steigen und nie wieder hinaufzugehen. Aber
ich habe heute, weil ich ein gutes Gewissen
habe, dieselbe Freudigkeit wie immer, Dir
und mir zu predigen! Und was ich in
meiner Seele fühle, das steht in der heili-
gen Schrift und lautet: „Herr, ich danke
Dir, daß Du mich demüthigst und hilfst
mir!" — Und nun will ich Buße predigen,
wie schon so manches Mal, Dir und mir."
— Danach muß man entweder annehmen,
daß Stöcker gegen bessere Selbsterkenntniß
predigt oder daß ein Rechtsirrthum vor
liegt. Die Zukunft wird hoffentlich darüber
klares Licht schaffen.
Berlin, 21. Nov. Die Zeitschrift „Die
Zeit" veröffentlicht eine Erklärung des
Pfarrers Werner-Beckendorf, worin
er mittheilt, daß ihm eine Verfügung
des Evangelischen Oberkirchen-
raths vorgelegt worden sei, die er, wenn
er nicht auf seine Pfarrthätigkeit verzichten
wolle, als Verbot seiner bisherigen sozial
politischen Thätigkeit auffassen müsse. Die
Verfügung stütze sich auf einen von Werner
llm 7. Oktober in Breslau gehaltenen
Vortrag über christlich - soziale Aufgaben
und Aussichten. Nach Lage der Dinge
habe er zunächst nichts anderes thun
können, als bis auf Weiteres auf seine
öffentliche Thätigkeit zu verzichten.
— Das Wrack des gestrandeten K a -
n onenb o otes „Iltis" ist dem „Leipz.
Tagebl." zufolge für 400 Dollar an einen
Chinesen verkauft worden. Die Schiffskasse
des „Iltis" ist aufgefunden worden; auch
sonst haben noch mancherlei werthvolle
Gegenstände geborgen werden können.
Um die Entwendung einer Zeitungs
nummer handelte es sich in einer An
klage wegen Diebstahls, die gestern in
der Berufungsinstanz des Landgerichts I
in Berlin gegen die Arbeiterehefrau H.
verhandelt wurde. Das Schöffengericht
hatte für erwiesen erachtet, daß die An-
geklagte ihrem Flurnachbar eines Morgens
die Zeitung, welche vor seine Thüre gelegt
worden war, entwendet hatte. Die zweite
Instanz gelangte zu derselben Ueberzeugung
und bestätigte daher das erstrichterliche
auf einen Tag Gefängniß lautende
Erkenntniß.
Stettin, 17. Novbr. Heute Nachmittag
verstarb hier nach kurzem Krankenlager der
Oberarzt der Diakonissen- und Kranken
anstalt „Bethanien", Hans Schmid,
infolge einer Blutvergiftung, die er sich
bei einer Operation zugezogen hatte. Dr.
Schmid war früher längere Zeit am
Augusta-Hospital in Berlin thätig gewesen.
Auf die Beschwerde der Direktion der
Königsberger Börsenhalle wegen des Ber-
bots an die Militärmusik, im Börsen-
garten zu spielen, ist nach der „K. H.
Z." die Antwort des Kriegsministers ein
gegangen. Danach sei der betr. militärische
Vorgesetzte befugt, Bestimmungen auch über
das außerdienstliche Concertiren der Mili
tärmusiker zu treffen. Im Uebrigen habe
der Kaiser einen Bericht des General
kommandos in dieser Angelegenheit ein
gefordert; die Entscheidung stehe aber noch
aus.
Etwas stark zukunftsstaatlich
muthet ein mehrfacher Ehemann
an, der sich dieser Tage vor der Straf
kammer in Thorn zu verantworten hatte.
Es ivar, wie man erzählt, ein Arbeiter,
der sich dreimal hintereinander
an verschiedenen Orten verheirathet hat,
ohne daß eine der Frauen gestorben oder
von ihm geschieden wäre. Auf der Zeugen
bank saßen die drei Ehe-„Hälften" des
Dreifrauenmannes, der zu drei Jahren
Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust
verurtheilt wurde. Als er zum Schluß
noch die Bitte aussprach, „seine Frau"
sprechen zu dürfen, war der Staatsanwalt
in Verlegenheit. Welche? Als „seine Frau"
aber betrachtete der polnische Muselmann
nur die letzte — die früheren „schnitt" er.
