stets eingenommen hat, und Roggen, für
den der Weltmarkt nicht entsprechend mit
wirkt, hat seinen Minderwerth gegen Weizen
auf das Doppelte wie in voriger Cam
pagne erweitert.
Es ergiebt sich aus alle dem, daß es
unmöglich ist, auf künstlichem Wege die
Getreidepreise zu heben. Könnte man
Deutschland mit haushohen Getreidezöllen
umgeben, so würden allerdings durch diese
Maßregel die inländischen Preise vielleicht
steigen, aber die Folge würde sein, daß
sich die anderen Staaten gegen unsere
Jndustrieerzeugnisse ebenfalls mit hohen
Zöllen abschließen würden und das Ende
würde allgemeine Verarmung sein,
denn der Landmann kann auch nicht exi-
stiren, wenn er seine Produkte nicht in
den Städten zu einigermaßen werthseienden
Preisen absetzt
— Der „Reichsanzeiger" schreibt: Der
Stand der H erbsts a at en Mitte November
im Deutschen Reich beträgt für Weizen
2, 5; Spelz 2, 6; Roggen 2, 4; junger
Klee 2, 3; dabei bedeuten 2 gut, 3 mittel
gut. Der Ernteertrag wird geschätzt für
Hafer auf 15, Kartoffeln auf 105,9, Klee
und Luzerne auf 42,6, Wiesen auf 39
Toppelcentner vom ha.
Berlin, 23. Nov. Der Schaden bei dem
Brande der Hermann'schen Druckerei
ist weit größer, als man anfänglich über-
sehen konnte. Es sind sehr werthvollc
fertige Drucksachen, u. a. die Weihnachts
auflage der „Modernen Kunst", zum Theil
vernichtet, die den Schaden wesentlich er-
höhen. Betheiligt sind die Preußische
National- Versicherungs-Gesellschaft in
Stettin mit 412 000 Mk., die Leipziger
Versicherungs < Anstalt mit 256 000 Mk.,
die Baseler Versicherungs - Gesellschaft
für Feuerschaden mit 236 000 Mk. und
außerdem die Städtische Feuer - Sozietät
ebenfalls mit einem erheblichen Betrage.
Der „Volks-Ztg." wird folgende drollige
Geschichte erzählt: Der Stud. jur. A. in
Berlin kann morgens absolut nicht wach
werden, da seine Wirthin ebenfalls bis
Mittag zu schlafen pflegt und diverse Weck-
uhren bei dem leisesten Geräusch durch
einen derben Faustschlag unter den Tisch
flogen und in tausend Stücke gingen. Was
thut nun Herr A., wenn er einmal früh
aufstehen muß? Er schreibt an sich selbst
einen unfrankirten Bries und wirft ihn
Abends 7 Uhr in den Kasten. Da bekannt
lich unfrankirte Briese persönlich abgegeben
werden müssen, klingelt Morgens halb acht
Uhr der Briefträger an der Thür und
wird von der im tiefsten Negligèe befind
lichen Wirthin in das Zimmer A.s geführt,
der dann wüthend aus dem Schlaf fährt
und den unfrankirten Brief nicht annimmt.
Ter Briefträger muß dann unverrichteter
Sache abziehen und Stud. A. steht be
friedigt auf. Stephan hat aber nicht nur
Weckuhrdienste verrichtet, sondern ist auch
um sein Porto geprellt, denn in dem Brief
steht nur: „Lieber A., sei diesmal kein
Megatherium, sondern steh auf! Dein
Berl." Wer dieser Berl ist, hat die Post
trotz aller Findigkeit noch nicht heraus
gebracht.
Tilsit, 23. Nov. Der Beleidigungsproceß
Stöcker contra Medem findet hier
am nächsten Donnerstag statt; auch Stöcker
hat wegen der niedrigen gegen Medem
erkannten Strafe Berufung eingelegt.
Abg. Dr. Lieber vertheidigte am
Montag in einer Bersammung der Centrums
partei in Hanau, nach der „Hanauer Ztg."
die parlamentarische Partei gegen die Vor
würfe verschiedener Zeitungen, daß sie bei
der Interpellation über die Enthüllungen
der „Hamburger Nachrichten" sehr zahm
gewesen sei. Redner verivahrte sich dagegen
entschieden, denn wer die Verhandlungen
verfolgt habe, müsse sagen, daß noch
Niemand von Blumen so erstickt
und v on seidener Schnur erdrosselt
worden sei, als der, der die Ent
Hüllungen in die „Hamb, Nachr." gesetzt
habe. — Wir müssen gestehen, daß wir
davon nichts bemerkt haben.
