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zum Mittagessen und 2 Rinder, 8 Schafe
und 4 Schweine benöthigen, worauf er
fpäter noch 4 Faß Fisch vor dem Schlafen
gehen zu sich zu nehmen kein Bedenken
tragen dürfe.
— Das Tretmotor > Einrad. Genaue
Einzelheiten über die neue, bereits erwähnte
Ganswindtsche Erfindung des Tretmotor-
Einrades dürfen wegen der bevorstehenden
Anmeldung von Auslandpatenten noch
nicht bekannt gemacht werden; jedoch. der
Umstand, daß auch die anderen Ganswindt-
schen Erfindungen, z. B. auch der Tret
motor > Feuerwehrwagen, sofort und von
einwandsfreier Seite anerkannt worden
sind, bietet wohl die Gewähr dafür, daß
es sich hier um eine practisch brauchbare
Erfindung handelt. Soviel läßt sich schon
jetzt sagen, daß das Erlernen des Fahrens
mit diesem Einrade weniger Schwierig
keiten macht als mit dem Zweirade. Ein
weiterer Vorzug besteht darin, daß eine
Uebersetzung mittelst Kette oder Räder nicht
nothwendig ist, da es eine charakteristische
Eigenschaft des Tretmotors ist, daß jedes
Ueberfetzung-Verhältniß direkt durch Ver
größerung oder Verkleinerung der Antriebs
scheiben erzielt werden kann. Nur für
Damenräder ist noch eine zweite Kon
struktion mit Kettenübersetzung vorgesehen
worden, damit das Rad selbst ganz beson
ders klein gehalten werden kann und mit
der Kleidung nicht in Collision kommt
Das ein Einrad unter gewisser Bedingung
möglich ist, nämlich, wenn das Körper
gewicht des Radlers in die Vertikale
unterhalb der Achse verlegt und daselbst
belassen wird, ist ja längst erkannt worden;
nur gestatteten die bisherigen Constructione»
diese Anordnung nicht, weil dieselbe allein
durch Anwendung des Tretmotors über
haupt möglich wird; denn an demselben
werden bekanntlich die Fußtritte in den
Vertikalen auf- und abbewegt, und zwar,
unabhängig von der Tourenzahl des Rades,
in beliebigem Tact, der zeitweise auch ganz
unterbrochen werden kaun.
— Wann beginnt das 20. Jahrhundert?
Diese Frage, so schreibt man, ist jetzt voll
der Pariser „Acadámie des Sciences“
formell, wenigstens für Frankreich, ent
schieden. Ein auswärtiges Mitglied hatte
der Akademie die Frage gestellt, und nach
reiflicher Erwägung hat die Akademie ent
schieden, daß das 20. Jahrhundert mit
dem 1. Januar 1901 beginne. Der
Fragesteller hatte auf Ludwig XIV., Goethe,
Victor Hugo u. A. sich bezogen, die der
Ansicht waren, daß das Jahrhundert mit
dem Nulljahr beginne. Die Akademie ist
der Ansicht, daß es ein Nulljahr gar nicht
gebe, wie denn auch thatsächlich unsere
Zeitrechnung nicht mit dem Jahre 0,
sondern mit dem Jahre 1 begonnen habe.
Die Null bezeichne nur den Zehner, der
zum Vorhergehenden gehöre. Also beginne
das 20. Jahrhundert richtig mit dem
1. Januar 1901.
Oekonomisch. „ . . Ich weiß nicht,
Ella, wie Du es mit Deinem Haus
Haltungsgeld nur hältst! Gebe ich Dir
viel, dann brauchst Du viel, gebe ich Dir
weniger, dann kommst Du auch aus!"
— „Das ist sehr einfach, lieber Rudolf:
Wenn Du mir viel Geld giebst, dann be-
zahle ich nebenbei meine Schulden, die
ich mache, wenn Du mir weniger giebst!"
(„Flieg.Bl.")