Wetzlar, 21. Nov. Auf der Schlacken
sandhalte der Buderuß'schen Eisenwerke
unterminirten die Arbeiter bei der Schlacken-
sandverladung die Halte, wodurch eine
Decke, Tausende von Zentnern schwer, ge
bildet würbe. Diese stürzte ein und ver-
schüttete vier Arbeiter, die gelobtet wurden;
einer wurde gerettet. Unter den Todten
befindet sich ein Familienvater, der acht
Kinder hinterläßt.
Insterburg, 19. Nov. Ein umfangreicher
Raubmordprozeß begann heute vor dem
Schwurgericht gegen den Faktor Schade
aus Eydtkuhnen und den Maler Jacubeit
aus Nickelnischken, welche beschuldigt sind,
in der Nacht zum 12. Mai bei Eydtkuhnen
ein jüdisches Mädchen, Rebecka Glasberg
aus Wilna, ermordet und beraubt zu
haben. Diese Blutthat erregte damals
großes Aufsehen. Die Leiche fand man
in einem Acker verscharrt. Das Mädchen
war ans England zurückgekehrt uud wollte
zu den Eltern nach Rußland reisen, besaß
aber keinen Paß und wollte sich deshalb
durch die Angeklagten über die Grenze
schmuggeln lassen, wobei sie das Opfer
des Verbrechens geworden ist. Zur Ver
handlung sind gegen 100 Zeugen geladen.
Die Angeklagten leugnen, doch ist der
Jndicienbeweis sehr gravirend.
Breslau, 20. Nov. Die heutigen Stadt
verordnete n wa h len dritter Klaffe
fanden unter lebhaftester Betheiligung statt.
Die Liberalen behaupteten ihren bisherigen
Besitzstand, die Sozialdemokraten, welche
infolge des ermäßigten Census sich zum
ersten Mal an der Wahl betheiligten,
errangen keine einzige Stichwahl.
Köln, 21. Nov. Nachdem der Ober
bürgermeister sich in der Stadtverordneten-
sitzung^ vom 13. August gegen die Erhebung
der Stadt Köln in die Servisklasse À
ausgesprochen Hai, weil dies einen Kosten
aufwand von 60 000 Mark bedeutet, hat
eine Anzahl Reichs- und Staatsbeamte
von Köln an den deutschen Reichstag eine
Petition um die Erhebung in die genannte
Klaffe gerichtet, aus der hervorgeht, daß
Köln, was die Lebensmittel angeht, die
theuerste unter den zum Vergleich heran-
gezogenen Städten Berlin, Altona und
Frankfurt a. M. ist. Diese Städte haben
die Servisklaffe A.
München, 20. Nov. In den katholischen
Kirchen liegen ab und zu gedruckte oder
geschriebene Gebettafeln auf, die von den
Kirchenbesuchern an Stelle des Gebetbuches
benutzt werden. Ein Student kam in
den Besitz einer solchen Gebettafel, hing
sie sich auf die Brust und wandelte so durch
die Lokalitäten einer großen Restauration.
Er wurde deshalb von Gästen zur Rede
gestellt und von einem Gensdarmen ver-
haftet, da^er sich weigerte, seine Personalien
anzugeben. Auf der Polizei beleidigte er
den Beamten. Er wurde wegen groben
Unfuges und Beamtenbeleidigung zu 14
Tagen Gefängniß verurtheilt.
Dresden, 18. Nov. Seit Wochen kün
digte die hier etablirte Filiale von Castans
Panoptikum als ganz besondere Sehens
würdigkeit das Auftreten eines sogenannten
„B ä r e II w e r b e s" an. Dasselbe hatte
dem Anscheine nach mißgestaltete Füße,
und der Oberkörper war stark behaart.
An die Auffindung des unglücklichen Ge
schöpfes hatte man eine drastisch wirkende
Erzählung geknüpft rc. Nachdem das
Publikum seit Wochen von dem Unter
nehmer auf diese Weise düpirt worden
war, stellte es sich jetzt heraus, daß der
Körper der Frauensperson ein ganz normal
gebildeter ist, und daß die Verkrüppelungen
täuschende Nachbildungen sind.
deren Vorhandensein durch das geschickt
übergeworfene und festgenähte Bärenfell
verdeckt wurden.
