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GrscHeìnt täcļsicŞ.
Màburger
fnWiitt
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89 stet Jahrgang, -şi-
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dieses Blattes vorbehalten.
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Wo. 2m.
Ireitag, den 18. December
1896.
Die Erneuerung
d : Bestellungen des Rendsburger
Wochenblattes
>v.rd hierdurch ergebenst in Erinnerung
gebracht. Alle Postämter und Landbrief
träger nehmen Bestellungen entgegen.
Die Expedition.
Morgen-Berichte
London, 17. Dec. Ein schweres Erd
beben erschütterte fast ganz England und
Wales; es war eine einzige Welle,
begleitet von donnerndem Rollen. Von
großen Städten sind Liverpool, Manchester
und Birmingham betroffen. Menschen
wurden niedergeworfen, Möbel umgestürzt,
Häuser schwankten heftig, doch ist, soweit
bisher bekannt, kein erheblicher Schaden
ungerichtet. Ueberall entstand eine große
Panik, und die Menschen stürzten in's
Freie.
London, 18. Dec. In Hereford wur
den durch das Erdbeben die Kathe
drale, der Bahnhof nnd andere Gebäude
beschädigt. Eine Frau starb vor Schreck.
London, 17. Dec. Wie das Reuter'sche
Bureau aus Tanger (Marokko) meldet,
ist der deutsche Banquier H ä ß n e r , als
er sich heute Nacht nach Hause begeben
wollte, in einer Entfernung von 300 Iards
von dem Stadtthore ermordet worden.
Berlin, 17. Dec. Der Kaiser unter-
hielt sich heute während des parlamenta-
rischen Diners beim Reichskanzler außer-
ordentlich lange mit dem Oberbürgermeister
Dr. Giese-Altona über den Hamburger
Sreik; vorher hatte der Kaiser mit dem
Reichskanzler konferirt.
Berlin, 17. Decbr. Wie aus Thorn
gemeldet wird, ist die Erhebung der An-
klage gegen die in der Landesverrathsaffäre
verhafteten Personen, den früheren Hülfs-
gerichtsdiener Albrecht, den Scha-tttmeister
Fahrin und einen Unteroffizier auf unbe
stimmte Zeit verschoben, da zur Begründung
der Anklage das Zeugniß des verhafteten
Kriminalkommissarius v. Tausch erforder-
lich ist, in dessen Händen fast ausschließlich
alle Ermittelungen in der Sache gelegen
haben. Daher sollen die Verhafteten einst-
weilen nicht nach Leipzig überführt werden.
Hamburg, 17. Dec. Der Dampfer ber I
Packetsahrtgesellschast „Thuringia" ist bei
Tura^ao gestrandet. Die „Flandria" ist
K>r Hülfe entsandt worden.
Nordhauseu, 18. Dec. Der Redakteur
der „Nordhauser Zeitung" wurde wegen
auszugsweisen Abdrucks des Artikels der
„Frankfurter Zeitung", betr. den Marga-
rinefabrikanten Mohr zu 5 Mk. Geldstrafe
verurtheilt.
Aschaffenburg, 17. Dez. Heute Nach-
mittag um 4 Uhr wurden die bei der
Katastrophe in der Kromer'schen Zünd
stofffabrik tödtlich Verunglückten bestattet.
mit dem Namen derselben errichtet werden.lein Bild vo» den Zustanden machen, wie sie jetzt
Von den verstorbenen 8 Mädchen ist eines, Şhen. ^Die Partei als solche hatte nicht die
nach Stockstagt überführt worden, wo die
Beisetzung stattfinden soll. Heute Nach-
mittag ist abermals eiues der verunglückten
Mädchen gestorben, sodaß die Zahl der
Verstorbenen nunmehr neun betragt.
Leipzig, 16. Dec. Ein Motorwagen der
Straßenbahn fuhr beim Passiren der Kurve
am Markte in das Schaufenster der Firma
Wilbrandt hinein. Drei Passanten wur-
den schwer verletzt, und eine junge Dame
getödtet.
Petersburg, 17. Dec. Auf Anordnung
des Unterrichts-Ministers wurde die Uni
versität Charkow geschlossen
wegen stürmischer Demonstrationen der
Studenten, die selbstständig und direkt eine
Petition an den Zaren richten wollten.