Uebertrumpft. Mann: Aber merkst Du
denn nicht, wie lächer/ich Du Dick mit
U. MB
Deinen Schinkenärmeln machst? Du hast
doch nichts, um sie auszufüllen." — Frau:
Und womit füllst Du etwa Deinen
Cylinderhut aus?"
Nicht verlegen. Kunde: „Der linke
Stiefel ist zu eng!" — Schuster: „Das
thut nichts, das weitet sich aus!" —
Kunde: „Und der rechte ist zu weit!" —
Schuster: Ach, das weitet sich ein!"
,Was ist das für'n schlappes Reiten!
Kerls, gebt doch mehr Schrenkelduck —
nein: Denkelschruck — ha! Dunkelschreck
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Die politische Richtung und Haltung der „Kieler Zeitung ist bekannt.
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Die Kieler Zeitung" bietet Vorzüge, welche kein anderes Blatt der Hrovin,
bieten kann'.' Sie hat von der Telegraphenverwaltuug einen eigenen Draht zur
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Moraenblatte (3 bis 5 Bogen) gebracht werden. Diesen -Berichten schließen sich an
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Außerdem enthält jedes Morgenblatt eine eigene Politische Uebersicht eigene
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vermischte und volkswirthschaftliche Nachrichten. Das Abendblatt Ringt
auf 1'/, bis 2 Bogen leitende Artikel, einen fortlaufenden spannenden Roman,
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Die Liebe zur engeren Heimath Schleswig-Holstein zu hegen und zu Ps g
r t der Zeitung die willkommenste Aufgabe, es liegen ihr dabei die stadialen
Angelegenheiten nicht minder am Herzen als die der Landwirthschaft, deren Entwie u g
und Gedeihen sie mit Hülfe hervorragender Fachmänner zu fordern trachtet. Ueber a
größeren provinziellen Versammlungen bringt die „Kieler Ze»tu g l
ingehenLc Berichte,'wie das Blatt auch >n allen aros?eren Qrnchaf -n
Schleswig-Holsteins eigene Berichterstatter hat. Alle literarischen :u
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Roman von Graf Eugen Haufsonville. 58
Nachdem er hier eine Weile in dem großem Em-
pfangssalon gewartet hatte, erschien die Herrin des
Laufes, Frau Sallie Kimberley, allein. Sie begrüßte
ihm mit lebhafter Freundlichkeit. „Ich bedauere aber
von ganzem Herzen," sagte sie, „daß Ora Sie heute
nicht empfangen kann. Sie hat mich gebeten, sie der
Änen zu entschuldigen, da ihr nicht wohl ist."
„Das thut mir recht herzlich leid!" entgegnete Mols.
heim. „Darf man erfahren, was der Comtesie fehlt?
Davon habe ich leider keine Ahnung. Wenn Ora
einen solchen Anfall bekommt, denn so kann man's nen
nen, da schließt sie sich sogleich ein. Wassilissa. ihrcMilch-
schwester, sagte mir, daß ihr Gesicht wie im Fieber glühe,
und Katie, meine Zofe, will gesehen haben, wie die Com
tess« verzweiflungsvoll die Hände rang."
Molsheim war betroffen, aber ehe er Worte zu einer
angemessenen Bemerkung flnden konnte, wurde hinter
ihm schnell die Thür geöffnet und Oca rauschte wie eine
strahlende Vision in's Zimmer. „Guten Tag, Herr von
Molsheim!" rief sie mit frischer, klangvoller Stimme.
Sie hatte soeben in der Einsamkeit ihres Gemaches
einen Kampf mit sich selber gekämpft und denselben ver-
loren. Ich will und kann diesen Mann niemals wieder-
sehen. "Mein Schicksal ist besiegelt und ich würde ihn
nur mit in's Verderben reißen, wenn er mich liebt.