Zwickau, 23. Nov. Das Schwurgericht
verurtheilte den 21jährigen Sticker Lorenz
aus Schneeberg wegen Sittenverbrechens
an einer siebzigjährigen Greisin
zu anderthalb Jahren Zuchthaus.
Dresden, 23. Nov. Der hiesige Mehl
großhändler Franz Uhlmann, der sich durch
unglückliche Speculationen in mißliche
Vermögeusverhältnisse gebracht hatte, ist
mit seiner Frau und seinen drei Kindern
in der Küche seiner Wohnung, wie es
scheint, durch Kohlengase erstickt, todt auf
gefunden worden. Der älteste Sohn,
welcher in Leipzig studirte, war vom
Vater telegraphisch herbeigerufen worden
um mit zu sterben, nur der jüngste, 13-
jährige Sohn befindet sich noch am Leben.
Pforzheim, 23. Nov. Die Masern
grassiren unter der hiesigen Kinderwelt so
stark, daß kaum eine Familie von dieser
Krankheit verschont geblieben ist und die
Schulen nur noch zur Hülste besetzt sind
In dem 77jährigen Pfarrer Bion von
Bazoncourt bei Metz ist eine Persönlichkeit
dahingeschieden, die durch ihre geradezu
romanhaften Erlebnisse während des Krieges
allgemein bekannt war. Während der Be
lagerung von Metz hatte sich Pfarrer Vion
durch die Einschließungs - Armee Nachts
heimlich in die belagerte Stadt geschlichen,
wurde aber auf dem Rückwege gefangen
genommen und nach kurzer standrechtlicher
Verhandlung als Spion zum Tode ver-
urtheilt. Gerettet von der Erschießung,
die noch am nämlichen Tage erfolgen sollte,
hat ihn nur der glückliche Umstand, daß
gerade an diesem Tage der Wechsel im
Ober-Kommando eintrat: Der General
Steinmetz lehnte es ab, als letzte Amts
handlung ein Todesurtheil zu unterzeichnen,
und der General M ante uff el hatte noch
weniger Lust, sein Kommando mit einem
Todesurtheil anzutreten. Pfarrer Vion
hat oft genug beim Glase Wein diese
Episode zum Besten gegeben.
Der Schirrmeister Stiel von der Felsen-
kellcr-Brauerei in Plauen hat 26 Jahre
lang ein Geschoßstück aus dem deutsch-
französischen Kriege im Körper stecken ge
habt. Stiel diente während des Feldzuges
im 1. Leib-Grenadier-Regiment und war
auch an dem Sturm der Sachsen auf
St. Privat am 18. August 1870 betheiligt.
Er wurde in dieser Schlacht erheblich ver-
mundet, konnte aber später als geheilt
entlassen werden. Ein fortwährendes rheu
matisches Leiden ließ ihm jedoch seit dieser
Zeit keine Ruhe, und als er kürzlich ein
zur Linderung der Schmerzen am Fuß
gelenk aufgelegtes Pflaster entfernte, ge
wahrte er einen harten Gegenstand, der
sich nach Herausnahme als ein zwei Centi
meter langer Granatsplitter erwies, der
ihm seinerzeit in den Oberschenkel ein
gedrungen war und nun am ^Fußgelenk
wieder zum Vorschein gekommen ist.
Erfurt, 24. Nov. Der christlich-
sociale Congreß setzt heute die
Berathung über das Programm fort.
Die große Mehrheit der Redner sprach
sich für die Betonung des Christenthums
im Programm aus. Auf Antrag der
Pfarrer Naumann-Frankfurt a. M. und
Gröber-Leipzig gelangte ß 6 des Pro-
grammentwurss mit 99 gegen 1 Stimme
in folgender Fassung zur Annahme:
„Im Mittelpunkte des geistigen und
sittlichen Lebens unseres Volkes steht das
Christenthum, das nicht zur Parteisache
gemacht werden darf, sich aber auch im
öffentlichen Leben als Macht des Friedens
und der Gemeinschaft bewähren soll."
