in 
der Universitäts- und Landesbibliothek zu, 
...... .. Straßburg aufbewahrte Haar-Locke 
Margarine.Verkäufe rlSchillers nebst einer Urkunde des Ober- ' 
Pros. Barack daselbst über 
— Unter dem Titel „Schleswig- 
H o l st e i n s Befreiung" ist in 
Würzburg von Professor Jansen und Dr. 
Samwer ein Buch erschienen, welches eine 
Rechtfertigung der politischen Haltung des 
Herzogs Friedrich und seiner Rathgeber 
bezweckt. Die „Berl. Polit. Nachr." sind 
von zuständiger Seite zu der Erklärung 
ermächtigt, daß der Herzog Ernst Günther 
zu Schleswig-Holstein dieser Veröffent 
lichung absolut fernsteht und erst nach 
deren Erscheinen davon Kenntniß er 
halten hat. 
— Im Bundesrath, so schreibt ein 
Berliner Korrespondent des „Hamb. Korr.", 
ist die Ueberzeugung, daß das Börsen 
gesetz im Grunde völlig unbrauch 
bar ist, so stark, daß jeder Gedanke an 
ein Weitergehen auf dem betretenen Wege 
ein leichtes Gruseln hervorruft. 
— In Bundesrathskreisen war der 
Vorschlag aufgetaucht, bei Herstellung einer 
Unterstufe für die Organisation 
des Handwerks einen Unterschied 
zwischen Stadt und Land eintreten zu 
lassen. Wie wir hören, macht sich hiergegen 
ein sehr energischer Widerspruch geltend. 
Ob er überwunden werden wird, läßt sich 
zur Zeit noch nicht ermessen. 
— Zu dem neuen Vorschag, die 
Margarinesässer mit einem rothenStrich 
zu versehen, bemerkt die „Voss. Ztg.": 
„Es ist verwunderlich, daß die Herren nicht 
ans einen noch einfacheren Ausweg ge 
kommen sind, der in seinen Wirkungen 
noch erheblich stärker gewesen wäre: wir 
meinen die Forderung, nicht die Fässer, 
sondern die 
roth anzustreichen!" 
— Jetzt haben wir's so weit! Die 
„Hamburger Nachrichten", das Organ des 
Fürsten v. Bismarck, hat herausgefunden, 
daß alle diejenigen welche in der Erörterung 
über den Prozeß Leckert und Genossen mit 
der Regierung gehen und die v. Tausch 
und Consorten tadeln, .Reichsfeinde 
sind, denn anders ist es nicht zu verstehen, 
wenn das genannte Blatt schreibt: 
„Wir lassen, wie wir schon neulich sagten, 
die Motive dieser Parteinahme der klerikalen 
Preßorgane für die Regierung ununtersucht, 
können aber nicht verschweigen, daß es 
uns mit Besorgniß erfüllt, wenn die Re- 
gierungspolikik oder ein Minister dauernd 
und demonstrativ die Stinimung derjenigen 
Parteien und Blätter findet, die früher 
mit vollem Rechte als Reichsfeinde 
betrachtet und bekämpft wurden. Wenn wir 
wahrnehmen, daß sich die parlamentarischen 
und publizistischen Vertreter dieser Rich 
tungen überbieten, die Regierungspolitik 
oder das Verhalten einzelner Minister 
mit lärmendem Beifall zu begleiten, so 
können wir uns nicht des Verdachtes er 
wehren, daß dies geschieht, weil sie, einerlei 
ob mit Recht oder Unrecht, glauben, daß 
die in Berlin eingeschlagenen Wege in den 
Sumps führen und daß dadurch die 
Verwirklichung ihrer eigenen Pläne in 
den Bereich einer nähern Möglichkeit gerückt 
wird. Diese Zustimmung erfüllt uns mit 
der nämlichen Besorgniß wie seinerzeit das 
Vertrauen, welches das Centrum und die 
Socialdemokratie für den Grafen Caprivi 
bekundeten, weil sie überzeugt waren, daß 
der damalige Reichskanzler durch seine 
Politik ihre Geschäfte besorge." 
