Full text: Newspaper volume (1896, Bd. 2)

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89ster Jahrgang. 
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Wo. ^79. 
Sonnabend, den 28. Wovernber 
1896. 
Morgen-Berichte 
Aktoua, 27. Nov. Kaiser Wilhelm ist 
mit Gefolge, von Kiel kommend, um 12 Uhr 
45 Min. auf dem hiesigen Hauptbahnhofe 
eingetroffen. Nach dem offiziellen Empfang 
fuhr der Kaiser, welcher die Uniform des 
Seebataillons trug, in derselben Equipage 
mit Graf Waldersee, von dem zahlreichen 
Publikum herzlich begrüßt, nach dem Dienst- 
gcbäude des Generalkommandos, wo er 
von der Frau Gräfin Waldersee empfangen 
wurde. Militär und Kriegervereine bilde 
ten in den Straßen Spalier. 
Altona, 28. Nov. Die Abreise des 
Kaisers gestaltete sich nicht weniger leb- 
haft, als die Begrüßung des Monarchen 
bei der Ankunst. Während des Verweilens 
des Kaisers bei dem Grafen Waldersee 
hatte eine bedeutende Menschenmenge vor 
dem General-Kommando Posto gefaßt; die 
dichte Menfchenkette zog sich bis zum 
Hauptbahnhof hin. Gelegentlich der Ab 
fahrt des Kaisers wurde durch eine Posten 
kette das Spalier gebildet. Nicht weniger 
lebhaft war die Begrüßung des Kaisers 
während der Fahrt zum Bahnhof. Beim 
Betreten des Perrons empfing Herr Sta 
tionsvorsteher Peters die hohen Gäste und 
geleitete sie zum Extrazug. — Die Gräfin 
W oldersee überreichte dem Kaiser bei seinem 
Eintritt in die gräfliche Wohnung einen 
prachtvollen aus Chrysanthemum gebundenen 
Strauß. Als der Kaiser sich verabschiedete, 
händigte er der Gräfin das bereits er 
wähnte Brillantarmband und den Regi- 
ments-K ommandeurcn v. Ramdohr, Fouquö 
und v. Hirschfeld und Major v. Schack 
schneider das von Knackfuß gezeichnete Bild 
ein. — Die Verabschiedung des Kaisers 
auf dem Bahnhöfe vom General - Oberst 
Graf Waldersee war nicht weniger herzlich, 
als am Mittag der Empfang. Nach einiger 
Zeit marschirten die Truppen in ihre Gar 
nisonen ^ zurück und die Menschenmenge 
verlief sich allmählich wieder. Nach Ein 
tritt der Dunkelheit regten sich sofort zahl 
reiche Hände, um die Ausschmückung zu 
entfernen, so daß am Sonnabend unsere 
Stadt wieder das gewohnte Bild zeigen 
wird. 
Pleß, 27. Nov. Die Mörder des Ban- 
airs Kohn haben für 150 000 Mark 
Effekten, sowie vier silberne Leuchter ge 
raubt. 
Frankenthal, 27. Nov. Der Musiker 
Hammel in Großkarlbach erstach im Streite 
seine Geliebte und erhängte sich alsdann 
in seiner Wohnung. 
Leipzig» 27. Nov. Den Sozialdemo 
kraten fielen bei den Stadtverordeten 
Wahlen vier weitere Mandate zu, sodaß 
sie jetzt 14 Sitze im Collegium haben. 
Die abgegebenen Stimmen gingen gegen 
das Vorjahr uin 400 zurück. 
Athen, 27. Novbr. Die, Ueberschivem- 
wungen richten hier entsetzliche Katastrophen 
». Ganze Straßenzüge »nd viele Fabriken 
-ehcn unter Wasser und sind dadurch die 
Bewohner von größter Lebensgefahr um- 
geben. Der Jlyssus führt viele Leichen 
mit sich. Infolge Versagens der Gas 
leitungen ivar die Stadt in Finsterniß 
gehüllt. 
Rom, 27. Novbr. Aus Palmaz wird 
gemeldet, daß dort ein Anarchist verhaftet 
wurde, welcher ein Kloster mit Dynamit 
in die Lust sprengen wollte. Die Thür 
war bereits mit Petroleum begossen und 
angezündet. 