In dem Entwürfe hatte der Paragraph
gelautet:
„Im Mittelpunkte des geistigen und
sittlichen Lebens unseres Volkes steht nach
unserer Ueberzeugung der Glaube an Jesus
Christus, der nicht zur Parteisache gemacht
werden darf usw."
Die Programmsätze der neuen National-
Socialen Partei lauten:
„Wir stehen auf nationalem Boden,
indem wir die wirthschaftliche und politische
Machtentfaltung der deutschen Nation nach
Außen für die Voraussetzung aller größe
ren socialen Reformen im Innern halten,
zugleich aber der Ueberzeugung sind, daß
die äußere Macht auf die Dauer ohne
Nationalsinn einer politisch interessirten
Bvlksmasse nicht erhalten werden kann
Wir wünschen darum eine Politik der
Macht nach außen und der Reform nach
innen.
Wir wünschen eine feste und stetige
auswärtige Politik, die der Ausdehnung
deutscher Wirthschaftskraft und deutschen
Geistes dient. Um sie zu ermöglichen,
treten wir für die gesetzlich festzulegende
ungeschmälerte Durchführung der allgemei
nen Wehrpflicht, für eine angemessene
Vermehrung der deutschen Kriegsflotte,
sowie für Erhaltung und Ausbau unserer
Colouien ein. Im Interesse der vater
ländischen Macht und Ehre werden wir
Mißbräuche in unseren militärischen und
colonialen Einrichtungen stets offen be
kämpfen.
Wir stehen fest auf dem Boden der
deutschen Reichsverfassung und wünschen
ein kräftiges Zusammenwirken der Monarchie
und der Volksvertretung. Wir find sür
Unantastbarkeit des allgemeinen Wahlrechts
zum Reichstage und für Ausdehnung des
selben auf Landtage und Communalver
tretungen. Wir fordern Verwirklichung
der politischen und wirthschaftlichen Ver
einsfreiheit und ungeschmälerte Erhaltung
der staatsbürgerlichen Rechte aller Staats
bürger.
Eine Vergrößerung des Antheils, den
die Arbeit in ihren verschiedenen Arten
und Formen in Stadt und Land unter
Männern und Frauen an dem Gesammt
ertrage der deutschen Volkswirthschaft hat,
erwarten mir nicht von den Utopien eines
revolutionären und communistischen So
cialismus sondern von fortgesetzter poli
tischer, gewerkschaftlicher und genossenschaft-
schaftticher Arbeit auf Grund der vor
handenen Verhältnisse, deren geschichtliche
Umgestaltung wir zu Gunsten der Arbeit
beeinflussen wollen.
Wir erwarten, daß die Vertreter deutscher
Bildung den politischen Kampf der deutschen
Arbeit gegen die Uebermacht vorhandener
Besitzrechte unterstützen tverden, wie wir
andererseits erwarten, daß die Vertreter
der deutschen Arbeit sich zur Förderung
vaterländischer Bildung und Kunst bereit
finden werden.
Im Mittelpunkt des geistigen und sitt
lichen Lebens unseres Volkes steht nach
unserer Ueberzeugung der Glaube an Jesus
Christus, der nicht zur Parteisache gemacht
werden darf. sich aber auch im öffentlichen
Leben als Macht des Friedens und der
Gemeinschaftlichkeit bewähren soll."
Harburg, 23. Nov. Von dem Kapitän
eines zur Zeit im hiesigen Hafen liegenden
deutschen Schiffes wurde der Steindrucker
Robert R. aus Lahr auf der Fahrt von
England nach hier aus Mitleid als
Passagier mitgenommen. Als
R. heute Morgen das Schiff verlassen
wollte, stellte es sich heraus, daß er dem
Kapitän aus der Kajüte ein Paar lange
Schaftstiefeln und einem Matrosen aus
unverschlossenem Koffer ein Zwanzigmark-
'tück entwendet hatte. Die Stiefel hatte er
noch im Besitz; das Geldstück, welches er
angeblich schon am Sonnabend-Abend sich
angeeignet, will er nach der Entdeckung
des Diebstahls ins Wasser geworfen haben.