Eine strenge Untersuchung gegen die Ur-
Heber der Petition und der Demonstratio-
neu, die an die Chodinsky-Katastrophe an
knüpften, ist angeordnet. Angeblich ist
eine Agitation, die sich über alle russischen
Universitäten erstreckt, entdeckt. Die Maß
regeln zur Ueberwachung der Studenten
aller russischer Universitäten durch Polizei
sind verschärft worden.
Venedig, 17. Dec. In der hier zu
sammengetretenen Karlisten-Versammlung
gab Don Carlos seine Absicht kund, die
Führerschaft au seinen Sohn, Don Jayme,
abzutreten. Die Versammlung befaßte sich
auch mit den Zuständen auf Cuba.
Konsrantinopcl, 17. Dec. Die „Frkf.
Ztg." meldet aus Konstantinopel: Als der
russische Botschafter von Nelidow eintraf
erwarteten ihn die Vertreter des gesammten
diplomatischen Corps und des Sultans.
Die Botschafter vereinigten sich heute bei
Nelido, worauf erst seine Audienz beim
Sultan behufs Uebergabe der Vorschläge
der Mächte erfolgte. — Der armenische
Patriarch hat allen Bischöfen telegraphische
Weisung zugehen lassen, großartige Kund-
gedungen des Dankes zu veranlassen, sobald
der Jrads, betreffend die allgemeine Am
nestie in Armenien erschienen ist.
Bombay, 17. Dec Bis jetzt sind 1511
Erkrankungen uno 1094 Todesfälle
an der Pest bekannt geworden, jedoch
sträubt sich die Bevölkerung dagegen, den
Behörden Meldungen zu machen. Die
Eingeborenen fliehen noch immer aus der
Stadt; 2 00 000 Personen sollen
diese bereitsverlas senhaben
Besprechung des Streiks
der Hamburger Hafenarbeiter
im Reichstag.
Die bis jetzt Verstorbenen sind Mädchen t werden die Rheder selbst mit ihren
- ™ > lno Ķşşn àten über eine Lohnerhöhung sich verständigen.
Und haben ein gemeinsames Grab erhalten.
Die Beerdigung e> folgte auf Kosten der
Stadt, die durch den gesammten Magistrat
Und die Stadtverordneten vertreten war.
Der Bürgermeister legte im Namen der
Stadt unter herzlichen Worten der Theil
nahme einen Kranz nieder. Der Pfarrer,
welcher die Einsegnung vornahm, widmete
8leichsalls den Verblichenen einen ehren-
vollen Nachruf. An dem Trauergesolge
detheiligten sich offiziell die Geistlichkeit,
Vertreter des Osfizierkorps, sowie der
tätlichen und städtischen Behörden. Die
Bewohner der umliegenden Ortschaften
^'uren fast vollzählich erschienen. Feuer
wehrleute mit brennenden Fackeln bildeten
Spalier, Feuerwehrleute trugen auch die
«arge. — Für die Angehörigen der Opfer
f . eè Brandes, soweit tze arbeitsunfähig
Ķd, wird die Stadt in ausgiebigster
preise sorgen. Es hat sich heute unter
e Ņ’ Vorsitz des Bürgermeisters ein Co-
Uiilee zur Sammlung Freiwilliger Beiträge
gebildet. Auf dem Grabe der Verun
glückten wird von der Stadt ein Denkmal
Abg. Jebs en (nail.) verwahrt sich als Ham-
burger Rheder gegen die von dem Abg. Molken-
buhr aus die Hamburger Rhederei gerichteten
Angriffe. Die Löhne seien t889, wo die Rhe-
derei florirte, erheblich höhere gewesen; mit der
Krise hätten sie heruntergehen müssen. Ein
kleiner Aufschwung des Frachtenverkehrs fei jetz'
zu spüren. Um für die Arbeiter dabei etwas
herauszuschlagen, dazu ist der gegenwärtige Zeit
Punkt der ungeeignetste. Nehmen die Arbeiter
ihre Arbeit wieder auf oder hält der Aufschwung
Abg. Legi en (Soz,): Die von den Rheden,
veröffentlichten Lohnlisten sind sehr verdächtig.