Aber liebt er mich denn? Habe ich denn ein Recht, mir
dies einzubilden? Haben die paar Triumphe, die mir
hier und da zu teil geworden silld, meinen Kopf denn
schon so vollständig verdreht? Herr von Molsheun ist
ein viel zu erfahrener Mann, als daß er sofort sein
Herz an mich hätte verlieren können. Wenn er im stände
gewesen ist, das Fräulein von Malo aufzugeben, weil
sie keine Mitgift besaß, dann wird er auch seine Freiheit
nicht so leichten Kaufes wegen einer anderen opsern.
lleberdies aber kenne ich meine Pflicht und ich tverde
dieselbe erfüllen. Sollte ich mich aber deswegen auch
cines jeden freundschaftlichen Verkehrs mit ihm enthal
py müssen. Sollte ich nicht weuigstens ein paar freund
liche glückliche Stunden mit ihm noch verleben dürfen,
ehe . . . ehe das Ende kommt? — Ich will hinunter
und ihn sehen, und wär's auch nur, um z>l beweisen,
daß ich Herrin über mich selbst bin!" So hatte ihr
Selbstgespräch gelautet. :
Die Toilette aber, dir sie letzt hastig anl^gp und
die so gewählt Ivar, daß sie in derselben sogar Sankt
Antonins selber hätte bestricken sönnen, stand in direk
testem Widerspruche zu den soeben ausgesprochene» Ge
danken. Ora war eben auch nur ein Weib und es lag
ihr alles daran, in den Augen des Mannes, dem sie
schon als Kind zugethan gewesen und den sic jetzt mit
aller Kraft der Seele zu lieben begonnett, so vorteil
haft als möglich zu erscheinen. .
Und so stand sie jetzt vor ihm, noch lieblicher indem
goldenen Sonnenlicht des Tages, als in dein Kerzen-
fchimmer der Ballnacht. Sie trug ein schneeweißes Ge-
,vand, weich und flockig, das in klassischen Falte» ihre
statuenhafte Gestalt umschmiegte; ihre Wange» ivaren
gerötet und ihre Augen leuchteten in beinahe unnatür
lichem Glanze.
Bald hatte sie Molsheim in die lebhafteste Untcr-
haltnng gezogen; sie fragte ihn. wie ihm die russische
Gesellschaft zusage, sie plauderte von de» Schlitten-
sahrteu auf der Nelva uud den sonstigen Wiutervcr-
giiüguiigeii und erzählte ihm, daß sie heute abeild wie
der ciuen Ball besuche» würde, de» die Olfizlere der
Garde veranstaltete». Molsheii» erinnerte sich. daß auch
er eine Einladung zu demselben erhalten habe uud er
griff die Gelegenheit, sie sogleich für den Cotillon in
Anspruch zu nehmen.
Sie schaute ihn an und ivnßte nicht, ob sie zusagen
oder ablehnen sollte. In diesem Augenblick erhob sich
Frau Kintberley, die sich als Amerikanerin gar »ichls
dabei dachte, in ihrem Hause eine junge Dame mil einem
Herrn allein zu lassen, und sagte: „Wäre es nicht prak-
Üsch, Herr Oberst, wen» Sie Ji r Miltagessen bei uns
einnähmen und dann gleich von hier ans mit nns zu
dem Balle führen?" , , .
„Daê ist tin guter Gedanke," vernetzte Mölsheim
erfreut.
„Abgemacht also. Wir speisen um halb acht. Der
Fürst Lobanow wird ebenfalls bier sein. Ich bitte Sie
um Pünktlichkeit. Jetzt aber entschuldigen Sie mich aus
einige Minuten, Ora ist ja bei Ihnen." Damit ging sie
hinaus.
„Wie Sie aehört haben, Comtesse, bat Frau Kim
berley meine Bitte, Sie zum Cotillon führen zu dür-
sen, an Ihrer Stelle bereits genehmigt," sagte Mols-
Heim, der bereits geahnt hatte, daß Ora ihm einen
Korb zu geben gedachte.
„Das war iehr liebenStvürdig, aber ein wenig vor
eilig von Sallie," entgegnete Ora lächelnd, şs scheint
fast, als ob sie mich mit zu dem Ncbengericht ihrer Mit-
ta gsîafel rechnete." ^ , .