Triest» 27. Nov. Die heftige Bora 
î dauerte gestern und in der Nacht fort. 
Auch an den Küsten von Sizilien, Sar 
dinien und Calabrien herrschen orkanartige 
Stürme. Aus Fiume wird gemeldet, daß 
Zengg ebenfalls eine gewaltige Bora 
wüthet, so daß die Schifffahrt von und 
»ach Zcngg eingestellt werden mußte. 
Abg. R i ck e r t (steif. Ver.) schildert das Elend 
des Lehrcrstandes, der noch von der Regierung 
insgeheim überwacht werde. 
Der F i n a n z in i n i st e r erklärt: Es könne 
nicht alles mit einem Male geschehen. Wenn die 
Gehaltsverhältnisse der Lehrer nunmehr eine 
ordentliche Grundlage erhalten, so sei dies die 
beste Basis, worauf die Lehrer weitere Fortschritte 
erringen könnten. Staatsbeamte dürsten die 
Lehrer nicht werden. 
Der Kultusminister erklärt, die vom Abg. 
Rickert erwähnte Verfügung, in der uin Auskunft 
über die politischen Ansichten und den Umgang 
eines Lehrers in Danzig ersucht wurde» für mo 
ralisch verwerflich. 
An der weiteren Debatte betheiligen sich die 
Abgeordneten v. Jazdzewski (Pole), Dr. Jrmer 
(cons.), v. Luck (cons.). 
, Schließlich wird die Vorlage an eine Kommis 
sion von 21 Mitgliedern überwiesen. 
Preußischer Landtag. 
V Abgeordnetenhaus. 
6. Sitzung vom 27. Nov. 
, Die Berathung des Lehrcrbosoldungs- 
«csetzcS wird fortgesetzt. Im Verlaufe der 
Debatte verlangt 
um-g' v- Schenckendorsf (natl.), daß bei 
n^firledigende: Dienstsührung die Alterszulagen 
versagt werden dürfen, und fordert eine 
'"yere Normirung des Grundgehaltes. 
Ausland. 
Oesterreich-Ungarn 
Prag, 25. Nov. Ueber ein Feuer im 
Brüxer Strasgerichtsgebäude wird hier 
her gemeldet: Die Sträflinge machten 
bei Ausbruch eines Brandes in ihren 
Zellen einen entsetzlichen Lärm, da der 
Qualm eindrang. Die Gefängnißivärter 
öffneten ihnen rasch die Thüren und 
ührten die Sträflinge in den Hos. Im 
Gebäude befanden sich auch 120 Arbeiter, 
die während des letzten Kohlenausstandes 
verhaftet wurden. Da eine Revolte be- 
ürchtet wurde, rief man Militair herbei. 
Der Verdacht, den Brand verschuldet zu 
haben, trifft einen wegen Raubes und 
Mordversuchs verurtheilten Sträfling, der 
durch Anzünden einer Cigarette einen 
Ballen Wolle in Brand setzte. ^. 
Griechenland. 
Athen, 27. Nov. Ein sehr starker 
Wirbelsturm mit Regen herrscht seit heute 
Bormittag und verursachte großen Schaden. 
Der Jlissus und Kephissus sind über ihre 
Ufer getreten. Die Verbindung zwischen 
Athen und dem Piräus ist vollständig 
unterbrochen. Die Eisenbahnstrecke ist be- 
chädigt. Verschiedene Gewölbe und 
Häuser sind ebenso wie die Gasanstalt in 
Piräus durch die Ueberschwemniung unter 
Wasser gesetzt. Die Beleuchtung in den 
Straßen functionirt infolgedessen nicht. 
Mehrere Fabriken sind vom Wasser voll 
ständig umgeben, die Arbeiter feuern Noth- 
schüsse ab. Nenn Leichen wurden aus 
dem Jllissus geborgen. Ein Zug auf der 
Peloponnes-Bahn ist entgleist, der Maschinist 
wurde getödtet. 
Frankreich. 