Also mit anderen Worten: Wir lassen 
lieber Leute wie Leckert und Genossen, 
Normann (Dr. Mundt) u. s. w. weiter 
wühlen, nur die bösen „Reichsfeinde", die 
müssen geschunden werden. 0 sancta 
simplicitas! 
m Prozeß Leckert-Lützow hat be 
kanntlich ein Berliner Telegramm der 
Münchener Neuesten Nachrichten über iu- 
ime Vorgänge im preußischen Staats- 
miuisterium aus Anlaß der Berathung 
der Militairstrasprozeßresorm eine hervor 
ragende Rolle gespielt. Der Urheber 
dieses Telegramms, nach dem auf Ver 
anlassung des Kriegsministeriums so eifrig 
geforscht wurde, ist auch während des 
Prozesses nicht ermittelt worden. Wie 
jetzt die Zukunft mittheilt, soll das be 
treffende Telegramm einem Gespräche en>- 
bibliothekars 
deren Echtheit dem Verein geschenkt. 
Bautzen, 19. Dec. Das Gericht erkannte 
die Angeklagten Transportdirektor Wink 
ler und Bahnhofsinspektor Götze 
schuldig der Gefährdung zweier Bahn 
transporte, des Kaiserlichen Hofzuges, sowie 
des Schnellzuges. Beide Beamten wurden 
kostenpflichtig verurtheilt, und zwar Wink 
ler zu zwei, Götze zu einem Monat 
Gefängniß. Als strafmildernd wurde 
der Umstand in Betracht gezogen, daß die 
Beamten zur fraglichen Zeit infolge der 
Kaisermanöver und des durch diese ver 
anlaßten großen Fremdenzustroms dienstlich 
stark belastet waren. 
Die „Köln. Volksztg." bestätigt aus 
Karlsruhe, daß eine erneute Zeugenver 
nehmung im Falle Brüsewitz stattfinde. 
Kaiser Wilhelm habe das erste Urtheil 
nicht bestätigt. 
Würzburg, 18. Decbr. In der unter- 
fränkischen Handels- und Gewerbekammer 
wurde folgender hübsche Fall mitgetheilt: 
Ein sogenanntes Filialgeschäft in Lohr 
hatte eineUnterhoseim Schaufenster 
ausgehängt, auf deren einem Beine die 
Preisbezeichnung „34 Pfg." angebracht 
war. Als eine Frau das Kleidungsstück zu 
dem bezeichneten Preise einkauien wollte, 
agte man ihr im Laden, die Hose koste 
68 Pf., da natürlich die 34 Pf. sich nur 
auf das eine Bein der Hose be 
zöge n." — Wenn die Frau energisch 
gewesen wäre, hätte sie sich das eine Bein 
ur 34 Pfg. abschneiden lassen. 
Scharfe Schüsse wurden, wie er 
innerlich, vor etwa 2 Monaten in einer 
Straße in Mannheim auf einen Deser 
teur abgefeuert. Die Angelegenheit ist 
vor einigen Tagen im Bürgerausschuß zur 
Sprache gekommen. Oberbürgermeister 
Beck erklärte, daß das Regimentskommando 
eine Instruktion bald nach dem Vorfall 
dahin erlassen, bei Gefangenentransporten, 
wobei die Transporteure mit Munition 
versehen sein müssen, die Straßen der 
Stadt nach Möglichkeit zu vermeiden und 
die Schußwaffe nöthigenfalls nur da zu 
gebrauchen, wo das Leben anderer nicht 
gefährdet wird. Ter Stadtrath glaubte, 
daß nur eine geeignete Aenderung der 
gesetzlichen Vorschriften über den Waffen 
gebrauch völlig beruhigende Berhältniffe 
herbeiführen könne. Auf eine desfallsige 
Vorstellung bei der Staatsbehörde ging in 
den jüngsten Tagen dem Stadtrath Ab 
tchrist eines ministeriellen Erlasses
	        
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