R. wurde in Hast genommen.
Lübeck, 23. Nov. Wegen Versuchs der
N ö t h i g u n g hatte si ch am Sonnabend
vor der hiesigen Strafkammer einer der
bei Thiel & Söhne Streikenden
Namens Ahrens zu verantworten. Der
Angeklagte hatte vor dem Arbeitsnachweis
der hiesigen Metallindustriellen mit noch
anderen Streikenden Posten gestanden, um
etwaige Arbeitsuchende von einer Arbeit
nahme bei Thiel & Söhne abzuhalten.
Ahrens sagte bei dieser Gelegenheit zu
einem aus dem Arbeitsnachweis kommenden
Müllergesellen: „Fängst Du da draußen
an zu arbeiten, so bist Du sicher, daß wir
Dir die Knochen zerschlagen " Der Staats
anwalt führte in seiner Begründung aus,
daß es den Arbeitern selbstverständlich frei
stände, mit allen Mitteln zu versuchen,
ihre Lage so günstig wie möglich zu ge
stalten, doch müsse verlangt werden, daß
sie sich dabei in den Grenzen des Erlaubten
hielten. Der Staatsanwalt beantragt 6
Monate Gefängniß. Das Gericht erkannte
demgemäß.
Lüneburg, 23. Novbr. Wie schon tele
graphisch gemeldet, ist auf dem hiesigen
Centralfriedhof heute Vormittag die Lei che
des in Thale auf so räthselhafte Weise
ums Leben gekommenen Fräuleins Anna
Seifart ausgegraben worden.
Hamburg, 25. Novbr. Der Stauer
Blum von der „Hamburg-Amerika-Linic"
giebt durch große Anschläge folgendes be
kannt: „Wer von seinen streikenden
Schauerleuten, die durchschnittlich 35 bis
37 Mk. Wochenlohn hätten, und sich nur
widerwillig und einer ungebührlichen Be
einflussung folgend, dem Ausstand an
schlossen, bis Mittwoch früh sich nicht zur
Arbeit eingestellt habe, werbe nicht mehr
angenommen werden. Wenn Mittwoch
noch Arbeitskräfte fehlen sollten, würden
Tansende in Bereitschaft stehende Italiener
eintreffen, die sämmtlich mit Contract sür
ein volles Jahres versehen seien. Neu
eintretende Arbeiter sollten auf den Schiffen
einquartirt werden, freie Verpflegung und
persönlichen Schutz erhalten.
Hamburg, 24. Nov. Ueber die bis
herige Wirkung der Bundesrathsverord-
nung wegen des M a x i m a l a r b e i t s <
tages im Bäckerge werbe hatte die
Hamburger Polizeibehörde an die B ä ck e r
i n n u n g eine Anfrage gerichtet: ob sich
trotz der kurzen Geltungsdauer der Ber-
ordnung (vom 4. März d. I.) schon nach
theilige Wirkungen gezeigt hätten, auch be
treffs des Verhältnisses von Meistern und
Gesellen. Das Gutachten des Vorstandes
der Innung verlangt die Nothwendigkeit
der Aufhebung der Verordnung, wenn nicht
zahlreiche kleinere Existenzen ruinirt wer
den sollen, und behauptet, daß nach den
gesammelten Erfahrungen ver Maximal
arbeitstag undurchführbar sei, daß den
Meistern erheblicher wirthschaftlichcr Scha
den erwachsen sei, daß einzelne Großve
triebe den Schießwechsel einführten und
eine Ausdehnung dieser Neuerung bevor
stehe — zum Schaden kleinerer nicht kapi
talskräftiger Bäckereien, daß die AuSbil
dung der Gesellen und Lehrlinge leide und
die Aussichten des Selbstständigwerdens ge-
ringer werden.
Für den vakanten Bürgermeisterposten
in Lunenburg haben sich 59 Bewerber
gefunden.
Provinzielles.
Kiel, 24. Nov. Die feierliche Ent
hüllung des Kaiser-Wilhelm-Denkmats in
Kiel hat heute Vormittag in Anwesenheit
des Kaiserpaares stattgefunden. Während
der Kaiser bereits gestern Abend in Kiel
eingetroffen war, begab sich die Kaiserin
heute morgen von Plön aus nach der
Feststadt. Der Kaiser fuhr um IO 3 /«
Uhr unter dem Salut der Geschütze des
„König Wilhelm" im Rudergig nach ver
Barbarossa-Brücke und wurde beim Be
treten des Landes durch die Fanfaren
eines Bläserchors begrüßt. Der Kaiser
ging mit seinem Gefolge znm Festplatze.