Paris, 26. Nov. „Der Spiritis 
mils", so heißt Sardou's neuestes Schau 
spiel. Die Spiritisten haben da Aussicht 
auf das glänzendste Plaidoher für ihre 
Sacke. Sardo» ist überzeugter und be 
geisterter Spiritist. Daber erklärt es sich 
den» auch, daß das Werk ernst, daß Sarah 
Bernhardt zur Verkörperung der Haupt 
rolle ausersehen ist. Auch die spiritistische 
Ssance aus der Bühne wird einen streng 
ernsten Charakter haben. 
England 
London» 26. Novbr. Die Direktion der 
Dockers Union hat noch nicht be 
schlossen, einen allgeineinen Streik zu 
empfehlen oder die Entladung der aus 
Hamburg kommenden Schiffe zu verhindern ; 
sie weigert sich, ein endgültiges Verhalten 
zu besprechen. 
Inland?^" 
^Berlin» 27. Nov Wie die „Post" 
wissen will, habe man sich im Bundes- 
rath entschlossen, einen neuen Ent. 
wurf betr. die Organisation des 
Handwerks auszuarbeiten. Der Ent- 
wurf nahe sich, wenn djc „Post" richtig 
unterrichtet ist, in der Unterkommission 
des Bundesrathsausschnffes für Handel 
und Gewerbe seiner Vollendung. Die 
Vorschläge des Buiidesraths dürften sich 
durch Vereinfachung der Organisation 
gegenüber dem preußischen Entwurf ans- 
zeichnen. Das Blatt bezeichnet es als 
wahrscheinlich, daß die Handwerkeraus- 
schüsse vollständig fortfallen. Die jetzigen 
Innungen dürften bestehen bleiben und 
nur Zwangsinnungen eingeführt werden, 
wo die Mehrheit der Handwerker dies 
selbst verlangt. Richt ausgeschlossen sei 
es ferner, daß man sich mit der Organi- 
sotion aus die Städte beschränke. 
Revisionen von Bäckereibetrieben 
im Sinne der bekannten Bundesrathsver 
ordnung werden aus naheliegenden Gründen 
neuerdings von einem Regierungsbaumeister 
vorgenommen. So erschien vor einigen 
Tagen bei dem Bäckermeister G. in Berlin 
ein Herr, der gesprächsweise ein merk 
würdiges Interesse für Bäckereieinrichtungen 
zu erkennen gab. Dea Meister war gut 
müthig genug, den Gast seinen Betrieb 
besichtigen zu lassen, wobei derselbe auch 
an diesen oder jenen Gesellen Fragen 
richtete Erst beim Abschied, wie der 
Herr sich als Regierungsbaumeister vor- 
stellte, dämmerte es bei dem Bäckermeister» 
daß er zu einer amtlichen Revision seines 
Betriebes selbst die Hand geboten hatte. 
— Ist der Herr Regierungsbaumeister 
beauftragt, die Vornahme der Revision 
ohne vorherige Leģitimirung vorzunehmen? 
Sie hätte ihm doch nicht verweigert werden 
können. 
— Die Denunciation der „Frank. Ztg.", 
durch die der Staatsanwalt zu dem Ein 
schreiten gegen die „Ha m b. Nach r." 
wegen Verraths von Staatsgeheimnissen 
aufgefordert wird, ist heute thatsächlich 
erfolgt. 
Die enorm wachsenden Ueber- 
schüsse des preußischen Eisen- 
bahn-Etats — derselbe weift in den 
ersten 7 Monaten des lausenden Rechnungs 
jahres einen Ueberschuß von beinahe 38 
Millionen gegen das Vorjahr auf — ver 
anlassen den „Hamb. Corr." zu einem 
warmen Appell an den Finanzminister, 
diese Uebcrschüsse nunmehr auch in steigen 
dem Maße der Förderung und Er 
leichterung des Verkehrs zu 
Gute kommen zu lassen. Den Wünschen 
bezüglich der nothwendigen Vermehrung 
des Eisenbahnbetriebsmaterials, sowie den 
aus den Kreisen der Verkehrstreibenden 
laut gewordenen Forderungen nach Tarif- 
reformen müsse durchaus m^hr als bisher 
Rechnung getragen werden. 
— Eine Kluft zwischen dem Buch- 
staben einer Polizeivcrordnung 
und dem praktischen Erwerbsleben 
trat in einer Verhandlung zu Tage, welche 
vor dem Berliner Landgericht n stattfand. 