Leipzig, 16. Nov. Welche Unsumme
von Aberglauben noch in manchen Kreisen
vorherrscht lehrte eine heute hier stattge
fundene Gerichtsverhandlung gegen eine
weise Frau". Im hiesigen Krankenhause
lernte eine Köchin einen jungen Assistenz
arzt kennen, den sie sich „einbildete", ohne
daß er eine Ahnung davon hatte. Der
Assistenzarzt ließ sich in Chemnitz nieder
und die liebesbedürftige Köchin wandte
sich an die hier wohnende Frau Crone,
die seit 14 Jahren das Gewerbe als
Kartenschlägerin und Sympathieverkäusrine
betreibt, welche einträgliche Beschäftigung
nur unterbrochen wurde durch zweimalige
schwere Bestrafungen. Die Sibylle ver
kaufte ihr denn auch allerhand „Mittelchen"
und wandte jegliche Art von Sympathie
an, natürlich ohne den gewünschten Er
folg. Außer den „Liebessympathien" ver
trieb Frau Crone auch zu dem civilen
Preise von „fünf Mark und sieben
Pfennigen" ein Mittel, welches gegen „den
Staatsanwalt" schützen sollte. Das er-
wies sich als recht wenig schutzkräftig, denn
Frau Crone wandert auf 2 Jahre 4
Monate ins Zuchthaus und hat außer
dem 300 Jt Geldstrafe zu bezahlen.
Lübeck, 19. Nov. Der Streik bei
der hiesigen Firma Carl Thiel &
Söhne dauert noch immer fort, trotzdem
die Streikenden, wenigstens die große
Mehrzahl, eingesehen haben, daß an einen
Sieg nicht zu denken ist. Täglich laufen
bei den Fabrikinhabern Gesuche um Wie
deranstellung ein, aber die Plätze sind be
setzt und die unbesetzten Stellen geben die
Fabrikherren eher an solche Leute, welche
außerhalb des Streikes stehen. Von der
Niederlage scheinen jetzt auch die Führer
so allmählich überzeugt zu werden. Am
Sonnabend erschienen auf dem Komptoir
der Herren Thiel & Söhne drei Herren,
darunter zwei Hamburger und der Vor
sitzende des hiesigen Metallarbeiter-Ver
bandes. Sie erbaten sich von den Fabrik
herren Ausschluß über den Streik, da man
nicht geneigt sei, eine ohne Ursache heraus
beschworene Arbeitsniederlegung noch ferner
pecuniär zu unterstützen. Die Herren So
zialdemokraten billigten sogar das Ver
halten der Herren Thiel, daß letztere die
von den Streikenden nachträglich aufge
stellten Forderungen nicht bewilligt hätten
und kamen dann auf des Pudels Kern,
den so verhaßten Arbeitsnachweis ver Me-
rallindustriellen zu sprechen. Sie gaben
dem Wunsche Ausdruck, daß man den Ar
beitern das Recht einräunien möge, in
- achen des Arbeitsnachweises auch ein
Wort mitzureden. Solange dieses Recht
den Arbeitern vorenthalten würde, sei an
eine Beilegung des Streiks nicht zu denken.
Die Herren Thiel erwiderten den Send
boten der Streikenden, daß für die Firma
Thiel & Söhne ein Streik überhaupt nicht
mehr existire. Das Verhalten der Firma
Thiel & Söhne findet in hiesigen bürger
lichen Kreisen rückhaltlosen Beifall. Kostet
es der Firma auch Tausende, um die neuen
Arbeiter anzulehren; hot sie der Sozial
demokratie die Stirn gezeigt und dadurch
nicht nur bewiesen, daß die Macht der So
zialdemokratie denn doch noch nicht so groß
ist, wie die Führer glauben, und des wei
teren die übrigen hiesigen Industriellen vor
einem ähnlichen Schicksal bewahrt.
Lübeck, 20. Nov. Emanuel Geibel
hinterließ laut „M. Allg. Z." einen Band
Gedichte druckfertig, verfügte aber testa
mentarisch. daß diese Gedichte erst erscheinen
sollten, wenn er zehn Jahre todt sei.
Dieses Jahrzehnt ist seit Ostern 1894 ab
gelaufen und der Druck des nachgelassenen
Werkes ist soweit vorgeschritten, daß das
Erscheinen eines neuen Bandes Geibelscher
Gedichte in allernächster Zeit bevorsteht.