Durch persönliche Prüfung gaben wir festgestellt,
daß in Hunderten und aberhuirderten von Fällen
die Löhne nicht dem einzelnen Schauermann,
sondern auch seinem Ersatzmann gezahlt finds
Mehr als tausend Mark entfallen auf keinen der
betreffenden Schauerleute. An einzelnen Bei
spielen sucht Redner nachzuweisen, welche Riesen
arbeit diese Leut« zu bewältigen haben, und fragt,
.ob gegenüber diesen Leistungen ein Lohn von
700 bis 1000 Mk. «in ausreichendes Aeguivalent
sei. Aus den Listen, welche die Zahl der Arbeits
wochen angeben, laffe sich ganz genau das wirk
liche Arbeitseinkommen der Leute nachweise»,
und darum hätten die Stauer davon Gebrauch
gemacht und in ihren späteren Listeiiausstellungcn
die Zahl der Arbeitswochen weggeiasien. Die
Angaben der Stauer und Rheder entsprächen
ajw keinesfalls der wahren Sachlage. Der
streik in Hamburg fei so begründet wie jeder
andere; es gebe überhaupt keinen unbegründeten
Streik (Heiterkeit). Das Hamburger „Echo" hat
nicht zum Streik gehetzt, sondern vo» Anbeginn
an gefordert, daß der Friede geschlossen werden
soll. Aber um die Lohnhöhe allein handelt es
sich in Hamburg allerdings nicht, sondern auch
um Regulirung der Arbeitszeit. In dem neuen
Tarif der Arbeiter wird verlangt, daß di« Arbeits
zeit nicht länger als 36 Stunden hintereinander
dauern soll; daraus allein können Sie sich wohl
geringste Kenntniß davon, daß es hier zu einem
Lohnkampfe kommen sollte; die Führer ivaren
davon auf's Aeußerste überrascht. Bei dem Vor
handensein einer Organisation wäre der Streik
nicht ausgebrocheii; aber di« Anfänge einer
Organisation haben gerade die Arbeitgeber 1890
zu vernichten sich bemüht nnd derselbe Arbeitgeber
verband ist es, der auch heu e wieder in Aktion
tritt. Systematisch hat er die Arbeiter zu drang-
saliren versucht, jeder orgaiiisirte Arbeiter wird
von der Arbeit ausgeschlossen durch die besonderen
Arbeitsnachweise, die die Arbeitgebervereinigung
eingerichtet hat. Suchen Sie nach einem Grunde
für den Streik, so finden Sie ihn vielleicht bei
diesen Arbeitsnachweisen. Mit dem Hinweis auf die
Sozialdemokratie als Urheberin des Streiks kann
man doch nur beabsichtigen, die Streikenden
beim Publikum in Mißkredit zu bringen, v. Elm,
Molkenbuhr und ich, wir haben durch das Reichs
tagsmandat nicht etwa aufgehört, Arbeiter zu
sein; brauchen unS die Arbeiter, so stehen wir
ihnen zur Verfügung, auch wenn Herr v. Boetticher
uns dann hier im Reichstage vermißt, wo wir
dann allerdings seine schönen Reden nicht hören
können. Es ist kein wahres Wort daran, daß
ich in einem Schiff« der Packetsahrtgesellschast die
Streikenden haranguirt habe; der Staatsseeretär
ist in diesem Falle ganz falsch unterrichtet. Ich
hätte mich auch nicht entfernt, ivenn mich nicht
ein Polizist, der dort ebensowenig zu suchen hatte,
wie ich, zum Weggehen aufgefordert hätte .Herr
v. Boetticher sieht das Ende des Streikes nahen;
ich kann mittheilen, daß die Streikunterstützung
um I Mk. erhöht worden ist. Die Streikenden
sind durchaus für Vermittelung und werde»
jedes Schiedsgericht annehmen (Hört, hört! links),
und nicht aus Mangel an Mitteln, sondern weil
sie sich der Erkenntniß nicht verschließen, was
bei längerer Dauer aus den Zuständen in Ham
burg werden soll. Man schasst elende, kranke,
hinfällige Arbeiter als Streikbrecher nach Ham
burg und schafft dadiirch Zustände, die noth
wendigerweise zu einem Zustande zurückführen
müssen, wie sie das Epidemiejahr 1892 für Ham
burg gezeitigt hat. Die Hamburger Arbeiter
wollen den Frieden und bieten die Hand dazu,
sobald ihre Interessen nur die geringste Berück
sichtigung erfahren. Aus den Erklärungen des
Staatssekretärs selbst ergiebt sich, daß der Lloyd
nicht erfüllt hat, ivas er versprochen, daß er
Lohnreduktion hat eintreten lassen ; wir sind also
sehr im Recht, wenn wir unsererseits unsere
Stellung zu dem Lloyd verändern. War»»,
schont man die Leute bei der deutschen Marine
in den Tropengeivässern nicht, warum werden
da nicht gelbe Matrosen eingestellt, wie beim
Lloyd? Sobald der Lloyd so vorging, folgten
die Hamburger Rheder, und so sanken die Löhne
bis auf 50 Mk., ja aus 40 Mk.., wovon kein
Mensch auch nur nothdürftig leben kann. Jetzt
will inan die gelben Leute beseitigen, jetzt, nach
dem das Unglück einnial geschehen ist.' Herrn
v. Stumm will ich gern bei seinem Glauben
lassen, daß die Sozialdemokratie aus der Hölle
gekommen ist; sie ist aber weder aus vem
Himmel, noch auS der Hölle gekommen, sondern
ein Produkt der Verhältnisse. Auch wenn der
Streck verloren geht, wird die Sozialdemokratie
nicht in ihrer Fortentwicklung gehemmt werden;
sie wird sich nicht und kann sich nicht zu einer
Resormpartei entwickeln.