Der Restaurateur Koch betreibt im Westen 
Berlins, auf Charlottenburger Gebiet, ein 
Weinrestaurant. Er erhielt ein Straf 
mandat, weil er gegen die Polizeiverord- 
nung verstoßen hatte, welche bestimmt, daß 
in jedem Restaurant ein Gefäß mit stets 
fließendem Wasser zum Spülen der Gläser 
vorhanden sein muß. Koch beantragte 
richterliche Entscheidung. Da er vor dem 
Schöffengericht keinen Erfolg hatte, wandte 
er sich an die Strafkammer. Die an 
gezogene Polizeiverorduung paffe schlechter 
dings nicht auf seinen Geschäftsbetrieb. 
Im Weingeschäft sei eine unsaubere Be 
Handlung der Gläser von vornherein aus 
geschlossen. Jeder Gast prüfe, bevor er 
sein Glas fülle, dasselbe sorgsam, ob es 
auch blank sei. Tie benutzten Gläser seien 
meist etwas fettig, da beim Trinken auch 
gegessen werde. Daher müßten die Gläser 
im warmen Wasser sorgfältig ausgewaschen 
und dann erst gespült werden. Das Waschen 
im warmen Wasser schließe jedoch das 
sließende Wasser aus, Venn dieses sei kalt 
und daher ungeeignet. Wenn alsdann die 
Gläser ivarm gewaschen und kalt gespült 
seien, dann werden sie mit einem reinen 
und geputzt. Soviel 
selbst die Polizeiver- 
er übertreten haben 
folgten diesen Dar- 
Handtuch getrocknet 
Sauberkeit verlange 
ordnung nicht, die 
solle. Die Richter 
legungen des Angeklagten mit zustimmen 
dem Kopfnicken; das Urtheil lautete aber 
doch: „So leid es uns thut, wir müssen 
Sie verurtheilen. Die Verordnung besteht 
zu Recht und wir kommen um dieselbe 
nicht herum. Sie muffen die drei Mark 
bezahlen, zu denen Sie in erster Instanz 
verurtheilt worden sind. Wir turnten 
Ihnen nur rathen, den Versuch zu machen, 
auf dem Verwaltungswege von der Pflicht 
entbunden zu werden, der betreffenden 
Verordnung zu genügen." 
Königsberg i. Pr., 27. Nov. In der 
letzten Nacht wurde in der Nähe der Stadt 
ein 25jähriges Mädchen von seinem Lieb 
haber» einem Einwohner aus dem Nach. 
barorte Ponarth, durch einen Stich in die 
Schläfe ermordet. 
Pteß, 25- Nov. Zu dem Raubmorde 
an dem Bankier Wolff Kohn erfährt 
die „Brest. Ztg." noch folgendes: Der 
Ermordete, ein Greis im Alter von 83 
Jahren, stand seinem Bank nnd Wechsel- 
geschäft bis zum letzten Augenblicke seines 
Lebens mit regem Eifer und geistiger 
Frische vor. Da Pleß unmittelbar an 
der österreichischen Grenze liegt, bestand 
sein Hauptgeschäft in dem Verkauf von 
österreichischem Gelde. Oesterreichische 
Bauern, die Erzugnisse in Preußen ver 
kauften und Arbeiter, die ihr preußisches 
Geld gegen österreichisches einwechseln 
wollten, waren seine Hauptkundschaft. 
Man muthmaßt, daß der Mörder unter 
diesen Leuten zu suchen ist, welche die ört 
lichen Verhältnisse genau kannten und wußten, 
daß der alte Mann meist ganz allein in 
seinem von der Privatwohnung weit ab 
liegenden Kontor zu suchen sei. Der 
Mord muß Montag-Abend zwischen '/26 
und 3/46 vollführt worden sein, da Kohn 
gegen '/26 Uhr noch vom Hose aus mit 
einer Lampe in den Händen in der Küche 
hinter seinem Laden gesehen worden ist. 
Als ein Angehöriger kurz nach V46 Uhr 
zu ihm in den Laden wollte, war die 
Thür verschlossen und alles dunkel. Als 
man sich gegen 10 Uhr Abends entschloß, 
den Laden von einem Schlosser öffnen zu 
lassen, fand man Kohn in einer Blutlache 
ermordet am Boden liegen, der Geld 
schrank war ausgeräumt. 