Der ganze Schatz Geibelscher Dichtung,
der längst gehoben schien, wird nunmehr
um einen beträchtlichen Zuwachs vermehrt,
der voraussichtlich viel Schönes enthält.
Allen Verehrern des zu früh heimgegan-
genen Dichters wird diese Nachricht ohne
Zweifel willkonimen sei.
Hamburg, 20. Nov. Die Schauerleute
von Hamburg und Altona haben in einer
von etwa 3000 Personen besuchten Ver
sammlung beschlossen, die Arbeit einzustellen.
Hamburg, 21. Nov. Die Schauerleute
von Hamburg und Altona sind jetzt that
sächlich in den Ausstand getreten. Einige
Schisse arbeiten mit Stauervicen und ihrer
Mannschaft, auf den meisten Schiffen ruht
aber die Arbeit. Im Ganzen sind etwa
2500 Leute ausständig; es herrscht indessen
überall vollkommene Ruhe.
Provinzielles.
Für die Waisen abgeschlachteter Christen
in Armenien wird ein neuer Aufruf ver
breitet. Ueber 20000 Kinder müssen von
ver Hand christlicher Milde erzogen werden.
Eltern, Geschwister und Verwandte sind
vor ihren Augen abgeschlachtet. Auch die
Generalsuperintendenten D. Kaftan und
v. Ruperti haben einen Aufruf für die
armen armenischen Kinder erlassen.
Altona, 22. Nov. Graf Waldersee
soll, wie wir meldeten, Nachfolger des
erkrankten Generalobersten Frhrn. v. Los
als O b e r c o in ni a n d e u r in den
Marken werden. Gegenüber einer
Dementirung dieser Meldung durch den
„Hamb. Corr." hält die „Franks. Ztg."
diese Nachricht als aus den ersten mili
tärischen Kreisen stammend aufrecht.
Eine frevelhafte That ist am Donnerstag.
Bormittag ausgeführt worden. Auf der
neuen Strecke Oldeöloe-Hagenow bei der
Station Kastors, etwa 15 Klm. von Oldesloe
entfernt, wurde ein Kieszug zur Entgleisung
gebracht. Nichtsnützige Hände hatten einen
großen Stein zwischen die Schienen gelegt,
welcher in Folge des während des ganzen
Morgens andauernden starken Nebels nicht
bemerkt wurde. 1 Maschine, 1 Personen
wagen und 3 Kieswagen wurden aus den
Geleisen gehoben; die Maschine stand quer
über dem Geleise. Menschenleben sind
glücklicherweise nicht zu beklagen. Der
Kgl. Hauptwerkstätte in Neumünster ward
sofort telegraphisch von dem Unfall Kennt-
niß gegeben und gegen 12'/ 2 Uhr fuhr
der bereitstehende Materialwagen mit 30
Mann zur Hülfeleistung nach' der Unfall
stelle ab. Die Arbeiten, unter umsichtiger
Leitung sofort energisch in Angriff ge-
nommen, wurden so weit gefördert, daß
das schwierige Werk Nachts 2 V-, Uhr
beendet war. Am Freitag-Morgen gegen
9 Uhr laugte der Materialwagen mit den
Mannschaften wieder in Neumünster an.
Hoffentlich gelingt es der Behörde, den
Urheber des Unfalls zu ermitteln »nd zur
Bestrafung zu ziehen.
-ff Itzehoe, 20. Novbr. Bei der heute
abgehaltenen Stadtrathswahl für den mit
Ende d. I. ausscheidenden Stadtrath
Oeding, welcher eine Wiederwahl ablehnte,
wurden 166 Stimmen abgegeben. Davon
erhielten die von der Präsentations
commission gewählten Herren Fabrikant
Chs. von de Vos 160, Weinhändler C.
P. C. Struve 4, Cassirer Adolph Wist
2 Stimmen. Herr Fabrikant Chs. von
de Vos ist somit als Stadtrath gewühlt.