Während des Empfanges des Denknials-
Comitees intonate die Musik den Präsen-
tirmarsch. Der Kaiser schritt die Front
der Ehrencompagnieen ad und begab sich
dann nach dem Kaiserpavillon. Der Bor-
sitzende des Komitees, Graf Reventlou-
Preetz, bat in kurzer Ansprache um Sen
Befehl zur Enthüllung. Nachdem dieser
ertheilt war, präsentirten die Ehrencom
pagnien unter dreifachem Hurrah. Der
Bläserchor spielte einen Choral, alle
Schiffe salutirten mit 21 Schüssen, die
Kirchenglocken läuteten, während die Hülle
äel. Graf Reventlou übergab nun das
Denkmal der Stadt. Oberbürgermeister
Fuß dankte dem Comitee und versprach
namens der Stadt, das Denkmal zu
chirmen und zu ehren. „Was Wilhelm
der Große, der Befreier Schleswig-Hol-
teins, geschaffen konnte nicht mit seinem
Schöpfer sterben, in Eurer Majestät sehen
wir die sichere Botschaft, daß diese Schöpfung
ortlcben wird." Der Redner wiederholte
im Einklänge mit den Festtheilnehmern
aus Provinz und Stadt das Gelübde un-
verbrüchlicher Treue und brachte ein Hoch
auf den Kaiser aus, das von dem Publi-
kum jubelnd aufgenommen wurde. Wieder
präsentirten die Ehrencompagnieen, und
der Bläserchor spielte die Nationalhymne.
Nach Schluß der Feier umschritt der
Kaiser mit der Kaistrin, welcher Graf
Reventlou unter dem Hurrah des Publi
kums ein Ehrenbouquet überreichte, wieder
holt das Denkmal besichtigend; dem Ober
bürgermeister dankte er durch einen Hände
druck. Dann begrüßte der Kaiser den
Grafen Waldersee und fuhr mit dem Prinzen
Heinrich nach der Kaserne zur Vereidigung v1
der Marine-Rekruten.
Nachdem die Marine-Rekruten den Eid
geleistet hatten, hielt der Kaiser an sie
etwa folgende Ansprache:
„Matrosen! Der Eid, den ihr ge
schworen, ist die Grundlage der Disci
plin. Ohne Gott und Religion giebt
es keine Disciplin. Macht Euren Vor
fahren in des Kaisers Rock Ehre. Ein
Feind ist vorläufig nicht zu fürchten,
kommt aber einer, dann werdet Ihr ihm
unerschrocken, ohne Furcht gegenüber
stehen."
Segeberg, 23. Nov. Bei der heutigen
Stadtverordnetenwahl wurden
Gerichtssekretär Hasse und Töpfermeister
Kruse mit 51 bezw. 42 Stimmen wieder
gewählt. Die Wahlbetheiligung war sehr
schwach.
Nach ungefährer Schätzung wurden am
letzten Sonnabend im großen Segeberger
See ca. 30 000 Pfund Brassen gefangen.
Bis auf 2000 Pfund wurden jedoch die
Fische ihrer geringen Größe wegen dem
Wasser wieder übergeben.
In Wilster halten nicht nur die beiden
Bürgervereine, sondern auch Bürger freie
Versammlungen ab, um über die städtischen
Wahlen und namentlich die Bürgermeister
wähl zu berathen. Die Gegner des
Bürgermeisters Rönnebeck wollen einen
Juristen präsentiren, damit die Bürger
schaft nicht in die Lage komme, Herrn
Rönnebeck wiederzuwählen.
Heide, 23. Nov. Zur Zeit ist hier
wieder einmal der Streit um die zu
gründende Realschule entbrannt. Nachdem
vie Angelegenheit in der Lokalpresse von
Gegnern und Freunden der Sache erörtert
worden ist, ergeht jetzt eine Rundfrage
an die sämmtlichen Einwohner der Stadt,
um auf diese Weise die Stimmung zu
ermitteln.