„Möglich, vielleicht zum Nachtisch," bemerkte der
Ritter. „Im Ernst gesprochen aber beanspruche ich den
Cotillon als mein Recht — und Ihnen gegenüber tverde
ich stets alle meine Rechte wahren, besonders aber jene
heiligen verbriefte» Rechte von damals, vor zehn^ah-
rcn. Erinnern Sie sich noch?"
Ora blickte ihn an; seine Augen versenkten sich tief
in die ihre». Ihre Lippen bebten nnd ihr Herz begann
zu pochen. Bald aber hatte sie ihre Selbstbeherrschung
wieder gewonnen. „Ich kan» Ihnen zunächst weiter
nichts zugestehen, als den Cotillon für heute abend,"
sagte sie lachend, und ich bitte Sie, sich damit begnügen
zu ivollen."
Molsheim war zu klug. um letzt noch weiter in sie
zu dringen. Er empfahl sich bald, kehrte zu Tisch zu
rück und war auf dem Balle der Gardeosfiziere der
Tänzer des jungen Mädchens, dessen Herz wiederein
mal, wie gewöhnlich, stärker gewesen war, als ihre
Willcilskraft. , ,
Sie versuchte auch nicht wieder, den fruchtlosen
Kampf von neuem zu beginnen; sie überließ sich gänz
lich dem süßen, wonnigen Glückstraum, von dem sie
wußte, daß er nicht lange währen konnte, und aus dem
das Erwachen jetzt doppelt schrecklich für sie sein wurde.
Inzwischen hatten sich die socialpolitischen Verhält
nisse des Zarenreiches noch immer düsterer gestaltet.
In dm letzten Tagen des März war der General Drev-
telen, Chef der Geheimpolizei, auf dem Neioaquai er
schossen worden, und von überall her kamen Nachrichten
von Ermordungen von Pvlizeivigilanten; und im April,
am Montag nach Ostern, unternahmen die Terroristen
deil ersten Anschlag gegen das Leben des Zaren.
Der Nihilist Solowieff feuerte auf offener Straße
fünf Pistolenschüsse gegen die Person des Selbstherr-
Ichers aller Reußen ab, nachdem er vorher Giflkapseln
in den Mund genommen hatte, um sich der irdischen
Strafe zu enziehen. Der Monarch entging glücklich den
meuchlerischen Geschossen, dem Mörder aber halfen seine
Gistkapseln nichts und er mußte bald daraus seine That
unter den Häildeii des Henkers büßen.
Das über Rußland ausgebreitete Netz der Geheim
polizei wurde jetzt noch dichter zusammengezogen, als
zuvor. General Gurkow wurde zum Militargouverneur
von Petersburg ernannt; das Civilrecht wurde suspen
diert und ein Polizeierlaß verpflichtete den Pförtner
eines jeden Hauses zu unausgesetzten. Spionendienst uitd
zur genauesten Ueberwachllng aller ^erjollen, die das
Haus verließen oder betraten.
Das Attentat aus de» Zaren führte auch Dimitri
Malakoff schleunigst von Charkow nach der Hauptstadt
zurück. Die tüchtigsten und erprobtesten Polzeikräfte des
ganzen Lan des wurden nach Petersburg zusammenge
zogen und auch tine Anzahl französischer Geheimpoli
zisten wurden durch verlockende Gehaltsanerbietungen
veranlaßt, in russische Dienste zu treten; unter den letz-
tern befanden sich auch Lyon und Ravel Pan.
So kam er, daß sich fast gleichzeitig ein Freund und
auch ein Feind von Mölsheim in der Nähe desselben
einsandrn; denn eS währte gar nickt lange, da begann
Dimitri Malakoff einen grollenden Haß auf den Ritter
zu werfen, da ihm die Neigung nicht verborgen blieb,
die dieser für das junge Mädchen empfand, das er be
reits als sein unbestrittenes Eigentu», zu betrachten sich
gewöhnt hatte. Malakoff kannte nicht nur sebr genau
den großen Reichtum seiner Cousine, er wußte auch
sehr wohl di« wunderbare Schönheit derselben zu wür-
digev. 42.18'