Kiel, 20. Nov. In der heutigen Sitzung
der Stadtkollegien gelangten vor Eintritt
in die Tagesordnung zwei Interpellationen
des Stadtverordnetenvorstehers Niepa zur
Verhandlung. Die erste derselben betraf
die im diesjährigen Marineetat vorgesehene
Verlegung der Deckoffiziersschule von Kiel
nach Wilhelmshaveu und stellte die Frage
an den Magistrat, ob ihm von der Ma
rineverwaltung Mittheilung über diese Ab
sicht gemacht worden sei, und ob für diesen
Fall der Magistrat bei den Kaiserlichen
Behörden dahin vorstellig zu werden ge
denke, daß das Verbleiben der Deckoffizier
schule in Kiel ermöglicht werden möchte.
Oberbürgermeister Fuß verneinte die erstere
Frage und beantwortete die zweite dahin
daß es ihm nicht angebracht scheine, in
der Angelegenheit zu weitgehende Zuge
ständnisse zu machen, zumal da man jetzt
vielfach geneigt sei, den Kommunen große
Opfer zuzumuthen bei Einrichtungen, die
dem materiellen Wohl der Gemeinden eine
gewisse Förderung böten. Er versprach,
soviel wie möglich Schritte zu thun, um
zu erfahren, ob ein Verbleiben der Anstalt
in Kiel sich ermöglichen lasse; wenn dies
der Fall sei, so werde die Stadt auch ge-
wisse Konzessionen machen müssen, die der
Marineoerwaltung den Beschluß, von ihrer
Absicht abzustehen, erleichtern könnten.
Indessen babe er nach einer Unterredung
an maßgebender Stelle den Eindruck ge-
Wonnen, daß für die Verlegung der Schule
nicht nur Sparsamkeitsrücksichten, sondern
auch andere Gründe vorlägen, und daß
daher auch die eventuelle Ueberlassung eines
städtischen Platzes für den nöthig geworde
nen Neubau an die Marineoerwaltung diese
in ihrer Absicht kaum schwankend machen
dürfte.
ZZ Kappeln, 20. Nov. Eine Kuh des
Herrn Hufners Möller in Kiesby brachte
ein Kalb mit einem Doppelkopfe zur Welt.
Die beiden Köpfe, welche oben zusammen
gewachsen waren, zeigten 2 Ohren, 4 Augen,
2 Nasen, 2 Mäuler und 4 Backen. Das
Kalb mußte bei ver Geburt getödtet werden.
Der Doppelkopf ist der hiesigen landwirth-
schaftlichen Lehranstalt übergeben, die ihn
präpariren lassen und ihrer Sammlung
einfügen wird.
Eine Anzahl Leute in Toftluud spielten
120 Loose der Elmshorner Pferde-Lotterie
und gewannen . . . eine einzige Peitsche.
Bordesholm, 21. Novbr. Gestern
Vormittag 11 Uhr wurde die eine der
großen Wirthschaftsscheunen des Hotel
besitzers Köpke „Zum alten Haidkrug" ein
Raub der Flammen. Es verbrannten
30 Fuder Korn. Die rasch herbeigeeilte
Feuerwehr konnte das Wohnhaus und die
andere Scheune retten. Zwei fünfjährige
Knaben haben das Feuer aus Unvorsichtig
keit veranlaßt. Da große Mengen Torf
in der Scheune lagerten, brannte die
Scheune noch Abends 7 Uhr. Zu der
genannten Zeit entstand im anliegenden
Dorfe Eiderstede ein großes Feuer, wo
das große Gewese des Hufners Hamann
Vermischtes
— Guter Rath a« einige Herren Eltern,
deren Kinder Klavierfpieleii lernen sollen.
Das Lebensjahr, in welchem ein Menschen
kind mit dem Erlernen des Klavierspielens
anzufangen hat, läßt sich nicht für alle
Kinder ganz genau bestimmen. Im all-
gemeinen empfiehlt es sich, das Kind nicht
eher beginnen zu lassen, als bis es
ordentlich allein sitzen kann, mithin auf
keinem Fall vor erfülltem 1. Lebensjahre.