In Hobstin (Ostholstein) ivurden dem
Schneidermeister Heinrich Wrage am 16.
d. Mts. Drillinge geboren. Mutter upv
Kinder sollen sich des besten Wohlseins er
freuen.
Die Kosten des Streiks der Flensburger
Werftarbeiter haben nach einem in der
am Donnerstag Abend dort abgehaltenen
öffentlichen Versammlung erstatteten Bericht
den Fachvereinen eine Ausgabe von
140 000 Ji verursacht. Der größte Theil
dieser Summe ist durch freiwillige Gaben
zusammengekommen, doch ist noch eine
Schuld von 18—22 000 Ji zu decken.
Friedrichstadt, 21. Nov. (F. N) In der
heutigen Sitzung unseres S t a d t v e r
ordneten -Kollegin ms wurde die
Verpachtung der Stadtländereien vorge
nommen. Infolge der diesjährigen schlechten
Gräsergeschäfte ist die Nachfrage nach
Ländereien hier im Westen bedeutend zurück
gegangen und sind die Pachtpreise um 10
bis 15 Mk. pro Hektar gegen das Vorjahr
gesunken. Da das Kollegium jedoch mit
den vorjährigen Preisen einsetzte, zeigte sich
wenig Lust zum Pachten und blieben
mehrere Ländereien rinverpachtet.
Erşdc, 22. Novbr. In letzter Woche
wurde durch Herrn Paulsen hier der Besitz
des Landmannes Martin Heldt bei Herrn
Rief verparcellirt. Das Haus sowie einige
Ländereien wurden sofort sür 22 000 Ji.
von dem Besitzer wieder gekauft. Die
übrigen Ländereien fanden auch raschen
Absatz. — Dem Vernehmen nach hat Herr
H. Volkers Hierselbst seinen Besitz mit
Inventar an die Landleute H. Hennings
und Schrum für 42 000 Ji verkauft.
Für diej von der Stapelholmer Sparkasse
erhaltenen 1000 .41 will die Kirchspiel-
vertretung einen Leichenwagen beschaffen
Die Anfertigung ist dem Schmiedemeister
Sievers hier übertragen. — Hier ist auch
eine Fortbildungsschule ins Leben gerufen.
Es unterrichten Pastor Trautmann und die
Lehrer zwei Mal wöchentlich. (S. N.)
o°x> Kirchspiel Kropp, 22. Nov. Werl
der Forstfiskus seit. vielen Jahren die Ber-
träge zur hiesigen Kirchenkaffe nicht bezahlt,
ist 'die Gemeinde Kropp gezwungen
Klage gegen denselben anzustrengen. Der
Forstfiskus verlangt jährlich eine Rechnung
mit genauer Nachweisung, was die Kirchen
kaffe jedoch verweigert, weil, wie jedem
anderen Eingesessenen der Gemeinde auch
dem Forststskus nach Bekanntmachung der
Kirchenrechnung das Recht der Reclamation
Vorbehalten ist. Auf den Ausgang dieses
Prozesses darf man gespannt sein.
In diesen Tagen hat man, wie die
„I N." melden, in Hohenaspe schon
wieder einmal einen Brandstiftungs
versuch gemacht. Der bezw. die Brand
stifter sind durch ein Fenster in die Meierei
eingedrungen. Dort haben sie ein Faß,
in welchem sich mehrere Hundert Pfund
Oel befanden, leer laufen lassen und dann
durch brennendes Stroh und Zündhölzchen
versucht, dieses in Brand zu setzen. Glück
licherweise ist ihnen dieses nicht gelungen.
Wahrscheinlich sind sie bei der Arbeit ver
scheucht worden. Von den Brandstiftern
lehlt noch jegliche Spur. Zur Beruhigung
der Bevölkerung wäre es erwünscht, daß
man die Unholde bald erwischt, damit sie
ihre verdiente Strafe erhalten. — Für
die Gemeinde Lägerdorf ist eine Poli
zeiverordnung, betreffend die Anlage von
Straßen und Plätzen, erlassen worden.