Gardelcgkn, 27. Nov. In der ver- 
gangeiten Nacht wurden in Jpse (Kreis 
Gardelegen) der Altsitzer Schulz und 
dessen Frau ermordet. Der Mörder, 
der das Haus in Brand setzte, ist der 
Schwiegersohn des Ermordeten, Franz 
Ebkling aus Trüstede, Kreis Gardelegen 
der das Altentheil zu geben hatte und 
deshalb vorgestern von dem Ermordeten 
gemahnt worden war. Der Mörder» der 
heute früh verhaftet wurde, hat die That 
eingestanden und ist in das hiesige Amts 
gericht eingeliefert worden. 
Eine Anzahl Schüler der Müller 
schule in Zelle a. H. feierte am Sonn 
abend einen Kommers und begab sich nach 
Mitternacht in ein anderes Wirthshaus 
in dem nur einige Gäste saßen» u. a. ein 
Fabrikant und ein Beamter des städtischen 
Gaswerkes. Einer der Schüler, ein Fran- 
zose, der nur sehr schlecht deutsch sprechen 
kann, gerieth mit dem Fabrikanten in 
Streit. Sämmtliche Schüler eilten ihrem 
Kameraden zu Hilfe und es entwickelte sich 
dann eine Schlägerei, an der namentlich 
auch die Angestellten der Wirthschaft 
thätigen Antheil nahmen und die beider 
seits zu schweren Verwundungen führte. 
Der einzige Sohn einer Wittwe, Rehr» 
erhielt verschiedene erhebliche Kopsver 
letzungen und mußte von seinen Freunden 
nach Hause geführt werden. Die Ver 
letzungen waren anfänglich nicht als lebens 
gefährlich angesehen worden; als sich jedoch 
der Zustand Nchr's am Sonntag Mittag 
verschlimmerte, wurde der Verletzte nach 
dem städtischen Krankenhause übergeführt, 
kam dort aber schon als Leiche an. 
Die von der Gattin eines Mainzer 
Husarenossiziers gelenkten Wagenpferde 
wurden in dem Augenblick scheu, als die 
Offiziersgattin und ihr Diener vom Wagen 
abgestiegen waren und das Kind eines 
Majors aus demselben hoben. Die Pferde 
überrannten einen 70jährigen Arbeiter und 
zertrümmerten ihm mit ihren Hufen derart 
die Schädeldeckt, baß der Tod sofort eintrat. 
Mainz, 25. Nov. Der 19jährige Sohn 
des Komikers Gustav Schultze vergiftete 
sich, weil er nicht Schauspieler toerden 
durste. Der Selbstmörder war Graveur. 
Pirmasens, 25. Nov. Auf Anregung 
des Staotmissionars Scheuermann haben 
ich, der „Pirm Ztg " zufolge, zwölf den 
besten Kreisen angehörige Personen bereit 
erklärt, je eine armenische Waise 
in Pflege zu nehmen. 
Limburg» 24. Nov. Rechtsanwalt Heil 
hat hier Ş e l b st m 0 r d verübt. Er war 
so schreibt man der „Köln. Ztg." — 
vor einigen Tagen einer Aufforderung, vor 
dem Amtsgericht in Betzdorf zu erscheinen, 
nicht nachgekommen, worauf ein Gendarm 
in der Wohnung Heils erschien, um ihn. 
zu verhaften. Mit der Bitte noch etwas 
in einem andern Zimmer ordnen zu dürfen, 
entfernte sich Heil. Als er nach geraumer 
Zeit nicht zurückkam, sah der Gendarm 
nach und fand Heil erhängt vor. 
Hannover, 25. Nov. Der Vorstand des 
hannoverschen Städtevereins beschloß heute 
die Einberufung eines außerordentlichen 
Städtetages zur Beschlußfassung über den 
neuen Lehrerbesoldungs-Gesetzentwnrf. 