Für eine Masse Kinder, besonders solche,
die das hohe O von A nicht in der Ton
lage nach dem Gehör unterscheiden können,
wird es am besten sein, wenn sie am
„Sankt Nimmerstage" anfangen. — Wenn
nicht etwa vom seligen Urgroßvater her
bereits ein Klavier im Hause ist, so muß
man naiürlich eins anschaffen. Will man
durchaus ein neues kaufen und man weiß
nicht gleich, von wem, so sieht man sich
in Zeitungen und Tagesblüttern nach den
betreffenden Reklamen um, schenkt auf
Grund derselben irgend einem beliebigen
höchst dunklen Ehrenmann sein Vertrauen,
läßt sich ein wunderschönes Piano fracht-
frei drei Wochen auf Probe schicken und
zahlt dann den ungeheuer billigen Kauf-
preis in monatlichen, vierteljährlichen oder
wer weiß welchen Raten. Die meisten
dieser Fabrikanten machen es dem Publikum
aus reinem Edelmuthe bequem und be
gnügen sich gewiß schon mit „Fünfund
zwanzig" pro Rate. — Oft kann man
aber einen recht billigen und glücklichen
Gelegcnheitskaiif machen. Es ist ja
eigentlich gar kein „Neues" nöthig; für
einen Anfänger ist auch ein altes gut
genug. Ein wirklich gediegenes „Neues"
würde ihm gar zu viel Lust zum Ueben
beibringen und ihm gar zu frühe einen
guten Anschlag ermöglichen. Kurz — für
einen Anfänger genügt ein altes tafel
förmiges, von dem man allerdings ent
schieden fordern muß, daß es noch die
landesüblichen vier Beine, die meisten
Tasten und wenigstens die größere Mehrzahl
Saiten hat. Letztere brauchen die Stimmung
nicht rein zu haben und zu halten, — ein
Anfänger versteht das nicht so! Auch ist
es kein zu gewaltiger Schaden, wenn
etliche Tasten verquollen sind und infolge
dessen hartnäckig stocken. Die Uebungstücke
des Anfängers gehen ja meistens so
langsam, daß derselbe völlig hinreichend
Zeit hat, bei nur einiger Gewandtheit die
unten bleibenden Tasten schleunigst wieder
in die Höhe zu schieben. Ist die Ge
legenheit halbwegs günstig, so kann man
ein solches Anfänger-Instrument schon für
die Summe von 12—30 Mark erwerben.
— Bei der Wahl eines Klavierlehrers
wird man als vernünftiger Mensch gewiß
das Sparsamkeits-Prinzip vor allem im
Auge behalten und vielleicht sehr bald irgend
einen Stundengeber ausfindig machen, der
edel genug ist, seine Lehrkunst für 15—25
Pfennige pro Stunde zu verkaufen. Sollten
etwa einige behaupten, ein solcher Lehrer
tauge nichts, so ist wahrscheinlich blos
Verleumdung und Neid im Spiele. —
Damit das Kind nicht gar zu rapide
Fortschritte mache, so lasse man ihm
vierzehntägig nur eine einzige Stunde geben;
- Den Privatfleiß im Klavierspielen, d.
h. das Ueben dürfen die Kinder ja nicht
übertreiben. Ueberanstrengung kann und
muß früher oder später Leib und Seele
Schaden bringen! Auf keinen Fall dürfen
also gewissenhafte Eltern dulden, daß das
Kind täglich so lange übt, bis es wunde
Fingerspitzen und wohl gar Blutblasen
daran hat! — Ein sehr empfchlenswerthes
Mittel, seine Kinder zumal während ver
kälteren Jahreszeit non übermäßig fleißigem
Ueben abzuhalten, besteht Sarin, daß man
das Klavier in die „gute Stube" stellt,
die bekanntlich auch im strengsten Winter
für gewöhnlich nicht, geheizt wird.
— Jäger-Suppe. Auf einen halben Liter
gutgeretnigte Linsen nimmt man einige
Zwiebeln, eine Petersilienwurzel, ein halbes
Köpfchen Sellerie, etwas Thymian uno
Pfefferkraut und kocht die Linsen sammt
diesen Zuthaten langsam weich. Eine
Stunde vor dem Anrichten giebt man noch
das sehr sein gewiegte, striche Fleisch von
Wildbret oder auch sonstiges Reftenfleisch
das man zum Braten nicht verwenden will.
und ebenso 50 Gramm fetten, ganz sein
gehackten, geräucherten Speck daran, läßt
alles in schwacher Siedehitze langsam gar
kochen, streicht die Suppe durch ein ent
sprechendes Sieb und schmeckt sie gut mit
Salz ab. Ein Glas trockener (nicht süßer)
Madeira oder Sherry macht diese Suppe
sehr pikant. Man richtet sie mit gerösteten
Semmelwürfetn an und legt in die Suppen
terrine eine haselnußgroßes Stückchen feine
Tafelbutter, um ihr die nöthige Rundung
zu geben. Die Suppe ist ganz besonders
sättigend.