Erachtens daraus von selbst ergeben. Das Ur
theil über die Handlungsweise des Herrn Mohr
steht, nachdem die Prozeßverhandlungen bekannt
geworden sind, in der Oeffentlichkeit so fest, daß
wir darüber kein Wort mehr zu verlieren brauchen.
Die Worte Mohr's in der Verhandlung: „D a n n
muß ich d e u Mann auch noch kaufe n"
sagen genug und übergenug.
Der Privalklägcr Abgeordneter Mohr ist per
sönlich erschienen, als juristischer Beiraih steht
ihm Rechtsanwalt O e l s n e r zur Seite. Der
ebeiiialls veriöuliib anwesende Nrinomna
ebensalls persönlich anwesende Privaiangeklagte
Redakteur O e s e r wird durch Rechtsanwalt
Dr. Bruck und Referendar Dr. Herz vertheidigt.
Der Sitzung wohnt auch der Redakteur der
„Wormser Zeitung", Dr. Schapcr, bei, der sich
morgen ebenfalls ivegen Beleidigung Mohrs,
begangen durch den Abdruck des' Wormser
Polizeibcrichts. zu verantworlen haben wird.
Als Zeugen sind anwesend der Fabrikant Diller
und Polizeischreiber Orth. Rach der Verlesung
der einzelnen iiuicr Anklage gestellten Artikel
der „Frankfurter Zeitung" überreichte der Ver
treter des Privatklögers die Nummer der
„Wormser Zeitung", aus der die „Frankfurter
Zeitung" den Polizeibericht abgedruckt hat, und
ersucht, scstzustcllcu, das; die fragliche Notiz kein
Polizeibericht, sondern eine gewöhnliche Lokal-
notiz war, welche die Uebcrschrift: „Verrath von
Fabrikgeheimnisscn" trug Rechtsanwalt Dr.
Bruck als Vertreter des Privatbeklagtcn bittet
demgegenüber festzustellen, daß die Notiz zioei
Kreuze an der Spitze trug, dasselbe Zeiche», das
dem Polizeibcricht vorsteht. Die Notiz stamme
daher jedenfalls aus dem Wormser Polireibureau.
Der Vertreter des Privatklägers theilt dann
mit, daß aus Veranlassung Mohrs die Gegend
um die Horchhcimcr Fabrik herum von einem
vereideten Geometer gemessen und gezeichnet
ivordcn sei und beantragt dessen Vernehmung,
die jedoch zunächst ausgesetzt wird. Hierauf ge
langen die Protokolle über die kommissarischen
Vernkhmungen verichiedener Zeugen zur Ver
lesung. Polizeikommissar Bischof aus Worms
hat bekundet, daß der Polizeibericht also auch
üie fragliche Notiz von dem Pollzcischrciber
doch ja überlegen. Der Zeuge giebt dann weiter
au, daß er zu Herrn Mohr gesagt habe, ohne
einen Syrupskocher gehe die Sache doch nicht.
„Dann in u ß i ch d e n M a n n auch noch
kaufe n", habe Mohr darauf gesagt und zwei
Annoncen an die „Wormser Zeitung" und den
„Wormser Generalanzeiger" aufgegeben, in welchen
er Syrupskocher uni Angabe ihrer Adressen er
suchte und ihnen Verschwiegenheit auch für den
Fall zusicherte, daß er sie nicht brauchen könne.