Hamburg, 28. Nov. Die längst unter 
der Hand gehegte Vermuthung, daß es 
die Engländer sind, welche den großen 
Hafenstreik veranlaßt haben, hat sich nun 
mehr vollauf bestätigt. Der englische 
Agitator Tom Mann ist gestern 
Abend auf Hamburgischem Gebiet betroffen, 
verhaftet und ausgewiesen worden. 
Wie sich herausstellt, hat sich Tom Mann 
schon mehrere Tage verborgen in Altona 
aufgehalten. Die hiesige Polizei-Behörde 
hatte das jedoch ermittelt und hiesige 
Beamte vigilirten auf den englischen Ar 
beiterführer. Als er am gestrigen Abend 
in Begleitung eines Haniburger Arbeiters 
in Eimsbüttel die Hamburgische Grenze 
überschritt, wurde er von einem Polizei 
beamten erkannt und unbemerkt verfolgt. 
Die beiden gingen in einen Barbierladen» 
wo auch der Beamte eintrat, um sich zu 
überzeugen, daß er sich in der Person 
nicht geirrt habe. Nachdem er sodann die 
feste Ueberzeugung gewonnen hatte, wirklich 
Tom Mann vor sich zu haben, entfernte 
er sich und requirirte die Hilfe der 
Criminalpolizei, die ebenfalls avisirt und 
gleich zur Stelle war. Nach genauer 
Feststellung seiner Personalien wurde der 
Engländer auf den zum Auslaufen fertig 
liegenden Dampfer „Nottingham" gebracht, 
der um 11 Uhr mit Tom Mann an Bord 
nach Grimsby abging. 
Es streiken jetzt 11 000 Arbeiter, was 
einem täglichen Mindestverlust von etwa 
40 000 Mk. entspricht. Wer war es doch, 
welcher in der vor einigen Jahren herr 
schenden Arbeitsnoth unter den Hafen 
arbeitern diesen hilfreich beisprang? War 
es vielleicht der Agitator Tom Mann? 
Hamburg, 27. Novbr. Unter den Aus 
ständigen entsteht schon vielfach eine 
Muthlosigkeit, namentlich durch den 
Umstand, daß die Zusicherungen der Führer 
wegen Unterstützungen sich entfernt nicht 
bestätigen; namentlich hat die Mittheilung» 
daß von England die angekündigten 20 000 
Mk. gar nicht eingetroffen sind, einen sehr 
abkühlenden Eindruck gemacht. Durch die 
vielen Streiks des letzten Sommers, die 
sämmtlich ohne Vortheil für die Arbeiter 
verliefen, sind auch die Unterstützungskassen 
erschöpft. Man ist überzeugt, daß der 
Ausstand für die Arbeiter unter den heutigen 
Zeitverhältnissen völlig aussichtlos ist. 
Die Arbeiter der Kohlen-Jmportfirma H. 
W. H e i d t m a n n haben die Arbeit 
wieder ausgenommen. Der Streik, 
welcher in solchem Umfange hier noch nie 
stattgesunden, bildet begreiflicherweise das 
Gesprächsthema in allen Schichten der 
Bevölkerung. Mehrere Stauerbaase haben 
übrigens ihr Arbeiterpersonat bereits toieder 
vollzählig, und wenn es auch noch nicht 
so flott geht wie mit den eingeschulten 
alten Leuten, so macht es sich doch so- 
ziemlich, und die Arbeit kommt vorwärts. 
Als ein Beweis dafür, wie wenig Ihm- 
pathien den Streikenden dieses Mal ent 
gegengebracht werden, möge die eine 
Thatsache dienen, daß sechs junge Leute 
einer hiesigen Rhedercificma sich heute 
Morgen erboten, an Bord ntitzuarbeiten, 
woselbst sie sich sehr anstellig zeigten. 
In Hamburg hat eine von Tausenden 
besuchte Versammlung der Werftarbeiter 
besckwssen, erst in den G e n e r a l st r e i k 
einzutreten, wenn die streikenden Schauer- 
leute dazu auffordern. An den Senat 
wurde eine Resolution gesandt, in welcher 
gegen den Zuzug italienischer Arbeiter 
Einspruch erhoben wird. Auch der Verein 
-er Maschinisten will die Beschlußfassung 
über den Generalstreik abwarten, ehe die 
Mitglieder die Arbeit niederlegen.
	        
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