— „Oben Gischt und utsictt nischt". Der
musikalische Berichterstatter des „Kl. Jonrn."
giebt folgende kleine Plauderei zum Besten:
„Man erlebt allerlei in diesem ird'jchen
Jammerthal. Es giebt civile und bar
barische Preise, kleine und hohe, gewöhn
liche und Extrapreise, bescheidene und
horrende, feste, populäre und Vorzugspreise,
philharmonische Preise waren mir bisher
fremd, heute vor acht Tagen machte ich
ihre werthe Bekanntschaft. In der längeren
Pause nach Schumanns Sinfonie dürstete
mich. Droben giebis Bier, tröstete eine
mitfühlende Seele. Sehr richtig! La
avant! Folgendes Zwiegespräch belauschen
wir dort: Kellner: Entschuldigen Sie,
mein Herr, bitte noch um 10 Pfennig,
habe mich geirrt; das Glas kostet heute
30 Pfennig ! Wir haben ja philharmonisches
Konzert! Gast aus der Provinz: So, so,
hier ist ein Nickel. Die Sache interessirt
mich. Drei Zehntel Schultheiß für 30 Pf.,
d. h. der Liter für 1 Mi., das ist wohl
als Zumuthimg das ärgste. (Ich will den
Feingehalt der Schaumkrone nicht unter
suchen!) Ja Bayern variirt der Preis
des Liters „voll und ganz" zwischen 22
Usld 34 Pf., j« Berlin kostet ein Hektoliter
„Hiesiges" _ maximal 24 Mk., ein Liter
also 24 Pf., der Wirth arbeitet sonach
mit einem Verdienst von 325 pCt. In
Rom zahlte ich für einen halben Liter echt
Spaten 60 Centesimt (gleich 48 Pf.), der
ganze Liter galt 96 Pfennig.
— 300 Kilogramm Schwaideii Aus
Mailand schreibt man: Drei „Jager"
haben im Passe von Montegrade, einen
hauptsächlichen Strichpunkt für Zugvögel,
in einem Tage nicht weniger als 300
Kilogramm Schwalben durch Netze ein
gefangen. Sie schlugen darauf die Thiere
tobt und brachten sie nach Genua aus den
Markt, wo sie als bevorzugte Delikatesse?
hohe Preise erzielten. Man sieht, der
Bogeli-iiassenniord wird in Italien ,lustig
weiter betrieben, da die Regierung nichts
dagegen thut, sondern vielmehr gegen die
lächerliche Jahressteuer von 20 Fr. jeder
mann einen für das ganze Reich geltenden
Jagdschein ausstellt, der sogar das Be
treten jeder Prrvatbesitzung so ipso gestattet.
Bei der jüngsten Hochzeit oes Kronprinzen
von Italien waren allein über 2000 Wald-
Sänger auf Schwarzbrot geröstet, von den
Gästen verspeist worden. Neben Schwalben
gelten Rothkehlchen und Nachtigallen als
beliebteste Delikatesse. — Welche unerhörte
Rohheit gehört dazu, die 'Nachtigallen zu
verspeisen!
Ergreifend
Sie schwärmt für Kunst in jeder Manier»
Sie greift zum Gesang, sie greift zum Klavier,
Sie greift zum Pinsel, malt Mensch und Thier,
Greift auch zur Leier, o glaub es mir.
Und bringt Ergreifendes zu Papier,
So daß zum Schluß zu ergreifen mir
Nichts übrig bleibt als das Hasenpanier!
(Flieg. B!.s
Abgefertigt. „Darf ich Ihnen
meinen schirm anbieten, gnädiges Fräulein,
es fangt an zu regnen!?" - „Danke;
aber vielleicht haben fie die Güte und
holen meinen Mann vom Geschäft ab;
der hat auch keinen Schirm!"
(Heitere Welt.) ,
- Aus einem ZukimftSromau. Alfred
machte bei dieser Nachricht ein Gesicht,
als wenn ihm die Hühner die Margarine
vom Brote genommen härten.
(Heitere Welt.)