Eine Zeugin Bäcker hat den Privatkläger be
obachtet, wie derselbe über die Mauer der Fabrik
von Pfeiffer & Diller zu sehen versuchte. Bei
dem Zeugen Wirth Hasch hat Mohr sich erkun
digt, wie die Essenz hergestellt werde, und wer
sie herstelle. Hasch nannte darauf die Namen der
Arbeiter Ritzberger und Schmidt, und M 0 h r
forderte den Zeugen auf, die beiden herbeizuholen,
was Hasch jedoch ablehnte, da er niemand zmn
Schicken habe. Hierauf wird der persönlich an
wesende Zeuge Diller von der Firma Pfeiffer
II. Diller vernommen. Er bekundet: Die Her
stellung der Kaffee-Essenz sei Fabrikgeheinmiß,
mib nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen
den unlautern Wettbewerb habe er die Arbeiter
noch besonders verpflichtet, das Geheimniß nicht
preiszugeben. Die Fabrikation der Maschinen sei
nicht gerade Fabrikgeheimnitz, da die einzelnen
Maschinen aber auf seine Zeichnungen hin ange
fertigt seien, so habe er sich ein Anrecht auf die
Geheimhaltung der Fabrikation dadurch zu er-
werben gesucht, daß er den Schlosser Hahn und
die ausführende Fabrik in Frankenthal zur Ver
schwiegenheit verpflichtete. Auf Befragen des
Vertreters des Privatklägers giebt der Zeuge
noch an, daß er der „Frankfurter Zeitung"
auf deren telegraphische Anfrage hin brieflich
Näheres über den Fall Mohr initgetheilt
habe. Insbesondere habe er hervorgehoben, daß.
die Notiz aus dem Polizeibureau stammte, und
daß die Angaben durchaus wahrheitsgetreu seien.
D>r Prioatbeklagte Oeser selbst giebt zu dieser
Frage an: Von verschiedenen Lesern aus Worms
wurde mir die betr. Nummer der „Wormser
Zeitung" zugeschickt. Ich sagte mir, es ist doch
ganz unglaublich, daß ein Abgeordneter sich in
dieser Weise gegen das Gesetz vergangen haben
sollte, und telegraphirte deshalb zunächst an
Pfeiffer und Diller, ob der Vorgang sich wirklich
Orth auf Grund der Volizelakten verfaßt worden
sei. Er erinnere sich, eines Tages von der e ^Polizcibericht
i Pfeiffer und Diller in Honbbeim bļ>> ^ŗgestellt wurde. Cr,t nachdem ich auch noch in
f f C m şşŞ'm bei den Besitz einer brieflichen Mittheilung der Finna
Herr Mohr als Kläger.
Vorgestern und gestern haben in Frankfurt a
M. und Worms Verhandlungen gegen Zeitungs-
cedakteure wegen Beleidigung des Margarinefa
brikanten Mohr stattgefunden. Wegen desselben
Artikels ist der Redakteur der „Frankfurter Zei
tung" zu 500 Mk., der der „Wormser Zeitung'
zu 300 Mk. Geldstrafe verurtheilt worsen, wäh
rend beispielsweise der Abdruck des unter
gestellten Artikels in Nordhausen mit einer Strafe
von nur 5 M. belegt worden ist. Diese Verschieden
heit ist auf den ersten Blick auffällig, aber erklär
lich Der v 0 r l ä u fi g e Erfolg, den Herr Mohr
erzielt hat, wird ihn vermuthlich veranlassen, seine
Massenklagen weiter fortzusetzen, und wir werden
gezwungen sein, den Mohrklagen eine besondere
Rubrik unseres Blattes anzuweisen. Nicht die
Persönlichkeit des Herrn Mohr und nicht der
eigentliche Gegenstand der Klage veranlaßt uns,
die Angelegenheit an dieser Stelle zu behandeln,
sondern etwas anderes. Das wichtigste Ergebniß
des Prozesses ist der durch ihn geführte Nachweis
einer Lücke im Gesetze geg en den un
lauteren Wettbewerb. Weil der Schlos
sermeister, an den Herr Mohr sich wandle, nicht
Angestellter der Fabrik war, sondern selbst
ständiger Meister, war die Handlungsweise des
Herrn Mohr nicht strafbar. Wäre es ihnl ge
lungen, den Sirupkocher, den er kaufen wollte,
zu kaufen, dann würde wohl die Strafbarkeit
außer Zweifel stehen. Da nun aber die ganze
Art, wie Herr Mohr die besondern Geheimnisse
der Wormser Kaffee-Csienz-Fabrik zu ergründen
suchte, das Gepräge eines Wettbewerbs trügt, so
wird es Sache der Gesetzgebung sein, aus dem
Prozesse die Folgen zu ziehen, die sich unsers
Firma Pfeiffer und Diller in Horchheim bei
Worms die Mittheilung erhalten zu haben, daß
der damals unbekannte Privatkläger sich des
Vergehens gegen das Gesetz über den unlauteren
Wettbewerb schuldig gemacht habe. Auf Grund
der Angaben sei dann die Verhaftung Mohrs
erfolgt. Der Wachtmeister Brcidenstcin, der
die Verhaftung vornahm, hat den Privatkläger
dabei mit „Ihr" angeredet, worauf dieser gesagt
habe: „Fch bin Ihr „Ihr"' nicht, ich bin Ab.