Nach derselben muß jede neu auzulegende
Straße eine Fahrbahn von einer Mindest -
breite von 5 Meter haben, während die
zur Seite befindlichen Fußsteige 3 Meter
breit sein müssen. Ferner enthält die Ver-
ordnung Bestimmungen über Pflasterung,
Entwässerung, Kanalisation usw. — Der
Kampfgenossen- u. Kriegerverein in Bors-
fleth beschloß in der letzten Generalver
sammlung, den Geburtstag des Kaisers
in bisher üblicher Weise zu feiern, und
zwar in diesem Jahre im Lokale des
Gastwirths H. Sahlmann.
— Stafstedt, 24. Novbr. Die hiesige
Brandgilde hat in den letzten 13 Jahren,
die das.Rechnungsbuch aufweist, Folgendes
gezahlt: 1) an Mobiliarschaden circa
30 000 Jt, macht pro Jahr reichlich
2000 ,4t. Die Mobiliarversicherung be
trägt reichlich 2 Mill. Mark, also haben
die Mitglieder jährlich durchschnittlich nur
1 pro Mille zu zahlen gehabt; 2) an
Naturalschaden ca. 17 000 M, macht pro
Jahr ca. 1300 M. Die Naturalversiche
rung beträgt, zu Geld gerechnet, ca.
1 300 000 Ji.-, also ist auch hier durch
schnittlich nur 1 pro Mille gezahlt; 3) an
Viehversicherung 3000 JL, macht pro Jahr
230 Jt Dieselbe beträgt rund 800 000 ,M,
das macht durchschnittlich '/ t pro Mille.
Zieht man nun in Betracht, daß die Ge
wese der meisten Gildeinteressenten weiche
Bedachung haben, so ist dies jedenfalls
als ein sehr günstiges Resultat hinzustellen,
ganz besonders auch in Bezug auf die
Korn- und Viehversicherung.
*±JL Jevenftedt, 25. Nov. Bei einem
von dem Käthner und Schmiedemeister El.
Pahl Hierselbst nothgeschlachten Schweine
ist die Rothlaufseuche amtlich festgestellt
worden.
A Osterrönfeld, 25. Nov. Das Stif
tungsfest des Osterrönfeloer Gesangverein
wurde gestern im Lokale der Frau Ehlers
gefeiert und war sehr gut besucht. So-
ivohl die Liedervorträge der Sänger des
Vereins, wie auch die Theateraufführung
fanden reichen Beifall. Das Trinklied von
Kreutzer wurde recht stimmungsvoll vorge
tragen ein Beweis, daß, trotzdem die Ge
sangstunden längere Zeit ausgesetzt waren,
die Sänger unter ihrem Dirigenten Herrn
Kapellmeister Meier fleißig geübt hatten.
Auch die Solo-Scenen trugen viel zu der
schönen Stimmung, welche herrschte, bei.
Ein Ball schloß die Feier.
Abend-Depeschen.
Hamburg, 28. Novbr. Heute
Morgen legten die Keffelreiniger die
-Arbeit nieder. Die Ewerführer
werden voraussichtlich heute Abend
die Arbeit nieverlegen. Die grössten
Amerikndampfer haben für italienische
Arbeiter Wohnungen aus den Schiffen
eingerichtet. 38 Schiffe arbeiten mit
t 12 Nichtstreiker und 150 Aus
wärtigen. 6800 Manu streiken.
Cassel, 28. Nov. Im Arbeitssaal
des hiesigen Zuchthauses haben die
schwersten Verbrecher eine Meuterei
angestiftet Das Eomplott bezweckte
die Herabsetzung der Arbeitszeit von
zehn auf acht Stunden. Die Haltung
der Sträflinge war äußerst bedroh
lich, so daft Artillerie mit scharfer
Waffe vorging- Die Hanpträdrts
führer werden der „Neuen Hamb.
Zeitung" zufolge scharfe Strafe zu
gewärtige» haben.
Briesküsten der Redaktion.
Duvenstedt. Zu spät emaeqanaen, um noch
benutzt iverve» zu können.
eines
HaMvurger Iternschanz-Bichmarkl
vom 25. November 1896.
Nach Original-Telegramm.
Prene: Prima Versanvsch weine 49—50 Mk .
Prima Mittelwaare 47—48 „
Äusschußwaare 46—47 „
Saue 40—44 „
(Die Preise verstehen sich pro IM Psd. Lebend
gewicht mit einem Abzug von 18—24 pCt.
Tara je nach Qualität.)