geordneter!" Zeuge Kutscher und Posthalter
Kaufmann aus Worms hat den Privatkläger
seiner Zeit nach Hochheim gefahren. Aus dem
Wege dorthin habe Mohr ihn gefragt, ob in
dem Orte sich eine Kaff ceessenzfabrik von Pfeiffer
& Diller befinde. Als Zeuge dies verneinte
und ihm mittheilte, daß sich eine Fabrik gleicher
Art und gleichen Namens in Horchheim befinde,
hat er den Austrag erhalten, den Privatkläger
dorthin zu fahren Unterwegs habe Mohr ihn
gefragt, ob er nicht einen Mann in Horchheim
kenne, der die gleichen Maschinen fertige, wie
sie in der Fabrik von Pfeiffer & Diller m Ge
brauch wien. Zeuge hat daraus den Schlosser-
meister Hahn in Horchheim genannt, der s. Zt.
der Fabrik einen Theil der Maschinen geliefert
bat und die Reparaturen an ihnen ausführt.
Auf die Frage des Zeugen, ob er den Privat
kläger in eie Fabrik hineinfahren solle, hat dieser
mit Nein geantwortet und ihn beauftragt, in
der Nähe der Fabrik in irgend einer Wirthschaft
auszuspannen. Während der Zeuge sich ent-
sernte, ging Mohr nach der Fabrik zu und blieb
etwa 10 Minuten sort. Rach der Rückkehr
Mohrs fragte der Zeuge den Privatkläger, ob
er in der Fabrik gewcsen sei, was Mohr ver
neinte, indem er bemerkte, es sei geiade Mittags-
ze.t. Der Zeug- hat den Kläger dann zu dem
Schlossermcister Hahn geführt, und diesem hat
Mohr nach Bekundung des Zeugen Kaufmann
gesagt, er beabsichtige, eine gleiche Fabrik wie
die Pfeiffer & Dilleische in Bahrenfeld bei
Altona einzurichten. Er habe dann Hahn ge
fragt, wieviel er für die Einrichtung einer solchen
Fabrik verlange. Hahn habe aber jede Thätig
keit im Dienste Mohrs abgelehnt und später zu
ihm, Zeugen, gesagt: Er hätte Mohr alle
Maschinen liefern und dafür 30 000 Mark er
halten können, und nun müsse er 15 Jahre
arbeiten, ehe er eine solche Summe verdiene
Schlossermeister Hahn aus Forchheim hat
bekundet: Ich habe seiner Zeit die Maschine»
für Pfeiffer & Diller geliefert und übernahm
tillschweigend die Verpflichtung zur Geheimhaltung
der Fabrikationsart. Mein Verdienst schwankte
zwischen 400 bis 600 Mk. Ich habe das Geschäft
mit Herrn Mohr nicht ohne weiteres machen
wollen, sondern sagte ihm zunächst, daß die
Einrichtung schweres Geld kosten würde. Mohr
erkundigte sich dann eingehend über die Verhält
nisse in der Fabrik. Er fragte, ob viel Arbeiter
beschäftigt würden und ob die Firma viel liegendes
Kapital besitze. Weiter frug Herr Mohr, was
zu der Fabrikation verwendet werde, ob Syrup
genommen werde, ob man ihn mahle und was
für ein Zusatz gebraucht würde. Ich bejahte alle
diese Fragen, und schließlich stellte Herr Mohr
noch die Frage, was für ein Zusatz das sei. Ich
agte, das ist eine Lebensfrage, ich würde mich
chämen, es zu sagen. Mohr sorderte mich daraus
ans, einen bestimniten Preis für die Einrichtung
zu fordern, und sagte, ich solle mir die Sache
gelangt war, veröffentlichte ich den Fall. Auf
die Vernehmung des zweiten anwesenden Zeugen,
des Polizeischreibers Orth, wurde allseitig ver
zichtet. Es gelangt dann noch der Einstellungs-
beschluß des Oberlaiidesgerichts in Mainz in
Sachen gegen Mohr wegen Vergehens gegen das
Gesetz betr. den unlautern Wettbewerb zur Ver
lesung. Aus der Verlesung geht hervor, daß das
Verfahren eingestellt worden ist, weil das Vor
gehen Mohrs kriminell nicht strafbar sei, der
Zeuge Schlossermeister Hahn selbstständiger Haiid-
rverker und nicht, wie § 10 des Gesetzes erfordert,
Arbeiter oder sonstiger Angestellter der Firma,
also auch nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet
war. Nachdem Zeuge Diller hierauf noch erwähnt
hatte, daß er von der Angelegenheit mit den
Albeitern Ritzeiibergcr und Schmidt dem Ober-
landesgericht keine Mitteilung mehr gemacht,
sondern sich bei dem Einstellungsbeschluß beruhigt
habe, erhielt der Vertreter des Privatklägers.
Rechts«,iwalt Oelsner das Wort. Der Polizei-
bericht, auf den die Privatklage sich stütze, kenn
zeichne sich schon durch die Ueberschrift als ein
ganz gewöhnlicher Sensationsartikel, den die
„Frankfurter Zeitung" nur alifgenommen habe,
um dem verhaßten politischen Gegner eins aus
zuwischen. Wenn der Beklagte wirkich angenommen
habe, daß die Notiz aus dem Polizeibericht
stammte, so hätte er durch eine Anfrage bei der
Polizeidirektion feststellen können, daß es sich
lediglich um eine unerlaubte Privatarbeit des
Polizeischreibers handelte. Im Weitern pole-
nilsirt der Redner gegen die „Franks. Zeitung"
im Allgemeinen. Die ganze Handlungsweise des
Angeklagten beweise, in wie fahrlässiger Weise
die „Franks. Ztg." mit der Wahrheit umspringe.
Mohr habe nichts gethan, was gegen das Gesetz
verstoße. Mohr habe seiner Zeit große Angst
gehavt, daß der Entwurf zum Margariuegesetz
im Reichstage zur Annahme gelangen und da
durch seine Fabrik vernichtet oder doch wenigstens
der Betrieb derselben eingeschränkt werden würde.
Er beabsichtige deshalb, sich mit der Gründung
einer Kaffee-Effeiizfabrik finanziell den Rücken zu
decken. Er hat sich in durchaus korrekter Weise
über die Einrichtunq einer solchen Fabrik zu in-
ormiren gesucht. Der Zeuge Hahn habe sich
nach dem Fehlschlagen seiner Verhandlungen mit
Mohr bei der Firma Pfeiffer & Diller ein rothes
Röllchen verdienen wollen und deshalb Mohr
hineinzulegen gesucht. Charakteristisch für die
doii» fides des Klägers Mohr sei die Thatsache,
baß er jedem in Forchheim und Worms seinen
Namen genannt habe. Auf die bloße Notiz hin
habe der Beklagte den Kläger zum Verbrecher
gestempelt, und trotz des Einstellungsbeschlusses
sei weiter gegen Mohr gehetzt worden, lediglich
uni den angeblichen Sensationslüsten des Publi
kums zu genügen und Mohr unmöglich zu
machen, nicht nur als Kaufmann, sondern ins
besondere auch als Politiker s. r alle Zeiten.
Deshalb sei eine hohe Strafe am Platze, und
mit Rücksicht darauf, daß die „Franks. Zeitung"
seit Jahren von de» Gerichten wegen ihrer kon
stanten Verläumdungsmanier mit hohen Strafe»
belegt zu werden pflege, beantrage er eine Ge-
sävgiiißstrafe von zwei Monaten, Publikation des
Urteils in der „Frankfurter Zeitung", den
„Altonaer Nachrichten", der „Wormser Zeitung"
und der „National-Zeitung" in Berlin und Un
brauchbarmachung der Platten, Formen u. s. w.